Beiträge von Mod Games im Thema „STROGANOV - Steding / Maciej Janik / Game Brewer“

    Mich überraschte, dass gerade der Titel #Stroganov in den Mittelpunkt gerückt wurde. Meiner Kenntnis nach ist Andreas Steding ?Historiker? und entwickelt Gesellschaftsspiele in der Regel über einen geschichtlichen Aspekt

    Da will ich mich mal in verschiedene Fettnäpfe werfen…

    Warum Stroganov, wegen der aktuellen politischen Situation. Und es ist eben leider eher Kennzeichen einer begrenzten historischen Kenntnis, oder eines gewissen Populismus. Die 100+ Spiele die sich mit der Ausbreitung der Europäer nach Amerika beschäftigten wären sicherlich ein besseres Beispiel für die These.

    Stroganov ist tatsächlich aus einem historischen Ansatz entstanden, dem Versuch die Eroberungen im 16 Jh von Russland mit denen von England und Frankreich in Nordamerika zu vergleichen. Aber dies war nur das Ausgangspunkt. Das Spiel baut zwar auf bestimmte wenig bekannte - offensichtlich - historische Fakten auf, aber meine Spiele sollen vor allem Spiele sein, ich habe kein pädagogisches oder kulturkritsches Konzept, wenn nach einem Spiel jemand sagt, oh, das ist interessant, davon würde ich gerne mehr erfahren und dann zu einem Buch über die Epoche greift, ist dies ein schöner Bonuspunkt (um im Spielerslang zu bleiben).

    Die Kritik das sich Rezensenten oder Designer zu wenig um die Kultur/Geschichte kümmern ist ein typisch wissenschaftlicher Blickwinkel, ein bürgerlich kulturwisssenschaftlicher. Ob etwas ein Kulturgut ist entscheidet kein Gremium (auch nicht die Unesco) oder die Wissenschaft. Es wird nur im Nachhinein festgestellt, das dies ein Kulturgut war, und meistens gibt es Aufgeregtheiten, wenn jemand befürchtet ein Kulturgut verschwindet oder eben bei Spielen: oh, wir werden nicht staatlich als Kulturgut anerkannt, bekommen kein Geld und keine Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit…

    Ich denke der Kulturbegriff wird zu unterschiedlich benutzt, um einfach zu fordern es fehle an Kulturkritik bei Spielerezensionen. So wird z.B, gern in E und U also, Ernste und Unterhaltungskultur unterschieden, eine Unterteilung, der ich nur ungern folge, da damit automatisch auch Bildung als Unterscheidungskriterium festgelegt wird.

    Was ist Kultur und wer bestimmt was Kultur ist? Ist Fußball ein Kulturgut? Darf ich nur über Fußball schreiben, wenn ich ein Sportstudium oder ein Kulturwissenschaftsstudium abgeschlossen haben? Darf ich mich nicht zum Union Sieg äußern, wenn ich ihn nicht gesamtgesellschaftlich einordnen kann?

    Zu dem Aspekt, dass sich Rezensenten und Autoren über den wissenschaftlichen Diskurs informieren sollten, kann ich als Historiker nur schunzeln, sorry. Abgesehen davon dass in vielen Bereichen eben kein Konsens besteht, würde der Aufwand viel zu groß sein, um auch nur an der Oberfläche zu kratzen. So eine Aussage kann nur ein Journalist sagen, der keine Ahnung über die Tiefe der wissenschaftlichen Diskurse hat. Vielen journalistischen Texten merkt man an, das sie nicht mehr als eine kleine Einführung zu einem historischen Thema gelesen habe und sich nun als Experten fühlen.

    Eine Spielerezension ist und sollte vor allem eine Spielerezension sein. Der Versuch die Spieleszene zu einem Kulturgut zu erheben, wird nicht gelingen, wenn nun in Spielen oder Rezensionen historische oder kulturkritische Essays auftauchen.

    Das Spielen ist ein Kukturgut, weil es für sehr viele Menschen ein wichtiger Aspekt ihres Lebens ist.

    Ihr seht schon, ich bin da nicht Mainstream, was Kultur (oder Kunst, anderes Feld, ähnliche Probleme) ist, bestimmt keine staatliche Kommision, keine Wissenschaft, keine Medien.

    Heh, wir spielen, wir erschaffen Spiele, wir bewerten sie - wir sind eine Kultur. Die Kulturwissenschaft darf sich gern mit und als Thema beschäftigen.