Beiträge von PeterRustemeyer im Thema „Hilfe, ich bin ein Alphaspieler! Wie spielt man Koop richtig?“

    Ich kenne das Spiel nicht

    Das Spiel enthält einen dicken Stapel sogenannter "Crossroads" Karten. Wann immer du dran bist, hält dein Sitznachbar eine davon in der Hand und prüft, ob ihre Voraussetzungen im Laufe deines Zuges erfüllt werden. Dann "passiert etwas". Das sind einfach kleine Geschichten, oft (aber nicht immer) mit einer Entscheidung verbunden.


    Das ist eine sehr schöne Spielmechanik, weil sie dich a) ein wenig paranoider spielen lässt (alles mögliche könnte gefährlicher sein als eigentlich geplant), und weil sie b) allerlei Klischeestories aus dem Kosmos der Zombieapokalypse ins Spiel bringt.


    Die Stories stehen aber alle für sich, es gibt keine übergreifenden Konsequenzen oder sowas - was ich auch nicht schlecht finde, das hätte das Spiel imho völlig mit Verwaltungsaufwand überladen, es passiert ja noch ne ganze Menge anderer Kram, nicht wie in #KingsDilemma, wo vergleichbare Karten das eigentliche Spiel sind.


    Du kannst zB jeder verdächtig aussehenden Person, die dir auf so einer Karte begegnet, einfach mal pauschal eine Kugel in den Kopf jagen, oder du näherst dich vorsichtig, und dann passiert mal was nettes, mal was weniger nettes. Wenn du immer nur alle abknallst, ist das sehr sicher besser fürs Spielergebnis. Aber es ist halt vom Standpunkt der erlebten Geschichte her eher langweilig.


    Das Spiel geht nicht "kaputt", wenn du die Karten alle rein mechanisch behandelst und das Optimum rausholst. Ist dann halt ein bisschen einfacher, aber - wie in vielen Koops - sind hier Zufälle auf Zufälle gestapelt, und wie leicht eine Partie wird, hängt dann doch vorrangig davon ab, was die Zufälle so anstellen.


    Aber für mich persönlich geht die Atmosphäre in Spielen mit Storyelementen völlig kaputt, wenn die Leute am Tisch die Geschichten auf sowas wie "sag mir einfach, welche Würfel ich werfen soll" reduzieren. Ich sitz da jetzt auch nicht verkleidet rum und rede nur "in character" oder was weiß ich, was richtige Rollenspieler so treiben... aber ich erwarte bei Storyspielen ein Mindestmaß an "Immersionsbereitschaft" bei meinen Mitspielern.


    (wobei es natürlich auch Spiele gibt, wo die Stories so generisch und doof sind, dass sie so gar keine Atmosphäre erzeugen können. Dann ist es halt so, kann man auch nix dran ändern, und dann erzwinge ich das auch nicht krampfhaft. Ich lese auch keine dieser superkreativen "der König ist tot ohne Nachfolger, baut Rohstoffe an, wer der beste dabei ist, wird neuer König" Flavortexte beim Erklären von Eurogame X vor)

    Ich kenne das Spiel nicht, aber meiner Ansicht nach ist es schon dem Spiel anzulasten, wenn das moralisch fragwürdige spielmechanisch ausschließlich positiv ist. Natürlich zucke ich dann mit den Schultern und mache das.

    Dann hast du den Test halt nicht bestanden.


    Es ist auch im realen Leben finanzenspielmechanisch rein positiv, wenn ich dir eins mit der Keule überziehe und deinen Geldbeutel plündere (vorausgesetzt, keiner kriegt das mit). Ich machs halt trotzdem nicht.

    Meepelix


    Es gibt halt zig Spiele für zig verschiedene Leute.


