Beiträge von Sir Bobo im Thema „23.09.-29.09.2019“

    Ich berichte auch mal wieder gerne von ausprobierten Neuheiten, die evtl. aufgrund der nahenden Messe von größerem Interesse sein können.


    Century III - Eine Neue Welt


    #CenturyEineNeueWelt ist Emerson Matsuuchis dritter Teil der Klötzchentauschorgie, bei der grundsätzlich immer die Spieler versuchen, Waren zu erhalten, tauschen oder aufwerten, um damit Aufträge für Siegpunkte zu erfüllen. In dieser Version hat man nun ein klassisches Workerplacement, bei dem die Spieler mit anfangs 6 Arbeitern pro Runde ein Feld mit unterschiedlichen Anforderungen an die Anzahl der erforderlichen Arbeiter aktivieren, um damit entsprechende Aktionen auszulösen. Die Arbeiter bleiben dabei stehen und man muss irgendwann eine Runde opfern und seine Arbeiter wieder zurückholen, wenn nicht ein anderer Spieler auf ein Feld mit eigenen Arbeitern geht und jeweils mit einem Arbeiter mehr diese Meeples dankenswerterweise "rauswirft" (fieserweise kann man nicht eigene Arbeiter damit rauswerfen). Ein erledigter Auftrag bringt aber nicht nur Siegpunkte, sondern auch Verbesserungen wie Kostenreduzierungen für bestimmte Felder, neue Arbeiter oder Bonuswaren. Damit entstehen kleine Engines, die zusammen mit dem richtigen Timing der Arbeiter, Blicken auf die Nachbarressourcen und deren Zielen durchaus Spieltiefe bringen, aber trotzdem die Züge angenehm kurzweilig belassen. Ein kleiner Twist ergibt sich noch aus gleichzeitig abgreifbaren Zielpunkteplättchen, die ebenso am Spielende Siegpunkte vor allem bei bestimmten Zielkartensymbolen ergeben. Da man aber nur drei Plättchen im gesamten Spiel nehmen darf, ist dies ebenso eine wichtige Entscheidung, die dann auch die Auswahl der gewünschten Zielkarten beeinflusst.


    Die Materialqualität ist in der Gesamtschau noch ausreichend, dabei jedoch sehr unterschiedlich. Es gibt einerseits stabile, übergroße Karten und die bereits bekannten Schälchen mit Ressourcen, andererseits aber ist die "Größe" der Meeples ein Witz und Spielbrett bzw. Playerboard mehr Papier als Karton.


    Im Spiel zu Viert sind max. 45-60min durchaus realistisch, und der Spielende-Trigger von 8 Siegpunktkarten eines Spielers kommt plötzlich sehr schnell, wenn man einmal eine kleine Engine am Laufen hat, die zumindest jede Runde effektive Aktionen ermöglicht. Im Gegensatz zu den Vorgängern sind die Zielpunktkarten auch gefühlt schneller erreichbar bzw. haben teilweise niedrigere Kosten und zusammen mit den Vorteilen erworbener Karten "beschleunigt" man spürbar.


    Neben dem Grundspiel haben wir auch zusätzlich das Modul "Von Ost nach West" (Gewürzstraße + Neue Welt kombiniert) ausprobiert und hier kommt langsam die Stärke des Autors zum Vorschein. In dieser Variante hat man zusätzlich noch die Möglichkeit, die Karten aus dem ersten Spiel in einer Auslage entweder einmal zu aktivieren oder sie als ein persönliches Workerplacement-Feld zu erwerben. Im zweiten Fall legt man die erworbenen Karten in einer Reihe unter seiner Ablage und muss dann jeweils bei Aktivierung mit einem Arbeiter pro Karte bezahlen, die man überspringt - damit ist auch die Reihenfolge wichtig. Durch die erweiterten Möglichkeiten wird das Spiel evtl. ein paar Minuten länger, aber es bleibt in sich schlüssig und weiterhin flüssig spielbar. Aus einem Mini-Workerplacement wird damit ein durchaus respektables Eurospiel.


    Das Grundspiel bietet sich im Ergebnis als kleiner, aber feiner "Euro-Absacker" der leichten Kategorie an und hat kann sich auch im Vergleich zu seinen Vorgängern durchaus sehen lassen. Mit der Kombination des ersten Teils steigt bei mir der Spielspaß sogar noch etwas an und man kann es auch bei fortgeschrittenen Euroveteranen auf den Tisch bringen, ohne dabei rot zu werden. BGG-Wertung: 7.5/10



