Ich habe neulich in einem Podcast etwas ein paar Aussagen über Frosthaven gehört und die Aussagen verwirrten mich schon ein bisschen.
Worum ging es? Es wurde behauptet Banner Spear Klasse wäre nicht einfach zu spielen (~ mittel) und sie sei ziemlich schwach. Begründet wurde es mit der Notwendigkeit der korrekten Positionierung, schwachem Schaden und häufigen Standardangriffen. Dazu die Unkenntnis wer wo stehen wird, wenn Banner Spear am Zug ist.
Im Nebensatz wurde erwähnt, dass der Spieler es ablehnt (oder nicht gerne spielt) die Karte zu spielen um den Reinforcement Ally zu beschwören (!!!).
Also im Klartext: die Schlüsselkarte der Klasse, die dafür sorgt, dass man die notwendige Unterstützung erhält. Ein Ally, dessen Verhalten vom Spieler gesteuert wird. Oben drauf ist es keine lost Karte...
Nun, ich wurde sehr überrascht von dieser Sichtweise. Dann habe ich mich gefragt: warum denken sie das, warum finden kein kritischer Austausch untereinander? Es scheint es sind Spieler dabei, die bereits GH und GHJotl gespielt haben. Solche Spielergruppen fallen bei mir in die Kategorie "Veteranen des GH Universums".
Das wiederum brachte mich auf die Idee, dass möglicherweise die Wahrnehmung der Spiele sich unterscheidet und bestimmte Aspekte des Spiels nicht erkannt, ausgeblendet, oder unterschätzt werden. Vielleicht ist es also an der Zeit eine kleine Diskussion über die Charaktere zu beginnen und zumindest die Startklassen einzeln ein bisschen näher zu beleuchten.
GH/FH, usw sind keine reinen Dungeoncrawler. Die taktische Ausprägung geht leicht in die Euro/Deckbuilding Schiene. Die vorhandenen Skills bieten mir einen Pool an Aktionen, die ich möglichst gut verzahnen möchte um optimalen Effekt zu erzielen. Der Deckbuilding Aspekt führt dazu die bestmögliche Synergie in der Role im jeweiligen Szenario unter der Berücksichtigung der potenziellen Gefahren zu erzielen. Man kauft nicht immer den besten Angriff. Vielleicht ist die bessere Bewegungskarte deutlich wertvoller.
Allgemein: ich betrachte den Kartenpool meines Charakters nicht nach der Bewertung der Qualität der Karte insgesamt, sondern trenne die Bewegungsaktionen von Angriffen und Supportaktionen. 80-90% der Karten werden in 2 Gruppen aufgeteilt: Bewegung in Gruppe 1 und Angriff, oder Support (je nach Klasse) in Gruppe 2. Bei 10-20% (also 1-2 Karten im Klartext) können quasi die Jokerfunktion einnehmen. Die Grunde sind dafür unterschiedlich. Eine besonders niederige, oder besonders hohe Initiative, eine dauerhafte Fähigkeit, eine spezielle VIP Lost Karte, usw.
Am Beispiel von Banner Spear Lvl 1, Pool: 10 Karten
Movement: definitiv alle Karten mit 4M (Tip of the Spear, Set for the Charge)
Angriff: Resolved Courage, Tip of the Spear, Combined Effort
Support: Ally (At all Costs), Regroup
Da fehlen noch ein paar Karten, aber das Grundgerüst steht bereits. Eine der Karten kann sowohl als Bewegung als auch als Angriff verwendet werden. Die Positionierung bei den Angriffen ist relativ unproblematisch im Gegensatz zu z.B.: Pincer Movement. Ein sehr starker Angriff, aber hier müssen eher die Mitspieler mitziehen. Dazu später mehr.
An dieser Stelle schauen wir uns die Initiative der 6 Karten: 6, 10, 25, 32, 60, 67
Mit 2 extrem niedrigen Initiativekarten können wir das Argument "wir wissen nicht wer wo steht" entkräften. Das wissen wir sehr wohl denn in allermeisten Fällen werden wir zuerst agieren.
Es gibt keine weiteren Lvl 1 Karten, die uns 3, oder mehr Bewegung garantieren würden, also können wir entweder Standardbewegung nutzen, oder schauen uns nach einer kleinen Bewegung um mit irgendwelchem Extra. Später sollte man schon darauf achten weitere "gute" Bewegungskarten zu bekommen. (Lvl2 & 3).
An dieser Stelle kann man auch schauen welche Rolle in der Gruppe der Charakter einnehmen wird, was natürlich davon abhängt wer sonst in der Gruppe mitläuft und welche Stärken er hat. Mangelt es an Heilern, kann man zusätzliche Heilungskarten nehmen. Fehlt der Schaden, dann mehr Angriffe. Die Absprache in der Gruppe ist sehr wichtig, denn wenn meine Spieler wissen, dass ich z.B.: Pincer Movement habe und diese Karte noch nicht gespielt habe können sie mir einen Hinweis geben, dass ich die Karte einsetzen kann (Der Tank: "ich kumuliere die Angriffe der Gegner und sorge dafür, dass du später deinen stärksten Angriff gegen den Boss einsetzen kannst"). Ich finde die Kommunikation und gemeinsames Austüfteln der Taktik sehr wichtig. Natürlich wird auf die numerischen Angaben verzichtet, aber die Grenze was gemäß den Regeln ok ist und was nicht ist natürlich schwammig und auch je nach Sprache (END/DEU) und Kommunikationsfähigkeiten und Kommunikationswillen der Mitspieler unterschiedlich ausgeprägt. Das soll jede Gruppe so handhaben, wie sie will.
