Beiträge von PzVIE im Thema „Pen & Paper für Anfänger?“

    Wir haben als Anfänger das Star Wars Rollenspiel von FFG in mehreren Einsteigerabenteuern gespielt. Obwohl ich und die anderen Spieler einiges von Star Wars kannten, konnten wir mit den Namen und Begriffen (Waffen, Gegner, Planeten, Fauna und Flora,...) nicht viel anfangen. Bei Aborea war das ebenso. Außerdem sagen Rollenspieler oft, dass Regeln in einem Rollenspiel ihrer Wahl einfach seien und man schnell reinkäme... Dem würde ich absolut widersprechen. Wir spielen lieber Brettspiele mit ordentlichen Regeln und diese können auch sehr sehr komplex sein, dann ist es dennoch lange nicht so anstrengend zu spielen wie ein Rollenspiel.


    Vielleicht würde es mit einem Dungeonmaster klappen, der seine komplette Freizeit damit verbringt eine Welt und Abenteuer zu erschaffen und somit voll drin ist im Spiel, aber davon kenne ich keinen und selbst finde ich das absolut nicht spannend und mache lieber wesentlich spannendere Sachen in meiner Freizeit.


    Daher mein Fazit zu Rollenspielen: :thumbsdown:Brauche ich nie wieder, machen keinen Spaß, sind bloß Arbeit

    Themenverfehlung und außerdem Humbug.

    Vorweg: Deutsch geht sehr gut, wenn du deine Abenteuer selber schreibst. Die meisten gängigen System haben ein deutsches Regelbuch. Wenn du aber auf Support in Form von Abenteuerbänden und Weltbeschreibungen wert legst, gibt es eigentlich kein System, das alles in deutsch übersetzt hat. Nicht einmal D&D, und das ist der Platzhirsch. Und die Qualität der Übersetzungen ist durch die Bank schlecht bis grottenschlecht. Das liegt vermutlich daran, dass der Übersetzer entweder ein Profi ist, der von Spielen keine Ahnung hat, oder umgekehrt. Und Rollenspiele sind am deutschen Markt leider immer noch ein absolutes Nischenprodukt.


    Was folgt ist eine kleine Auswahl an Systemen die ich kenne und auch gespielt habe.


    Ich fange einmal mit Das Schwarze Auge an, denn das ist das einzige deutsche Spiel, von daher gibt es Material im Überfluss. Was als schlechter D&D Klon begann, ist mittlerweile in der 5. Auflage und ein mächtig fizzeliges Regelwerk geworden. Im Vergleich zu den amerikanischen Rollenspielen, die den Markt beherrschen, ist DSA vom Ton her sehr brav geraten; mir gefallen einfach die Regeln und die Welt gar nicht. Der Support in deutscher Sprache ist allerdings beeindruckend und umfassend.


    Und dann gibt's natürlich D&D5. Das ist die aktuelle Ausgabe von Dungeons & Dragons und hat auch eine Einsteigerbox zum Kennenlernen. Klassische High Fantasy. Wer sagt, dass das "nur ein Kampfsystem" ist, hat keine Ahnung oder kennt nur D&D4, über welches ich eigentlich gar nichts sagen möchte - das ist wirklich nicht besonders gut. D&D strahlt eigentlich in allen Bereichen - soziale Encounter, genauso wie Kämpfe. Kommt halt ganz auf die Geschichte an, die man spielt (und natürlich auch auf den GM). Aber es ist natürlich wahr: D&D/Pathfinder ist ein System mit eingebautem Miniaturenspiel. Ich selber habe AD&D2, D&D3.5, Pathfinder (das ist mehr oder weniger D&D3.75), D&D4 und jetzt auch D&D5 gespielt. Die aktuelle Version ist wirklich hervorragend gelungen - kein anderes System bietet soviel Raum zur Character-Entwicklung wie D&D. Der große Nachteil oder Vorteil (je nach Sichtweise) ist, dass das System im Kampf Battlemaps benötigt. Das heißt, man muss sich solche Maps und Minis (oder Proxys) kaufen - ich selber habe eine blanke Battlemap und löschbare Weißwandstifte. Das funktioniert ausgezeichnet.


