Beiträge von Oliver im Thema „Entwicklung der Abo-Zahlen der Top25 Brettspiel-Youtuber“

    Ich möchte vielleicht noch - neben Klicks, Abozahlen und Views - eine andere Perspektive ins Spiel (harr, harr) bringen. Wir haben letztes Jahr auch mit einem YouTube-Kanal begonnen. Und natürlich haben wir uns selbst auch die Fragen gestellt, die hier im Forum angesprochen werden: Wollen wir wirklich noch einen Brettspiel-YouTube-Kanal? Was können wir schon bieten, was nicht ohnehin schon da wäre? Was wollen wir überhaupt erzählen, für ordentliche Rezensionen kriegen wir längst nicht genug Brettspiele auf den Tisch? Haben wir überhaupt die Zeit, für ein anständiges Video mal eben einen (8h-)Tag drehen und schneiden zu opfern? Sollten wir da nicht lieber spielen? Es gibt bereits so viele, tolle Inhalte und Menschen, die enorm viel von Brettspielen verstehen und das alles 1000-mal besser können als wir.

    Aber wir haben dann doch angefangen. Nicht unbedingt für diese Zielgruppe hier. Seit den 80ern sind Brettspiele ein Hobby für mich. Mal mehr, mal weniger. Und ich habe mit angesehen, wie in den 2010ern Hunter & Cron in DE das YouTube-Thema auf eine neue Stufe gehoben haben. Ich weiß, es gab schon den Cliquenabend und das SpieLama (und andere), aber die ersten Videos von H&C waren für mich etwas Neues. Und schon damals habe ich gedacht: Sowas möchtest Du eigentlich auch machen. Wir lieben Brettspiele. Wir haben uns "Bretterwelten" genannt, weil wir immer wieder verzaubert sind, wie so ein kleines Brett auf dem Küchentisch so große Welten im Kopf entstehen lassen kann. Wie man spielerisch Dinge erleben kann, die über den Horizont des eigenen, kleinen Lebens hinaus gehen - wer baut in seinem Leben schon einmal Burgen in Burgund? (Sorry, das war jetzt gerade ziemlich krass schmalzig, aber ihr wisst wie es gemeint ist).

    Und wenn ich diese Liebe irgendwie auch nur an 1 Person weitergeben kann, reicht das für mich. Die Brettspiel-Branche (Verlage, Content Creator, Spieler) ist voller cooler Leute, die sich irgendwie alle ähnlich sind - und alle auf ihre Art dieselbe Leidenschaft haben. Manchmal verwundert mich der Ton hier im Forum, wenn man sich über Ansichten zu einem Brettspiel streitet. Aber wie auch immer, wir haben auf unserer kleinen Reise schon tolle Leute kennenlernen dürfen. Die Jungs von #AxonProtocol zum Beispiel, grundsolide Spieleliebhaber, die einfach mal ein Spiel machen. Oder den Board Game Hubby aus DK, mit dem wir eine spassigste Party #Jokkmokk auf der Messe hatten. Oder die Jungs von Game Brewer, die uns auf der 23er Spiel jeden späten Nachmittag in Halle 3 mit ihrem Bier versüsst haben - wie cool war diese Idee???

    Und ja, die Leute hätte man auch so kennenlernen können. Aber unser doofer, kleiner Kanal mit <100 Abonnenten (ich glaube irgendwo hinter Platz 150 auf natokhs großartiger Liste) hat uns auch gelernt, noch neugieriger und noch dankbarer mit unserem Hobby umzugehen. Auch einen verkappten, elitären Anspruch an unser Semi-Profi-Spieler-Dasein kritisch zu hinterfragen und abzulegen.

    Und so werden wir weitermachen. Unregelmäßig, ohne Anspruch auf Reichweite aber mit dem Versuch, unsere kleine, tolle Leidenschaft vielleicht vermitteln zu können. Videos zu konzipieren, zu drehen und zu schneiden kostet viel Zeit, macht uns aber auch unheimlich Spass. Und was wäre schöner, als das auch noch mit dem Brettspiel-Hobby zu verbinden? Die Qualität unserer Videos ist oft unterirdisch. Und manchmal ärgern wir uns selbst, dass wir unserem qualitativen und didaktischen Anspruch an z. B. eine Regelerklärung nicht gerecht werden - wissen aber auch selten direkt, was man besser machen kann. Aber wir lernen. Über Kamera-Einstellungen und Licht, über Ton und Nachbearbeitung, über Color Grading, Erzählpfade, Pacing, Dramatik, Framing und Screenwriting. Unser Anspruch ist da schon mehr zu machen, als nur unseren Kopf in die Kamera halten und euch vollzuquatschen. Und wenn irgendein einzelner Mensch bei einem unserer Videos auf den "Daumen hoch" klickt, freuen wir uns wie die Schneekönige. Punkt.

    Bei dem, was ich mittlerweile über Content Creation erfahren habe, respektiere ich jeden zutiefst, der sich damit beschäftigt - und der uns an seiner Reise teilhaben läßt. Egal, ob es ein Tom Vasel, Rahdo, Format C, Brettspielteddy, Kalen Noreth oder wer auch immer ist. Es mag immer unterschiedliche, zum Teil fragwürdige Gründe geben, warum man Content erzeugt. Aber sich hinzusetzen, sich Gedanken zu machen und etwas mehr oder weniger Wissenswertes mit der Welt zu teilen, ist grundsätzlich erst einmal ein gutes Ding. Und sei es ein Twitch-Stream, professionell wie bei Rocket Beans TV oder wie bei Geekpunkt oder YouTube wie der Ben vom Brettspiel-Blog, Brett-Balett, der Brettspiel-Dude oder BetterBoardGames oder Podcasts, wie die grandiose Brettspielgalaxie oder Board Game Theory oder die vielen anderen - wenn ich gerade nicht spielen kann, schaue und höre ich mir vieles davon an (solange es die Zeit erlaubt) und bin Fan davon. Weil es mein Hobby ist. Weil ich an jedem Beitrag irgendetwas Neues, Schönes entdecken kann, was wiederum mein Spielen bereichert. Und witzigerweise kann ich dank dem Internet und Kameras und Mikrophonen in kleinen Smartphones tausendfach mehr über mein Hobby erfahren, als es im letzten Jahrtausend jemals möglich gewesen wäre. Alleine die Infos rund um Spiele, Verlage und Branchennews von Christoph Post in der Brettspielbox verdienen hier besondere Erwähnung.

    Diesen Aspekt wollte ich mal hier rein bringen, weil ich manche Urteile und Diskussionen rund um Klicks und Aufmerksamkeit auch ein bisschen müßig finde.