Alice Is Missing & Fiasko: Brettspiele an der Grenzlinie zum fabulierenden Erzähl-Rollenspiel?

  • Über die sehr positive Besprechung von "Alice is Missing" in der aktuellen Fairplay bin ich auf das Spiel und auch auf das Genre der fabulierenden Erzähl-Rollenspiele aufmerksam geworden. Wer von Euch hat davon schon eigene Erfahrungen gesammelt und welche Spiele könnt Ihr empfehlen - auch für den Einstieg?

    Wer für andere kreative Brettspiele aufgeschlossen ist, könnte in diesem Genre eventuell eine Bereicherung finden. Oder eben seine persönliche Nemesis, wenn man solche "Quassel-Spiele" eh nicht mag.

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  • Derweil sind beide Spiele bei mir angekommen. Kleine kompakte Schachteln voller Inhalt.


    Da bin ich froh, bei Alice Is Missing nicht auf die rein digitale Version gesetzt zu haben, denn die 74 Karten hätte ich ansonsten selbst ausdrucken müssen oder vollständig auf Spiele mit dem mir bisher noch unbekannten D20-System setzen müssen. Nach den zwei Play-Sessions, die ich mir zu Alice Is Missing in Bezug auf die Spielvorbereitung und Nachbesprechung angeschaut habe, scheint das ein enorm emotional-packendes Spielerlebnis zu sein. Eben weil man in der Runde selbst als Storyteller fungiert und im Zusammenspiel der Charaktere und gepusht durch Kartenereignisse tief in die Geschichte rund um Alice eintaucht in der ganzen Dramatik, die man teilweise selbst bestimmt. Wobei der Wiederspielwert gegeben ist, weil es immer nur ein kleiner Teil der Karten im Spiel sind und der Mix auch jedesmal anders ist. Zudem wird viel von der Spielrunde vorab im vorgegebenen lockeren Rahmen am Detailtiefe ausgemalt und damit schon diverse Richtungen vorgegeben, an die man später anknüpfen kann,


    Ein Spiel, bei dem man sich 90 Minuten anschweigt und nur per Textnachrichten im 1:1- oder Gruppen-Chat kommuniziert und vorab in seiner Rolle eine Sprachnachricht an Alice aufzeichnet, die im Nachhinein abgespielt wird, um den Storybogen zu schliessen, ist schon etwas besonderes und weit entfernt von Eurogame-Optimier-Klötzchen-Geschiebe und Amitrash-Würfelkämpfe. Wobei das Kopfkino aus den Amitrash-Spielen da schon helfen kann.


    Und wenn ich das Spiel überhaupt mit irgendetwas vergleichen kann im Brettspielsektor, dann wohl mit Watson und Holmes, weil sich da auch ganz viel im eigenen Kopf abspielt, man aber zeitgleich am selben Tisch sitzt. Eventuell noch mit "Es war einmal" und vergleichbaren Fabulierspielen, wobei sich das hier auf reine Textnachrichten und damit auf eine entsprechende Kürze beschränkt. Ein Spiel, bei dem der gemeinsame Weg das Ziel ist und bei dem es nicht ums gewinnen geht.


    Bin auf meine Erstpartie gespannt, für die man rund 45 Minuten gemeinsame Charakter- und Setting-Vorbereitung und dann 90 Minuten reine Spielzeit per Textchat einplanen sollte ... und wenn ich die wirklich sehenswerten Play-Sessions auf YouTube zum Vorbild nehme, dann etliches an Nachbesprechungszeit ebenso. Einzige Einstiegshürden sind die englischsprachigen Karten, die man verstehen sollte, weil geheim zugelost und der Mut, sich auf so ein Spiel einlassen zu wollen. Eine BGG-Wertung von 8,72 ohne Note unter 7 spricht für sich.


    Alice is Missing | RPG Item | BoardGameGeek

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  • Ich glaube, dass diese Art Spiel nicht jedem zugänglich ist und Rollenspieler hier eher in ihrem Element sein dürften, als Brettspieler.


    Bei Brettspielen steht in der Regel das Gewinnen (gegen die anderen oder das Spiel) im Vordergrund während das gemeinsame Erleben einer Geschichte und ein Spiel ohne Gewinner und Verlierer eher bei Rollenspielen viel häufiger anzutreffen ist. Ich würde sogar sagen, dass es da die Regel ist.


