Beiträge von MetalPirate im Thema „Gamefound als Alternative zu Kickstarter - eure Meinung?“

    Von einem dedizierten "adopt a pledge" Programm, bei dem unzufriedene backer ihren pledge vor Versand über gamefound an neue back weiterverkaufen können hätte ich um einiges mehr gehalten.

    Wo soll da der Markt sein? Die gefragten Pledges werden weiterhin bei Ebay meistbietend verkauft und die Pledges von notleidenden Firmen wie Blacklist, Mythic, Petersen, Funforge & Co wollen alle schnell noch verkaufen, aber verständlicherweise will niemand, der halbwegs Ahnung hat, sie haben -- und GameFound wird bestimmt nicht anfangen, sich an der Vermittlung solcher toxischen Pledges selbst zu verbrennen.


    Im Übrigen schrieb ich etwas von "90% aller Threads, die früher oder später auf ignore landen". 90 sind keine 100.

    Lustigerweise wurde genau das in den Kommentaren (und auch mehrfach hier im Forum) gefordert, nachdem die ersten Projekte mit erhöhten Sippingkosten aufschlugen: Versandkosten erst kurz vor Versand zahlen, getrennt vom Rest.

    Ist das so? Das müssen dann alles Threads sein, die ich auf ignore habe. Was natürlich gut sein kann, wenn bei mir mittlerweile geschätzt 90 Prozent aller Threads wegen überbordendem Dummschwatz-Anteil, spätestens ab Seite 3, auf ignore gehen... :S

    Mit ein bisschen nachdenken ist der Vorschlag, Versandkosten kurz vor der Auslieferung zu berechnen, natürlich kompletter Blödsinn. Wenn ein Projekt 12+ Monate verspätet ist (was ja nun nicht gerade unüblich ist), dann sind eventuelle Preissteigerungen in dieser Zeit nicht das Problem des Backers, sondern primär das selbstverschuldete Problem das Machers. Es darf nicht zur etablierten Praxis werden, dann alle Risiken auf den Backer abzuwälzen.

    Hat schon jemand von euch von der neuen Stable Pledge Geschichte bei Gamefound gehört oder gelesen?

    Bisher noch nicht. Danke für den Hinweis.


    Was haltet ihr davon?

    Erstmal: Das ist ein Opt-In Angebot von GameFound an die Verlage. Wenn die bestimmte Bedingungen erfüllen, verzichtet GameFound nachträglich auf seine Provision, wenn die Verlage bei unerwarteten Preiserhöhungen 100% refunds anbieten. Dass passiert natürlich nicht nur aus Barmherzigkeit. Die Crowdfunding-Müdigkeit steigt allgemein, d.h. GameFounds Geschäftsmodell ist in gewisser Weise bedroht, und die Plattform nimmt sich so auch selbst etwas aus der Schlusslinie der negativen PR, wenn die Verlage nicht mehr "Rückerstattung bis auf Kickstarter/GameFound-Gebühren" anbieten können, weil die Backer zukünftig vielleicht 100% erwarten. Je mehr gescheiterte oder unerwartet verteuerte Crowdfunding-Projekte es gibt, umso mehr leidet auch das Image der Plattformen. Das gilt umso mehr, je eher sich das -- sicher nicht ganz unberechtigte! -- Bild durchsetzt, dass sich KS/GF überhaupt nicht mehr für ein Projekt interessiert, sobald sie ihre Provision eingesteckt haben.

    Abgesehen davon halte ich es auch für möglich, dass GameFound für die Teilnahme an dem Programm erhöhte Provisionen von den Verlagen verlangt, quasi in der Art einer Versicherung. Diese Zusatzkosten würden dann natürlich auf den Pledge-Preis umgelegt, d.h. das gibt's nicht kostenlos für den Backer. Und nicht zuletzt verhindert das Programm auch keineswegs, dass ein Verlag Pleite geht und der Backer sein gesamtes Geld verliert. Nicht GameFound zahlt etwas zurück, sondern immer noch der Verlag, aber der muss das dann auch freiwillig tun -- was aber nicht selbstverständlich ist, wenn's ihm finanziell schlecht geht und allzu viele Backer mit 100% refund abspringen wollen.