    Sierra West


    #SierraWest tauchte überraschenderweise gestern in der Post auf und wurde gleich beim abendlichen Spieletreff als heißerwartete Essenneuheit ausprobiert. In diesem Medium Euro hat jeder Spieler drei Worker, von denen ein Pionier auf einem aus verdeckten Karten erstellten Spielfeld versucht, aufgedeckte Karten zu erreichen, um diese zu erwerben. Zwei weitere Worker laufen jeweils in der eigenen Runde die Aktionsfelder einer Reihe ab, die der Spieler aus drei Handkarten durch deren Reihenfolge und nicht abgedeckte Symbole "zusammenbastelt" (was entfernt an das etwas elegantere Smartphone Inc. erinnert). So haben die Karten beispielsweise Symbole für Rohstoffe, Bewegung oder Bauen und der Spieler kann nach Festlegung der jeweiligen Reihe die Arbeiter in beliebiger Reihenfolge diese Felder abarbeiten lassen und führt dann noch, sollte ein Arbeiter das Ende der Reihe erreichen, sogar eine Sonderaktion aus, die auf dem oberen Teil der Karten verfügbar sind.


    Um diesen Kernmechanismus herum gibt es aber noch vieles zu beachten. So können nicht nur erreichte Karten für den eigenen Nachziehstapel "gebaut" werden, sondern auch Hütten mit Sondervorteilen, die jedoch nur dann aktiv sind, wenn einer der beiden Arbeiter auch zunächst drauf steht und damit die Aktionen des anderen Arbeiters verbessert. Dies wiederum ist jedoch nur möglich, wenn die Arbeiter nicht für andere Nebenaktionen verwendet wurden wie wie Fallenplättchen aktivieren oder Rohstoffe sammeln, wenn der Gegner Zielpunkte einfährt. Darüber hinaus muss man seinen Planwagen als Multiplikator für die Endwertung und für besondere Bedingungen des jeweiligen Moduls auch bewegen.


    Eine weitere Besonderheit von Sierra West ergibt sich aus den vier Modulen wie "Apfelernte", "Goldgräber" und "Banditen", die jeweils besondere Karten ins Spiel bringen, Sonderregeln aufstellen und andere Zielbedingungen vorgeben. Dabei handelt es sich aber nicht um völlige Neuheiten, sondern um leicht erfassbare Varianten des gleichen Spielmechanismus.


    Das Material des Spiels ist in Ordnung und besteht Euro-typisch aus Holzmeeples und -ressourcen, etwas Karton und Karten. Ich konnte es online für etwas unter 35€ vorbestellen und dieser Preis ist bei dem Inhalt auch völlig angemessen.


    Leider kann das Spiel selbst nicht ganz mit dieser Wertung mithalten. Zu viert haben wir ca. zwei Stunden für den Modus I (Apfelernte) benötigt und dabei gefühlt zwei Runden zulange gespielt. Einerseits ist die "Programmierung" der eigenen Aktionen knifflig und man kann bereits am Ende der eigenen Runde mit der Vorplanung beginnen, andererseits zieht sich jede Runde eines Spielers doch etwas in die Länge, da man ALLE Aktionen seiner Meeples auf einmal abarbeitet. Da helfen die mäßig interessanten Nebenaktionen, wenn der Mitspieler dran ist, auch nicht, da man diese mehr oder weniger automatisch mitnimmt (oder es lässt). Umgekehrt gibt es auch kein richtiges Deckmanagement, da man vielleicht 4-5 Karten kauft und diese im besten Fall zweimal bis zum Spielende aktiviert, da man nur 1-2 mal das Deck durchgeht. Auch das Spielende, ausgelöst durch das Aufdecken aller Szenariokarten, kam gefühlt einfach zu spät und nach den Regeln musste noch neben der aktuellen Runde eine weitere Runde gespielt werden. Da waren aber schon alle Karten weg, alle Fallenplättchen umgedreht und alle Planwagen hatten den höchsten Multiplikator erreicht. Spielentscheidend waren dann tatsächlich der Zufallsfaktor der gezogenen Karten: Während man selbst erst keine Karten mit Bausymbolen gezogen hatte, konnte die Konkurrenz mit passenden Symbolen die letzten Karten vor der Nase wegschnappen. Prompt danach hatte ich dann drei identische Karten mit Bewegung und Bauen, die dann in der letzten Runde nichts mehr erzielen konnten.


    Insgesamt ist der Kartenmechanismus zwar gut angekommen, doch das Modul I wirkt fast zu leicht, die Spieldauer dafür zu lange und der Spielmechanismus insgesamt einfach "unrund". Typisches Beispiel sind die Hüttenvorteile, die nach Kombinationsmöglichkeiten und Engines "schreien", aber leider ohne Setzen eines Arbeiters darauf nichts bringen und bei vier Feldern eigentlich immer nur maximal eine Hütte verwendet werden kann. Daher ist die Planung und Verwendung dieser Bonusoptionen viel Arbeit bei beschränkten Vorteilen, die ich auch noch z.B. mit dem Rohstoffbonus aus einer Nebenaktion abwägen muss. Wir werden definitiv noch weitere Module ausprobieren, aber aktuell liegt der etwas ernüchterte Ersteindruck bei einer BGG-Wertung 6/10.