    Neben dem bereits genannten "Es war einmal" würden mir im Bereich der Brettspiele noch "Hobbit-Geschichten aus dem Grünen Drachen" oder auch "Winter Tales" einfallen. Letzteres hatte ein sehr cooles Artwork und sah aus wie Brettspiel, dabei war es eigentlich ein pures Erzählspiel mit einem Spielbrett und Figuren.


    Im Rollenspiel-Bereich gibt es da noch ein bisschen mehr.


    Vom Autor von Fiasko gibt es zum Beispiel noch "Durance - Gefangen!" bei dem jeder Spieler einen Sträfling und einen Aufseher auf einem isolierten Gefängnisplaneten spielt. In der Zukunft hat man die perfekte Lösung für überfüllte Gefängnisse gefunden: Sträflinge werden zu Kolonisten auf neuen Planeten! Rehabilitation durch den Aufbau eines neuen Zuhauses. Leider sind die Kolonieplaneten nicht unbedingt das, was der Prospekt verspricht. Die Bedingungen sind hart bis lebensfeindlich und die Kolonien werden sich selbst überlassen. Es bildet sich eine zwei geteilte Gesellschaft. Die Machtstruktur der Aufseher und eine Parallelstruktur innerhalb der Sträflinge. Jeder Spieler spielt jeweils zwei Figuren. Eine, die in der kriminellen Welt zuhause ist und eine, die zur Welt der Aufseher gehört. Alle Figuren versuchen dabei in dieser oft von Brutalität und Grausamkeit geprägten Welt ihren Weg zu finden.


    Ebenfalls von Jason Morningstar ist "Winterhorn", bei dem die Spieler "Schreibtischtäter" spielen, die eine Gruppe Aktivisten bekämpfen sollen. Eher eine Spielerfahrung als ein Spiel zum wiederholten Spielen, versucht das Spiel zu vermittelten mit welchen Mitteln zum Teil versucht wird eine Gruppe von außen zu zerstören oder sie in die Selbstzerstörung zu treiben und greift dabei vielleicht auch ein Stück weit das auf, was Hannah Arendt mal als Banalität des Bösen bezeichnete.


    Ein anderes sehr spannendes atmosphärisches Spiel ist 10 Candles. In dem Setting ist Finsternis über die Welt hereingebrochen und mit der Finsternis kamen SIE. Was SIE genau sind, wird im Rahmen des Setups gemeinsam erarbeitet. Die Spieler spielen Überlebende, für die es aber letztlich kein Entrinnen gibt. Zu Beginn des Spiels erhellen die namensgebenden 10 Kerzen den Raum. Mit jedem Scheitern der Spieler erlischt eine Kerze, bis am Ende das letzte Licht ausgeht. Sehr, sehr düster, aber auch sehr cool, wenn man den Fokus auf Atmosphäre und die gemeinsam erzählte Geschichte mag. Ich hab irgendwie im Hinterkopf, dass das auch irgendwann mal auf Deutsch kommen soll.

    2 Mal editiert, zuletzt von Kaermo ()

  • Wenn man MiniLARPs kennt und die Anleitung von Alice is Missing liest, dann findet man sich sofort in einem MiniLARP - und nicht bei einem Brettspiel wieder.

    Was im Übrigen auch bei Spielen wie 10 Candles oder To serve her wintry Hunger so ist, auch wenn es immer spielerische Elemente gibt.

  • Wenn man MiniLARPs kennt und die Anleitung von Alice is Missing liest, dann findet man sich sofort in einem MiniLARP - und nicht bei einem Brettspiel wieder.

    Was im Übrigen auch bei Spielen wie 10 Candles oder To serve her wintry Hunger so ist, auch wenn es immer spielerische Elemente gibt.

    Ich würde 10 Candles zwar nicht als LARP (auch nicht Mini) einsortieren, aber wir sind uns einig, dass wir uns hier im Bereich der Rollenspiele bewegen. 🙂


    Im Übrigen ist auch die zitierte Geek-Bewertung etwas zu relativieren: Denn die stammt aus der RPGGeek-Domain und die hat im Bereich der Rollenspiele bei Weitem nicht die Bedeutung, Verbreitung und Reichweite, die BGG im Brettspielbereich hat.