Unabhängig davon welche weiteren 4 Karten nun gewählt werden gilt es nun eine gewisse Rotation in das Deck zu bringen.
Situationsbedingtes Handeln aufgrund der Fähigkeiten der Gegner wird definitiv stattfinden. Trotzdem will man bestimmte Abläufe automatisieren. Wenn ich X mache, dann will ich in der nächsten Runde Y machen. Beispiel: wenn ich einen 4er Movement einsetze und mich weit bewege, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich den Abstand zu meinem Summon zu stark vergrößere und er mich dadurch im nachfolgenden Zug nicht unterstützen kann um einen starken Angriff zu führen. Also sollte ich mir angewöhnen in der nächsten Runde immer Regroup zu spielen.
Die einzelnen Karten von Banner Spear sind nicht komplex. Die Komplexitätsstufe wird mit 2/5 angegeben, was ich definitv bestätigen möchte. Nur Drifter ist einfacher (1/5). Das bezieht sich aber in erster Linie auf die Kartentexte, Effekte und die Charaktersteuerung. Die strategischen Entscheidungen im Kampf auf der Karte können durchaus komplex werden, nur das ist nicht die "Charakterkomplexität".
Ein Beispiel mit den Schablonen: wenn man die Regeln verstanden hat, weiß man wie die Schablone funktioniert, aber man kann nicht immer davon ausgehen, dass man die komplette Schablone nutzen kann. Sobald man eine große Schablone nutzt, ist ein zweites Ziel bereits eine super Zugabe, alles drüber ein Traum, der tatsächlich manchmal in Erfüllung gehen kann. Allerdings sollte man sich nicht darauf versteifen und die ganze Karterotation nur darauf abzielen endlich eine Schablone möglichst effektiv einzusetzen. Lieber guter Gruppenfokus.
Die optimale Nutzung der Effekte der Karten wird einfach unter der Berücksichtigung der strategischen Positionierung und Gruppentaktik. In unserer Gruppe ist Banner Spear der einziger Charakter, der noch nicht zurückgetreten ist. Dadurch hat er ein paar Stufen mehr als die anderen in der Gruppe. Er wird von einem Spieler gespielt, der die wenigste GH-Welt Erfahrung hat und er musste sich zuerst mit dem Charakter vertraut machen. Er unterschätzte manche Karten, manche hat er überbewertet, aber im Verlauf der Kampagne, hat er selbst einen Lernprozess vollzogen, bei dem ihm die Feinheiten, Synergien und Gruppenrolle klar wurden. Inzwischen ist er tatsächlich der Bannerträger, der Feld in der Brandung und führt die niedrigstufigen Gruppenmitglieder in den Kampf.
In einem der Szenarien haben wir ihn mehr, oder weniger den Löwen (bzw. Aalen...) zum Fraß geworfen um das Szenarioziel zu erreichen. Wir dachten er hält ein paar Runden durch, before er fällt und das gibt uns genug Zeit um die Aufgabe zu erfüllen. Er hat bis zum Ende überlebt. Ein episches Bild, wie King of the Hill umgeben von Gegnern stand er dort mit seinem Banner. Oder, als es drauf ankam den dringend benötigten Schaden auszuteilen (sein klägliches Versagen beim Doppelmiss wird verschwiegen ), da war da mit seinem Speer da und spieß den Boss mehrfach auf.
Wenn ich die mir bisher bekannten Klassen mit den GH Klassen vergleiche glaube ich, dass die Klassen sehr eng beeinander liegen und gut balanciert sind. Keine Klasse fällt besonders stark ab, oder ist deutlich stärker als die anderen. Natürlich unterscheiden sie sich in ihren Rollen, wodurch vielleicht deutlich stärkerer Schaden mit Klasse A als mit B möglich ist. Manche Gruppenkonstelation bevorugt auch bestimmte Charaktere mehr, als andere. Banner Spear ist hier ein gutes Beispiel. In einer 4er Gruppe hat man eben mehr Allies, aber auch mehr Feinde, woduch sie öfters "klumpen" und gute Ziele für Schablonen darstellen. In einer 2er Gruppe würde ich ihn schon schwächer einschätzen. Auf einer Skala von 1-10 ist er in einer 4er Gruppe eine 6-7, in 2er Gruppe eher eine 3-4.
Nun... schon wieder zu viel Text... Ich sollte aufhören, oder bei Klaus_Knechtskern in die Forbildung gehen und lernen meine Ausagen in einem Satz zu verpacken . Hat jemand zufällig bis zum Ende durchgehalten und möchte vielleicht auch etwas beitragen? Auf Korrekturlesen verzichte ich lieber, ist mir zu aufwendig .