Ich hab ne längere Rezension geschrieben. Wer es sich antun will:
Habe jetzt Arche Nova 3x solo und zweimal zu zweit digital gespielt. Der Solomodus ist regeltechnisch wirklich extrem einfach. Das kann man auch in 30-40 Minuten spielen. Zu zweit haben wir ca. 2h gebraucht. Wir kannten das Spiel aber beide auch durch den Solomodus.
Da ich persönlich eine Abneigung gegen Terraforming Mars habe (auf Grund des Glücksfaktors), habe ich eig gedacht, dass mir Arche Nova auch überhaupt nicht gefallen wird. Vor allem, da mich das Mars Thema persönlich viel mehr anspricht. Ich finde das Spiel tatsächlich aber sehr gut und gut verzahnt. Ich werde TFM aber trotzdem als Referenz verwenden, obwohl sich beide Spiele für mich doch sehr stark unterscheiden.
1. Aktionskartensystem: Ist ja das erste Mal in Civilization aufgetaucht und finde es sehr gelungen. Je länger man mit einer Aktion wartet, desto stärker wird sie. Finde ich extrem genial und man kann sehr gut planen, wie man was in welcher Reihenfolge macht. Klappt natürlich nicht immer, dass man nur Aktionen mit Stärke 5 spielt. Die Herausforderung ist aber da und ist für mich aktuell auch der unique selling point des Spiels.
2. Weniger Interaktivität: Mir fehlt durchaus das gemeinsame Brett. Jeder hat seinen eigenen Zoo, wodurch das Spiel sich sehr solitär spielt. Kann aber durchaus verstehen, warum nicht alle Spieler an einem Zoo arbeiten. Die 10 interaktiven Tiere, die deinem Gegner in die Suppe spucken können, finde ich auch hier eher unangebracht. Finde "Take That" Elemente in solchen Expertenspielen immer bescheiden. Wir haben auch mit der Variante gespielt, dass wir bei diesen Tieren, den Solo-Effekt nutzen und haben auf das Konfrontative verzichtet. Auch wenn ich konfrontative Spielen an sich sehr mag, haben mich die roten Karten in TFM immer total genervt. Vor allem da die negativen Siegpunkte für mich in absolut keinem Verhältnis stehen, mit dem extrem starken Effekt, den sie mitbringen.
3. Zum Thema Kartendeck und Glücksfaktor: Man hat einfach mehr Möglichkeiten durchs Deck zu cyclen. Bis zur Pause (Einkommensphase) ziehe ich generell doppelt so viele Karten, als bei TFM, da es in TFM einfach sehr wenig Möglichkeiten gibt zusätzliche Karten zu erhalten. Dazu kommt dann auch noch die offene Auslage, die man manipulieren kann und mit Tierfähigkeiten zusätzlich Karten bekommen kann. Auf den Spielertableaus gibt es auch Sofortboni, durch die man Karten aus der Auslage nehmen kann(je nach Ruflevel). Je nach Aktion, kann man auch Karten aus der Auslage Sofort ausspielen für einen Aufpreis. Kurz: Es gibt einen sehr guten Kartendurchlauf, durch den der Glücksfaktor extrem reduziert wird. Viele meiner Mitspieler feiern TFM total, aber das Drafting ändert ja nix an der Wahrscheinlichkeit das von den Karten die man zieht was gutes dabei ist. Ich bekomme dann eben den Rotz von meinem Mitspieler. Zu zweit werden 8 Karten gezogen und daran ändert sich auch nichts. Um den Glücksfaktor zu reduzieren, würde ich evtl. 8 Karten ziehen und jeder kann maximal 4 behalten. Damit könnte man die Wahrscheinlichkeit erhöhen. Arche Nova bietet mir viel mehr Möglichkeiten, um dieses Glückselement auszugleichen. Zu zweit hatten wir von den 212 Karten ca. die Hälfte gesehen, was schon extrem hoch ist. Das Wichtigste hierbei ist, dass man für das Erhalten von Karten generell NICHTS bezahlen muss (außer man möchte eine Karte aus der Auslage mit einer Spezialaktion bekommen), wodurch man viel mehr Optionen bekommt. Damit Spieler Lategame Karten nicht ewig auf der Hand halten, gibts es hierfür ja das Handkartenlimit von 3 (das auf 5 erhöht werden kann). Dieses Handkartenlimit wird immer in der Einkommensphase überprüft. Dadurch werde ich zwar gezwungen Karten abzuwerfen, kann aber während dem Spiel entscheiden, welche Karten für mich evtl. noch spielbar sind und welche nicht. Der Trostpreis von 1 Credit ist in TFM sogar eher ein Nachteil für mich, da ich eine Aktion dafür aufbringen muss. Da es ein Rennen ist, will man dementsprechend nur Karten gegen Credits eintauschen, wenn man mehrere auf der Hand hat, die man abgeben möchte.