    Einmal editiert, zuletzt von Kaermo ()

  • Rollenspiele-Light mit Handouts, so würde ich die auch bezeichnen. Wobei "Light" nicht abwertend gemeint ist, sondern durch klare Vorgaben das erwartete freie Rollenspiel in bestimmte Richtungen lenkt und das Storytelling dabei im Vordergrund steht und weniger umfangreiche Detailregelwerke. Zudem wird durch ein paar Kniffe der Einstieg für Rollenspiel-Einsteiger erleichtert bzw. die Umsetzung für Rollenspiel-Veteranen interessanter gemacht wird - so wie mit Hilfe des Textchats bei "Alice Is Missing".


    Aber egal in welche Schublade man solche Spiele-Exoten (aus Sicht eines Brettspielers und ebenso eines typischen D&D- / DSA-Rollenspielers) steckt, die können durchaus den eigenen Spielehorizont erweitern - und bevor man die ausprobiert hat in passender Runde, kann man kaum entscheiden, ob das etwas für einen ist oder eben auch nicht.


    Interessant fand ich, dass das Spielermagazin Fairplay über "Alice Is Missing" berichtet hat und mit Höchstwertungen belegt hat. Denn der Schritt von solchen Spielen wie Forgotten Waters oder Der Herr der Träume oder Werwölfe von Düsterwald (in diversen Variationen) ist zwar noch ein grosser, aber von einem Exot zu einem anderen Exot dann auch nicht mehr so weit und auf alle Fälle bereichernd für das eigene Hobby in seiner ganzen Vielfalt.

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  • Bis auf die Timer-Karten 90-80-...-10 sind alle Informationen offen und können deshalb gemeinsam besprochen werden. Da man bei "Alice Is Missing" eh sein Handy nutzt, könnte man auch seine geheime Timer-Karte abfotografieren und automatisch übersetzen lassen. Klar ist das umständlich und ebenso klar, sollte mindestens der mitspielende Moderator und Spielerklärer ausreichend gut englisch verstehen, um das Spiel an sich verstehen zu können. In der eigenen Muttersprache wäre das zugänglicher, nur ob dafür der Markt gross genug ist?

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  • In einem Podcast von #brettagoge hatte jemand Alice is Missing sehr sehr hoch in seiner Top10, wenn nicht sogar auf Platz 1. Seit dem Bericht habe ich richtig große Lust das auch einmal zu spielen. Ich mag ohnehin Textspiele per App und suchte gerade Duskwood.


    Bei Alice is Missing finde ich es extrem reizvoll, wenn auch via einem Messenger, mit echten Leuten zu spielen. Das ist schon deutlich anders als bei den üblichen Textspielen, in denen man nur mit Bots spielt, oftmals 3 Antwortmöglichkeiten hat und einer festen Storyline folgt.

    Ein Bild sagt mehr als 298 Wörter... :floet:

    Einmal editiert, zuletzt von velvre ()

  • Das ist nicht wirklich Rollenspiel light.
    Das "Genre" Rollenspiele hat sich im letzten Jahrzehnt, oder auch schon länger, ziemlich weiterentwickelt, insbesondere in die "Erzählrollenspiel"-Richtung, bei der Regeln weniger wichtig sind. Ansätze dazu gab es schon früh, und Grenzen verschwimmen schon lange. Ich denke da z.B. an Erzählspiele wie z.B. "Pantheon", oder auch an das modernere "Dread". Experimentellere Sachen finden auch mehr und mehr Liebhaber, so dass die "Indie"-Schiene auch immer mehr gewachsen ist. "Fiasko" ist da eine der bekanntesten Ausprägungen.

    Wer Smilies nutzt, um Ironie zu verdeutlichen, nimmt Anderen den Spaß, sich zu irren.

    Über den Narr wird nur so lange gelacht, bis man selbst Ziel seiner Zunge wird!

    :jester:

  • Ich kann mich noch wage an einem Artikel in einem alten Dragon_Magazin erinnern, in dem "Soulplay" vorgestellt wurde - als freies Rollenspiel ohne Regelwerk. Das muss zu AD&D Zeiten gewesen sein. War uns aber zu abgefahren, das auszuprobieren. Plüsch, Power & Plunder war da die Schmerzgrenze meiner Runde.