    Wenn bisher nur wenige Verlage zu einem späten Kampagnenzeitpunkt Rückzahlungen exklusive Plattform-Provision angeboten haben, dann sollte man nicht unbedingt davon ausgehen, dass viele in Zukunft das Gleiche inklusive Provision anbieten, nur weil sie sich die Provision von GameFound zurückholen können. Das Problem ist, dass sie die anderen 90% nicht zurückzahlen können, weil das Geld üblicherweise schon für die Herstellung des Spieles ausgegeben ist. Allzu viel mehr Schutz hat der Backer damit also nicht. Das "secure your pledge" weckt hier Erwartungen, die wohl kaum gehalten werden können.


    Trotz all dem: Die Branche hat offensichtlich erkannt, dass es ein Problem im Geschäftsmodell "Crowdfunding" gibt (bzw. jetzt auch im Spielebereich gibt, denn außerhalb davon ist Crowdfunding schon länger halbtot). Das ist schon mal gut. Diese neue Lösung zwingt Verlage auch zu mehr Transparenz, und wenn es nur beim Einpreisen von Absicherungskosten ist. Das ist aus Backersicht ebenfalls gut.


    Ziemlich kritisch aus Backersicht sehe ich allerdings die Ankündigung der Option, den Versand künftig nicht mehr im Pledge Manager zu berechnen, sondern getrennt davon kurz vor dem Versand. Ich verstehe zwar, warum das aus Creator-Sicht wünschenswert ist, aber ich als Kunde möchte bei einem Kauf bzw. einer Vorbestellung wissen, was genau ein Produkt kostet. Das unternehmerische Risiko von Preisänderungen sollen die Verlage tragen, nicht ich als Endkunde. Das wird mich tendenziell noch weiter wegbringen von Crowdfunding. Soll dann 2+ Jahre nach dem Backen bei der um ein Jahr verzögerten Kampagne die Nachricht kommen "tja, tut uns leid, der Versand kostet jetzt 80 Euro mehr als zum Kampagnenstart vermutet, das sind halt jetzt die normalen Kosten (und die selbstverschuldete Verzögerung lassen wir mal geflissentlich unter den Tisch fallen)"?! Dann: Ohne mich.

    Es reicht mir schon als Negativbeispiel, wenn Pledge Manager mittlerweile ein halbes Jahr nach der Kampagne öffnen und Kreditkarten nochmal ein weiteres halbes Jahr später belastet werden. In der Zeit kann der Dollarkurs locker 10% oder 20% schlechter sein. Nee, sorry, liebe Verlage: das ist euer Risiko, nicht meines. Wenn irgendwas billiger wird, zahlt ihr's ja auch nicht zurück. Gewinne einstecken, Verlust abwälzen -- nö, so funktioniert's nicht. Dann kaufe ich zukünftig lieber nur noch erwiesenermaßen gute Spiele für ~50 Euro im Retail-Bereich, als unplanbare dreistellige Summen in unbekannte Crowdfunding-Spiele zu versenken.

    Genauso wie Kickstarter. Die Zuverlässigkeit hat nichts mit der Plattform zu tun sondern mit den Machern.

    Jein. Andere Crowdfunding-Plattformen wie IndiGogo oder Spieleschmiede buchen direkt das Geld ab oder haben andere Eigenschaften, die man als Backer nicht unbedingt attraktiv finden muss. Bei nicht erfolgreichen Projekten kann sogar das Geld als Spende deklariert werden und einfach weg sein. Andersrum kann es auch Konstruktionen geben, wo die Plattform nicht nur Vermittler, sondern Vertragspartner ist und so auch Garantien für das eingesetzte Geld geben kann. Gerade wenn irgendwas nicht ideal läuft, kann der Backer je nach den geltenden Regeln einer Plattform sehr unterschiedlich gut gestellt sein. Die gewohnen Kickstarter-Regeln für Crowdfunding sind nicht allgemeingültig, sondern eben nur deren eigene Regeln. Crowdfunding geht auch anders, in alle Richtungen. Eher kundenfreundlich oder auch das genaue Gegenteil.

