Beiträge von Kaermo im Thema „Marvel Champions - Ein Superhelden-LCG von FFG“

    Nachfrage: Wo bekommt ein Verlag denn die Einschätzung einer Nachfrage her, wenn das Produkt erst letzt Woche im großen Kreis vorgestellt wurde ?

    Ich würde tippen basierend auf Erfahrungen im Markt mit anderen Produkten mit dem gleichen Thema?


    Hier ist der Heidelberger Spieleverlag meines Wissens mit Justice League Hero Dice ziemlich auf die Nase gefallen. Zugegeben, ist DC und nicht Marvel, aber kennt jemand wen der das gekauft (und behalten) hat?


    Marvel Dice Masters ist in Deutschland auch gewaltig gefloppt, wenn mich mein Eindruck nicht täuscht. Und die Ramschpreise zu denen Asmodee das Zeug auf der Spiel displayweise angeboten hat und trotzdem nicht losgeworden ist, sodass sie die Sachen bei der nächsten Spiel noch mal billiger anbieten mussten, sprechen da eigentlich eine recht deutliche Sprache.


    Solche Erfahrungen wird man als Verlagsmitarbeiter bei der Entscheidung, ob man in das Spiel investiert, nicht ganz ausblenden können.


    Herr der Ringe und Arkham Horror haben beide einen entscheidenden Vorteil gegenüber den anderen LCGs (wird aber auch für das Marvel LCG gelten): Dadurch, dass das Spiel kooperativ ist, ist die Anforderung an den eigenen Kartenpool erheblich geringer als bei einem kompetitiven Spiel. Bei einem kooperativen LCG bestimme ich selbst durch die die Auswahl des Szenarios wie meine Herausforderungen im Spiel aussehen und wie groß mein Kartenpool sein muss um darauf reagieren zu können. Kompetitive Spiele leben meines Erachtens vom kompetitiven Spiel in Läden, Ligen und Turnieren. Hier brauche ich immer den aktuell zulässigen Kartenpool, um auf dem Top-Level mitspielen zu können.


    Netrunner hatte in Deutschland eine überschaubare, aber sehr aktive Turnierszene und ist ein grandioses Spiel. Für mich gab es nichts Vergleichbares auf dem Markt und es konnte (glaube ich) viele durch sein herausragendes Design überzeugen. Es hat aber trotz Einführung der Rotation, des 2.0 Grundspiels und diverser MWL-Updates zunehmend unter Balance-Problemen und dem immens großen Kartenpool gelitten.


    Bei Game of Thrones kann ich mir nicht vorstellen, dass sich das Spiel vom (deutschen) Debakel der zweiten Edition erholt hat. Für den Heidelberger Spieleverlag muss es ein Desaster gewesen sein, dass kurz nachdem der Löwenanteil der ersten Edition in einer Mammutaktion lokalisiert wurde, die zweite Edition angekündigt wurde und die ganzen frisch lokalisierten Erweiterungen schlagartig auf Ramsch herabgestuft wurden. Ich würde mich wundern, wenn viele Spieler, die in die erste (deutsche) Edition investiert haben, dann noch den Schritt zur zweiten Edition mitgemacht hätten.


    Star Wars LCG ist meines Erachtens vom Konzept her zu "casual" angelegt gewesen. Als kompetitiver LCG-Spieler will ich nicht den Deckbau weitestgehend aus der Hand genommen bekommen. Ich WILL mein eigenes Deck in jedem Detail selbst optimieren können. Wer kompetitiv spielt und darauf keine Lust hat, zieht sich Decklisten. Für Casual Spieler, die keinen Bock auf Deckbau haben, ist das Konzept super. Aber für die ist das LCG-Format eher ungeeignet.


    Warhammer 40K Conquest ist kein schlechtes Spiel. Ihm fehlen aber die Alleinstellungsmerkmale, die es über andere Spiele herausragen lassen. Ich mag es ganz gern, weil ich das Setting mag. Trotzdem fühlt es sich auch für mich relativ generisch und austauschbar an. Außerdem ist die Ausrichtung des Spiels nicht klar genug. Das Konzept mit den Anführern, deren festen Karten und das Allianzsystem schränken den Deckbau ein und vereinfachen ihn ein Stück weit, was das Spiel für Casual Spieler zugänglicher machen könnte. Aber die Grundbox mit 7 Fraktionen und vielen, vielen Karten, die nur einmal enthalten sind, schreit förmlich: Kauf mich dreimal! Für kompetitve Spieler ist das super, weil die sowieso 3 Grundboxen kaufen und es so bei dem Spiel so wenig Ausschuss wie bei keiner anderen LCG Grundbox gab. Casual Spieler kann man aber mit der Notwendigkeit mehrere Grundboxen zu kaufen meist weniger begeistern.


    Bei Legend of the 5 Rings habe ich inzwischen zu wenig Berührungspunkte mit der aktuellen kompetitiven LCG-Szene, um es bewerten zu können. Ich hatte aber immer den Eindruck, dass es ein eher komplexes Spiel ist, das mit seinem Thema eine eher kleine Nische anspricht, die dann in der Regel schon AEGs CCG gespielt und darum weniger gewillt ist noch mal zu investieren. Aber vielleicht liege ich hiermit komplett falsch...


    Warhammer Invasion ist ein mechanisch starkes Spiel, hatte für mich von allen LCGs die Grundbox mit dem größten Spielwert und hatte außerdem als erstes LCG den Neuheitenbonus.


    Lange Rede kurzer Sinn: Ich für meinen Teil finde es eigentlich ganz nachvollziehbar, warum manche LCGs gut gelaufen sind und manche weniger gut. Die Sorge, dass die Marvel Lizenz nicht ziehen könnte, kann ich in Anbetracht der Erfahrungen, die Asmodee Deutschland mit Superhelden gemacht hat, nachvollziehen. Aber ansonsten scheint man hier eigentlich vom Konzept her vieles richtig zu machen: Eine teurere aber dafür eine komplette Grundbox, fertige Decks als Erweiterungen, kooperatives Spiel... Ich glaube in den USA wird das Spiel sehr gut laufen.