Beiträge von Dirtbag im Thema „Warum sterben Foren aus?“

    Den Niedergang der Diskussionkultur und raueren Umgangston an das Vorhandensein von Likes zu knüpfen scheint mir ihre Bedeutung doch auf einen etwas zu hohen Sockel zu stellen.

    Man sollte hier vielleicht ein bisschen unterscheiden. Die (IMHO unkritischen) Likes gibt es schon viele Jahre bei Unknows. (Dislikes gab's ganz früher auch mal, die wurden dann aber abgeschafft.)

    In diesem Jahr wurde aus der einzigen Like-Reaktion dann fünf verschiedene Reaktionen. Dadurch bekamen Reaktionen nicht nur allgemein ein wesentlich größeres Gewicht, sondern bieten jetzt auch ganz neue Möglichkeiten für Verhalten, das in Facebook oder anderen sozialen Medien vielleicht okay ist, eventuell sogar gewohnt und normal, aber für Foren auf Dauer vielleicht doch eher destruktiv wirken kann.

    Ich habe primär auf Basis der "alten" Likes und der Situation vor deren Einführung geschrieben, die neuen Reaktionen gibt es ja noch nicht so lange. Vielleicht wirken sie negativ, vielleicht nicht. Persönlich nutze ich davon nur "Like" und "Danke", mit den anderen kann ich ehrlich gesagt nichts anfangen.

    Ich sehe den Hauptgrund für einen Rückgang an Foren wie [Tom] in der Bequemlichkeit, die soziale Medien bieten. Eine Anmeldung, alle Themen und Interessensgbiete sind abgedeckt. Vielleichtet bietet das nicht immer den gewünschten Tiefgang, aber dass Themendiversifizierung ein Anliegen ist, zeigt sich ja auch in den immer breiter gefächerten Themen hier. Videospiele und Miniaturenbemalung haben noch Bezug zum Thema Brettspielen, bei Fotografie, Musik, Filmen und Workout-Programmen wird es schon etwas schwieriger, noch einen direkten Bezug herzustellen.

    Dazu bieten soziale Medien noch die komfortable Integration in Handy und Tablet, die schnelles Sharing von Inhalten ermöglichen, schnelle Reaktion auf potentiell interessante Beiträge ermöglichen und die visuell deutlich attraktiver aufbereitet sind als Foren, die gerne den Flair einer Excel-Tabelle verströmen.


    Likes sehe ich persönlich nicht so kritisch, ich vertrete da eher den Standpunkt von Smuntz

    Natürlich können sie durch positives Feedback auf an sich negative Beiträge zu unerwünschten Entwicklungen führen und potentiell Fehlverhalten fördern. Es kann aber auch genau den gegenteiligen Effekt haben und zu konstruktiven, positiven Beiträgen anregen und motivieren. Den Niedergang der Diskussionkultur und raueren Umgangston an das Vorhandensein von Likes zu knüpfen scheint mir ihre Bedeutung doch auf einen etwas zu hohen Sockel zu stellen.

    Ich bin nun keine aussagekräftige Statistik, aber meine persönliche Erfahrung über all die angemeldeten Jahre hier bei Unknowns, mit und ohne Likes, war eine Verbesserung gegenüber früher. Auch ohne Likes gab es schon aggressiven und besserwisserischen Umgangston, subtile Beleidigungen und subversive Beiträge. Sogar zu dem Punkt, dass ich das Forum für sicherlich gute 2 Jahre nahezu komplett gemieden habe, weil ich einfach keine Lust auf den Brettspiel-Snobismus hatte. Aber: Das Problem ist imho so alt wie die menschliche Kommunikation, und es tritt in sämtlichen mir bekannten Foren auf. Und auch wenn die meisten davon jetzt auch irgendeine Form von Likes einführt haben, so sind doch die Likes nicht die Ursache. Die GW-Fanworld war beispielsweise auch bekannt als GW-Flameworld - weil dort einerseits regelmässig GW "geflamed" wurde, weil es andererseits aber auch regelmässige "Flamewars" der User gab. Ganz ohne Likes.


    Und schlussendlich noch der Punkt, den Syrophir angesprochen hat: Das "mangelnde" Wissen.

    Das kann in der Tat ein Problem in Foren sein, dass man sich als Anfänger/Einsteiger nicht traut, bei dem geballten Expertenwissen seine Meinung einzubringen. Denn was soll man schon noch beitragen?

    Kann ich nachvollziehen, ich war da auch schon. Ich spiel zu wenig intensiv und zu wenig kompetitiv um tiefgehende Analysen zu schreiben, und ich beschäftige mich mit der Brettspielszene selbst auch nicht intensiv genug um ständig auf dem Laufenden zu sein. Aber auf der anderen Seite habe ich auch immer ganz gerne interessante Beiträge gelesen - über ein Spiel, über eine Regeldiskussion, über irgendwas, das ich gar nicht auf dem Schirm hatte. Und vieles davon ist nicht aus "Experten"-Beiträgen entstanden, sondern hat sich aus normalen Posts und normalen Fragen entwickelt. Deshalb sehe ich mittlerweile ein Forum - und insbesondere Unknowns - vor allem als Kommunikationsplattform, wo ich meine Erlebnisse teile, wenn ich Motivation dazu habe. Wo ich kommentiere, wenn ich etwas lese, das ich für kommentierenswert halte. Wo ich Likes verteile, wenn ich einen Beitrag interessant finde oder die Arbeit dahinter cool finde. Und wo ich mich gerne in meinen Beiträgen verzettele, weil ich den roten Faden irgendwo auf dem Weg verloren habe.

    Und dazu muss ich kein Experte für irgendwas sein. :)