    Warhammer oder kurz WFRP. Dark und Low Fantasy. Meine absolute Lieblingswelt (wobei: ich rede hier vom klassischen Warhammer Old World Setting - das neue Age of Sigmar kenne ich nicht und es interessiert mich auch nicht). Das Regelwerk ist momentan in der 4. Auflage; gibt's aber nur auf Englisch. Die Einsteigerbox ist schon einmal ein guter Anfang. In dieser Welt herrscht ein eher finsterer Unterton und im Gegensatz zu DSA/D&D/Pathfinder sind die Helden hier mehr oder weniger "nur" normale Leute, die in Machenschaften und Verstrickungen reingezogen werden. Aktuell wird gerade eine der besten Fantasy-Kampagnen aller Zeiten neu aufgelegt: The Enemy Within, ein mehrbändiges, episches Werk; einer der ganz großen Klassiker im Fantasy Genre. Ich glaube nicht, dass das eine deutsche Übersetzung bekommen wird.


    Daneben gibt's am Fantasysektor noch Tonnen von anderen Spielen, diese aber hauptsächlich nur in Englisch. Hervorheben möchte ich hier Lamentations of the Flame Princess, ein finnischer D&D Klon mit einem recht Erwachsenen Unterton und teilweise tiefschwarzen Stories, sowie - weil's gerade so aktuell ist - The Witcher, basierend auf den gleichnamigen Romanen und der Fernsehserie. Dungeon Crawl Classics basiert auf den "alten" D&D Ausgaben und möchte ein "Old School" Rollenspiel sein: rein in den Dungeon, Monster killen und Schätze raffen. Ich würde aber keines der Genannten als einsteiger-freundlich bezeichnen. Es sei auch noch Dungeonworld genannt; eine der wenigen Ausnahmen, wo die deutsche Übersetzung wirklich gut ist; leider sind die Regeln für mich eine Spur zu modern geraten ... und irgendwie zu eng. Aber das ist Geschmackssache.


    Im Sci-Fi Sektor ist ebenfalls ein dichtes Gedränge an hervorragenden Produkten. Davon stechen m.E. drei besonders heraus:


    Starfinder ist D&D im Weltraum. Auch hier steht die Character-Entwicklung im Focus, und es gibt haufenweise Abenteuer und Supplements. Es basiert auf D&D3.5/Pathfinder; von daher ist die Complexity eher sehr hoch - mit der Einsteigerbox gibt's allerdings eine sehr gute Möglichkeit das System kennenzulernen. Auch hier - wie in D&D - brauchst du, wenn es zum Kampf kommt, Battlemaps.


    Mein absoluter Liebling auf diesem Gebiet ist FFG's Star Wars System. Ich kenne kein System, welches sich so sehr auf Spiel (und nicht auf die Regeln) konzentriert wie dieses. Es gibt drei Settings (Edge of the Empire - ein "Han-Solo-Setting", Age of Rebellion - ihr seid Mitglieder der Rebellion, und Force & Destiny - das deckt die Jedi-Ecke ab). Für jedes gibt's eine Einsteigerbox und ein Regelbuch. Das Besondere an diesem System sind die Würfel (allerdings auch ein Nachteil, denn die musst du extra erwerben - als Plastik oder als App). Mit diesen wird das herkömmliche System an "Test bestanden"/"Test nicht bestanden" in eine neue Dimension geführt. Ich will das hier gar nicht erklären, aber wir hatten schon Spieleabende, bei denen die Würfel die Story plötzlich in eine ganz andere Richtung geschoben haben. Das System erfordert eine gewisse Flexibilität vom GM, dafür sind die Regeln extrem eingängig und leicht zu lernen. Es gibt auch sehr viel gratis Fan-Material, welches meist in einer erstaunlich hohen Qualität daherkommt.


    Ganz neu ist Star Trek Adventures; auch hier gibt's eine Einsteigerbox zum ausprobieren. Spielen kann man in zwei Settings (Classic und TNG). Der Support ist hervorragend; neben einer Reihe gratis-Abenteuer gibt bereits es zwei dicke Abenteuerbände und sieben perfekte Supplements, mit denen man die Star Trek Welt sehr einfach und beeindruckend an seinen Spieltisch bringen kann. Das einzige, dass ich hier zu bemängeln habe ist der Druck: Weiße Schrift auf schwarzem Untergrund ... für mich ein wenig schwierig zu lesen (und als PDF-Druck zum Vergessen!).


