Beiträge von Sir Bobo im Thema „06.01.-12.01.2020“

    Habt ihr die einfache Variante gespielt?
    Und welche Spielerhilfe(n) würdest du empfehlen?

    Ich habe gleich die komplexe Version genommen, da eigentlich erst die Sonderregeln der Fraktionen richtige "Würze" (autsch) ins Spiel bringen. Ich habe allerdings auf die Sonderregel, für Kampfeinheiten auch noch Spice zu bezahlen (sonst zählen sie nur 0.5 statt 1), verzichtet, da das Kampfsystem bereits herausfordernd genug ist und das MCDM-Let's Play diese Regel auch nicht verwendet hat. Außerdem haben wir die maximale Rundenzahl auf 6 begrenzt und konnten mit 5 Spielern auf die recht schwierig zu spielenden Bene Gesserit verzichten (die ich sonst bei 6 Spielern genommen hätte).


    Als Spielerhilfen empfehle ich folgendes:

    • Für alle Spieler eine Player Aid, die den Ablauf, Sonderregeln und Fraktionsvorteile sowie Unterschiede darstellt: BoardGameGeek
    • Für Atreides ein Cheat Sheet, bei dem die verteilten Karten nur angekreuzt werden müssen: BoardGameGeek
    • Die offziellen FAQs findest Du außerdem hier: Dune FAQ – Dune Boardgame


    Es ist auch ganz hilfreich (aber nicht zwingend erforderlich), wenn die Spieler zumindest die Story von Dune bereits kennen, da sich die einzelnen Häuser dann sehr intuitiv spielen lassen. Auch wenn sich die Regeln aufgrund der vielen Ausnahmen etwas "sperrig" anfühlen, bleibt der Rundenablauf überschaubar und die Komplexität der Abläufe ist tatsächlich eher niedrig (z.B. nicht mit einem GMT-Brocken zu vergleichen). Die Spieler sollten dabei zumindest (leichtere) englische Kartentexte lesen können.


    Viel Spaß und möge das Spice in Eurer Partie fließen!

    Die letzten Urlaubstage wurden auch bei mir noch für epische Spielerunden genutzt und Neuerscheinungen weiter fleißig ausprobiert - hier sind meine entsprechenden Ersteindrücke:


    #Coloma


    Quelle: Final Frontier Games


    Der Deluxe-Kickstarter "Coloma" aus der Ecke der mittelschweren Western-Euros ist endlich in einer Viererrunde auf den Tisch gekommen und konnte gleich überzeugen. Kernmechanismus ist ein Action Selection-Mechanismus über drei Jahre mit jeweils 5 Runden mit einer Prise Wargame, bei dem aus 5 Aktionsfeldern (Bauen, Reisen, Ressourcen produzieren etc.) in einem Rondell gewählt werden, wobei allerdings eine Aktion immer durch eine rotierende Sonderaktion verdeckt wird. Der Clou ist hierbei nicht nur das übliche Ressoucenmanagement von Arbeitern, Gold und Geld sowie Handkartenmanagement von (bei allen Spielern insgesamt identischen) Gebäudekarten, sondern der jeweilige Versuch, nicht mit den anderen Spielern auf den selben Aktionen zu landen, damit man Bonusaktionen mitnehmen kann.


    Auf den ersten Blick ist bereits das Spielmaterial von Goldnuggets über Pokerchips als Geld bis hin zu per Magnet befestigtes Rondellmaterial auf dem Spielplan einfach top und ausnahmsweise ist die Grafik von Mico, an der ich mich bereits etwas satt gesehen habe, hier mal wieder ganz zuträglich. Doch auch die Spielmechanismen sind schnell erklärt und die Spieler werden mit Hilfekarten und Erläuterungen auf dem Playerboard so überhäuft, dass man sich schon (fast) nicht als Spieler ernst genommen fühlt. Während unterschiedliche Strategien vom Häuserbauen, Ressourcenmaschinerie befüttern, Reisekapazitäten ausbauen sowie gezielte Zielpunktkarten ("Brücken") ausbauen tatsächlich zu ähnlichen Ergebnissen führen können, muss man hier trotzdem für die eigene Strategie hart am Ball bleiben, denn ständig gehen notwendige Ressourcen aus, das jeweilige Jahr nähert sich dem Ende und der finale Shoot-Out droht (bei dem man möglichst eigene Worker einbringt), während die erforderlichen Aktionsfelder durch die Rotation bei unzureichender Aufmerksamkeit plötzlich nicht mehr in der entscheidenden Phase verfügbar sind und man sich schön über die eigene Unachtsamkeit ärgern kann.


