Beiträge von Brettspiel Dude im Thema „(Kenner-) Spiel des Jahres 2021“

    Es gibt ohnehin fast keine schlechten Spiele, sondern viele Geschmäcker. Das ist mal wieder ein extensiver Nebenkriegsschauplatz, aber es gibt natürlich auch objektive Gründe, warum ein Spiel schlecht sein kann - schlechtes Regelwerk, furchtbare Grafik/ unverständliche Ikonographie, katastrophales Balancing wären noch die Dinge, die man am ehesten beheben könnte - wenn das Spiel in seinen Grundfesten allerdings kaputt ist, kann man nicht viel machen (Beispiel: DAS RENNSPIEL! Roll & Move: wer ist zuerst im Ziel? Der Startspieler wechselt nie und bekommt immer +4 auf seine Würfelergebnisse. Wer holt ihn ein? - Autor: ich. Möchte das jemand verlegen?). Das ist einfach ein schlechtes Spiel - unabhängig davon, ob irgendwo im Harz vielleicht doch jemand sitzt, der Spaß daran hat...


    Viel zu oft allerdings lese ich, dass Spiele schlecht seien - und in Wirklichkeit hat es denen einfach nur nicht gefallen. Wenn man dann nachhakt, verpuffen die vermeintlich objektiven Gründe dann :-/

    Ja, aber eben nicht Fokus, Drunter und Drüber, Sherlock Holmes, El Grande, Torres, Manhattan, Dominion etc. Für jedes kindertaugliche Familienspiel gab es beim SdJ auch die Spiele "dazwischen", die man sich geschenkt bekam und die dann wie Blei im Regal lagen.

    Das hat ja die gute Mischung ausgemacht - einige waren kindertauglich - andere Spiele wie Sherlock oder El Grande waren "erwachsener". So richtig falsch konnte man nix machen, wenn man sich nicht damit beschäftigt hat, was es sonst noch so gibt.

    Also wir haben neben Monopoly und Risiko in der Familie auch SdJ gespielt: Auf Achse war hoch im Kurs, Scotland Yard, Heimlich & co und Sagaland - alles Klassiker, die heute noch funktionieren. Ob es damals ggf. noch andere Spiele gab, die besser gewesen wären? Keine Ahnung.

    Also "Go" ist auch einfach zu lernen - aber hat dennoch eine krasse Komplexität - und bei Schach muss man auch nicht so viele Moves können (Bauer 2xbewegen, 1x schlagen,1x verwandeln, springer, turm, läufer, dame, könig, rochade) - offenbar nur 10? 11, wenn man noch en passant schlagen dazu nimmt.


    Das Regelwerk von Mau-Mau könnte daher genau so lang sein wie das von Go oder Schach - aber Mau Mau ist eben deutlich weniger komplex. An der Anleitung selbst kann es also nicht wirklich liegen.

    Naja, es kommt ja immer darauf an, WEM man ein Spiel erklärt.


    Cryo könnte ich jedem aus meiner Spielegruppe in 15 Minuten erklären - es ist ja größtenteils bekanntes Mischmasch.


    Meinen Eltern? Not so much.


    Und jeder, der schon mal gedraftet hat, kann Fantasy Realms in wenigen Minuten erklärt bekommen.

    "Man draftet abwechselnd bis X Karten in der mitte liegen und zählt dann Punkte. Blockiert heißt: Die karte ist komplett leer und kann gar nix. Verstanden? Los gehts" - ich denke, das ist ne Erklärung, mit der die meisten Vielspieler hier das Spiel gut verstehen würden.

    Spannende Punkte. Für mich noch am Spannendsten: Die Abwärtsspirale bzgl des "Weight" der Spiele. Das SdJ nähert sich ja eher so dem 1-er weight - während das Kennerspiel sich irgendwo bei 2-2.5 einpendelt. Folglich wäre alles nach 3.5 Expertenniveau aus Sicht der Jury?

    Beim "Weight" machen leider zu wenig Leute mit, um das als wirklich objektives Maß zu sehen. Viele der Teilnehmer werten meiner Beobachtung nach kurze Spiele immer mit kleiner Zahl und lange mit hoher. Denke nicht, dass sich die Jury daran orientiert und außerdem den Faktor auf die Einstiegshürde legt, der nur ein Teilaspekt von dem ist, was manche Leute als "Weight" betrachten.

    Natürlich ist das weight auch "biased" - bestes Beispiel mmN: On Mars hat ein höheres weight-Rating als Lisboa - ich glaube, das liegt daran, dass beim KS von On Mars viele mitgemacht haben, die nur "Mars" gelesen haben und fanden das Spiel nachher im Vergleich zu anderen populären Mars-Spielen bockschwer - Lisboa haben sich allerdings vornehmlich Leute gekauft, die schon wussten, worauf sie sich einlassen - nämlich ein komplexes Lacerda-Spiel. Das Ergebnis: Diese kleine Sub-Gruppe (700 votes) fand das Spiel ok schwer - aber das sind vermutlich auch knapp 700 expertenspieler, während die 900 voter von On mars zu einem anderen Ergebnis kommen.


