Beiträge von Kuh des Grauens im Thema „Shadows of Brimstone Adventures - Gates of Valhalla (Wikinger) + Valley of the Serpent Kings (Spanien)“

    Nachdem ich vier Missionen und mehrere Lagerphasen im Valley of the Serpent Kings absolviert habe, möchte ich einen umfassenden Ersteindruck geben. Insgesamt saß ich knapp 15 Stunden solo zweihändig an diesem Shadows of Brimstone Ableger. Mit der Reihe habe ich schon 2017 (?) erste Erfahrungen gemacht und danach das Spiel komplett aus den Augen verloren. Im Zuge des diesjährigen Kickstarters bin ich auf die älteren Kampagnen aufmerksam geworden und habe mir über BGG das Tal der Schlangenkönige geschnappt.


    Positiv


    Ich stehe total auf die Camp Phase. Generell mag ich solche Siedlungs-/Civmodule in Dungeon Crawlern. Hier ähnelt es dem Lagerschauplatz in Red Dead Redemption 2. Ich kann verschiedene Lagergebäude freischalten und aufleveln, mich an einem spanischen Glücksspiel versuchen, neue Waffen und Rüstungen craften, Nachtwache halten, Verletzungen versorgen, Geschichten am Lagerfeuer lauschen und und und – dazu gibt es jeden Tag ein passendes Ereignis. Toll.


    Das Aufleveln macht richtig Laune und punktet vor allem mit Abwechslung. Ich verbessere nicht nur meine Stats, sondern schalte auch mit genügend Erfahrungspunkte neue Fähigkeiten frei. Ebenso bekomme ich neue Waffen, Rüstungen und Items, die ich wiederrum teilweise mit Verbesserungen ausstatten kann.


    Das Setting wird gut eingefangen. Die kaum vorhandene Story wird über kurze Flavour Texte erzählt, dazu gibt es eine schön gestaltete Karte, einen griffigen Einführungstext und gerade im Spiel punktet SoB dann mit passenden Tiles, Angriffen, Encountern, Gegnern, Items und Artefakten. Das fühlt sich alles kohärent an und erzeugt zusammen mit der schönen grafischen Gestaltung eine stimmige Atmosphäre.


    Sehr gut gefallen mir die diversen, gut geschriebenen und vor allem nachvollziehbaren Eventkarten. Ebenso find ich die Mechanik mit den einmaligen bzw. temporären Darkness Karten sowie den Growing Dread Karten im Endkampf gut gelöst. Während erstere mal mehr oder mal weniger nerven und man diese in seine Kampfeshandlungen einberechnen muss, so sind zu viele Growing Dread Karten im Endkampf definitiv eine große Behinderung und sorgen für einen extra Kick.


    Die Exploration finde ich sehr gelungen. Die Räume haben stark unterschiedliche Maße, das Raum zu Gang Verhältnis ist toll, der Dungeon baut sich jedes Mal komplett anders auf und die ganzen gezogenen Karten, die Encounter Token sowie das Looten der Räume passen da perfekt rein.


    Generell halte ich vieles in dem Spiel sowohl für sinnvoll als auch nachvollziehbar. Normalerweise haben die meisten Dungeon Crawler Regeln, bei denen ich kurz die Stirn runzele und später im Spiel entweder die Atmosphäre, Immersion oder Glaubwürdigkeit leidet. SoB punktet hier – bis auf eine Ausnahme – durchweg mit sinnvollen Konzepten. Sei es die Abhandlung der Angriffe, das Verhalten von Poison / Wound oder die Ziehung der Sichtlinien. Für mich ist das sowohl intuitiv als auch problemlos nachvollziehbar.


    Die Gegnerprofile sind artgerecht, oftmals intuitiv verständlich, gut ausgearbeitet, abwechslungsreich und gerade in den Stretch Goals mit vielen kreativen Ideen versehen. Jeder Gegner füllt sich eigenständig an und spielt sich auch passend dazu. Zusätzlich gefallen mir auch die Eliteboni. Die Gegnerattacken sind durch die vielen Würfelproben etwas swingy, aber mir gefällt das viel mehr, als wenn schon im Vorfeld feststeht, welchen Schaden welcher Gegner macht. Durch die teilweise zufällige Zielauswahl, kann man nicht immer alle nächsten Gegnerbewegungen voraussagen und wird auch hier überrascht.


