SPIEL 21, wir müssen mal reden: Bisher war ich immer oder zumindest in den letzten 20 Jahren alle Messetage auf der Spiel. Dieses Jahr nur am heutigen Freitag. Dabei ist die SPIEL für mich immer eine Anspiel-Messe und ideale Gelegenheit, die ganzen Bekannten und ferne Freunde aus der Spielewelt mal wiederzusehen und das gebündelt. Neuheiten kaufen ja, aber nur sehr selektiv und eher das Zeugs, was spontan fasziniert oder sonst nicht zu bekommen ist, weil zu exotisch. Und das alles ganz entspannt, selbst umringt vom totalen Wahnsinn.
Dieses Jahr war so vieles so anders. Ok, die Anfahrt und das Bummeln durch die Hallen war sogar eine Spur entspannter, weil die Gänge breiter waren und insgesamt viel Rücksicht gegenseitig genommen wurde. Durch die notwendige Maskenpflicht war es dann aber doch für mich nicht entspannt, denn einen Tag durch die Maske atmen und sprechen ist nicht mein Alltag, ungewohnt und ich möchte mich daran auch nicht gewöhnen. Ab Nachmittag war ich platter als sonst und es began leicht latent nervig zu werden, so dass ich aktiv gegen meine eigene Nervigkeit ankämpfen musste.
Dieses leicht Nervige war vor allem dadurch gegeben, dass sich die Besucher auf weniger Anspielmöglichkeiten konzentrierten. Einfach weil weniger Aussteller vor Ort waren und die Anspieltische nicht so eng wie sonst gepackt werden konnten. Zudem hatten etliche Verlage verständlicherweise mehr als ein einziges eigenes Highlight, so dass oftmals nur ein einziger Tisch für das Spiel zur Verfügung stand, was einen selbst interessierte und der war leider viel zu oft zu zeitintensiv besetzt, so dass sich ein Warten kaum lohnte in der beschränkt zur Verfügung stehenden Zeit eines einzigen Tages. Bei den Ausleihtheken-Stände blieben etliche in meiner Wahrnehmung auch einfach sitzen und nutzen ihren raren Sitzplatz anscheinend als Dauerplatz, mal das gesamte Verlagsprogramm durchzuspielen. Da war zu wenig Fluktuation und ohne Sitzplatz kein Spiel - verständlich, aber blöd für mich.
Weil wenn ich mehr von einem Stand zum anderen unterwegs bin, als zum eigentlichen Anspielen zu kommen, dann stimmt mein Wohlfühlverhältnis nicht. Dadurch fehlten mir auch die entspannten Sitzpausen zwischen den per App gemessenen über 10.000 Schritten auf harten Hallenboden. Vier Messetage mit mehr Messeständen, so dass sich die Besucher mehr verteilen und man selbst besser auf mehr Anspielchancen ausweichen kann, sind eben entspannter in meiner Wahrnehmung.
Obwohl ich dieses Jahr eher auf den Bereich der einfacheren oder kreativeren Spiele fokussiert war, waren die Spielerklärungen leider gehäuft schlicht falsch oder zu ungenau, was dann zu einem verfälschten Spieleindruck und eine im Nachhinein vertan empfundene Zeit führte. Leider kein Einzelfall. Fehlten dieses Jahr die bewährten Erklärveteranen, so dass auf B-Erklärer zurück gegriffen werden musste oder hatten die schlicht am zweiten Messetag noch nicht die Chance, sich ausreichend in ihre Erklärspiele einzuarbeiten? Schade, weil eben gehäuft negativ erlebt neben etlichen Erklärern, die wirklich wieder mal begeisternd und kompetent zugleich waren. Also bitte kein Scheren über den einen Kamm!
Tja, und wenn man nicht anspielen konnte, dann wenigstens kaufen? Viel zu oft war die Ansage, "ist schon ausvekauft" oder "kommt morgen hoffentlich" oder "ist im Zoll hängen geblieben" oder "hat es nicht zur Messe geschafft, soll im November in den Handel kommen eventuell". Das, was da war, das war durchweg entsprechend hochpreisig. War vor Corona das 60 das neue 40, so ist aktuell das 70 das neue 55 oder das 50 das neue 30. Klar, Luftfracht und Container sind eben teuer und Spielmaterial ebenfalls. Dadurch fielen einige Spiele durch mein Raster, weil als zu teuer empfunden für das dann doch nicht sooo inovativ neu Gebotene. Eventuell wurde ich dadurch aber auch vor einigen Schrankleichen bewahrt.
In Summe deshalb leider enttäuschend. Aber auch nur in der Summe gesehen, weil mein Messetag trotz aller blöden Umstände mit Maske, begrenzten Anspielmöglichkeiten oder nicht verfügbaren Spiele, dann doch seine Highlights hatten, welche die alte Faszination der SPIEL wieder aufblitzen liess. Danke an allen, die dazu beigetragen haben - Ihr wisst schon, wen und was ich meine.
So und jetzt freue ich mich nun auf ein wenig Auspack-Session, auch wenn ich auf der SPIEL einzig "Last Message" gekauft habe - direkt bei IEllo in der deutschsprachigen Version und anschliessend am Abend ein paar ältere Frühjahr 2021-Spiele dann vor Ort bei AllGames4you.
Und eine letzte Bitte: Alles hier sind absolute 1st-World-Probleme, die eigentlich gar keine und - in richtiger Relation gesehen - total unbedeutend sind. Deshalb: Alles gut!