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  • Ich würde 10 Candles zwar nicht als LARP (auch nicht Mini) einsortieren, aber wir sind uns einig, dass wir uns hier im Bereich der Rollenspiele bewegen. 🙂

    Echte Neugier: Wieso würdest Du Alice is Missing nicht als MiniLARP einsortieren? Aus meiner Sicht ist vieles sehr ähnlich - einzig das Medium ist ungewöhnlich, nämlich Kommunikation via Messenger. Allerdings habe ich auch schon ein MiniLARP über Discord (rein als Text) gespielt; und muss sagen: Das funktioniert sehr gut.

  • Ich habe nicht alles gelesen, wollte nur kurz einen kleinen Eindruck hinterlassen:

    Wir haben "Alice is Missing" Online im ersten Lockdown gespielt.

    Alle Karteninhalte waren auf einem Server in Ordnern hinterlegt und jeder Spieler / Spielerin hat zufällig zugeteilt bekommen und dann nur seine Sachen gelesen. Schließlich haben wir über Videokonferenz den Anfang gemacht und die Charaktere, sowie das Setting erzählt.

    Dann ging das eigentliche Spiel los, wo ja nur noch die Handys wichtig waren und man ggf. neue Karten auf dem Server anschauen musste.

    Hat wunderbar funktioniert und hat ca. 500 Nachrichten in der Zeit produziert und einige schöne Momente hervorgebracht.

    Man muss so etwas natürlich mit der richtigen Einstellung mit den richtigen Spielern spielen.

    Es geht hier nicht ums gewinnen oder "sich durchsetzen" - das gemeinsame fabulieren steht im Vordergrund und es ist eigentlich dem freien assoziativem Spiel sehr nah, welches man als Kinder gespielt hat.

    Man spielt mehr oder weniger einfach drauflos und improvisiert viel, geht auf Ideen der Anderen ein, bekommt manchmal vom Spiel einen kleinen Input und lässt sich dann einfach treiben - auf jeden Fall eine coole Erfahrung...

    Ich würde das Spiel tatsächlich wie ein MiniLARP sehen.


    Fiasko steht auch schon seit Ewigkeiten auf meiner To-Do-Liste :)

    Mögest Du in uninteressanten Zeiten leben...

  • Ich würde 10 Candles zwar nicht als LARP (auch nicht Mini) einsortieren, aber wir sind uns einig, dass wir uns hier im Bereich der Rollenspiele bewegen. 🙂

    Echte Neugier: Wieso würdest Du Alice is Missing nicht als MiniLARP einsortieren? Aus meiner Sicht ist vieles sehr ähnlich - einzig das Medium ist ungewöhnlich, nämlich Kommunikation via Messenger. Allerdings habe ich auch schon ein MiniLARP über Discord (rein als Text) gespielt; und muss sagen: Das funktioniert sehr gut.

    Tu ich dich gar nicht ;)


    Ich hab nur von 10 Candles gesprochen.


    Bei Alice is missing kann ich die Einordnung schon nachvollziehen. Und das von mir genannte Winterhorn gehört für mich auch ganz klar in den LARP-Bereich.

  • ...

    Wir haben "Alice is Missing" Online im ersten Lockdown gespielt.

    Alle Karteninhalte waren auf einem Server in Ordnern hinterlegt und jeder Spieler / Spielerin hat zufällig zugeteilt bekommen und dann nur seine Sachen gelesen. Schließlich haben wir über Videokonferenz den Anfang gemacht und die Charaktere, sowie das Setting erzählt.

    ...

    Spielt man das Spiel denn lieber zusammen in einem Raum oder tatsächlich am besten getrennt?
    Die Karteninhalte habt ihr eingescannt und hochgeladen oder wie habt ihr das gestaltet?

  • Die Karteninhalte waren eingescannt (bzw. es gab bei dem ursprünglichen KS ggf. sogar eine digitale Version? War nicht mein Spiel) und in unterschiedlichen Ordnern auf einem Online-Server abgelegt.