    Allerdings: Fast alle Voter (235 von 245) haben Just one eine Komplexität von 1 gegeben - und ehrlich gesagt wüsste ich auch nicht, wie man was anderes rechtfertigen sollte.

    ich empfehle die Diskussion bei den OG Reactions to the SdJ Nominations | The Opinionated Gamers


    Dass gerade Chris Wray so leidet, der den Preis nun wirklich seit 20 Jahren auf BGG verteidigt hat, tut mir leid. So hundertprozentig war seine Sicht nie, weil er schlicht keine Ahnung vom deutschen Markt hat, aber für die Generation, die in den USA über German Games zu Brettspielen gefunden haben, ist die aktuelle Entwicklung des Preises eine ziemliche Katastrophe, da die sich ja gerade durch die Abgrenzung vom Mass Market (in dem Fall Siedler versus Monopoly und co.) definiert haben.

    Spannende Punkte. Für mich noch am Spannendsten: Die Abwärtsspirale bzgl des "Weight" der Spiele. Das SdJ nähert sich ja eher so dem 1-er weight - während das Kennerspiel sich irgendwo bei 2-2.5 einpendelt. Folglich wäre alles nach 3.5 Expertenniveau aus Sicht der Jury?

    Benmartin70 - das ist halt das von mir öfter angesprochene Problem: Aeons End ist eben ein Spiel von 2016 - und das merkt man ihm auch an. Damals war es halt SUPER fresh und neu und aufregend - aber es war eben nicht auf deutsch erhältlich. Kennst Du deutschsprachige Spiele wie Aeons End, die sich ähnlich spielen? Denn "deutschsprachig" ist eben das Kriterium.

    Kennerspiel Liste hätte ich mir "Aeons" End gewünscht, statt Arnak. Arnak ist zwar klasse, macht aber irgendwie nichts neu.

    Was macht denn Aeons End soviel "neu" im Gegensatz zu Arnak?

    Wenn man Thunderstone und Dominion kennt ist da wahrlich nichts neues dabei.

    Erstmal ist Aeons End von 2016 - und somit schon 5 Jahre alt. Natürlich macht es JETZT nichts neu - aber damals eben schon. Es ist kooperativ, es gibt interessante - SEHR unterschiedliche Bosse, jeder hat einen Charakter, die sich alle doch wenigstens etwas unerscheiden - teilweise auch sehr deutlich. Es hat in der Abgrenzung zu anderen Deckbuildern das nicht-Mischen-Prinzip.

    Bin gespannt, wenn das BINGO kommt. 8-))

    Ich weiß, es ist lustig gemeint, aber ernsthafte Kritik mit Bullshit-Bingo im Kern zu ersticken, ist auch nicht so der super verträgliche Weg. Wenn die alteingesessene Spielergemeinde - jeder Vielspieler und damit auch Experte - bestimmte Nominierungen so gar nicht verstehen kann, sollte man das doch durchaus ernst nehmen.

    Die Frage , wer den Preis bekommt, ist doch im Kern das, was WIR uns oft fragen, wenn Nicht-Spieler-Besuch kommt, denen wir gerne ein Spiel zeigen wollen - oder Gelegenheitsspieler, die wir an härtere Kost heranführen wollen. Und da kann man sich ruhig fragen, ob Spiel XY das dafür richtige ist.

    – Das Spiel muss im aktuellen Jahr oder im Vorjahr erschienen sein.¹ Nahezu unveränderte Neuauflagen oder Jubiläumsauflagen bereits bekannter Spiele scheiden aus.
    – Das Spiel muss zum Zeitpunkt der Bewertung im Einzelhandel erhältlich sein. Prototypen, Handmuster oder Kleinstauflagen bewertet die Jury nicht.
    – Es muss ein Vertrieb im deutschsprachigen Raum bestehen.
    – Das Spiel muss allein für sich spielbar sein. Bloße Erweiterungen werden nicht berücksichtigt.

    Vielleicht ist das mein Problem. Für mich ist das Erscheinungsjahr eines Spieles das,was bei bgg angegeben ist - das sollte idR korrekt sein. Wann es lokalisiert wurde, spielt dabei für mich weniger eine Rolle - Wenn heute einen bisher nicht-synchronisierten Film von 1983 synchronisieren würde, wär es für mich auch noch ein Film von 1983 und nicht 2021.


    <edit: hab ein Beispiel gefunden: Star Trek "Patterns of Force" ist von 02/1968 - Deutsche Erstausstrahlung war aber erst 07/1999 - für mich ist es dennoch keine super Folge aus 1999. Aber offensichtlich ist das Ansichtssache.


    Und es ist, wie es ist

    Danke für die ausführliche Antwort. Stelle mir das sehr schwer vor, so "objektiv" wie möglich zu bleiben, gerade wenn einem das Thema nicht zusagt oder die Mechanik. Wenn man kein Trick Taking mag, dann quält man sich ja durch verschiede Titel eher so durch.

