Beiträge von MetalPirate im Thema „Wieso/woher diese Skepsis bzw. Abneigung der Spieleschmiede gegenüber?“

    Micha : Selbstverständlich gibt es bei Übersetzungsfehlern die ganz offensichtlichen Böcke, die man direkt beim Lesen schon selbst korrigieren kann. Aber das ist ja noch längst nicht alles, was bei schlechten Übersetzungen droht. Wenn ich mich recht erinnere, war bei The Gallerist teils auch die Reihenfolge von manchen Aktionen in deutscher Regel falsch. Oder war's "nur" zwischen Spielerhilfe und Spielregel unterschiedlich? Egal: Ich erinnere mich: da war was. Und man kennt ja Lacerda: wenige Aktionen im Spiel, aber jeder Zug besteht gerne mal aus 5+ Einzelschritten, die in der korrekten Reihenfolge abgearbeitet werden müssen. Bei sowas ist es meiner Meinung nach nicht immer offensichtlich, welche Interpretation richtig ist, wenn da Widersprüche bzgl. der Reihenfolge auftauchen. In den ersten Spielen macht man das doch ohne ganz tiefes Verständnis erstmal stumpf nach Checkliste. Da geht's um so Kleinigkeiten wie "kann ich das Geld, das ich in einem Teilschritt erhalte, später in einem anderen Teilschritt schon ausgeben?" Reihenfolgen können wichtig werden, auf wenn's in vielen Fällen egal ist.

    Aber ich lasse dir gerne deine Selbsteinschätzung, dass du bei Regeln der Lacerda-Klasse direkt beim Lesen in allen Fällen schon erkennst, dass etwas anders gemeint sein muss. Schätze dich glücklich damit. Das ist bewundernswert. Bei den meisten anderen Menschen ist es so, dass sie bei komplexen Expertenspiel-Regeln erstmal davon ausgehen (bzw. davon ausgehen müssen), dass das, was da geschrieben steht, so auch stimmt. Bei Lacerda & Co will ich persönlich nicht noch mit Regelinterpretation herumkämpfen -- und wenn du oben schreibst "musste zwar mit Blick auf die engl. Anleitung bestätigt werden", dann räumst du ja auch selbst ein, dass es für dich Zusatzaufwand bedeutet hat. Den spare ich mir bei Expertenspielen lieber direkt.

    Micha : Dann hast du eine bewundernswerte Toleranz für miese Qualität...

    Wenn ich mich beim Lesen einer deutschen Anleitung frage, ob wohl Interpretationsmöglichkeit A, B oder C gemeint ist, dann mir im Internet die englische Originalregel suche und feststelle, dass in Wirklichkeit D gilt und vorher schon ein grober Schnitzer in der Übersetzung drin war, dann landet bei mir die deutsche Regel in der Tonne. Allerspätestens wenn sowas das zweite oder dritte Mal passiert. Denn wofür brauche ich deutsche Regelübersetzungen, wenn ich nachher eh das englische Original lesen muss, um sie zu verstehen?

    Bin auch eher positiv gestimmt.

    Gallerist

    Echt jetzt? Hast du wirklich die deutsche Gallerist-Anleitung verstanden, ohne vorherige persönliche Erklärung durch jemand anderes, Regelvideo-Schauen oder Blick ins englische Original? Und wie spielst du das Spiel? So wie in der deutschen Anleitung beschrieben oder richtig? Die deutsche Anleitung verdreht da sogar die Reihenfolgen von einigen Aktionen, was unter bestimmten Bedingungen einen Unterschied macht.

    War da nicht sogar Anleitung und Spielerhilfe teilweise im Widerspruch zueinander? Zum Glück war ja damals noch die deutsche Anleitung zusätzlich dabei. Also: In den Papiermüll damit und ich hatte ein perfektes englisches The Gallerist...

    (BTW: Wenn das heute noch genauso wäre, also normale englische Kickstarter-Version plus deutsche Anleitung zusätzlich, dann würde ich wohl deutlich öfter etwas "schmieden". Weil man dann eben noch die Rückfalloption Englisch hätte, wenn man die Übersetzung nicht mag. Dafür würde ich dann auch bei ein paar Euros mehr lieber bei einem deutschen Laden bestellen als über eine amerikanische Vermittlungsseite wie Kickstarter.)


    Zum Threadthema. Was bisher noch nicht genannt wurde (oder ich hab's nicht gesehen, auch möglich): Für mich ist auch ganz wesentlich, zu welcher Kategorie ein Spiel gehört. Für Expertenspiele, bei denen die Regeln oft lang und detailreich sind, rechnet sich eine anständige deutsche Übersetzung normalerweise einfach nicht. Bevor ich mich da mit einer mangelhaften Hobby-Übersetzung herumärgere und nachher doch im Internet das englische Original lese, um etwas zu entschlüsseln, hole ich mir da lieber gleich die englische Version. Pi-mal-Daumen: Alles von Giant Roc geht direkt an mir vorbei.

    Ich bin bei der Spieleschmiede auch schon eingegangen (besonders grausam waren die vor Fehlern nur so strotzenden Übersetzungen bei Alien Frontiers Big Box und Quodd Hereos), aber zukünftiges Mitschmieden würde ich nicht kategorisch ausschließen wollen. Sie haben halt bei mir einen schweren Stand. Teils durch konkrete negative Erfahrungen. Teils durch ein gewisses Happyshops-typisches und mir unsymphatisches Ausreizen von Grauzonen beim mitunter etwas irreführenden Anpreisen ihrer Sachen. Teils aber auch eher unverschuldet wie bei den Lokalisierungen im Expertenbereich, was nun mal ein sehr undankbarer Job ist und wo andere Kleinverlage im Prinzip genau die gleichen Problemchen haben.