"Ich werfe die doppelte Dosis Globuli ein, richte die 8.000€-Oktonit-Pyramide auf Uranus aus, opfere einen schwarzen Hahn bei Vollmond, bete zur Flacherde-Göttin und gurgle 18x täglich abwechselnd mit kolloidialem Silber und dreioktavigen, gereinigtem Petroleum."
...dieses schrieb ein Ungläubiger RE: Corona-Virus - Wie geht ihr damit um? - blamiere Dich täglich! Hätte ich jetzt bloß einen schwarzen Hahn übrig...!
Ich bin betroffen und erschüttert von den vielen Infizierten und Toten - v.a. in Italien - in einem industrialisierten Land mit Erster-Welt-Gesundheitsversorgung. Geschockt bin ich von den Schwachköpfen, die sich Volksvertreter nennen, Und dabei meine ich nicht unsere Politiker, die sich mit der Krise überfordert zeigen und uneinheitlich und halbherzig die Maßnahmen einleiten. Nein, v.a. sind es die, die den Knall noch nicht gehört haben: UK, USA, Brasilien, Iran usw. Hier wird sich zeigen, wie weit ein Ignorieren führt - und zu welchen Entwicklungen in einer globalisierten Welt, wenn andere Länder die Krise bereits als "im Griff" oder "überstanden" titulieren. Nebenbei: Tragisch-witzig ist ja, dass die hiesige AfD tatsächlich mal die Klappe hält.
Persönlich betroffen bin ich von Schul- und Kitaschließung. Meine Frau und ich haben den gleichen Arbeitgeber (~4.000 Angestellte, vorwiegend in Berlin und Potsdam; carlosspicyweener gleiche Branche...), der uns ins Homeoffice geschickt hat. Meine Frau muss nur 1x, ich muss nur 2x die Woche ins Büro, wo wir pro Team auf max. zwei Personen in jetzt Einzelbüros treffen. Zwei Mal täglich kommt ein Reinigungsdienst und desinfiziert Türklinken, Drucker und Touchpads. Von zu hause arbeiten mit zwei Kindern (7 und 4) ist eine Herausforderung. Aber unserem Arbeitgeber ist anscheinend klar, dass wir nur einen Notbetrieb haben und v.a. für unsere Kunden erreichbar sind. Meine Kunden rufen sowieso nicht mehr an - da sie über kritische Infrastrukturen (also Strom-, Gas- und/oder Wasserversorger) verfügen, sind sie schwer damit beschäftigt ihren Betrieb am Laufen zu halten.
Wir kaufen weiterhin 1x die Woche ein - was man halt für einen 4-Personen-Haushalt so braucht. Natürlich kaufen wir mehr als sonst; ist ja klar, die Kinder und wir sind Mittags zu hause; Schul-, Kitaessen und Essen gehen in der Berliner City fallen ja aus. Ich gestehe, ich habe auch gehamstert. Meine Frau ist auf bestimmtest Schilddrüsenmittel angewiesen, ich muss ein Blutdrucksenker nehmen. Als die Info von einer Freundin kam, dass sie gerade die Liste der kritischen Medikamente erhalten hat, habe ich meinem Arzt eine Email mit der Bitte um zwei Rezepte gebeten und diese dann eingelöst. Mein schlechtes Gewissen hält sich in Grenzen, wir sind darauf angewiesen sie zu nehmen und davon hat man üblicherweise eben keinen Vorrat über Monate.
Mein Turnier habe ich vor zwei Wochen abgesagt, das Training ist seit letzter Woche ausgesetzt. Ich fahre jetzt die 22km mit dem Rennrad zur Arbeit. Und Abends zurück. Bei dem schönen Wetter ist das echt schön und ich brauche auch nur 10 Minuten länger, als mit der Bahn.
Ich bin heilfroh, dass meine Schwiegereltern aus dem Urlaub zurückgeholt wurden. Hier kann ich für sie einkaufen. Mein Vater arbeitet ehrenamtlich bei der Tafel in NRW - sie hat den Betrieb eingestellt. Mein Vater war der einzige, der für eine Weiterführung mit Sicherheitsvorkehrungen plädierte. Erfolglos. Es sind die Ärmsten und schlecht Bezahltesten, die jetzt oder später richtig zu leiden haben. Ein befreundeter Kellner hat das schnell durchschaut und arbeitet jetzt beim Rewe-Lieferdienst... ...zum Glück. Ich hätte das vermutlich wieder nicht gerafft.
Ich werde, wenn ich nächste Woche wieder einmal im Büro vorbeischauen, den Obdachlosen in der U-Bahn Stadtmitte fragen, was er vom Bäcker haben möchte. Keine Touris - keine Einnahmen. Meine Essenschecks sind dann wenigsten gut angelegt.