    Die Grid / Ambition Mechanik, mit der man unterschiedliche Würfel neu werfen kann, finde ich überzeugend und hier erhält man tatsächlich einiges an Entscheidungsmöglichkeiten, weil ein gut eingesetzter Ambition Token an der richtigen Stelle einen anderen Ausgang des Kampfes nach sich ziehen kann.


    Es gibt eine regelrechte Masse an unterschiedlichen Erweiterungen. Neue Gegner, Missionen, andere Welten, Kartenpacks und diverse Settings. Man kann hier gezielt Sachen holen, die einen wirklich interessieren und damit ein neues Flair in das Spiel bringen.


    Für SoB gibt es Unmengen an Fancontent. Auch für Valley of the Serpent Kings wurde schon ein Papagei als Begleiter sowie eine umfangreiche Kampagne veröffentlicht, welche wirklich interessant aussieht.



    Neutral


    Ich hatte wenig Mühe die Regeln anhand des Regelheftes zu lernen. Generell hatte ich kaum Fragen, es gab wenig nachzuschlagen und ich musste nur ein einziges Mal BGG bemühen. Im Gegenzug gefällt mir das Layout und der Aufbau des Regelheftes nicht.


    Die Wiederspielbarkeit wird durch die erreichten Stretch Goals immens erhöht. Neue Gegner, Helden, Verbündete und mehrere Kartenpacks erleichtern das erneute Spielen. Außerdem ist SoB sowieso sehr zufallsgetrieben, weswegen sich die gleiche Mission im 2. Versuch deutlich anders anfühlen kann. Mehr Darkness und Growing Dread Karten hätte ich mir trotzdem gewünscht. In der Retailversion wird man hingegen schneller an die Grenzen stoßen, da fehlen dann doch 2,3 frische Gegner und zumindest die Encounter Kartenpacks.


    Die bisher gespielten Szenarien waren allesamt in Ordnung. Es gibt einige spezifische Szenarientrigger, ab und zu auch ein neuer Aufbau der Map und natürlich auch diverse Endkonditionen. Das reicht für mich gerade so aus, hoffentlich wird in den weiteren Missionen mehr Abwechslung erzeugt.


    Die Miniaturen finde ich vom Sculpt, dem Material und dem Look mindestens passabel bis hin zu gut. Vom Hocker reißt mich das meiste nicht. Das Zusammenkleben ging hingegen problemlos.


    Den Auf- und Abbau finde ich zeitlich in Ordnung. Es gibt schon einiges zu mischen, spezifische Konditionen zu beachten und einen großen Tisch benötigt man ebenfalls. Es hält sich insgesamt noch im Rahmen.


    Das gleiche kann ich über den Verwaltungsaufwand berichten. Das Spiel ist manchmal n‘ Tick zu kompliziert (vor allem für die Entscheidungen, die man fällt) und es gibt einiges zu tracken.


    Die Mental Load wird im Laufe des Spiels durch freigeschaltete Fähigkeiten, viele verschiedene Items, Waffen- und Gearupgrades immer größer. Anfangs ist es noch sehr leicht den Überblick zu behalten, mit fortschreitender Kampagnendauer wird die Spielablage jedes Charakters deutlich voller und es gilt einiges zu beachten. Vergleichbar mit Hexplore It werde ich Brimstone wohl am liebsten solo zwei- oder dreihändig spielen.


    Die Charaktere unterscheiden sich anfangs kaum. Die Stats sind unterschiedlich und durch eine Eigenschaft und spezifisches Starting Gear spielen sich die Helden auch etwas anders, aber auf einem relativ überschaubaren Niveau. Mit der Zeit wird das durch das Aufleveln, neue Fähigkeiten und dem vielen Gear deutlich besser.



    Negativ


    Die taktischen Möglichkeiten sind begrenzt. Die Initiative ist größtenteils fest vorgegeben, das Terrain spielt kaum eine Rolle, Kooperationsmöglichkeiten sind fast nicht vorhanden und die Heldenmöglichkeiten sind generell klein. Wirklich gut oder schlecht spielen, kann man hier kaum. Eher gut oder schlecht würfeln.


