Beiträge von MetalPirate im Thema „aktuelle Lage: Spielefabriken und Ozeanfracht ausgelastet“

    Besonders wenn man bedenkt das bei den Angebot ohne Versand noch ein Händler und ein Großhändler mitverdient während bei dem Angebot mit Versand alles direkt an den Hersteller geht.

    Crowdfunding gehört zwar zum Bereich der Direktvermarktung und die Margen für den Hersteller sind deutlich höher als bei Retail-Verkäufen, weil weniger andere direkt Beteiligte (Distributor, Händler, etc.) mitverdienen wollen, aber man sollte trotzdem nicht unterschätzen, was für Provisionen (Kampagnenplattform, Pledge Manager), Logistik incl. Fulfillment, Kampagnenoptimierung und -betreuung, und insbesondere auch für Werbebudget draufgeht (Social Media und Influencer Werbung, BGG-Anzeigen, paid previews, etc.). Wenn das Vermarktungskonzept Crowdfunding maximale "Hotness" für ein paar Wochen ab einem vordefinierten Zeitpunkt X braucht, dann erfordert das auch Aufwand und diesen Aufwand zahlt Backer am Ende eben auch mit.

    Mein Bauchgefühl ist, dass der gestiegene Werbeaufwand auch ein oft unterschätzter Grund ist, warum Crowdfunding zuletzt immer unattraktiver geworden ist. Wenn solche Massen von Kampagnen gleichzeitig laufen, dann wird's halt immer schwieriger und damit aufwändiger, da überhaupt zur Kenntnis genommen zu werden. Diese Kosten müssen eben umgelegt werden auf die ~2000 Backer, die mittlerweile auch etablierte Crowdfunding-Verlage oft nur noch holen, einfach weil die Auswahl in dem Markt so riesig ist.

    Und dieser spezielle Crowdfunding-Kostenfaktor wird anders als die Frachtkosten sicher nicht kleiner, wenn die Backer in wirtschaftlich schwierigen Zeiten tendenziell sparsamer beim Backen werden.

    Ich denke, dass man mit Preisvergleichen Crowdfunding-Version vs. Retail-Version nicht wirklich auf einen grünen Zweig kommen kann. Dafür wird im Crowdfunding-Bereich zu viel künstlicher "value" generiert, indem man allerlei zweit- und drittbeste Design-Ideen in Erweiterungsschachteln packt (bzw. eine Handvoll Karten foliert) und das alles mit irgendwelchen phantasievollen Preisschildern versieht.

    Rechnet man das mit, weil man Komplettierer und Sammler ist, dann ist Crowdfunding immer noch "günstig", weil man später oft nur noch schwer und/oder teuer an "wirklich alles" kommt. Rechnet man den oft nur begrenzt sinnvollen Zusatzkram dagegen raus, ist Crowdfunding in den letzten Jahren schon eher teuer geworden. Da gibt's kein allgemeingültiges richtig oder falsch. Da muss jeder selbst wissen, wo er sich einordnen möchte.

    der letzte Sargnagel in meiner persönlichen Beweiskette ist jetzt Cthulhu Wars.

    Cthulhu Wars ist da ein denkbar schlechtes Beispiel. Petersen Games hat ziemlich offensichtlich nicht nur Probleme mit Projektmanagement im Allgemeinen, sondern auch akute Probleme mit dem Cash Flow und daher womöglich (für mich naheliegend, aber trotzdem nur eine reine Vermutung!) relativ günstig die Lizenzierungsrechte an Pegasus rausgegeben, um schnell frisches Geld in die Kasse zu bekommen. Pegasus macht da jetzt einfach sein Ding mit der deutschen Version, ohne viel Rücksichtnahme auf Petersen, während Petersen Games halbtot durch die Gegend stolpert und weiterhin nix gebacken bekommt.

    Die normale Zusammenarbeit zwischen einem gesunden amerikanischen Originalverlag aus dem Crowdfunding-Bereich und einem deutschen Lizenzierungspartner sollte anders laufen.

    Aber grundsätzlich sind wir schon einer Meinung. Auch ich mache nur noch sehr selektiv Crowdfunding mit (für 2022 bisher nur zwei neue Spiele plus zwei Erweiterungen), weil es sich normalerweise aus Käufersicht einfach nicht mehr lohnt.

    In der heutigen Zeit muss man mit allem rechnen, das stimmt schon. :) Aber solange man in der Lage ist, auf der Schachtel-Rückseite beim lokalen Spielehändler seines geringsten Misstrauens das "made in China" zu lesen und nicht denkt, dass das Retail-Spiele kostenfrei nach Europa gebeamt werden, müsste man doch eigentlich selbst darauf kommen können, dass Versandpreise im Crowdfunding-Bereich schon arg hoch angesetzt werden (bzw. wurden, denn eine gewisse Besserung meine ich schon erkennen zu können).

    wobei die Preise die hier für den Versand von Brettspielen aufgerufen werden in keinem Verhältnis zu den realen Kosten stehen die ein Containerversand verursacht.

    Das ist ohnehin für jeden denkenden Menschen klar. Sonst könnten hier in den Regalen der lokalen Spielehändler keine Spiele "made in China" stehen, wo das ganze Spiel weniger kostet als manchmal in Pledge Managern von Crowdfunding-Spielen nur für Versand verlangt wird.

    Okay, die Pledge Manager mit Versandkosten von 50 Euro/Dollar (oder mehr) sind idR für die dicken Miniaturenspiele mit einem halben Dutzend (oder mehr) Schachteln voller Zeugs, aber es ist trotzdem ziemlich offensichtlich, dass da manchmal Preise verlangt werden, die eher zum Einzelversand von Paketen passen als zum Massenversand im Container.