    Die Karten waren dann zum Teil entsprechend sortiert bzw. nummeriert, so dass auch etwas zufälliges ausgewürfelt und dann nur das gelesen werden konnte. Alle haben sich natürlich daran gehalten, nur das anzuschauen, was für sie gedacht war. War nicht super komfortabel, hat aber gut funktioniert.

    Der Anfang lief über Videokonferenz (also die Erstellung der Charaktere und des Ortes) und mit einer Online-Doc-Datei. Das Spiel selbst lief dann über Messenger (alle hatten auch ihren Profilnamen angepasst, so dass dann nur noch der "Charakter" schrieb. Dabei haben dann die mitspielenden Pärchen im gleichen Raum gesessen, aber jeder bei sich zu Hause.

    Die Kommunikation, auch zu Hause, lief nur noch über den Chat. Hat super funktioniert und war eine spannende Erfahrung. Am Ende haben wir uns dann nochmal im Video-Chat zur Abschlussplauderei getroffen.

    Mögest Du in uninteressanten Zeiten leben...

  • ...

    Wir haben "Alice is Missing" Online im ersten Lockdown gespielt.

    Alle Karteninhalte waren auf einem Server in Ordnern hinterlegt und jeder Spieler / Spielerin hat zufällig zugeteilt bekommen und dann nur seine Sachen gelesen. Schließlich haben wir über Videokonferenz den Anfang gemacht und die Charaktere, sowie das Setting erzählt.

    ...

    Spielt man das Spiel denn lieber zusammen in einem Raum oder tatsächlich am besten getrennt?
    Die Karteninhalte habt ihr eingescannt und hochgeladen oder wie habt ihr das gestaltet?

    Wir haben das Spiel in einem Raum gespielt, was zu einem interessanten Meta-Spiel geführt hat, weil eben auch Reaktionen wahrnehmbar waren. Dennoch gab es eine klare Trennung zwischen Spielenden und Charakteren; die Anwesenheit im selben Zimmer war aber für das Spiel selbst sehr cool.

    Wir haben auf einem Mini-LARP-Event, der MiLaCo, gespielt und hatten entsprechend ein Mehrbettzimmer für uns, was eine interessante geschlossene Atmosphäre hatte, da eben auch komplett neutral.

    Ich würde es wieder physisch im selben Raum spielen wollen, auch wenn ich neugierig wäre, wie es sich anfühlt getrennt zu spielen...

  • Icarus ist auch super...gibt Recht viel in der Richtung (alles sehr speziell). Alice is Missing ist auf jeden Fall super und freue mich auf die Erweiterung die kommen soll.



    Alice geht gut getrennt. Wir haben uns auch immer in getrennte Räume verzogen.

  • Ich verstehe das nicht ganz. Habe gestern aber auch das SU&SD-Video gesehen.


    Man startet einen 90-minütigen Timer und darf in dieser Zeit nicht reden, nur über eine Chatgruppe kommunizieren?


    Und jeder hat ein Set an Karten, das unterschiedliche Zeitangaben zeigt und dann aktiviert wird, wenn der Timer diese Zeit erreicht?


    Meine größte Frage: Was macht man in der Zwischenzeit???


    Ich bin beim Thema leider raus, weil ich auf verschwundene Kinder echt keine Lust habe. Aber ein emotional immersieves Spiel abseits von Krieg fände ich mal sehr interessant!

  • Meine größte Frage: Was macht man in der Zwischenzeit???

    Man ist eigentlich die ganze Zeit mit Chats tippen beschäftigt. Mal hast du kurz Zeit, weil die anderen ohne dich reden, mal tippst du in drei Chats quasi gleichzeitig. Das Spiel lebt aber definitiv davon, dass man auch Lust hat zu tippen und sich Theorien auszudenken. Man muss sich schon in die Situation etwas einfühlen.

    Ich fand das Spiel damals interessant, aber jetzt nicht überragend.

  • Sich zu treffen um dann a) nicht zu sprechen (finde ich irgendwie immer doof bei Spielen!) und b) auch noch am Handy rumzuhängen entspricht so nicht gerade meiner Spieleabend-Idealvorstellung ;)


    Allerdings könnte man sowas vielleicht sogar an unterschiedlichen Orten spielen? Oder muss man dazu auf dieselben Kartendecks zugreifen?