    Das Spiel ist durch das Rondell, begrenzt verfügbare Zielpunktkarten und dem Shoot-Out spürbar interaktiv, ohne richtig böse zu werden. Auch die mittlere Komplexität und Spieldauer von 3h (Erstpartie zu viert) haben an angenehmes Spielgefühl hinterlassen, auch wenn man viele Mechanismen schon aus anderen Spielen kennt. Ich konnte mit einer harten Reisestrategie in Verbindung mit "Pferdegebäuden" trotz zwei harten Spielfehlern im letzten Jahr (zu viele Arbeiter zu früh in den Shoot-Out geballert und das letzte Zelt auf der Reisekarte nicht mehr setzen können, da ich Grubenesel hierzu bereits in Runde 3 hätte reisen müssen) mit 4 Punkten Vorsprung unter großem Hallo der Mitstreiter die Endabrechnung als Erster überleben. Dennoch hatten alle Spieler großen Spaß und diskutierten danach fröhlich weiter über verpasste Gelegenheiten bzw. warum eigentlich alle vor mir sein sollten... Daher ist der allgemeine Ersteindruck unter der brennenden Mittagssonne vor dem Saloon 7.5 von 10 rauchende Colts plus Mundharmonika.



    #Dune


    Quelle: Gale Force Nine


    Mit der Neuauflage von "Dune" von Gale Force Nine gab es nun für fünf verfeindete Fraktionen endlich die Gelegenheit, die Vorherrschaft auf dem Wüstenplaneten auszufechten. Dieser komplexe Knaller ist in der Essenz ein Area Control-Spiel mit einem "Grail Game" Vorgänger von 1979, bei dem es extrem asymmetrische Parteien, unterschiedlich verteilte Informationen und Ressourcen sowie viele Verhandlungen und Verrat gibt. Faktisch ohne Glücksfaktor gibt es hier keine Würfelwürfe, sondern auch Kämpfe werden über eingesetzte Armeen, Anführer und Kampfkarten entschieden - doch wer blind in Konflikte rennt, hat schon fast verloren - der "Krieg um Informationen" ist hier die DNA der Spielemechanismen. Doch auch der Flavour des zugrundeliegenden Buchs bzw. Films kommt sehr gut durch und das Spiel tropft förmlich Spice etwa dank Harkonnen als begnadete Verräter, Atreides als Master of Information, dem reichen Imperator und der kampfstarken Fremen.


    Dank einen sehr unterhaltsamen Let's Play von MCDM konnte ich mich als Erklärer gut vorbereiten und die noch unerfahrenen Wüstenfüchse in unter 45min durch ein Regelwerk mit den komplexen und durchaus "knorrigen" Wurzeln der Erstauflage und jetzt integrierten Verbesserungen der Hardcore Community lotsen. Hierzu erscheinen entsprechende Spielerhilfen und Vorlagen von BGG unabdingbar, denn die Regelwerke sind trotz erkennbarer Bemühungen nicht leicht zugänglich (es gibt z.B. "einfache" und "fortgeschrittene" Regeln und beim Nachblättern kommt man schnell durcheinander). Man muss eigentlich für das ideale Spielgefühl die fortgeschrittenen Regeln spielen, doch dann gibt es für wirklich jede Regel auch eine Ausnahme für eine der Fraktionen, was sich für einen Neuling erst einmal wie ein Sandkriecher im Treibsand anfühlt, bis man dann endlich wie ein Ornithopter durch den Spielfluss gleitet.


