Hatte im BerlinCon 2019 Thread mal was dazu geschrieben. Quote mich der Einfachheit halber mal selbst:
ZitatAlles anzeigenEOS ist der neue Titel von Felix Mertikat von King Raccoon Games (Tsukuyumi) und war auf der BerlinCon als Prototyp zugegen. Es ist ein verhältnismäßig thematisches, kompetitives Eurogame, in dem wir alle das selbe Ziel verfolgen: Engel zu befreien, welche von Dämonen gefangen genommen wurden und nun auf einer Insel in der Mitte des Boards festsitzen. Dafür fahren wir mit unserem Schiff unter bestimmten Anstrengungen auf die Insel und retten immer wieder Engel, bis alle befreit sind. Um diese Mission zu erfüllen und dadurch so viele Siegpunkte wie möglich zu erhalten, übernimmt in EOS jeder Spieler eine Party von fünf Charakteren, welche man zu Beginn des Spiels draftet. Einen Fährmann, einen Krieger, einen Dieb, eine Art Schmied (Utility) und einen Anführer. Jedes Team muss aus genau diesen fünf Rollen bestehen, mit einem Charakter pro Job. Aktuell gibt es insgesamt 30 Charaktere, aus denen die bis zu fünf Spieler auswählen können, und welche alle komplett unterschiedlich sind. Keine zwei Krieger sind gleich, keine zwei Diebe gleich, etc. - auch wenn das Grundprinzip einer jeden Rolle das Gleiche bleibt:
- Krieger besiegen Dämonen, die uns und andere Spieler heimsuchen und uns daran hindern möchten, die Engel zu befreien.
- Fährmänner steuern unser Schiff und bringen uns näher zur Insel, auf der die Engel gefangen sind.
- Diebe bringen uns Geld ein, mit welchen wir die Anstrengungen unserer anderen Charaktere bezahlen. Von Dämonen geplagt, kosten unsere Söldner zum Beispiel mehr Geld, da sie jene Strapazen eben nicht ohne den ein oder anderen Taler mehr auf sich nehmen.
- Anführer bringen größtenteils eine aktive und/oder passive, asymmetrische Fähigkeit mit, die für denjenigen Spieler die Regeln des Spiels komplett ändern (z.B. immer Startspieler, Aktionen können kopiert werden, etc.).
- Und die Utility Typen bringen Ausrüstung für das Team, womit ihre individuellen Aktionen und/oder Spezialfähigkeiten besser werden.
Das klingt jetzt alles etwas ameritrashig, aber es ist wirklich ein Eurogame, in dem man viel planen kann und das einige strategische wie taktische Tiefe bietet: allein die schiere Anzahl der Charaktere lässt interessante und immer wieder andere Engines zu, welche man sich basteln kann. Die Aktionsauswahl ist ein Worker Placement á la Scythe, in dem man neutrale Steine auf seine 5 Teammitglieder stellt, welche dadurch die jeweilige Aktion des Söldners auslöst. Weiterhin gibt es Workerplacement Felder auf dem zentralen Board, die entweder durch die Spieleranzahl variabel begrenzt sind, generell begrenzt sind oder generell frei (unendlich besetzbar) sind. Der Clou? Viele.
-> Gerettete Engel schließen sich unserer Party an und kämpfen fortan an unserer Seite. Sie sind dabei nicht nur ein weiteres Charaktertableu, sondern auch ein eigener Arbeiter, sowie bringen direkt bei der Befreiung einmalige positive Effekte sowie langfristig entweder ein Passiv oder eine Spezialfähigkeit, die dann nur man selbst hat.
-> Man kann mehrere Engel befreien und hat dann noch mehr passive Fähigkeiten/Spezialfähigkeiten sowie Arbeiter.
-> Man kann jeden seiner fünf Standardcharaktere vier Mal "aufleveln", sodass dessen Aktionen progressiv stärker werden.
-> Man kann den Teammitgliedern der Gegenspieler Ausrüstung klauen, sodass diese zeitweilig geschwächt sind.
-> Bei Würfelwürfen in Kämpfen gegen die Dämonen kann man schwache Werte durch Geld ausgleichen, man verliert also nie komplett.
-> Es gibt ein Encounter-Deck mit Effekten, die die Regeln jede Runde komplett ändern (positiv oder negativ), wie das Event-Deck bei Orleans, welches man optional mit reinnehmen kann oder nicht. Eurofreunde lassen es weg, Ameritrash- & Hybridfreunde nehmen es dankend mit rein.
-> Das tollste sind für mich jedoch die zwei WP-Felder "Gelegenheit" und "Glück". Bei Gelegenheit nimmt man sich eine der fünf offen ausliegenden "günstige Gelegenheit"-Karten, welche immer einen positiven Effekt für einen bewirken und alles Mögliche sein können (Geld, Aktionen, Sonderaktionen, Verrücktes) und bei Glück zieht man zwei Karten von einem verdeckten Stapel und hofft einfach darauf, etwas gerade Passendes für sich zu erwischen. Es macht spielmechanisch UND thematisch Sinn; und es macht unendlich Spaß. Stell' dir vor, du kannst bei Terraforming Mars IMMER für 5 Geld einfach zwei Karten vom Nachziehstapel ziehen, nur alle Karten sind irgendwie cool und passen früher oder später. Sowas bringt gute Stimmung, hält bei Laune und belebt das Spiel. Außerdem "schmiert" es die Engine, wo sie gerade vielleicht nicht so blendend läuft.