  • Sich zu treffen um dann a) nicht zu sprechen (finde ich irgendwie immer doof bei Spielen!) und b) auch noch am Handy rumzuhängen entspricht so nicht gerade meiner Spieleabend-Idealvorstellung ;)


    Allerdings könnte man sowas vielleicht sogar an unterschiedlichen Orten spielen? Oder muss man dazu auf dieselben Kartendecks zugreifen?

    Wir haben das damals im Lockdown gespielt. Da passte es super, da wir ohnehin alle am unterschiedlichen Orten waren.

    Die Karten hatten wir online digital auf einem Server hinterlegt und alle haben sich nur die Karten angesehen, die ihnen zugeteilt waren.

    Wir hatten am Ende echt viele Nachrichten und es war beinahe schon stressig, weil sich alle voll drauf eingelassen hatten.

    Es hat aber auch großen Spaß gemacht.

    Auch dies ist allerdings wieder ein Spiel, bei dem die Gruppe passen muss. Man kann es nicht rein technisch nach Regeln spielen, denn die Story, die man sich mit ausdenkt, IST ja am Ende das Spiel!

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  • Danke! Konntest du mir bitte die möglichen Auflösungskarten per PN mal spoilern? Fänd s es interessant für die Gruppe, aber es sollte nicht zu krass sein.

  • Ich habe die Karten leider nicht mehr verfügbar und auch nicht mehr in Erinnerung, was wir da hatten...sorry

    Mögest Du in uninteressanten Zeiten leben...

  • Wenn es jemand durchgespielt hat - soweit ich das verstanden habe kann man es nur wirklich gut 1x spielen - ich wäre an einem Kauf interessiert. Zustand egal, aber es sollte vollständig sein. Ich möchte mal lesen wie das Spiel funktioniert.


    Ich habe dafür keine Gruppe, daher würde ich mich auch freuen wenn es mal jemand für eine Woche verleihen würde. Ich will es quasi nur mal „durchlesen“.

  • Ich habe dafür keine Gruppe, daher würde ich mich auch freuen wenn es mal jemand für eine Woche verleihen würde. Ich will es quasi nur mal „durchlesen“.

    Mein Tipp: Vom Verlag gibt es auf YouTube diverse LetsPlay-Videos, in denen alle Bildschirme der Mitspieler eingeblendet sind und Du somit alle Perspektiven der Story verfolgen kannst. Das gibt einen wesentlich besseren Eindruck vom Spiel als wenn Du nur trocken die beiliegenden Karten anschaust, weil "das Spielgeschehen" zwischen den Spielern und ihrer tippenden Kommunikation entsteht. Das Spielmaterial ist da nur der Rahmen des Ganzen.


    Da es von jeder Storykarte mehrere Versionen gibt, könntest Du danach sogar das Spiel selbst spielen, ohne zu sehr gespoilert zu sein. Kann aber gut sein, dass eine Storyweg Dir dann bekannt vorkommt. Es liegt aber immer noch an den Mitspielern selbst, was die daraus machen und wie agieren miteinander und aufeinander reagieren.

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  • ravn aber ist es nun so, dass die Spieler quasi aus Multiple Choice wählen ohne es zu wissen? Es kann doch kein freies Rollenspiel sein mit 3 vorgefertigten, funktionierenden Enden?

  • Die Karten des Spiels geben nur Eckpunkte vor, aber fixieren keine Story. Was die Spieler daraus machen, liegt an den Spielern selbst. Das alles ist so weit weg von Multiple Choice wie u.a. bei TIME Stories eingesetzt, dass ich da keinen Vergleich ziehen kann. Im Zweifel einfach mal die ersten Minuten eines LetsPlay-Videos anschauen, weil die Rollenfindung selbst und der Anfang der Story spoilert nichts, was das Spiel an sich ausmacht. Dann kann man auch für sich entscheiden, ob das was für einen ist oder eben nicht. Ist eben schon sehr speziell, aber eben auch besonders.

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  • Das hab ich gemacht, aber es ist schwierig zu verstehen was es ist oder sein kann wenn man die Karten nicht sieht.


    EDIT: Ok, hab‘s verstanden! :)

  • Wir haben heute meine erste Runde Alice is Missing gespielt. Meine erste, weil ich noch zwei weitere Runden plane.