4. Die meisten Karten sind zu jeder Zeit spielbar: Viele Sponsorenkarten haben einen Sofort- und andauernden Effekt. Wenn man diese Karten früh ausspielt, bekommt man einen passiven Effekt, der einen für das Ausspielen spezieller Symbole einen Bonus bringt. Falls man allerdings schon viele Symbole dieser Art hat, bekommt man einen Sofortbonus, der pro Karte in deiner Auslage verstärkt wird. Dadurch sind diese Sponsorenkarten sowohl im frühen, als auch im späten Spiel immer nützlich. Das Äquivalent in TFM wäre, dass ich z.B. Haustiere/Vögel im frühen Spiel ausspielen kann und jedes Mal, wenn ich den Sauerstoffwert erhöhe, bekomme ich als Belohnung eine kleine Menge an Credits (Spoiler: sowas gibts nicht). Dadurch sind viele Karten in jeder Phase des Spiels nutzbar. Allerdings gibt es auch Karten, die man nur spielen kann, falls der Attraktionswert unter 25 liegt. Hier fehlt leider die Option, dass sie auch im späteren Spielverlauf von Nutzen sind. Man muss diese Sponsorenkarten schon sehr früh spielen. Man engt sich in seinen Optionen dadurch aber sehr stark ein, da die Bedingung für den Artenschutzpunkt extrem restriktiv sind.
5. Zu starke Kartenkombos: Gibt es hier leider auch. Vor allem die Engine mit Wissenschaftssymbolen finde ich auf den ersten Blick doch schon extrem stark, da man für relativ wenig Aufwand auch im frühen Spiel, sehr günstige Artenschutzpunkte sammeln kann. Hatte eine Karte (Release the Patents), mit der ich für je 1 Wissenschaftssymbol in meiner Auslage je einen Artenschutzpunkt bekomme habe (maximal 3). Das ist in den ersten Runden schon extrem viel. Ich denke, dass diese Karten deshalb so stark sind, da andere Spieler ja sehen, dass man auf Wissenschaft geht und es abgesehen von den Universitäten, sehr schwierig ist, sich alle Karten mit Wissenschaftssymbolen zu schnappen. Mit mehreren Spielern, ist diese Strategie vielleicht nicht so dominant, weshalb ich es gerne mal zu dritt spielen würde.
6. Spielende und Pausenmechanik: Da das Spiel ja keine festen Runden hat und beendet wird, wenn sich die 2 Spielsteine kreuzen, kann die Spiellänge sehr stark variieren. Ähnlich wie bei Anno 1800, kann die Partie also extrem lange gehen, wenn ich mich nicht darauf fokussiere. Im Gegensatz zu TFM kann ich aber auch als einzelner Spieler das Spielende leichter einleiten. Komplett alleine den Mars zu terraformen ist extrem schwierig. Hat mein Gegenspieler eine bessere Engine wie ich, kann er währenddessen oftmals viele Siegpunkte sammeln. Da man in Arche Nova passiv keine Artenschutzpunkte generieren kann, sondern alle Siegpunkte (bis auf die persönliche Entwertungskarte) eine öffentliche Information sind, kann ich sozusagen Rushen und durch Schnelligkeit gewinnen ohne alle Boni abgreifen zu müssen. Das gleiche Konzept trifft auch auf die Einkommensphase zu. Ich kann durch das Ausführen einer starken Sponsorenkarte eine Pause forcieren, um wieder an Geld zu kommen. Diese Mechanik finde ich EXTREM wichtig. Wenn ich früh auf Artenschutz gehe und mein Einkommen zu Wünschen übrig lässt, kann ich eine Pause einleiten. Dadurch bring ich nicht nur meinen Gegner dazu Karten abzulegen, falls er zu gierig ist, sondern ich kann auch bewusst beeinflussen, wann ich wieder zu Geld komme. Diese Option habe ich in TFM nicht. Nachdem ich gepasst habe, kann mein Gegenspieler theoretisch unendlich Aktionen ausführen und seine ganzen blauen Karten aktivieren, bis ich endlich wieder zu Geld komme. Falls der andere Spieler eine Engine hat, die auf Einkommen basiert, kann dieser im Normalfall auch viel mehr Aktionen ausführen. In Arche Nova muss ich nicht zwingend einen hohes Attraktionslevel haben, um mitthalten zu können, was das Spiel für mich wirklich extrem gut macht, da dadurch jede Strategie viable wird.
Fazit: Alles in allem, hat mich das Spiel extrem überrascht, da ich ja grundsätzlich kein Fan von kartengetriebenen Spielen bin, die einfach alle Karten in ein Deck packen. Der geniale Aktionsmechanismus, der hohe Kartendurchfluss, als auch die Möglichkeit eine Pause einzuleiten, haben mich aber vollkommen überzeugt. Aktuell 8.5 von 10 Punkten.