    Es kann leicht zu Leerlauf kommen. Wenn man die Kombination Raum – Gang – Raum – Gang zieht, in den beiden Räumen zwei schnelle Events abhandelt und ansonsten mit seiner Figur schlecht würfelt, langsam vorankommt und auch nichts suchen kann, dann zieht sich das Spiel. Und zwar über einige Runden.


    Am meisten nerven mich die möglichen Heldenaktionen. Es fängt schon mit der Regel an, erst sich zu bewegen müssen und dann eine Aktion durchzuführen. Die Bewegungsweite wird darüber hinaus mit einem Würfelwurf festgelegt. Es gibt keine Aktionskarten, keine Aktionspunkte, keine zusätzlichen Aktionen, man kann sich nichts für die kommenden Runden aufheben usw. Das wirkt schon alles recht antiquiert. Kein Vergleich zu einem Altar Quest, Gloomhaven, Chronicles of Drunagor usw.


    Der Umfang der Retailfassung ist verglichen mit dem Kickstarterpledge krass gering. Klar kann man vieles jetzt bzw. in den kommenden Jahren noch nachkaufen, aber insgesamt kommt man preislich mit dem Kickstarter deutlich günstiger weg. Gefühlt fällt mir kein Spiel ein, bei dem die Diskrepanz zwischen Retailfassung und dem Kickstarterpledge derart groß ist.



    Was mir fehlt


    In Altar Quest gibt es in jeden zu betretenden Raum ein zufällig gezogenes Mobiliarstück, welches bestimmte Boni/Mali für Kämpfe und Tests oder Gimmicks wie z.B. einen Käfig, in den man Gegner einsperren kann, beinhaltet. Das möchte ich auch in SoB haben. Je 15 passende Karten für Jorgano und das spanische Fort mit unterschiedlichen Mobiliarstücken (z.B. Marterpfahl, Spinnennest, Heiligenstatue, Fruchtbaum, Vorratskörbe usw.) und den dazugehörigen Effekten fände ich super. Da ich noch genügend Archon Miniaturen in dieser Richtung besitze, möchte ich diese Erweiterungen selber entwickeln. Das bietet mMn folgende Vorteile:

    • Die Atmosphäre würde sich durch thematisch passende Miniaturen und deren Effekte noch einmal erhöhen. Dazu wirken die Räume nicht mehr so einsam.
    • Der mögliche Leerlauf wird reduziert, weil durch die Mobiliarstücke neue Encounter, Test und Status Abfragen regelmäßig ins Spiel kommen.
    • Ebenso könnte sich der taktische Anspruch durch verschiedene Feldboni, Versteckmöglichkeiten und dem Benutzen von großen Waffen wie z.B. Kanonen erhöhen.
    • Die Wiederspielbarkeit wird durch die nochmalige Verstärkung der Zufälligkeit erhöht.

    Als nachteilig könnte sich natürlich der etwas erhöhte Verwaltungsaufwand und vor allem das Balancing entpuppen. Trotzdem sehe ich die möglichen Vorteile als Riesenupgrade zu dem Vanilla Valley of the Serpent Kings.



    Fazit


    Insgesamt hat mir Shadows of Brimstone: Valley of the Serpent Kings gut gefallen. Ich liebe die Umsetzung des Settings, die interessanten Begegnungen, das Abenteuerfeeling, die Heldentwicklung und den gesamten Lagerabschnitt. Es wird aber nicht mein Lieblingsdungeoncrawler werden, dafür ist mir vor allem die Heldenaktionsmechanik und der taktische Anspruch zu gering. Insofern werde ich - wenn überhaupt - nur ganz gezielt Erweiterungen kaufen. Erst einmal möchte ich SoB als Spielwiese nutzen, nach und nach die komplette Kampagne spielen, die Stretchgoals integrieren, Fancontent einsetzen und mein eigenes Mobiliar Modul entwickeln. Je nachdem, wie die weiteren Stunden verlaufen, wird SoB nach einmaligen Beenden der Kampagne dann verkauft, oder etabliert sich als sehr guter Dungeon Crawler.


    Bewertung nach BGG: 8 von 10