    Das ist auch der einzige Punkt, den ich anders als Quinn im ansonsten für mich uneingeschränkt zutreffendem Review sehe. Das lag allerdings auch an unserer Runde, denn wenn es emotional noch etwas tiefer geht, kann ich mir durchaus vorstellen, dass man es nur einmal spielen und dieses Erlebnis dann als nicht mehr antastbar wahren möchte. Bei uns gab es heute allerdings auch keine Tränen ;)

    Mir hat es sehr viel Spaß gemacht. In Stille im gleichen Raum zu schöner Musik ein Abenteuer zu erleben ist etwas Besonderes. Ich werde mir auf jeden Fall noch die anderen RPGs - als (Mini-)LARPs würde ich sie nicht betiteln, weil in meinem Verständnis beim Live Action Role Play der Charakter mit seiner echten Person verkörpert wird, während wir hier unsere Rollen nur über ein Medium spielen - des Verlags angucken.

    Viel mehr möchte ich aus Spoilergründen gar nicht sagen. Meine Vorbereitungen hatte ich hier schon niedergeschrieben. Für die Vorbereitung am Tisch würde ich rückblickend mehr Zeit reservieren, wir haben fast genauso lange mit unseren Vorgeschichten verbracht wie mit dem Spiel. Und als zweiten Punkt: Unser Chat war ziemlich wild und schnell. Gerade wenn man zu fünft spielt, hätten wir mit etwas weniger Info mehr Tiefe reinbringen können. Das werde ich beim nächsten Mal im Vorfeld zu den Hinweiskarten anmerken, also dass man als Spieler sich entscheiden kann, neue Infos nach Geschmack rauszulassen. Muss ich mir aber nochmal angucken, da manche essentiell sind. Denke trotzdem, dass das machbar ist.

    Für die nächste Runde sortiere ich jetzt die Hinweiskarten aus, die wir dieses Mal drin hatten. Auch mit den selben würde die Story anders verlaufen, da einiges zufällig oder von den Spielern generiert wird, aber so verläuft es nochmal stärker anders. Die Rolle wechsele ich auch. Nach drei Mal wird es dann aber auch gut sein.

    Insgesamt wie erwartet eine tolle Erfahrung.

  • Gestern meine zweite Runde Alice is Missing. Es war wieder eine tolle atmosphärisch starke Runde, die allen Mitspielern gut gefallen hat.


    Meine Kritikpunkte vom letzten Mal haben sich allerdings erhärtet:

    - Zuviel Input: Wir hatten teils 3-4 parallele Ideenstränge offen. Das ist in einem direkten Gespräch bereits viel, aber in der Kürze der Zeit und am Handy mir too much. Zum Glück hatten wir diesmal zwei erfahrerene Rollenspieler dabei, die das wieder einfangen konnten. Das nächste Mal werde ich die eigene Suche der Lokationen inklusive der Karten dazu komplett weglassen. Das Spiel gibt über die Karten mit dem Minutentimer bereits auch so genug Input. Vielleicht nehme ich auch da 1-2 aus der Mitte raus.

    - Geschwindigkeit: Mit 5 Spielern ist einfach viel los im Chat. Daneben mit anderen zu schreiben, was ich für die Stimmung förderlich finde, artet in Stress aus, wenn man im Hauptchat mitziehen will.

    Natürlich kann man sagen, dass das vom Spiel so gewollt sein mag oder thematisch ist. Ich glaube das nicht. Immerhin spielt das Setting ein paar Tage nach dem Verschwinden, wo sich bereits einiges gesetzt haben sollte. Und gegen ein konstant hohes Pacing spricht sowohl der Soundtrack als auch die Eskalation der Story. Insgesamt war es mir und einigen anderen damit etwas zu oberflächlich, weil man von Idee zu Idee hetzte, anstatt mal sacken lassen zu können. Dann könnte sich der Höhepunkt zum Ende hin auch noch besser abheben.

    Nebenbei: Dem Spielleiter wird ja Charlie Barnes als Rolle empfohlen. Für die erste Session halte ich das für vernünftig, für die zweite war es aber kein Problem, dass jemand anderes Charlie bekommt. Mit ein paar erklärenden Worten dazu ist das leicht gelöst.