    Dass man (mit geringen Einschränkungen, die man kennen sollte!) während der Finanzierungsphase jederzeit seinen Pledge zurückziehen kann, aber dennoch solange vollwertiger Backer mit allen Rechten ist (u.a. Kommentare schreiben dürfen) ist eine Eigenschaft, die meiner Meinung nach auch maßgeblich zum Erfolg von Kickstarter beigetragen hat. Das hat dann indirekt auch etwas mit der Zuverlässigkeit der Macher zu tun, weil es eine Transparenz schafft, die unzuverlässige Macher nicht mögen. Bei Kickstarter kann jeder Backer, der es will, während der Finanzierung im offiziellen Kommentar-Bereich Kritik üben oder sogar mit dem Hinweis auf vergangene Projekte vor unzuverlässigen Machern warnen. Für mich ist das ein wesentlicher Pluspunkt.

    Aber auch wenn es nur 10% sind.

    Sind es ja nicht. Knapp die Hälfte davon kriegen die Zahlungsdienstleister.

    BTW: Warum beschweren sie eigentlich so viele über die Provision von Kickstarter, aber kaum jemand über die Provision von Ebay (10%, ohne dass da noch etwas für Zahlungsdienstler drauf geht) oder Amazon Marketplace (~15%) oder PayPal oder Kreditkartenfirmen (2-5% bei Zahlung in Fremdwährungen)? Da steckt teilweise noch weniger eigene Leistung dahinter.

    Aber ganz grundsätzlich: Es ist völlig normal, dass Erbringer von Dienstleistungen eben diese Dienstleitung in Rechnung stellen und das prozentuale Provisionsmodell ist in diesem Bereich etwas völlig Normales.


    Wenn wir vom letzten AR Kickstarter (Nemesis mit ~4M$) ausgehen dann hat der Student 400k$ um eine alternative zu erstellen

    Macher der Kategorie Awaken Realms oder CMON dürften höchstwahrscheinlich Sonderkonditionen kriegen. Im Übrigen produzieren solche Macher auch spürbar höhere Kosten für die Plattform als die kleine Klitsche mit ihrer $10K Kampagne. Stichwort: Serverüberlastung zum Kampagnenstart.

    Kickstarter hat bei Brettspielen generell nur noch wenig mit dem Spirit von Crowdfunding zu tun.

    Da, wo Kickstarter noch am ehesten mit dem Spirit von Crowdfunding zu tun hat, gehen Projekte mit 10% Wahrscheinlichkeit schief. Man kann nicht beides haben: altruistisches Fördern toller Ideen und möglichst sichere Vorbestellung eines Produktes. Bei Brettspielen mit dreistelligen Preisen geht die Erwartungshaltung logischerweise zu Letzterem.


    Im Übrigen wird in der US-Rechtsprechung Kickstarter mittlerweile größtenteils als normaler Vorverkauf gesehen, mit klarem Anspruch auf Lieferung gegen den Macher. (Nicht gegen Kickstarter.com, die sind ganz klar nur Vermittlungsplattform, wie z.B. Ebay auch.) Da haben einige Macher schon Ärger mit dem Attorney General ihres Bundesstaates bekommen. Dem Nicht-Amerikaner hilft das beim Durchsetzen von internationalen Rechtsansprüchen natürlich trotzdem nicht viel.

    Also wer auch immer hinter Kickstarter steht, lacht sich dann aber schon lange ins Fäustchen und ist Millionär. Der ist selbst für nichts belangbar, muss nur sicherstellen, dass die Server laufen und muss nix anderes tun. Stellt nur Server, Webseite und Zahlungsüberweisung zur Verfügung und nimmt dafür wieviel? 30 oder 40% der Einnahmen pro Projekt?


    Wenns denn so einfach ist, warum gibt es nicht Kickstarter Klone wie Sand am Meer? Sowas baut doch sicher jeder Student in wenigen Stunden.

    30 oder 40 Prozent?! :mauer:

    Kritik wirkt stärker, wenn man zumindest den Eindruck erwecken kann, Ahnung von irgendwas zu haben...


    Für den Einstieg: Kickstarter kassiert knappe 10% und da sind die Gebühren für Zahlungsdienstleister (d.h. Kreditkarten) enthalten. Und den Studenten, der eine solche Plattform in wenigen Stunden baut, möchte ich sehen.

    MetalPirate det Absatz nach deinem Zitat von mir ist aber arg aus dem Zusammenhang gerissen. Gemeint war, dass KS keine Werbung macht for bestimmte Projekte. Das geht ALLES vom Ersteller aus.

    Okay. Trotzdem finde ich, dass man das Bereitstellen einer Plattform nicht geringschätzen sollte, egal ob Ebay, Amazon Marketplace oder Kickstarter. Nur Plattform sein zu wollen, ist legitim.