    Ich selber habe es nie gespielt, aber Traveller ist für Tech-Sci-Fi seit vielen Jahren ein anerkanntes System. Ganz neu ist auch Alien - the Role Playing Game; gefällt mir eigentlich sehr gut, hat aber für mich irgendwo Limits beim Storytelling. Und frisch herausgekommen - sofort nach der Serie - ist The Expanse. Hier finde ich das Setting großartig, da auch Politik eine große Rolle spielt.


    Shadowrun ist ein Freakrollenspiel für Masochisten. Unglaubliche Downtime am Spieltisch (wenn der Magier in den Astralraum wandert und der Decker sich in die Matrix klickt), sowie schlechte, überkandidelte Regeln. Egal in welcher Auflage, dieses System ist für mich gestorben.


    In Sachen Horror kenne ich eigentlich nur Call of Cthulhu, welches auch in Deutsch einen halbwegs brauchbaren Support zu haben scheint. Wir spielen mit der aktuellen 7. Auflage gerade eine Kampagne; allerdings merkt man Cthulhu das Alter wirklich an. Während sich D&D kontinuierlich weiterentwickelt hat, ist Cthulhu immer noch fürchterlich altbacken. Auch solltest du zu deinem Character keine allzu große Beziehung aufbauen; üblicherweise ist er nach fünf oder sechs Abenteuern tot oder wahnsinnig :) Für die 7. Edition gibt's ebenfalls eine Einsteigerbox, mit der man sich leicht einen Überblick verschaffen kann.


    Wenn dir Stranger Things als Serie gefallen hat, möchte ich hier noch Kids on Bikes erwähnen. Das ist ein recht neues Rollenspiel, welches sich genau so ein Setting herausgepickt hat: in einer amerikanischen Kleinstadt sind die Spieler (die Kids on Bikes) mysteriösen Vorgängen auf der Spur. Hat uns sehr viel Spaß gemacht!


    Eine Empfehlung möchte ich noch für Private Eye aussprechen, ein (trotz des englischen Namens) deutsches Rollenspiel im Viktorianischen London (klassisches Sherlock Holmes Setting). Die Regeln sind zwar Schrott (allerdings auch unglaublich einfach), aber die Abenteuerbände suchen ihresgleichen! Wenn man sich auf klassisches Detektivrollenspiel einlassen möchte, ist das eine ganz hervorragende Wahl!


    Und dann gibt's noch die Universalrollenspiele:


    GURPS ist hier der Platzhirsch - das habe ich allerdings noch nie gespielt, da ich nicht sonderlich viel Gutes darüber gehört habe, und die Regeln haben mich auch nicht überzeugt. Aber oben stehen eh schon Meinungen drüber.


    Savage Worlds sollte man ebenfalls hier erwähnen: ein sehr einfaches System welches auf alle möglichen Settings ausgerichtet ist. Einfach und schnell zu erlernen.


    Genauso wie Genesys. Das basiert auf dem von mir favorisierten Star Wars System und deckt alle Settings ab, von Fantasy zu Steampunkt, von Age of Mythology zu Space Opera. Auch hier gibt's eigene Würfel, die für mich den Charm und die Genialität des Systems ausmachen. GM'ing war für mich noch nie einfacher als mit dem Star Wars/Genesys System. Momentan arbeite ich mich gerade in ein Indiana Jones Setting ein, mit dem ich meine Rollenspielrunde demnächst beglücken werde.


    FATE wurde ebenfalls bereits erwähnt, ist aber bei mir völlig durchgefallen. Sehr leichte Regeln, aber das System wirkte auf mich unglaublich mechanisch. Überall kleben Post-Its mit kryptischen Sätzen, die man krampfhaft versucht in die Story einzuarbeiten; dasselbe wiederholt sich auf dem Character Sheet. Meine ganze Gruppe war davon nicht sonderlich begeistert ... aber es hat durchaus eine große Fangemeinde.


    Viel Spaß bei der Auswahl und bitte berichte von deinen Erfahrungen! :)