Wir haben eine verkürzte Partie komplett zu Ende gespielt (5 anstatt 9 Engel) und die Endabrechnung war das Coolste, was ich seit langem gesehen habe. Denn den ultimativen Hasen habe ich noch gar nicht aus dem Sack gelassen: Seine Siegpunkte trägt man in vier verschiedenen Kategorien auf einen Wertungszettel ein, den der Spieler links von einem verwaltet. Und nur man selbst und dieser spezifische Spieler dürfen den Zettel begutachten. Das heißt bis zum Spielende sind alle Siegpunkte "geheim" - man weiß es immer nur von sich und einem weiteren Spieler. Drei der Siegpunktkategorien werden dann über Leisten am Spielfeldrand multipliziert, aber eine Kategorie entscheidet alles: nämlich die Engelskategorie. Denn wer hier weniger als die Mitspieler eingetragen hat, verliert automatisch. Er kann definitiv nicht gewinnen. Das heißt, wenn ich in dieser Kategorie 3 Punkte eingetragen habe, Max und Tim jeweils 4 und Paul aber nur 2, ist Paul automatisch raus. Hätte er 3 eingetragen, wären er und ich raus und der Sieg würde sich zwischen Max und Tim entscheiden. Ideal ist es also, abzuschätzen, wie viele Punkte in die vierte Kategorie eingetragen werden. Trägt man aber zu viel ein, ruiniert man sich die Multiplikatoren für die anderen drei Leisten, welche ja quasi die richtig fetten Punkte abwerfen. Super knifflig aber super toll. Diesen Mechanismus gibt es zum Beispiel in ähnlicher Form auch in Lords of Xidit, wo ich ihn ebenfalls liebe.
Tl;dr: Das Spiel wird schon wieder ein absoluter no brainer-Kauf für mich und ist der zweite komplette Hit nach Tsukuyumi, den King Raccoon hier abliefern. Highlight der Messe ohne jeden Zweifel. Ob es Ende des Jahres in Eigenregie auf Kickstarter kommt, oder sich Grey Fox wieder mit einschaltet, ist übrigens noch nicht klar und wird derzeit von Letzteren geprüft. Das bisherige Artwork ist auf jeden Fall schon mal wieder großartig, die Chars sind super einzigartig und alle hatten Spaß. Es ähnelt Scythe, hat aber noch viel, viel mehr Asymmetrie, sowie gleichzeitig auch mehr Ameritrash durch die Würfel und vielen Karteneffekte. Ich habe es genau wie meine Mitspieler sehr genossen und war mit meinem Team Albia, Esson, Pi, Kraktoros, Un Tanor und später dem Engel Alva extrem happy. MVP war Pi, der immer sehr viel Geld rangeschafft hat und hier und da auch Einiges von den Mitspielern geklaut hat. MVPs bei einem der Mitspieler war die Kombination aus Fellara und Menaros, da Fellara immer 1 Ausrüstung in der Einkommensphase bekommt und Menaros erlaubt, Ausrüstung, welche man neu erhält, direkt von den Mitspielern und nicht aus dem allgemeinen Vorrat zu nehmen. Somit hatte der Spieler immer die meiste Ausrüstung und es gab auch hier viel Interaktion.
Ich könnte noch ewig weiter über das Spiel reden, höre jetzt aber auch mal wieder auf.
Mittlerweile hat sich aber schon wieder sehr viel am Spiel geändert. Leider. Es wurde ja in der Zwischenzeit schon zwei Mal verschoben und während dieser langen Zeit mussten natürlich Mechaniken verändert werden und/oder gar komplett weichen, einfach weil es sich vom Playtesting her abgezeichnet hat.
Felix meinte zu mir, zwei Sachen die definitiv gar nicht mehr drin sein werden, sind die aufgeschriebenen Siegpunkte in den verschiedenen Kategorien (A) und die draftbaren Helden (B). A musste unter anderem gehen, weil viele Spieler immer nur auf die selbe Kategorie gesetzt haben (mit dem höchsten Multiplikator) und B musste u.a. gehen, weil es gerade für unerfahrenere Spieler schwer war, ohne Kenntnis von und Erfahrung mit dem Spiel sinnvoll ein schlagkräftiges Team zusammenzustellen. Daher wurde über Sieg und Niederlage oftmals schon direkt am Anfang beim Draft entschieden und die 90 Minuten Spiel danach wurden quasi obsolet. Daher wurde es nun so umgestellt, dass man vorgefertigte Teams hat (blaues Team aus 5, rotes Team aus 5, usw.), was natürlich gut für den Lore ist. Hier kann das Spiel dadurch wachsen und mehr thematischen Unterbau schöpfen. Außerdem sei eine Erweiterung geplant, die das individuelle Heldendrafting als optionale Variante wieder mit hineinbringt, was ich spitze finde.
Was sich noch alles geändert hat, weiß ich nicht, bin ich aber mal gespannt drauf.
Lg