    Trotz meiner Beschwerden finde ich Alice is Missing ein großartiges Spiel oder vielmehr noch eine Erfahrung. Wir hatten auch dieses Mal jemanden dabei, die noch nie an Rollenspielen teilgenommen hat, und wie beim letzten Mal hat es auch sie prima abgeholt. Für mich gehörte Alice, in beiden Gruppen, zu den besten Spielerfahrungen der letzten Monate. Highlights, die in Erinnerung bleiben werden.

    Einmal editiert, zuletzt von Fluxit ()

  • Wir hatten die zweite Runde vor einer Woche, hatten aber in keinem Spiel das Problem, dass die Stränge nicht zusammenlaufen, im Gegenteil, die wurden toll miteinander verknüpft, gerade in der ersten Partie war das erstaunlich gut.

    Den "Stress" im Chat finde ich authentisch, eine Gruppe erlebt "live" die Suche nach einer Freundin, da überschlagen sich später die Ereignisse.

    Nächsten Sonntag gibt es Runde 3, komplett andere Spieler, diesmal nicht remote, sondern live vor Ort. Ich werde das Spiel diesmal nur anleiten und bin auf den Unterschied zur Remote-Variante (über Roll20) gespannt.


    Wir bringen im April ein Video auf Hunter&Friends zu dem Spiel, stay tuned


    Ich habe die "Silent Falls Expansion" vorbestellt und bin darauf sehr gespannt, mit noch mehr Charakteren, Verdächtigen, Orten, Searchcards usw. wird es viel abwechslungsreicher!

    Einmal editiert, zuletzt von MrZeropage ()

  • Den "Stress" im Chat finde ich authentisch, eine Gruppe erlebt "live" die Suche nach einer Freundin, da überschlagen sich später die Ereignisse.

    Ja, später, da gehe ich mit. Aber um es mit Tom Borg (wobei ich nicht weiß, ob es von ihm ist, im Netz findet man da mehrere Quellen) zu sagen: Wenn alles wichtig ist, ist nichts wichtig. Mir ist es lieber, wenn die Dynamik spürbar ist und sich die Geschwindigkeit erst entwickelt. Stress als Geschwindigkeit ist sicherlich ein möglicher und auch später passender Eindruck, aber ich fände es viel authentischer, wenn man auch die Hilflosigkeit in der Langsamkeit findet. Der Kontrast ist ja auch im Soundtrack rauszuhören und macht viele Medien spannender, für mich zumindest. Ich mag das Spiel ja offensichtlich, aber manchmal hätten wir es passender gehabt, wenn wir die zufälligen Prompts ignoriert hätten. Vielleicht haben wir auch einfach nur eine kreative Gruppe, die viel raushaut und Spaß daran hat, diese Ideen zu verfolgen, was innerhalb der gegebenen Zeit kaum möglich ist, schon gar nicht in der Tiefe. Zu den vielen und damit teilweise belanglosen Strängen hat Quinn im SUSD auch was zu gesagt, das war ja einer seiner Hauptkritikpunkte. Ist vielleicht Glückssache, wie gut das von den Prompts, den Fundkarten und den eigenen Ideen zusammenpasst. Wir hatten beim ersten Mal jedenfalls einige Karten drin, die der davor gesponnenen Story widersprachen. Hat der Atmosphäre keinen Abbruch getan, aber der Immersion halt. Jetzt beim zweiten Mal hat vieles perfekt gepasst, manche Elemente aber gar nicht, hat eine der Spielerin zum Glück gemerkt und die Karte dann rausgelassen.

    Wir werden voraussichtlich das nächste Mal Ribbon Drive ausprobieren. Das ist ein RPG, in dem jeder Spieler im Vorfeld eine Playlist anlegt, die das Geschehen leitet, während die Gruppe zusammen den Inhalt ausgestaltet. Ich denke, unser Verständnis von Rollenspiel ist mit der Freiheit besser bedient. Alice spiele ich so oder so noch ein drittes Mal, dann bekommt es seinen Ehrenplatz im Regal. Sowohl für das Spielerlebnis selber als auch für den Fakt, dass es viele meiner Freunde nun zum Rollenspielen angestiftet hat.

    Einmal editiert, zuletzt von Fluxit ()