Alles anzeigenDescent 2nd Edition
Vor einigen Wochen hatten wir ja zu fünft eine Kampagne begonnen. Ich hatte darüber bereits auch fürchterlich geflucht. Naja, eher gejammert eventuell. Des Klageliedes erste Strophe begann zur Halbzeit, gefolgt von einem analysierenden Nachtrag und vorerst aufgrund fehlender Worte ob des Desaster abgeschlossen durch ein Bild, das sinn-äähh-bildlich stand für den Verlauf der Kampagne.
So, jetzt ist die Tortur vorbei. Nachdem eine Mitspielerin sich im Zorn (also richtig im Zorn!) geweigert hatte, an diesem Spiel nochmals teilzunehmen, und auch alle bis auf den Spielebesitzer (und mich, als Descent1-Liebhaber und darum ausnahmsweise auf ein spannenderes Spielerlebnis Hoffenden) eigentlich nicht die allergeringste Lust mehr dazu hatten, die Kampagne zum Ende zu bringen, haben wir uns halt doch nochmal hingesetzt. Weil, gehört sich halt so. Was ist passiert?
Das vorletzte Szenario (im Buch das mit der Nummer 2, IIRC) verlief genau wie alle anderen -- und das, obwohl der Overlord in Abweichung von seinen eigentlichen Präferenzen dieses mal auf große Monster verzichtete. Also:
- Zug 1: Die Helden vernichten die am nächsten stehende Monstergruppe. Der OL macht mit seinen übrigen Figuren einen taktischen Rückzieher.
- Zug 2: Die Helden vor in Richtung des Raumes, in welchem der OL-Anführer gestoppt werden muss. Der OL ruft Verstärkung (=setzt die getötete Gruppe wieder ein), macht seinen Zug. Ergebnis: 3 von 4 Helden tot, einer angeknackst und isoliert.
- Zug 3: Die 3 toten Helden rappeln sich auf, der vierte verwundet ein Monster. Dann OL-Zug: Alle 4 Helden tot.
An dem Punkt haben wir das Bild aufgegeben und mit dem zweiten Bild des Szenarios fortgesetzt, Also:
- Zug 1: Die Helden müssen aussetzen (Szenario-spezifische Vorgabe). OL: haut zwei Helden um, die anderen beiden sind fast tot, versperrt dann mit den Monstern den Weg, rückt rennend mit der Zielfigur etwa ein Drittel der Strecke Richtung Ausgang.
... es war sinnlos, das Bild weiterzuspielen. Es war bereits nach Runde 1 nicht mehr zu gewinnen. Das Finale haben wir uns dann erspart. Es wäre ganz genau so weitergelaufen.
Zusammengefasst: Wir hatten als Helden in der gesamten Kampagne NULL KOMMA NULL CHANCE. Also wirklich GAR KEINE CHANCE. Die ganze Kampagne war ein einziges Trauerspiel. Wiederspielreiz? Nicht vorhanden. Ich habe noch keinem Spiel so viele Bewährungschancen eingeräumt wie diesem. Descent 2 hat aber jedes mal aufs Neue enttäuscht. Mir ist schleierhaft, wie dieses Spiel in anderen Gruppen funktionieren kann. Ich halte mich normalerweise mit solchen Urteilen zurück, aber wenn der Overlord gut ist und kompromisslos auf Sieg spielt, dann ist Descent 2 broken. Descent 2 war der enttäuschendste, missratenste Dungeoncrawler, den ich bisher gespielt habe.
... unter bestimmten, weiteren Bedingungen allerdings. Unser OL -- der natürlich auch sehr enttäuscht darüber war, dass die Sache praktisch vom ersten Moment an nur schief lief -- spekulierte, dass das Conversion-Kit (Descent 1 --> 2) mit Schuld daran gehabt haben könnte, dass die Balance so obszön daneben lag.
Entscheidend war aber auch, dass der OL das beste aus dem Spiel herausgeholt hat, was für ihn zu holen war. Er hatte sein Deck in der Art eines Dominion-Spielers mit ein paar tausend Partien Erfahrung praktisch schon kurz nach Halbzeit fertig: Also dünn, und schnell und ggf mehrfach durchspielbar mit genau den richtigen Karten: Rennen, Mehrfachattacken, Verstärkung rufen.
Außerdem hat er praktisch nur große Monster benutzt (außer, andere waren vorgeschrieben). Alles andere wäre auch blöd gewesen, denn erstens bewegen die sich wahnsinnig schnell, zweitens kann man mit ihnen Wände aus Fleisch errichten (Bewegungen der Helden werden extrem effektiv blockiert), drittens spricht die Arithmetik für die großen (wenn z.B. eines pro Runde wiederkehren darf -- da steckt einfach viel mehr Offensivkraft dahinter).