    Wenn ich zB sowas hier lese:

    Zitat

    Villen des Wahnsinns als Overlord war ganz ok... Ich konnte die Gruppe vollkommen "zusammen schieben" so dass nach der Hälfte der Partie klar war - die haben keine Chance mehr - Story? Mir egal, Hauptsache ich gewinne

    Ich hab noch kein Overlord Spiel gesehen, wo es förderlich für die allgemeine Tischzufriedenheit war, wenn der Overlord gegen die Gruppe spielt, auch wenn das in den Regeln so vorgesehen ist. Ich hab aber zig solcher Spiele gesehen, die hervorragend funktionieren, wenn der Overlord seine Rolle eher als Erzähler / DM (wie im Pen & Paper) begreift. Siehe #Descent, #Doom usw. Ich würd da den Teufel tun und versuchen, die Spieler möglichst schnell und durchtrieben umzubringen. Man macht es ihnen nicht zu leicht, aber ich stell jetzt auch nicht meine länglichen Monster quer in die Korridore, um die Wege zu blockieren usw.


    Oder, was das Thematische angeht: Ein #WinterderToten brauchst du meiner Meinung nach gar nicht erst auf den Tisch legen, wenn die Spieler nicht wenigstens minimal rollenspielerisch eintauchen. Die ganzen moralischen Dilemma der Zombieapokaylpse sind nämlich spieltechnisch überhaupt keine, es ist meist völlig klar, was besser für den Sieg ist (Kannibalismus etwa ist mechanisch zu 100% gut (mehr Essen, weniger Essende), aber moralisch halt hochgradig fragwürdig).

    Gilt auch im kompetitiven: Ein #dereiserneThron ist eine völlig grauenvolle Wahl, wenn die Spieler das als Wargame und nicht als Diplomatiespiel sehen. Viel Spaß als Lannister, umzingelt von allen Seiten.


    Ein #KingsDilemma stelle ich mir völlig öde und trocken vor, wenn die Spieler die Stories nicht lesen, ihre Rollen nicht spielen, sondern nur auf die Leisten kucken.


    Dass in der Brettspielwelt tendenziell eine Abneigung gegen solche Kniffe existieren finde ich etwas Schade.

    Wo siehst du diese Abneigung?

    Was ich sicher nicht tun wollte, und ich weiß auch nicht, wie du da drauf kommst: den Spielern die Schuld geben, wenn ein Spiel nicht gut ist.

    Hmmm... wenn es nicht das Spiel ist, wird die Auswahl halt schon eng :lachwein::lachwein::lachwein:


    Ein Koop stellt die Gruppe üblicherweise vor einen Haufen Probleme, und jeder kriegt irgendein Puzzlestück der Lösungen (Informationen, Rohstoffe, Fähigkeiten, etc). Im Idealfall gibt es mehr Probleme als Lösungen, so dass die Spannungskurve ordentlich trägt und die Entscheidungen, wer welches Problem angeht, eine weitere Dimension erhalten (nicht nur wer-macht-was, sondern was-machen-wir-überhaupt).


    Dabei werden die Ausgänge der Entscheidungen meist verschleiert, durch irgendwelche Unwägbarkeiten: das kann Zufall sein, zB irgendwelche Fähigkeitenproben, mal hast du nur Teilinformationen wie in Pandemie, oder es ist einfach schlicht unbekannt ("wenn du links gehst, dann lies weiter bei 288, rechts 546").


    Wenn es gut läuft, entsteht dabei ein tolles Gruppengefühl, und alle erleben gemeinsam ein Abenteuer.


    Wenn das Spiel es für dich aber nicht schafft, die Konsequenzen der Handlung oder die Problemlösungen ausreichend zu verschleiern, dann ist es einfach kein Spiel für dich.

    Schätze dich glücklich, dass du so grandios clever bist, aber das macht das Spiel nicht schlecht. Denn immerhin besetzt Pandemie die Plätze 2, 33 und 89 auf BGG, es scheint also tausende Menschen zu geben, denen das nicht so geht, und die es lieben.


    (generell haben deine Beiträge hier aber wenig mit dem Diskussionsthema zu tun, und deine Zitate wenig mit dem, was ich geschrieben habe)

    Das kann man glaube ich nicht pauschalisieren - Beispiel Pandemie:

    Aus der gegebenen Spielsituation ergibt sich immer relativ offensichtlich immer der "beste" Zug... Das Spiel ist einfach zu simpel und leider echt nicht gut...



