Ich kann da auch nur orakeln, ich bin kein Verlagsmitarbeiter und habe nur bedingt Einblick in die Arbeitsweise der Redaktionen.
Ob und wie und von welchen Verlagen Regel-Blindtests gemacht werden, kann ich dir nicht sagen.
Ich selbst mache als Autor hin und wieder Blindtests für Spiele und/oder Regeln, aber eher selten. Es ist schon teilweise sehr schmerzhaft/lehrreich, wenn man jemandem eine Regel in die Hand drückt und ihn dann bittet, das Spiel zu erklären.
Wo entstehen da die Kosten?
Generell verursacht selbstverständlich jeder zeitliche Aufwand Kosten - und blindtesten lassen, das Feedback aufnehmen und einarbeiten, das kostet Zeit.
Zeit, in der der Redakteur zum Beispiel auch an einem anderen Spiel arbeiten könnte.
Anonsten würde ich sagen: "Es kommt drauf an..."
Etwa, ob du das Spiel lokalisierst. Dann kriegst du die Blindtester geschenkt: all das Gejammer der englischsprachigen Spieler oder Kickstarterbacker auf BGG. Dafür bist du hier auf andere Art und Weise eingeschränkt, kannst zB vielleicht das Layout der Regel nicht anpassen, hast nur 3 Zeilen Platz, wo du in der raumfüllenden deutschen Sprache 5-10 Zeilen bräuchtest etc.
Wenn du nicht lokalisierst, sondern dein eigenes Spiel machst:
Klassischerweise ist die Spielregel ungefähr der allerletzte Schritt, weil alles andere schon fertig sein muss - du willst ja idealerweise das endgültige Spielmaterial in den Beispielen zeigen, und du willst Icons einer fertigen Symbolsprache erklären, nicht die komischen Platzhalter, die ihr aus dem Internet zusammengeklaut habt. Diese quasi fertige Regel kannst du blindtesten... in einer perfekten Welt, in der es keine Abgabetermine gibt.
Die Alternative - mitten im Designprozess - wäre mit enormem Aufwand und haufenweise verschwendeter Zeit verbunden.
In dieser Phase änderst du jede Woche zig Detailregeln und Werte, schraubst am Balancing rum, packst Spielelemente rein oder wirfst sie raus... Zu diesem Zeitpunkt ist die Regel aus Effizienzgründen bestenfalls eine krude Tabelle, du schreibst sicher nicht täglich eine endkundenfreundliche Version der Regeln oder machst alle Beispielgrafiken neu. Feedback zu einem Regeldetail, das es nächste Woche vielleicht nicht mehr gibt, ist völlig nutzlos.
Es bleibt aber selbstverständlich immer im Hinterkopf, dass das Spielgeschehen auch irgendwann in Regelform gegossen werden muss, und wenn Autor oder Redakteur das Gefühl haben, dass sich ein Spielelement nur sehr schwer oder mit sehr viel Regelbedarf vermitteln lässt, dann ist das nicht der schlechteste Grund, es "wegzustreamlinen".