Ich habs heute wie angekündigt spielen können, vorab: Die thematische Umsetzung ist unter postkolonialistischem Blickwinkel sehr fragwürdig, aber das war in der Regel schon zu erwarten, wird oben im Thread bereits angedeutet und gehört hier auch nicht wirklich hin. Aber wenn ich das ausblende: Optisch und vom Material her sieht das Spiel sehr gut aus. Spielerisch gesehen ist eine glückslastigere, ansonsten recht enge Adaption von Scythe mit weniger Regeln, aber ansonsten durchaus großen Ähnlichkeiten im Spielablauf. Kämpfen will hier wie dort gut überlegt sein, im Vordergrund steht Ressourcensammeln, Punktesalat und das Errichten eines Imperiums via Städtebau. Dadurch verliert es auch ein wenig den 4X-Charakter, aber das ist wohl Geschmackssache. Was mich spielerisch gestört hat, ist neben dem mehr oder weniger schon fast geskripteten Auswahl der Upgrades der unrunde Spielablauf: Das Spiel plätschert recht lange vor sich hin, aber am Ende wird es dann regelrecht hektisch und man kämpft plötzlich um die letzten Ressourcen und Punktemöglichkeiten. Die Anpassung an die Spielerzahl scheint mir durch das modulare Spielbrett sehr gut gelungen zu sein. So, dann zum Schluss aber der berühmte Stiftung-Warentest-Stern "führt zur Abwertung": Der Glücksfaktor der Missionskarten ist enorm hoch. Erhält man ähnliche Missionskarten, dann hat man einen erheblichen Vorteil gegenüber den Mitspielern, ein wenig wie bei Zug um Zug, wenn man zuviele ähnliche Ziele auf die Hand bekommt. Ich bin da nicht immer konsistent, bei Yedo finde ich es reizvoll, dass man Glück mit den Missionen haben kann, aber im direkten Vergleich ist Yedo zwar ähnlich interaktiv, aber nicht halb so glückslastig wie das hier.
Also, unabhängig von allen anderen Gedanken bin ich jetzt auch insgesamt nicht allzu überzeugt von dem Titel. Spielerisch wäre es bei Hans im Glück gut aufgehoben gewesen, da ich mir von dort noch eine gründliche Regelrevision, eine Überarbeitung des Glücksfaktors und ein paar originellere Ideen zwischendurch versprochen hätte.