Hat schon jemand von euch von der neuen Stable Pledge Geschichte bei Gamefound gehört oder gelesen?
Bisher noch nicht. Danke für den Hinweis.
Erstmal: Das ist ein Opt-In Angebot von GameFound an die Verlage. Wenn die bestimmte Bedingungen erfüllen, verzichtet GameFound nachträglich auf seine Provision, wenn die Verlage bei unerwarteten Preiserhöhungen 100% refunds anbieten. Dass passiert natürlich nicht nur aus Barmherzigkeit. Die Crowdfunding-Müdigkeit steigt allgemein, d.h. GameFounds Geschäftsmodell ist in gewisser Weise bedroht, und die Plattform nimmt sich so auch selbst etwas aus der Schlusslinie der negativen PR, wenn die Verlage nicht mehr "Rückerstattung bis auf Kickstarter/GameFound-Gebühren" anbieten können, weil die Backer zukünftig vielleicht 100% erwarten. Je mehr gescheiterte oder unerwartet verteuerte Crowdfunding-Projekte es gibt, umso mehr leidet auch das Image der Plattformen. Das gilt umso mehr, je eher sich das -- sicher nicht ganz unberechtigte! -- Bild durchsetzt, dass sich KS/GF überhaupt nicht mehr für ein Projekt interessiert, sobald sie ihre Provision eingesteckt haben.
Abgesehen davon halte ich es auch für möglich, dass GameFound für die Teilnahme an dem Programm erhöhte Provisionen von den Verlagen verlangt, quasi in der Art einer Versicherung. Diese Zusatzkosten würden dann natürlich auf den Pledge-Preis umgelegt, d.h. das gibt's nicht kostenlos für den Backer. Und nicht zuletzt verhindert das Programm auch keineswegs, dass ein Verlag Pleite geht und der Backer sein gesamtes Geld verliert. Nicht GameFound zahlt etwas zurück, sondern immer noch der Verlag, aber der muss das dann auch freiwillig tun -- was aber nicht selbstverständlich ist, wenn's ihm finanziell schlecht geht und allzu viele Backer mit 100% refund abspringen wollen.
Wenn bisher nur wenige Verlage zu einem späten Kampagnenzeitpunkt Rückzahlungen exklusive Plattform-Provision angeboten haben, dann sollte man nicht unbedingt davon ausgehen, dass viele in Zukunft das Gleiche inklusive Provision anbieten, nur weil sie sich die Provision von GameFound zurückholen können. Das Problem ist, dass sie die anderen 90% nicht zurückzahlen können, weil das Geld üblicherweise schon für die Herstellung des Spieles ausgegeben ist. Allzu viel mehr Schutz hat der Backer damit also nicht. Das "secure your pledge" weckt hier Erwartungen, die wohl kaum gehalten werden können.
Trotz all dem: Die Branche hat offensichtlich erkannt, dass es ein Problem im Geschäftsmodell "Crowdfunding" gibt (bzw. jetzt auch im Spielebereich gibt, denn außerhalb davon ist Crowdfunding schon länger halbtot). Das ist schon mal gut. Diese neue Lösung zwingt Verlage auch zu mehr Transparenz, und wenn es nur beim Einpreisen von Absicherungskosten ist. Das ist aus Backersicht ebenfalls gut.
Ziemlich kritisch aus Backersicht sehe ich allerdings die Ankündigung der Option, den Versand künftig nicht mehr im Pledge Manager zu berechnen, sondern getrennt davon kurz vor dem Versand. Ich verstehe zwar, warum das aus Creator-Sicht wünschenswert ist, aber ich als Kunde möchte bei einem Kauf bzw. einer Vorbestellung wissen, was genau ein Produkt kostet. Das unternehmerische Risiko von Preisänderungen sollen die Verlage tragen, nicht ich als Endkunde. Das wird mich tendenziell noch weiter wegbringen von Crowdfunding. Soll dann 2+ Jahre nach dem Backen bei der um ein Jahr verzögerten Kampagne die Nachricht kommen "tja, tut uns leid, der Versand kostet jetzt 80 Euro mehr als zum Kampagnenstart vermutet, das sind halt jetzt die normalen Kosten (und die selbstverschuldete Verzögerung lassen wir mal geflissentlich unter den Tisch fallen)"?! Dann: Ohne mich.
Es reicht mir schon als Negativbeispiel, wenn Pledge Manager mittlerweile ein halbes Jahr nach der Kampagne öffnen und Kreditkarten nochmal ein weiteres halbes Jahr später belastet werden. In der Zeit kann der Dollarkurs locker 10% oder 20% schlechter sein. Nee, sorry, liebe Verlage: das ist euer Risiko, nicht meines. Wenn irgendwas billiger wird, zahlt ihr's ja auch nicht zurück. Gewinne einstecken, Verlust abwälzen -- nö, so funktioniert's nicht. Dann kaufe ich zukünftig lieber nur noch erwiesenermaßen gute Spiele für ~50 Euro im Retail-Bereich, als unplanbare dreistellige Summen in unbekannte Crowdfunding-Spiele zu versenken.