    Wenn man genügend andere Logistik- und Fulfillment-Kosten noch mit reinrechnet, kann man das als Crowdfunding-Creator vielleicht immer noch gut begründen, aber jedes normalpreisige "made in China" Produkt in normalen Geschäften wirft doch sofort Fragezeichen auf, warum Crowdfunding-Backer im Brettspielbereich so abkassiert werden. Ab Ende bleibt dann immer die gleiche Erkenntnis übrig: weil's geht und die Backer das mit sich machen lassen, wenn man ihnen nur oft genug mit bezahlten Influencern einredet, dass das neueste Crowdfunding-Spiel von XYZ der heißeste Scheiß seit der Erfindung von geschnittenem Brot ist...

    Also mir reicht es wenn ich bei einem Kickstarter mitmache und die Summe sehe die ich bezahlen muss um zu entscheiden ob es mir das Wert ist.

    Richtig. Während der Kampagne zählt nur, was man incl. aller Nebenkosten bezahlen soll und was man dafür dann bekommen soll.

    Aber das ist ja nicht so ganz die Realität. Was man tatsächlich bekommt, ist nicht immer das, was man erwartet (teils auch wegen bewusster Missverständlichkeiten beim Wecken von Erwartungen), der Umfang steht oft erst ganz kurz vor Ende exakt feststeht (Stretch Goals; neu auftauchende Add-Ons oder Pledge Level) und wenn man es mal ganz genau nimmt, dann weiß man mittlerweile beim Backen nie (!), was man am Ende unter dem Strich bezahlen wird, weil man nicht weiß, was später noch im PM oben drauf kommt.

    Und spätestens wenn im PM dann deutlich andere Versandkosten auftauchen als zuvor in der Kampagne angekündigt oder wenn gar bei laufender Kampagne noch Nachforderungen (oder freundliche Bitten um Nachzahlungen) kommen wegen krass gestiegener Frachtkosten, dann müssen wir doch auch wieder über Transparenz bei den Kosten und Zuverlässigkeit/Kundenfreundlichkeit des Machers reden...

    Crowdfunding ist eben nicht die normale Vorbestellung, sondern ein Verkaufssystem, bei dem der Backer sehr viel schlechter gestellt ist. Um dann trotzdem mitzumachen, kann er IMHO auch klare Erwartungen an das Verhalten der Macher haben.

    Dass "immer wieder der gleiche Schmarrn" geschrieben wird, gilt für alles und jeden im Internet. Aber je mehr Transparenz, umso eher können die wenigen, die faktenbasiert diskutieren wollen, das dann auch tun...


    Vermutlich wird man alle Spielarten sehen, die man sich bei der Belastung mit Frachtkosten denken kann. [...]

    Natürlich. Wie (fast) immer ist die Masse weder schwarz noch weiß, sondern irgendeine Graustufe dazwischen. Natürlich haben die ehrlichen Kaufleute, die in der Vergangenheit Einschnitte in ihre Margen in Kauf genommen haben, um einmal ausgemachte Preise mit ihren Backern zu honorieren, es sich jetzt auch verdient, umgekehrt alte Lücken zu füllen und neue Puffer anzulegen.

    Aber interessant ist die Entwicklung der Frachtpreise insbesondere für die Macher, die in der Vergangenheit Nachforderungen wegen gestiegender Frachtkosten gestellt haben. Geben die jetzt bei aktuellen Kampagnen etwas zurück, und sei es nur in Form einer zusätzlichen Gratis-Promo? Oder was ist mit den aktuellen Kampagnen der Machern, bei denen es im PM dann auch einmal doppelt so teuer wie angekündigt wurde? Wird's da bei den jetzt startenden PMs günstiger als zuvor angekündigt? Oder wird trotzdem der zuvor während der Kampagne präsentierte geschätzte Preis für Shipping im PM einkassiert?

    Auch würde mich interessieren, wie die Kampagnen, die zuletzt extrem hohe Frachtkosten in Pledge Managern berechnet und das mit "so sind halt die Kosten aktuell" begründet haben, die stark gefallen Kosten gegenüber ihren Backern kommunizieren. Und da kann mir auch niemand erzählen, dass er jetzt schon Verträge gemacht hat mit 8000 Dollar Transportkosten pro Container, wenn das Spiel erst in einem halben oder ganzen Jahr fertigproduziert sein wird.

    Letztendlich läuft alles darauf hinaus, dass diejenigen, die ein neues Spiel eins bis zwei Jahre vor Lieferung schon bezahlen sollen (und dafür auch oft eine ordentliche Stange Geld bezahlen!), mit vollem Recht eine faire Behandlung erwarten. Einfach, weil es sonst immer sinnvoller ist, eine Retail-Veröffentlichung oder Zweitkampagne abzuwarten.

    Die Bemerkungen von Algathrac dürfte weniger gegen CMON gehen, sondern sich eher allgemein auf das Missverhältnis zwischen Creator und Backer bei Crowdfunding (im Vergleich zu Retail-Kauf) zielen. Wenn die Transport-Preise stark ansteigen, wird im Crowdfunding-Bereich ggf. auch nachträglich der Backer zur Kasse gebeten. Das ist in den letzten Jahren massenhaft passiert, bei CMON z.B. auch in der Form, dass nachher die Shipping-Preise im Pledge Manager mehr als das Doppelte von dem Preis waren, der während der Kampagne abgegeben war. Aber wenn die Preise umgekehrt genauso stark fallen, dann gibt es natürlich nichts zurück, das steckt alles der Macher selbst ein...