Nachdem Waltersche hier
1. #FlügelschlagAsien - bisher nur ohne Grundspiel und irgendwelche anderen Erweiterungen in der Duellvariante gespielt, da wir uns dachten, auf die Art und Weise eine relativ kleine, handliche Spieleschachtel mit in den Urlaub nehmen zu können. Hat richtig viel Spaß gemacht und es ist schon verblüffend, wie anders das Spiel wird, indem man sich nun beim Ausspielen der Vögel auch noch auf dieses Duell-Tableau konzentrieren muss. Aus…
seinen Eindruck zu #Distilled mitgeteilt hat, und mein Eindruck ein ähnlicher ist, will ich versuchen, für mich herauszufinden, warum das bei mir so ist.
Ja, #Distilled gefällt mir von der Optik gut bis sehr gut, mechanisch paßt es, thematisch ebenso, die Partien machen auch Spaß, und dennoch habe ich beim Spielen nach wie vor das Gefühl, daß da etwas fehlt. Warum gibt es keinen Wow-Faktor, kein Verlangen am Liebsten gleich die nächste Partie dranhängen zu wollen ....?
Kurzfassung:
Trotz unterschiedlicher Rezeptkarten und der Möglichkeit der Charakterwahl fühlen sich die Partien zu ähnlich an, der Weg durch das Spiel ist fast schon linear vorgegeben und selbst das 2er-Spiel dauert dann aufgrund der gefühlten mangelnden Vielfalt um mindestens 45 min zu lang.
Langfassung:
- Das Spiel wartet mit unterschiedlichsten Rezeptkarten auf, auf der sich 7 von 13 variablen Labeln (plus Erweiterung) befinden. Hinzu kommen die beiden vorgegebenen Label für "Moonshine" und "Wodka", welche immer mit dabei sind. Zu jeder Rezeptkarte werden ferner 11 bzw. 12 Charakterkarten (von 18) vorgeschlagen (plus die weiteren Charaktere aus der Erweiterung), welche jeweils nochmals ein eigenes Label besitzen. Das bedeutet für mich beim Aufbau schon einen gewissen zeitlichen Aufwand, bis es dann endlich losgehen kann.
- Egal welche Rezeptkarte gespielt, man beginnt das Destillieren fast immer mit "Moonshine" oder "Wodka". Das fühlt sich mit der Zeit eintönig an.
- Ich kann verstehen, daß man aufgrund der Übersichtlichkeit den Markt in nur vier Bereiche aufgeteilt hat. Die Zusammenlegung von "Spezialisten" und "Anschaffungen" halte ich allerdings nicht für glücklich, genauso wenig wie die gemeinsame Zeile für Fässer und Flaschen. Es ist aufgrund der wechselnden Marktauslage eh schon zweifelhaft, daß das Richtige mit dabei ist, aber dann auch noch auf eine bestimmte Flasche oder ein bestimmtes Faß warten zu müssen, wenn man nicht zur Notoption "Basiskarte" greifen möchte, kann unbefriedigend sein, wenn das jeweilige andere Marktelement (z.B. Flaschen statt Fässer) permanent aufgedeckt wird.
- Wie in vielen Spielen mangelt es am Anfang meist an Geld. Es dauert im Regelfall etwas länger, bis man einen gewissen Grundstock an Vermögen erwirtschaftet hat (was dann häufig zu Lasten des Elements der Reifung von Spirituosen geht, weil man diese vorher veräußert hat). In dieser Zeit sieht man etliche teure und gute Spezialisten, Anschaffungen, Flaschen und Fässer kommen und gehen und kann im Regelfall nicht mehr auf sie zugreifen. Maximal eine gute Karte ist am Anfang drin, alles andere ist für die nächsten Runden meist Illusion. Frustration kann sich hierbei schon etwas breitmachen.
