Du hast natürlich recht. Alles wohlwollend sehen und schon passt es. Die Anderen sind einfach zu doof bzw. schauen nicht richtig hin.
Wenn du an einer ernsthafteren Diskussion interessiert bist, gerne im Spoiler weiter, ansonsten ignorieren.
Zuerst, bevor ich auf deine Argumente eingehe:
George Martin hat sehr viel Wert auf die innere Verfasstheit seiner erschaffenen Welt gelegt und das ganze nach einem historischen Vorbild (Rosenkriege) entworfen. Die meisten Handlungen und Begebenheiten war logisch erklärbar, auch die Beziehungen, egal auf welcher Ebene sei es sozial, politisch und militärisch waren nachvollziehbar, sowie die Handlungen der Charakter. Darauf haben die ersten 5/6 Serienstaffeln auch wert gelegt. In Staffel 7 und vor allem Staffel 8 wird alles über Bord geworfen und alles für ein Ende zurechtgebogen. Vor allem hat das Erzähltempo ordentlich zugenommen, Begebenheiten die vorher lang und breit erklärt werden, manchmal sogar zu langatmig werden in den letzten beiden Staffeln überhaupt nicht mehr beachtet, ja sogar ignoriert oder ins gegenteilige verkehrt.
So ähnlich hast du ja auch in deinem Schlussabsatz geschrieben.
"- Dann noch Sansa, die mal kurz, in einem Nebensatz vor Bram, ihre Unabhängigkeit durchzieht und es einfach jedem egal ist....."
-> Da gab es schon böse Blicke soweit ich das korrekt gesehen habe. Aber anyway: was hätten sie denn sagen sollen? Dort nochmal "nein" und alles ewig ausdiskutieren? Das will doch keiner sehen. Außerdem war es klar, dass der Antrag mit Bran als König "durchgeht". Warum sollte dein Bruder dir solch einen Wunsch abschlagen? Vitamin B gab es auch schon im Mittelalter, hier mit einem schönen Beispiel gezeigt. Hatte sich aber eh in der Vergangenheit abgezeichnet durch Sansa und ihre fast schon übertriebene Treue/Verbundenheit zum Norden. Finde ich daher konsistent und eine sinnvolle Lösung für sie.
- Nur mit Vitamin B nicht erklärbar. Damit hat Bran für die Zukunft eigentlich sein Todesurteil unterschrieben. Keine eigene Hausmacht in King´s Landing, ja in den 6 Königslanden. Gibt es irgendwo eine Revolte/ Unstimmigkeiten kann er nicht agieren und ist auf die anderen Lords/Ladys angewiesen. So hat Westeros aktuell einen schwachen König. Eigentlich genau das Gegenteil was Tyrion mit seiner Wahl bezwecken wollte. Gerade bei Entscheidungen solcher Tragweite spielt Vitamin B keine Rolle. Ganz im Gegenteil.
Natürlich will keiner eine neue Diskussion sehen, aber man fragt sich schon, warum z.B. Martell und damit Dorne das Ganze schlucken soll. Aber klar sind wir wohlwollend, dass der neue König Bran seine Heimat ohne Widerstand aufgibt.
Wie wird das Volk das sehen? Ein Person, aus einem Land kommend, wird König welches sich just zu seiner Krönung vom Königreich abspaltet? Also das ist wirklich nicht nachvollziehbar.
Und ehrlich gesagt, Bran als König. So wie er die letzten Staffeln dargestellt wurde, eignet sich doch hervorragend als Berater. Aber als König? Für mich nicht nachvollziehbar.
"- Warum soll die Runde Bran unterstützen? Ehrgeizige waren doch in der Runde vorhanden (Edmure/ Asha)"
-> Edmure ist aufgestanden und hat für sich selbst gesprochen, er wollte König werden. Warst du bei der Szene gerade auf dem Klo? Er ist eine Witzfigur. Er hat keine Macht und keiner nimmt ihn ernst, in der kompletten Serie schon nicht. Seit dem Red Wedding war er sowieso abgemeldet und ein Gefangener. Absolut folgerichtig, ihn also dort vor allen zu silencen. Plus eine recht gute humoristische Szene eingebaut. Ob man das Hängenbleiben mit dem Schwert noch gebraucht hätte weiß ich nicht und bezweifle ich gern, das war schon arg klamaukig, wie Braz ja auch schon angemerkt hat.
-Mag sein, dass ich auf der Toilette war. Ich glaube, du aber an anderer Stelle auch. Jaime Lannister hat ihn frei gelassen und zum Herren über Riverrun eingesetzt. Immerhin ist Edmure nun der Lord der Flusslande und damit das Oberhaupt eines der Seven Kingdoms. Macht ist also schon vorhanden. Aber wie du sagtest, er ist ne Witzfigur, stimmt, Bran aber nicht? Treffsicheres Argument deinerseits.
