Es gibt 2 Möglichkeiten wie man ein Spiel bewertet:
1) möglichst objektiv, fernab der eigenen Präferenzen. Einfach die Mechaniken analysieren, den Spielaufbau, den Spielfluss, usw.
2) aus der eigenen Perspektive mit der Erklärung warum mit etwas gut, oder schlecht gefällt und warum ein Spiel bei mir gut, oder weniger gut angekommen ist.
Bei der Option 1 ist es mehr, oder weniger eine Spielvorstellung, bei der eigentlich die Bewertung dem Leser, oder Zuschauer überlassen wird.
Bei der Option 2 wird man eigentlich immer polarisierten. Wenn es einem gefällt, wird man eigene Prioritäten in dem Vordergrund stellen. Schnell bekommt man auch den Stempel "Fanboy". Wenn es nicht gefällt, oder einfach nicht den eigenen Geschmack trifft ist der Aufschrei umso größer, umso mehr anderen Leuten das Spiel zusagt.
Das Argument der unrealistischen Erwartung finde ich nicht angebracht, denn damit kann man eigentlich immer auf ein Bericht draufhauen, bei dem das Spiel letztendlich nicht gezündet hat. Sehr überspitzt formuliert darf niemals jemand Monopoly in Frage stellen, denn es war ja klar was das Spiel macht und wie es funktioniert.
Persönlich habe ich mehr Interesse an Berichten, die aus eigener Perspektive geschildert werden. Wenn dabei auch die Hintergründe, Vergleiche und nachvollziehbare Argumente dabei sind (mit den ich nicht einverstanden sein muss!) kann ich das Spiel besser im Bezug auf bestimmte Spielgruppen und meine eigenen Präferenzen einschätzen.
Ein neues Spiel ist gewissermaßen ein Versprechen: "Es wird grandios!". Obwohl man es eigentlich besser weiß, die Hoffnung und das Unbekannte reizt zu sehr. Man will es selbst rausfinden. Während der Wartezeit "ernährt" man die Hoffnung, oder wird nach und nach zum Skeptiker, wenn man es objektiver betrachtet. Ist das aber ein Grund um zu sagen: ich darf das Spiel nicht spielen, weil meine Erwartungen sich nicht damit decken was das Spiel angeblich verspricht? Und wie oft verspricht ein Spiel etwas und hält es nicht ein, oder gaukelt nur vor, dass es bestimmte Spielelemente enthält?
Gerade die Vielfalt der persönlichen Erfahrungen mit einem Spiel ist etwas, was positiv hervorzuheben ist. Damit geht es aber im Kern nicht darum zu sagen: das Spiel ist gut, oder schlecht, sondern wie kam es bei MIR an.
Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass z.B. ein Spiel das ich anfangs nicht gemocht habe, später richtig gut fand und es mir auch zugelegt habe. Der Grund: eine konstruktive Diskussion über die Punkte, die mir nicht gefallen haben.
Ein anderes Spiel habe ich mir geholt, weil jemand es nicht gut fand. Seine persönlichen Kritikpunkte spielten bei mir im Kopf "Bingo". Er kritisierte, ich "gefällt mir!". Dann hatte ich genug "gefällt mir" Punkte auf der Soll Seite und habe mir anschließend das Spiel geholt und es nicht bereut. Ich muss aber jetzt die Person nicht überzeugen, dass sie falsch liegt, oder unrealistische Erwartungshaltung hat. Stattdessen habe ich mich bei der Person für den guten Tipp bedankt. ![wink ;)](https://unknowns.de/images/smilies/emojione/1f609.png)