Beiträge von ravn im Thema „Weather Machine (Lacerda 2021)“

    Tja, das ist doch tatsächlich mal wieder ein Fall, in dem es sich lohnt dran zu bleiben :) Heavy Euros wollen eben doch erstmal ergründet werden.

    Absolute Zustimmung in Zeiten, in denen alles immer ganz schnell gehen muss und viele (so zumindest mein Eindruck auch mit Blick auf mich) nicht die nötige Zeit für so ein Spiel nehmen. Allerdings stelle ich mir die Frage, wann es sich lohnt, dran zu bleiben oder man sich eher sagen sollte, war nett das Spiel kennenlernen zu können, ist aber nix für mich und weitere Partien werden daran wohl auch nichts ändern.


    In meiner mitgespielten Erstpartie hätte ich nach der Erklärung fast schon aufgegeben. Eben weil so vieles noch unklar war und ich mit den ganzen Details und Verknüpfungen total überfordert. Zudem habe ich das Thema in keinster Weise wiedererkannt und konnte da auch keine Motivation raus ziehen oder mir Zusammenhänge verdeutlichen. Das wirkte wie ein Sack von Mechansimen, bei denen mir teils noch nicht mal klar war, was Spielplangrafik und was Symbolaktionssprache mit spielerischer Bedeutung war. In meiner Partie konnte ich dann ein wenig optimieren und auch mal Erfolge erleben oder mit ansehen, wie Pläne unmöglich wurden, weil die Mitspieler vorab durchgezogen haben. Offensichtlich gute Züge sind eben kein Alleingut. Aber leider mehr Arbeit als Spiel - für mich. Und deshalb gehe ich Folgepartien, wo ich dann dran bleiben würde, lieber ausm Weg. Diese so gefühlte Arbeit, bis daraus Spielspass entsteht, möchte ich mir nicht antun. Kann aber gut verstehen, dass Andere das Spiel mögen.

    Mein Tipp für einen leichteren Einstieg: Lasst Euch den groben Spielablauf erklären, damit Euch das Timing von Nachschub und Wettermaschinenbau klar wird. Lasst Euch die verschiedenen Ressourcen von Coupons, Bots, Chemikalien, Laborausbauten, Zahnräder erklären. Und wofür grob die einzelnen Spielplanabschnitte benötigt werden. Wenn das klar ist und auch die Symbolik dazu, dann erst auf die Aktionen im Detail eingehen und anhand der Spielhilfe und des Spielplans durchgehen.


    Das sind ne Menge Regeln und viele Details, die reine Spielmechanik sind, aber als unverständlich habe ich das Spiel nicht empfunden. Erklärung braucht halt Zeit und die Spielhilfe war mir in den Zielen teils zu komprimiert und scheinbar unvollständig beschrieben. Im Zweifel gemeinsam durchgehen oder in der Anleitung nachlesen, was damit genau gemeint ist.

    Am Sonntagnachmittag hatte ich die Chance, Weather Machine in einer entspannten 4er-Runde mitspielen zu können. Erstmals und im Kreise von zwei weiteren Erstspielern. Den Einstieg fand ich etwas schwierig, weil die ganzen Aktionen arg miteinander verzahnt sind. Im Kern zwar alle recht einfach. Aber ohne Spielerfahrung und Vorwissen konnte ich kaum bis gar nicht die wirklichen Folgen meiner Aktionen beurteilen. Zumal es diverse Zwänge gibt, ausreichend gut vorauszuplanen, wenn man nicht übervolle Boni verschenken möchte oder feststellt, dass der Lagerplatz für die Belohnungen fehlt. Das alles lichtete sich dann im Laufe der Partie und ab dann empfand ich die Partie als sehr belohnend. Eigentlich bekommt man dauernd irgendwas und kann das dann wieder einsetzen und mehr machen, als man eventuell vorab meinte. Der Profi hat das alles hingegen im Kopf und schon längst berücksichtigt.