War es die Anzahl der Monster bei 4 Helden? Möglich.
Offensichtliche Gegenfragen:
- Hatten wir am Anfang eventuell einfach nur Pech, und folgte die Kampagne dann der anfangs eingeschlagenen Tendenz bezüglich der Balance? Möglich, aber so entscheidend kann das eigentlich nicht gewesen sein.Ja, wir hatten die kleine Chance auf das X (die Niete) bei der Schatzsuche zuverlässig genutzt. Ja, ein Mitspieler würfelte oft unglücklich. Aber wie gesag: Kann mir nicht vorstellen, dass das entscheidend war.
- Haben wir als Helden schlecht gespielt? Haben gespielt wie eine Flasche leer? Im Großen und Ganzen: Nein. Eventuell hier und da etwas unpräzise, aber oft war bereits nach dem Aufbau schon klar, dass das entsprechende Szenario nur sehr schwer oder gar nicht zu gewinnen sein würde.
- Haben wir zentrale Regeln nicht beachtet? Zentrale Regeln? Nein. Kleine Regeln? Ja.
Ich gebe hier nur die wichtigsten Eindrücke und Gedanken der ausführlichen Manöverkritik wider, die sich an jede Session der Kampagne angeschlossen hatte, aber das gibt vielleicht einen gewissen Eindruck:
Zitat von Mitspielerin 1Ich habe echt keine Lust mehr! Ich habe auch keine Lust mehr, so zu tun, als würde mir das Spaß machen!
Zitat von OverlordspielerAlso mir tut das schon wirklich leid, dass das so schief läuft. Ich hätte das so nicht erwartet.
Zitat von Mitspieler 2Descent ist so etwas wie der Anti-Dungeoncrawl. Normalerweise stellt der Overlord Figuren auf, und die Helden töten sie. Hier stellen die Helden Figuren auf, und der Overlord tötet sie.
Zitat von BierbartAlso die Regeln für Sichtline sind so was von für die Tonne! Unintuitiver geht's nicht.
Zitat von OverlordspielerIch weiß, das nervt, aber ich ich muss einfach große Monster nehmen. Die kleinen pustet ihr mir mit Flächenangriff sonst weg wie nichts.
Zitat von Mitspieler 2Ich vermisse die Möglichkeit, meinen Charakter sinnvoll weiter zu entwickeln. Mit Melee erreiche ich nichts, und selbst dann, wenn ich alle meine Karten vor mir ausliegen hätte, ich hätte nicht genug Ausdauer, um sie nutzen zu können.
Zitat von Mitspieler 3Der Markt ist viel zu zufällig. Der Overlord hat ständig freie Auswahl unter allen Karten, die er freigeschaltet hat, wir müssen dagegen auf Glück hoffen, dass ein Item auf der Auslage erscheint, das wir auch gebrauchen, und auch bezahlen können.
Zitat von Mitspieler 2Es wäre besser, wenn wir alle nur auf Range gegangen wären.
Zitat von BierbartWenn man dieses Spiel retten will, dann muss man es richtig aufbohren. Zum Beispiel Monsterauswahl stärker einschränken. Maximal eine Gruppe großer Monster pro Szenario.
Zitat von Ersatzmann für Mitspielerin 1... oder jede Monstergruppe nur einmal pro Akt?
Zitat von Mitspieler 2Es gab schon immer wieder Situationen gerade in der ersten Runde eines Szenarios, in der die Helden einen entscheidenden Vorteil hätten bekommen können. Aber das geht nur dann, wenn der OL ein paar mal in Folge schlecht würfelt, und die Helden ein paar mal in Folge überdurchschnittlich würfeln.
Vielleicht ergänze ich noch die eine oder andere Aussage, an die ich mir gerade nicht mehr erinnern kann. Für heute langt's.
Da kann irgendwas meiner Meinung nach nicht gestimmt haben. Wir haben ca. 10 Kampagnen gespielt und zu so einer Situation ist es nie gekommen. Insbesondere am Ende nicht, wenn die Helden aufgelevelt sind. Da haut spätestens der zweite Held ein bis zwei dicke Monster aus dem Weg bevor diese die Chance haben anzugreifen. Habt ihr die Monster zwei Angriffe durchführen lassen? Die ursprüngliche Basis-Kampagne ist zwar mit der Rostende Ketten-Kampagne die schlechteste, aber so etwas kann trotzdem nicht passieren. So viele Karten konnte der overlord in den von dir beschriebenen 2 Runden ja auch gar nicht sammeln, um da ein Feuerwerk zu veranstalten.