    Im Übrigen stimmt das "ALLES" nicht so ganz. Wenn man auf Kickstarter aktiv ist, bekommt man auch Hinweise zu anderen, ähnlichen Kampagnen.

    Konkurrenz belebt das Geschäft!

    Genau mein erster Gedanke beim Lesen des Startbeitrags.

    Kann nur gut sein. Sie werden auf jeden Fall für Macher wie Kunden ausreichend attraktive Konditionen bieten müssen, sonst kommen sie gegen Kickstarter nicht an. Wohlgemerkt: Auch für die Kunden attraktiv. Verlage, die bisher von Kickstarter weg wollten, etwa zu Indigogo, bekamen von ihren Kunden Ärger. Das hat bisher den Status von Kickstarter geschützt.


    Mir persönlich würde es auch gefallen, wenn man auch ohne investieren in den Kommentaren etwas nachfragen könnte. So muss ich nicht immer mit einem Euro einsteigen und dann dann wieder zurück ziehen...

    Solange das Backen mit $1 jederzeit wieder zurückgezogen werden kann (wichtige Einschränkung!), ist es eher eine symbolische Hürde. Aber auch die dürfte schon etwas bringen, um das allerschlimmste Gepöbel aus dem Kommentarbereich fern zu halten. Ich könnte mir gut vorstellen, dass gewisse niedrigschwellige Zugangshürden einfach notwendig sind.


    Denn wie gesagt, Kickstarter selbst tut nichts dafür.

    Dass Kickstarter sehr viel durchgehen lässt, solange ihre Provision stimmt, ist sicher ein berechtigter Kritikpunkt. Dennoch. Das Anbieten und Pflegen einer Infrastruktur, die alles in allem gut funktioniert, ist nicht "nichts".


    Zur eigentlichen Thematik:

    • Meiner Meinung nach ist/war es ein strategischer Fehler von Kickstarter, nicht in den Markt der Pledge Manager eingestiegen zu sein. Dass aus dieser Ecke Konkurrenz drohte, ist offensichtlich. Crowdfunding-Plattform und Pledge Manager in einer Hand bietet Synergie.
    • Was es für Kickstarter brandgefährlich macht, ist die Konkurrenz direkt aus der Tabletop-Ecke. Das ist DIE dominierende Kategorie auf Kickstarter. Was sicher auch damit zusammenhängt, dass alles andere knappe 10% Ausfallraten hat. Mit Technik-Projekten oder ähnlichem haben schon zu viele Kunden auf Kickstarter Geld verloren bzw. mit Videospielen erlebt, dass es die Sachen teils Wochen nach Release für den halben Preis gab. Einzig und allein Tabletop läuft gut und dient Kickstarter selbst immer wieder als Musterbeispiel.
    • Der Zeitpunkt der Ankündigung von GameFound ist nicht schlecht gewählt. Hauptkonkurrent/Platzhirsch Kickstarter steht in der Kritik wegen der Bekämpfung von Arbeitnehmerrechten und hat im Moment auch ein paar Finanzproblemchen, weil durch Corona die Zahl der gestarteten Kampagnen deutlich zurückgegangen ist. Corona kann sich abzeichnende Veränderungen beschleunigen. Auch hier.
    • Ich bin mal gespannt, ob GameFound es schafft, wie Kickstarter ein ebenso kundenfreundliches System zu etablieren, das erst dann Geld kassiert, wenn die Finanzierungphase abgelaufen ist und erfolgreich war. Meiner Meinung nach ist dies wesentlich für den Erfolg von Kickstarter. IndieGogo oder Spieleschmiede kassieren ja sofort Geld; das mag der Kunde nicht so. Die Schmiede behauptet ja, es ginge nach EU-Recht nicht anders, obwohl diverse Autovermietungen, Hotels oder ähnliche Unternehmen es auch schaffen, mit Reservierungen auf Kreditkarten zu arbeiten. Mal sehen, ob und wie GameFound als polnische Firma das hinbekommt.
    • Mal sehen, wie sehr andere Brettspiel-Firmen bereit sind, hier eine Firma zu unterstützen, die mit Awaken Realms, d.h. einem potenziellen Konkurrenten, verbandelt ist.

    Da liegen spannende Zeiten vor uns.