    Woran machst Du das fest? Wieso ist Dein Blick auf die Dinge der Richtige und mein Blick der Falsche? Soll ich jetzt schreiben "Nein, DU kannst das nicht!!!11"? Was ist das für ne Diskussionskultur?


    Ich hab die Frage schon weiter oben beantwortet: Ich plädiere für internationale Preise. Wenn sich SdJ nur auf deutschsprachige Spiele reduzieren will, ist das doch ok - aber dann brauchts aus meiner Sicht einen internationalen Preis, der Spiele aus verschiedenen Sprachen mit einbezieht. Das wäre ja im Zweifel dann auch ein guter Grund für eine Lokalisierung.


    Mit meiner Tochter spiele ich ca 6 Partien im Monat - etwas mehr, wenn man jede Love-Letter-Partie mit einbezieht. Das höchste der Gefühle ist Mercado - oder Isle of Skye. Weder liest sie in online-Foren noch guckt sie YT-Videos. Nicht mal meine. Insofern hat sie schon einen EXTREM anderen Blick als ich. Spielt aber auch für ein generelles Empathievermögen, das Du mir ja offenbar aufgrund irgendeiner meiner getätigten Aussagen, die Dir nicht passen, absprichst, im Grunde überhaupt keine Rolle, wie viel sie spielt.

    Oder in welcher Blase meinst Du befinde ich mich, in der sich nicht auch alle andern hier befinden?

    Man kann seine Blase auch verlassen, in dem man mal mit Menschen spielt, die nicht zur Blase gehören. Für mich als Redakteur ist das unerlässlich.

    Du scheinst dies jedoch nicht zu tun. Meine Empfehlung oben lautete deshalb, dies doch mal zu tun. Das öffnet so manches Auge und erweitert den eigenen Horizont ungemein.

    Das war nicht die Antwort auf meine Frage, aber ich spiele durchaus mit unterschiedlichen Menschen - u.a. mit meiner 10-jährigen Tochter, die mit SICHERHEIT einen anderen Blick auf Spiele hat als ich. Sie ist derzeit sehr vernarrt in Mercado de Lisboa - es ist zwar die Skellig-Version, aber da es sprachneutral ist, wäre es auch egal, wenns die englische Variante wäre.


    Fluxx - wie ich weiter oben schon schrieb, befinden wir uns ja alle in der Blase der "intensiven Hobbyisten" - keiner von uns kauft seine Spiele auf gut Glück bei Kaufhof, sondern evaluiert vorher, ob ein Spiel wohl passen könnte. Das macht aber die SdJ-Kundschaft nicht. Und natürlich kann ich mich in diese Situation rein versetzen. Es hat halt keine Relevanz für mich - und, wie ich finde - auch nur SEHR begrenzt überhaupt auf "unsere" Expertenblase hier, da wir in der Regel solche Spiele ja eh nicht aufgrund des Siegels kaufen, sondern weil wir uns informiert haben.

    Plädierst du gerade allen Ernstes dafür, für ein deutsches "Spiel des Jahres" auch Spiele zu berücksichtigen, die es auf deutsch nicht gibt? Oder wie meinst du das?

    Ich glaube, du solltest mal wieder aus deiner Blase rausgucken und dich "erden" lassen. (Oder dich an einer solchen Diskussion nicht beteiligen, wenn du schon selbst schreibst, dass du gar nicht die Zielgruppe des Preises bist.)

    Wir alle hier leben in derselben Blase, lieber Thygra . Die Spieler, die Zielgruppe von SdJ und KdJ sind - im Sinne einer klaren Kaufempfehlung - laufen nicht in Brettspiel-Foren rum oder gucken sich YT-Videos an und hören Podcasts. Das machen Hobbyisten, die schon eh im Hobby stecken und sich in der Regel vor dem Kauf eines Spiels schon eine Meinung bilden, Rezensionen oder Kommentare lesen.


    Oder in welcher Blase meinst Du befinde ich mich, in der sich nicht auch alle andern hier befinden?

    Das ist weniger, als ich dachte. Um mal einen Einblick zu bekommen - wie oft wird denn jedes Spiel gespielt? Gebt ihr auch Spielen ne zweite Chance, die beim ersten durchlauf "floppen"?

    Fantastische Reiche... also im Kern ist es ein einfachster Draft-Mechanismus, wie bei Nidavellir. Und da hat Pegasus zumindest "Kenner" drauf geschrieben.

    Andere Tipps hab ich nicht - der Jahrgang ist bisher sehr unspürbar an mir vorüber gegangen. Jetzt bin ich auch nicht unbedingt Zielpublikum von Familie & Kenner, insofern...


    Aber ich werd auch nie verstehen, warum ein Spiel, das 2017 raus gekommen ist (Fantasy Realms) überhaupt in die Liste SDJ kommen kann, nur weil es jetzt erst übersetzt wurde.