    Ich habe eher aus dem Bauch gespielt und hier und da kurzfristige Pläne verfolgt. Mit mehr Spielverständnis wären sicherlich noch mehr Punkte drin gewesen, aber darum ging es mir nur zweitrangig. Vor allem wollte ich das Spiel kennenlernen in seinen Möglichkeiten. Die Iconographie empfand ich als gelungen, teilweise aber etwas klein geraten, vor allem in dem Spielübersicht-Büchlein für jeden Spieler. Hallo Lesebrille. War eine schöne interaktive Partie mit viel Gerangel um die Spielreihenfolge. Einzig das Thema hätte gerne präsenter für mich sein können, weil die Aktionsdetails konnte ich mir nicht so recht über die thematische Seite erschliessen und merken.


    Wer Lacerda mag, findet hier ein weiteres gutes Spiel. Wer vor allem Thema und fluffig-leichte Spiele sucht, findet woanders ausreichend Alternativen.

    Warum ist das nochmal so gefühlt teuerer als andere Brettspiele?

    Habe da den Eindruck, dass Lacerda gerne höher eingepreist wird, weil die Zielgruppe auch nichts anderes erwartet bzw es ihr antrainiert wurde bei den Eagle Gryphon Preisstrukturen. Oder ist das schlicht der "faire Preis" für Brettspiele?

    Wie viel echtes Thema kann in so einem Spiel überhaupt sein, damit es in der Zielgruppe noch herausfordernd Spielspass verbreitet?


    Besonders wenn das Thema "wissenschaftliches Arbeiten im Kontext von Wetterforschung" heisst, was im Detail eventuell sogar spannend ist, aber in der Verdichtung als Spielumsetzung wohl kaum vollumfänglich dem Thema in allen Facetten gerecht werden kann. Soll ja ein Spiel bleiben und keine Simulation. Oder möchte jemand in Echtzeit auf die Auswertung von Wetterdaten warten und sich mit der Bürokratie um die Genehmigung von Rechnerzeit herumschlagen, um mal zwei fiktive Beispiele zu nennen?


    Wenn ich mir ein "Escape Plan" nehme, dann ist das doch auch nur die abstrakt-romantisierte Form einer Flucht, die mit der Realität mal so gar nichts zu tun hat. Oder ein "On Mars", wo aus gutem Grund so viele Aspekte der kommerziellen Raumfahrt und des planetaren Rohstoffabbaus ausgespart wird, um noch als Spiel taugen zu können.

    Bei Feudum (kein Lacerda, aber gutes Beispiel für überladene Spiele) und das nur bei den Einsteigerregeln hatte ich den Eindruck, dass der Autor zu viel in ein Spiel packen wollte. Durchaus faszinierend, aber als reines Spiel kaum verdaulich für mich, wenn nicht nur Räder eineinandergreifen, sondern ganze Räderwerke, die selbst noch aus kleinteiligeren Räderwerken bestehen und jedes davon seine ganz besonderen Regeln hat, die man verstehen soll. Sprich, da dauert es für mich zu lange, um von der reinen spielmechanischen Verständnisebene zum Spiel mit den verstandenen Mechanismen zu kommen. Gibt ja noch so viel mehr Spiele, als dass ich mich so tief, wie es eigentlich nötig wäre, in ein einzelnes Spiel zu vertiefen, um diesem Spiel im Ganzen auch gerecht zu werden.


    Vinhos und Kanban war mir da zu viel, auch weil ich nicht so tief im Thema stecke. On Mars hat mich vom Thema abgeholt und somit die Regelhürde schlucken lassen. Aber genau für diese Mechanismentiefe wird Lacerda von seinen Fans ja geliebt. Deshalb alles prima und weiter so. Ansonsten wäre er ein zweiter Knizia und den gibt es ja schon im Original.

    Der Anspruch und die Erwartungen an eine Erklärung sind schlicht zu verschieden, um unter nicht vergleichbaren Rahmenbedingungen irgendwelche Zeitvergleiche anzustellen.


    Bei On Mars habe ich mehr als 45 Minuten zugehört und trotzdem hatte ich noch Fragen während meiner Erstpartie. Feudum war 60+ Minuten und schlicht zu lang, was aber an dem aufgeblasenen Spiel liegt. Was sagt das jetzt aus? Nix, weil die Rahmenbedingungen unklar bleiben für Nichtsnwesende.