Den "Stress" im Chat finde ich authentisch, eine Gruppe erlebt "live" die Suche nach einer Freundin, da überschlagen sich später die Ereignisse.
Ja, später, da gehe ich mit. Aber um es mit Tom Borg (wobei ich nicht weiß, ob es von ihm ist, im Netz findet man da mehrere Quellen) zu sagen: Wenn alles wichtig ist, ist nichts wichtig. Mir ist es lieber, wenn die Dynamik spürbar ist und sich die Geschwindigkeit erst entwickelt. Stress als Geschwindigkeit ist sicherlich ein möglicher und auch später passender Eindruck, aber ich fände es viel authentischer, wenn man auch die Hilflosigkeit in der Langsamkeit findet. Der Kontrast ist ja auch im Soundtrack rauszuhören und macht viele Medien spannender, für mich zumindest. Ich mag das Spiel ja offensichtlich, aber manchmal hätten wir es passender gehabt, wenn wir die zufälligen Prompts ignoriert hätten. Vielleicht haben wir auch einfach nur eine kreative Gruppe, die viel raushaut und Spaß daran hat, diese Ideen zu verfolgen, was innerhalb der gegebenen Zeit kaum möglich ist, schon gar nicht in der Tiefe. Zu den vielen und damit teilweise belanglosen Strängen hat Quinn im SUSD auch was zu gesagt, das war ja einer seiner Hauptkritikpunkte. Ist vielleicht Glückssache, wie gut das von den Prompts, den Fundkarten und den eigenen Ideen zusammenpasst. Wir hatten beim ersten Mal jedenfalls einige Karten drin, die der davor gesponnenen Story widersprachen. Hat der Atmosphäre keinen Abbruch getan, aber der Immersion halt. Jetzt beim zweiten Mal hat vieles perfekt gepasst, manche Elemente aber gar nicht, hat eine der Spielerin zum Glück gemerkt und die Karte dann rausgelassen.
Wir hatten Mr Halvert als Geschichtslehrer eng im Verdacht und passend dazu hat einer von uns was in Alice Spind gefunden. Das war eine der guten Plots. Dass wir dann neben einigen anderen weniger wichtigen Ideen - was an sich ja okay ist - gegen Ende dann einen Feuerlöscher im Leuchtturm fanden, war an der Stelle dann schräg. Kann ja durchaus sein, dass man den findet, aber in einer echten Situation würde man nach all den Vorgeschichten wahrscheinlich nicht sagen "Ich hab hier was voll Wichtiges gefunden, was mit Alice zu tun hat: Einen Feuerlöscher!", sondern den einfach als Element der Lokation hinnehmen und nicht mal erwähnen. Halte ich zumindest für realistischer.
Wir werden voraussichtlich das nächste Mal Ribbon Drive ausprobieren. Das ist ein RPG, in dem jeder Spieler im Vorfeld eine Playlist anlegt, die das Geschehen leitet, während die Gruppe zusammen den Inhalt ausgestaltet. Ich denke, unser Verständnis von Rollenspiel ist mit der Freiheit besser bedient. Alice spiele ich so oder so noch ein drittes Mal, dann bekommt es seinen Ehrenplatz im Regal. Sowohl für das Spielerlebnis selber als auch für den Fakt, dass es viele meiner Freunde nun zum Rollenspielen angestiftet hat.