- Natürlich ist es das Thema des Spiels, daß man über das Destillieren diverser Spirituosen sein Punkte macht und dies geschickt mit den offen ausliegenden Auftragskarten kombiniert. Und selbstverständlich liegt die Stoßrichtung hierbei, daß die besondere Spirituose des jeweiligen Charakters hergestellt werden sollte, weil diese eben auch entsprechend viele Punkte gibt. Ob dies dann gelingt oder nicht ist aufgrund der Mechanik des Herstellungsprozesses etwas glücksabhängig und man sollte damit also nicht bis zur (vor)letzten Runde warten. Aber ...
- ... die Punkte, welche sich über die Anschaffungen oder Spezialisten ergeben fühlen sich aufgesetzt und überflüssig an. Viel mehr als fünf bekommt man selten zusammen. Bei Punkteständen jenseits von 100 Punkten ist das eher vernachläßigbar.
- Ferner ist für mich das Punkteelement der Flaschensammlung nicht sonderlich nachvollziehbar. Ich kann nicht das Pferd von hinten aufzäumen. Mir bringt es nichts, am Anfang gute Flaschen zu kaufen, ohne daß ich in ihnen etwas ordenliches abfüllen kann. Eine Strategie vornehmlich auf die Flaschensammlung geht meines Erachtens nicht auf, also bin ich wieder erstmal auf gute (Premium-)Zutaten und entsprechende Fässer angewiesen, welche (viel) Geld kosten, das ich nun erstmal nicht in Flaschen investieren kann. Die Flaschen sind für mich nett und originell zum Ansehen, aber als Punktelieferant eher ziemlich nebensächlich. Dafür gibt es sie aber viel zu oft in dem jeweiligen Stapel, welche dafür sorgen, daß die guten Fässer nicht (oder unter Umständen zu spät) in die Auslage kommen. Der Kreis schließt sich also.
- Zu zweit sind wir schon gut 2,5 Stunden mit einer Partie beschäftigt, und das fühlt sich dann irgendwann zu lang an, da ein Ausbrechen aus der linearen Struktur sich als nicht lohnenswert darstellt. Da fehlt einem irgendwann die strategische Abwechslung. An eine Partie in Vollbesetzung mag ich gar nicht dran denken.
Fazit:
#Distilled hat viel liebevoll gestaltetes Material, es macht Spaß hin und wieder eine Partie zu spielen, aber zum spielerischen Wow-Faktor fehlt eben leider doch einiges. Es dauert zu lange, bis man die Möglichkeit hat/hätte sich all die teuren Spezialisten, Anschaffungen, Zutaten, Fässer und Flaschen leisten zu können. Und wenn es dann soweit ist, ist das Spielende nicht mehr weit. Dann hat man es aber wiederum nicht geschafft, eine gute Spirituose möglichst lange reifen zu lassen, was ja dann eigentlich doch häufig der Sinn sein sollte (oder könnte?). Von dem Ausschöpfen diverser Punktemöglichkeiten ganz zu schweigen. Und das schafft eben ein nicht ganz so tolles Spielgefühl, da man zu lange eher nur auf der Stelle tritt. Das große Glück ist es, daß die thematische Einbettung hier trotzdem sehr viel für das Spiel rettet.
Überlegung:
Ob es Sinn macht, von vornherein mit mehr Kapital zu starten, müßte erst noch ausgetestet werden. Das ist jetzt gerade so ein Spontaneinfall von mir. Was macht es mit dem Spiel(gefühl), wenn man z.B. mit 10 Geld mehr startet, und man somit eher in den Genuß kommen kann, sich gute Sachen zeitiger leisten zu können. Zerstört es das Spiel, weil dann ab Runde 4 oder 5 zuviel Geld im Umlauf ist oder merzt es gewisse Unzulänglichkeiten aus? Verstärkt oder mindert eine größere Kaufkraft den Zufallsfaktor bei der Marktauslage und was macht es mit dem persönlichen Glücksgefühl? Falls jemand Hausregeln nicht abgeneigt ist, kann er ja sowas mal ausprobieren.