Anyway. Sansas Mundtot machen seines Antrags hat natürlich logischerweise als abschreckendes Beispiel gegolten. Danach hat keiner mehr die Eier gehabt, aufzustehen. Wer sollte es auch machen? Richtig, es war eigentlich niemand Geeignetes in der Runde. Deswegen hat man sich für das kleinste Übel entschieden und jemanden neutrales, rechtschaffendes genommen, der auch noch über großes Wissen und eh schon viel Verantwortung verfügt - Bran.
- Auch hier gilt. Sansa macht ihren "neutralen, rechtschaffenden" Bruder zum König und benutzt, deiner Meinung nach, gleichzeitig ihr Vitamin B um den Norden vom Königreich abzuspalten. Was für eine Familie, versagt ihm die eigentlich wichtige Unterstützung (Hausmacht!, wir sind in einer mittelalterlichen Welt und nicht in der Neuzeit!). Sansa demonstriert ihre starke Persönlichkeit, setzt ihren Willen durch und sagt zum Schluss sinngemäß, dass sie doch kein Bock hat und ihr Ding alleine machen will. Warum nur?
"- Was haben Brienne und Sam in der Runde zu suchen?"
-> Sam ist Thronerbe seiner Familie, der Tarlys. Sein Vater und großer Bruder sind tot, ergo ist er der letzte Überlebende seines Hauses. Er ist also in dem Kreis/Rat dort einer der Vertreter der Weite.
Brienne ist aus Tarth und einzige Überlebende ihres Vaters Selwyn. Sie wird also als Vertreter für den Osten mit dabei sein, als Sprecher für die Bannermen der Baratheons.
Außerdem ist es natürlich convenient, die beiden dabei zu haben, damit man sie danach (off camera) zu Maester & Anführerin der Kingsguard ernennen kann. Easy. Finde ich somit auch nachvollziehbar.
- Dass beide (Sam & Brienne) dabei seien müssen, ist serientechnisch klar. Aber bei der Königswahl nicht. Hier wäre viel mehr möglich gewesen. Das wurde in den vorherigen Staffeln auch so gehandhabt. Da kamen sehrwohl die Unterschiede des "Hochadel" und des "Niederadel" zum tragen. Siehe Zusammensetzung der jeweiligen Räte in den vorherigen Staffeln.
Sam untersteht eigentlich als Vasall dem noch zu kommenden Lord of Highgarden, bzw. ist Highgarden selbst (?). Aber als engster Freund von Jon findet Grauer Wurm nichts dabei, dass er bei der Nachkriegsordnung mitmischt.
Und Brienne, als Vasall, wenn überhaupt, untersteht Gendry (Lord von Sturmkap). Einige Häuse wie Arryn hatten ebenfalls ihre Vasallen (Royce) dabei, Martell und Starks aber nicht. Wenn aber doch jeder "Adlige" wählen darf, wo sind die anderen Adligen?
Ziemliches Ungleichgewicht. Sam und Brienne stimmen für einen König ab und geben dann für ihre neue Stellung (Maester/ Kingsguard) ihre Hauszugehörigkeit ab. Die Häuser existieren dann wohl nicht mehr?
Übrigens gehören der Kingsguard immer 7 der fähigsten Ritter Westeros an und Podrick soll einer davon sein??? Aber wie schon geschrieben, serientechnisch nachvollziehbar, dass die Guten belohnt werden sollen/müssen. Gäbe es die Bücher als Hintergrund, wäre es so nie dargestellt worden.
"- Warum und mit welchem Grund wird die Kornkammer Westeros und damit eines der wichtigsten Königreiche einem Wendehals wie Bronn zugeschanzt?"
-> Wurde doch zwei Folgen vorher erklärt. Er hat Jaime und Tyrion bedroht und hätte sie dort auch vom Fleg weg töten können. Tyrion stand also in seiner Schuld (für sein Leben) und hat ihm dort schon die Weite versprochen. Das wurde sogar explizit ausgesprochen. Von daher ist es nur logisch, dass Tyrion sein Wort hält, jetzt wo er zur Hand des Königs ernannt wurde. Er hat ihn ganz einfach vorgeschlagen respektive diesen Vorschlag gleich bei Bran durchgedrückt. A Lannister always pays his debts. Er ist der letzte lebende Lannister, er hält sich an das Motto. Konsistent².
- Geschenkt, außer dass der neutrale, rechtschaffende König nichts zu melden hat. Soviel ich weiß, setzt der König seinen Rat zusammen und nicht die Hand. Bran kann es egal sein, was Tyrion irgendwem irgendwas versprochen hat. Bran soll ja angeblich "rechtsschaffend" sein. Außerdem mit seiner Fähigkeit sollte er wissen, dass mit einem Lord, mit den Qualifikationen Bronns, Highgarden früher oder später bankrott sein wird. Aber klar, ist alles konsistent². Serientechnisch klar, damit Bronn wieder auftauchen kann, aber immer noch nicht logisch.