    Doch wenn die Einstiegshürde überwunden wurde, wird eine unfassbar spannende Geschichte erzählt: Während sich zunächst die Häuser Harkonnen und Atreides die Spiecevorkommen sichern und die Space Gilde erste Scharmützel mit den Fremen liefert, verdient der Imperator viel Geld dank eifriger Kartenversteigerungen, bei denen Atreides für wenig Geld viele Informationen an alle zahlenden Fraktionen verkauft. Nach dem Auftauchen des ersten Sandwurms schließen Harkonnen und Atreides eine Allianz und nehmen die Fremensiedlungen ins Visier, während der Imperator ein Bündnis mit der Space Gilde eingeht und mit seinen finanzellen Ressourcen die Verluste der Space Gilde ausgleicht und mit Kampfkarten ausstattet, um dafür kostengünstige Transportmöglichkeiten zu sichern. In Runde 3 nimmt Harkonnen unter großen Verlusten die dritte Siedlung der Allianz ein und die Atreides-Truppen warten nur auf eine weitere Gelegenheit, das Spiel mit einem glorreichen Sieg zu beenden, sind jedoch im Sandsturm erst einmal gefesselt.


    Hierbei haben die verräterischen Harkonnen jedoch nicht damit gerechnet, dass die Sardaukar des Imperators mit maximalen Truppen die Heimatsiedlung aus dem All einnehmen, während sich die letzte größere Einheit der Harkonnen bei einem Scharmützel mit ein paar Gildentruppen spektakulär aufgrund eines Zusammentreffens einer Lasgun mit einem Schild (tödliche Kombination!) in einer gigantischen Explosion zu Sandwurmfutter verwandeln. Atreides, inzwischen mit einem Propheten ausgestattet, lässt die vernichteten Harkonnen fallen und wechselt in eine Allianz mit den Fremen. In einem weiteren Überraschungsschlag in der 4. Runde nimmt die Space Gilde jedoch ein von Atreides gehaltenes Siech ein, während der Imperator praktisch alle Truppen von Carthag nach Arrakkeen führt und unter Vernichtung fast aller eigenen Tuppen auch die Artreideshochburg einnimmt.


    Nur noch Haus Harkonnen konnte nun die Dominanz der Imperator-Gilden-Allianz brechen und führte mit extrem limitierten Ressourcen einen letzten Angriff auf die Stellungen des aufgrund der Angriffe geschwächten Imperators. Doch auf dem Höhepunkt einer Schlacht weniger Truppen mit begabten Anführern hatten die hinterhältigen Harkonnen schon den sicheren Sieg erwartet, als sich plötzlich der Harkonnen-Anführer als Verräter zu erkennen gab und zum Imperator überlief. Mit diesem epischen Höhepunkt konnte die Imperator-Gilden-Allianz nach fast vier Stunden Spielzeit am Ende der Runde 4 Dune unter vollständige Kontrolle bekommen und hat damit das Spiel gewonnen.


    Der Sieg war dabei kein Ergebnis des Zufalls - Ich konnte als Imperator zunächst eine Großinvasion gezielt über mehrere Runden und dank Allianz mit einer von meinen Ressourcen abhängigen Space Gilde vorbereiten und habe mit den Sardaukar sehr gute Elitetruppen. Ich wusste, dass mein zweitstärkster Anführer sicher loyal bleibt und hatte den stärksten Harkonnen-Anführer als Verräterkarte. Meine Angriffe erfolgten, als meine Gegner starke Kampfkarten verloren hatten und dank eigener Karten, die wahrheitsgemäß zu beantwortende Fragen ermöglichten, konnte ich gezielt wichtige Informationen über die jeweilige Kampfaufstellung erhalten. Es ist einfach unfassbar befriedigend, wenn vorausschauend geplante Angriffe sich verwirklichen und der finale Spielzug ein episches Erlebnis wird. Daher werden hier 8.5 von 10 ausgewachsene Shai-Hulud (Sandwürmer) etwaige Spice-Ernter in der Wüste vertilgen.