    Worauf ich hinaus will: die klassischen Lösungen (geheime Ziele, Redeverbot, Zeitdruck, Verräter, geheime Information) bekämpfen vielleicht das "Alphaspielerproblem", aber gleichzeitig schränken sie gehörig das ein, warum ich eigentlich ein Koop spielen will: mit der Gruppe gemeinsam ein Abenteuer erleben, und jeder darf spielerisch und kommunikativ am hoffentlich guten Ausgang mitwirken. Und sie bringen alle ihre eigenen Probleme mit.


    Was ich sicher nicht tun wollte, und ich weiß auch nicht, wie du da drauf kommst: den Spielern die Schuld geben, wenn ein Spiel nicht gut ist.

    sehe ich etwas differenzierter. Wenn alle jeden Zug gemeinsam entscheiden ist es viel Alpha anfälliger als wenn einzelne Entscheidungen bestimmten Spielern zugeordnet sind. Diese Spieler können sich beraten lassen, aber es ist ihre Entscheidung ...

    So und mit anderen Details kann man Spiele weniger Alpha anfällig machen.

    Es würde mir kein Stück schwer fallen, ein #eldritchhorror aufzubauen und dann 5 Stunden lang drei Mitspielern ihre zwei Aktionen pro Zug vorzuschreiben, wenn ich das für einen gelungenen Abend halten würde.

    Ich denke Hidden Information hätte noch viel Potenzial. Wenn ich nicht weiß welche Optionen mein Spieler hat, kann ich ihm schlecht sagen was er tun soll.

    Hidden Information funktioniert aber auch nur so richtig, wenn du eine Verräter-Mechanik drin hast (zB #WinterderToten, #BattlestarGalactica), oder wenigstens egoistische persönliche Ziele, die dem Gruppenziel teils entgegen stehen (auch #WinterderToten, #Gloomhaven). Solche Spiele haben aber oft andere Ecken und Kanten, außerdem sind es halt keine "richtigen" Koops mehr.


    Ansonsten driftet es schnell ins Alberne ab:

    Entweder muss man den Spielern mit Redeverboten einen Maulkorb verpassen, was dem sozialen Aspekt völlig im Wege steht. Ich kann kein Spiel wie zB #MagicMaze spielen, wo alle 30 min lang still sitzen sollen, weil es mit jeder Form von Sprache/Geste zu leicht wäre.

    Oder die Spieler fangen an, kreativ die geheimen Informationen publik zu machen: ein simples "kann mir hier jemand helfen? Bräuchte eine hohe rote Karte" kann schon zu viel sein, aber Spieler gehen dann gerne weiter. "Ich darf nicht sagen, dass ich eine rote 12 habe, aber >Blut ein Dutzend<, das ist ja wohl nicht im Regeltext ausgeschlossen, oder?"


    Meiner bescheidenen Meinung nach ist das Alphaspielerproblem ein rein menschliches, und wenn die Gruppe es nicht hinkriegt, das sozial zu lösen, dann ist da nicht das Spiel dran schuld.


    (Selbiges gilt imho auch für den gefürchteten "Königsmacher". Du musst nicht erst #dereiserneThron spielen, da reicht schon ein simples #Catan. Wenn einer am Tisch seine Rohstoffe an Spieler B statt C tauscht oder die Straße von C statt B verbaut, dann ist er im Nullkommanix ein "Königsmacher", auch wenn er in reinem Eigeninteresse handelt)

    Ich versuche meistens, meine Klappe zu halten, damit die Leute für sich selbst spielen, außer sie haben die Regeln nicht verstanden. Das ist aber manchmal ein Ritt auf der Rasierklinge.

    Denn wer eh schon andauernd fragt, wie es geht, fragt dann oft auch, was er machen soll. Und meistens bin ich derjenige, der die Regelfragen beantworten soll.


    Ich würde lieber im Team verlieren, als dass einer den anderen die Züge vorschreibt. Habs aber auch schon öfter erlebt, dass dieses Credo als falsch wahrgenommen wurde: "hättest du doch gesagt, dass, dann hätten wir"