"- Wie kann Sansa sich zur Königin ausrufen, wenn der Norden schon einen König hat? Nämlich Jon."
-> Scheinbar wieder nicht zugehört in der Folge. Es wurde explizit gesagt, dass sie sich von dieser Regierungsform komplett lösen. Es ist also egal, wer der rechtmäßige Erbthronfolger ist oder gewesen wäre, man hat jetzt eine neue Staatsform. Es wird gewählt. Aber eben nicht vom gesamten Volk, sondern von einem Gremium, den wichtigsten Abgesandten des Reiches. Somit war ein Kompromiss für Grey Worm geschaffen, da dieser Jon sonst getötet hätte (er war der Gefangene der Unsullied und wir alle wissen mittlerweile, wie blutdrünstig und auf Töten abgerichtet diese Typen sind). Er hätte ihn ja niemals freigeben müssen, aber mit der Ernennung eines anderen Königs war er erstmal besänftigt und mit dem Ausrufen der Strafe (Nachtwache) wurde er zufriedengestellt. Zähneknirschend, sicherlich, aber was will er erwarten. Er ist auf einem anderen Kontinent, steht zig anderen Reichen gegenüber. Er sagt ja sogar auch selbst noch "das ist zu wenig" und verzieht mehrfach das Gesicht. Also happy war er nicht. Aber er hat es in Kauf genommen. Für den Frieden. Und geht jetzt mit seinen Leuten nach Naath, was eine tolle Konklusion und ein Nod in Richtung Missandei ist. Imho gelungen.
- scheinbar nicht richtig gelesen. Es ging hierbei um den König des Nordens, nicht ganz Westeros. König von ganz Westeros als Aegon Targaryen kommt im nächsten Beitrag. Aber ok, Jon tritt als König im Norden zurück.
"- Warum wird Jon nicht einfach zum König von ganz Westeros ausgerufen, nachdem die Unbefleckten alle weg segeln (und damit in den Selbstmord)?
1. Warum sollte es Selbstmord sein, nach Naath zu segeln? A ist Naath eine friedliche Insel, B gibt es keine eiserne Flotte mehr und somit auch keine natürlichen Feinde und C, wer sollte den Unsullied gefährlich werden? Ein paar Piraten aus Essos? Ich denke nicht.
- Mit Selbstmord & Naath bezieht sich auf eine Info aus den Büchern. Auf der Insel kommt eine Schmetterlingsart vor, die tödlich für Nichtinsulaner ist. Daher sind Sklaven aus Naath sehr begehrt und wertvoll. Grauer Wurm und seine Unsullied können eigentlich dort nicht leben, aber spielt in der Serie keine Rolle.
2. Siehe oben. Jon hat keinen Anspruch mehr. Der Anspruch ist nichtig. Wenn sie ihn jetzt ernennen und Grey Worm erfährt davon, segelt er von Naath zurück und erklärt Westeros den Krieg. Keine so schlaue Idee also. Alle sind derzeit auf Frieden aus und wollen diesen auch gern langfristig wahren, das hat man doch eindeutig gemerkt und kam sehr gut rüber.
- Grauer Wurm hat eigentlich kein Interesse an Westeros mehr. Er hat ja die Gründung eines Hauses abgelehnt. Westeros gefällt ihm nicht mal. Er fährt auf die Insel Naath, die für ihre extreme Friedfertigkeit bekannt ist. Er sucht also selbst Frieden. Naath liegt nicht um die Ecke. Er wird bestimmt nicht zurückfahren. Du sagtest selbst, wenn er Westeros den Krieg erklärt stehen alle Reiche gegen ihn.
-> dass die ersten fünf, sechs Staffeln von Game of Thrones handwerklich das Beste waren, was es auf der Mattscheibe je gegeben hat. Regie, Kamera, Schnitt, Ton, Effekte, Kostüme, Dialoge, Intrigen, Twists...sorry aber an die GoT Anfänge kommt gar nichts ran, überhaupt nichts, nada. Und ich habe hunderte Serien gesehen und sehe da intersubjektive/objektivierbare Kriterien und nicht nur meinen persönlichen Geschmack.
Ja, die finale Staffel war schwach und es gab viele Logiklücken hier und da, das Pacing war unangenehm schnell in den wichtigsten, großen Handlungsebenen und auch die Staffel davor hatte ihre Probleme. Aber insgesamt macht das die Serie noch nicht zur "Zeitverschwendung", holy shit.
- Nein, dass sie Zeitverschwendung waren, habe und möchte ich nicht behaupten. Finde die Serie immer noch gut. Die letzten beiden Staffel trüben den sonst hervorragenden Gesamteindruck. Wie gesagt, die Bücher fehlen hier als Stütze.