Beiträge von ravn im Thema „SPIEL 2018: Euer ganz persönliches Fazit?“

    Als Express-Highway hat sich dieses Jahr die Freifläche zwischen Halle 3 auf der einen Seite und Halle 1 & 2 auf der anderen Seite empfohlen. Zumindest wenn man von Eingang West in die hinteren Hallen jenseits der Galerie wollte. Einzig den Temperaturunterschied musste man wegstecken können - oder die Folgen *hust, keuch, schnief* tragen.

    OT? : Ich selbst war lange Zeit Smartphone-Skeptiker bis Verweigerer. Ich nutze mein Smartphone, aber sehr selektiv und bewusst als Stück Kommunikations- und Informationstechnik, das ich kontrolliere und nicht umgekehrt. Ein Smartphone kann das Alltagsleben und auch das Spielerleben enorm erleichtern, sofern man sich davon nicht versklaven lässt und den Zwang hat, immer erreichbar zu sein und immer reagieren zu müssen.


    Absolutes No-Go sind für mich Smartphones am Spieltisch. Entweder spielen wir zusammen mit dem Gegenüber oder jeder abgelenkt versunken in sein Smartphone. Beides geht nicht. Das ist auch eine Form von Respekt, den man seinem Gegenüber erweisen sollte, die ungeteilte Aufmerksamkeit zu haben. Ausnahmen und Notfälle gibt es immer, aber bewusst an x Small-Talk-Diskussions-Daddel-Runden teilnehmen zu wollen, ohne dabei Niemanden wirklich gerecht zu werden, fällt für mich in den Bereich von Suchtverhalten, scheint aber immer mehr normal und sogar akzeptiert zu sein.

    Die SPIEL'18 hat wiedermal alle Rekorde gebrochen. Mehr Verlage, mehr Internationalität, mehr Neuheiten, mehr Besucher. Mir bleibt bei diesem "mehr" in Erinnerung, dass es diesmal fast durchgehend voll bis übervoll war. Einzig den frühen Sonntagvormittag und den späten Sonntagnachmittag empfand ich als angenehm leerer auf den Gängen und an den Spieltischen. Aber eventuell habe ich mir stets genau die Hallen ausgesucht, die bei den Besuchermassen beliebt waren?


    Dabei habe ich mich doch bemüht, dem ganzen Mainstream fernzubleiben. Nicht, weil ich damit cool wäre, einen Nischengeschmack zu haben, sondern weil ich die ganzen deutschsprachigen Verlage sowieso in den kommenden Monaten auf diversen kleineren Spieleveranstaltungen mit ihren Neuheiten wiedersehen und auf den Tischen diverser Spieletreffs entspannt erstspielen werde können. Die laufen mir nicht weg von Kosmos bis Pegasus. Irgendwer hat die schon gekauft, hoffentlich. Im Zweifel finde ich die im bisher von mir kaum genutzten Hippodice e.V. Clubvorrat zur Ausleihe.


    Trotzdem blieb noch eine Menge "mehr" auf der Messe übrig. Zu viel für vier Besuchertage und einem Pressetag, der mehr ein Aufbautag der Aussteller ist und demnach für mich kaum noch einen Wert besitzt. Leider. Die Neuheitenshow ist zwar stets nett, aber alleine durch Infohappen über den Spielablauf mag ich mir kein Urteil über die Güte eines Spiels erlauben. Da empfinde ich die journalistische Verantwortung zu gross, echte Infos liefern zu wollen, wo eigentlich nur Raum für Phrasen bleibt. Die Gesamtmasse kann ich schlicht nicht erfassen und jede Auswahl hebt eine Neuheit ins Zentrum der Aufmerksamkeit, an deren Stelle es auch gut und gerne fast jedes andere Spiel verdient hätte, mindestens erwähnt zu werden. Somit ist jede meiner Berichterstattungen nur ein zufälliger Ausschnitt und deshalb unzureichend, ein Gesamtbild zu bieten, das nicht mehr greifbar ist.


    Genauso ungreifbar war für mich auch, eine Art persönliche Vorauswahl zu treffen, welche Neuheiten mich überhaupt interessieren könnten. Welche Spiele lohnen es, angespielt zu werden? Meine einfache wie ebenso ehrliche Antwort lautet: Ich habe nicht die geringste Ahnung. So fühlt sich Kapitulation an. In den Neuheitenlisten sieht potentiell jedes Spiel irgendwie gut aus. Vom Material sowieso, vom Thema eventuell, vom Titel? Wenn ich soweit gekommen bin, dass ich Spiele schon alleine wegen ihres Titels in interessant oder uninteressant sortiere, hat die Auswahl jegliche Grundlage verloren - auch für mich. Eigentlich müsste ich mir jede einzelne Neuheit von den Vorabbildern und Vorabbeschreibungen und Vorabmeinungen anschauen und einsortieren. Mir fehlte dazu die Zeit und auch die Geduld, mich durch Pressetexte zu wühlen, die sowieso nur das Positive herausstreichen. Ob das am Ende allerdings ein spielenswertes Spiel ist? Schulterzucken.


    Sich allerdings über die Messe treiben zu lassen, ohne konkrete Ziele vor Augen und nur von der Hoffnung getrieben, was Tolles zu erblicken, klang zunächst verlockend. Auch weil ich mir damit die ganze Vorauswahlarbeit sparen konnte. War das ein Reinfall. Fehleinschätzung auf der ganzen Linie. Weil so gesehen war die Messe damit für mich die Neuheitenshow in Übergrösse geworden. Überall toll anzusehende Spiele, hier und da ein paar Phrasen zum Thema und Spielablauf gelauscht oder aufgeschnappt und weiter getrottet. Viel gesehen, aber nichts so richtig. Viel gehört, aber ebenfalls nichts so richtig. Und noch viel weniger gespielt, weil jede potentielle Wartezeit auf eine Anspielgelegenheit die Chance verringerte, weitere Neuheiten zu erblicken. Reizüberflutung pur und nicht zur Nachahmung empfohlen.


    Fürs nächste Jahr muss wieder eine eigene "Das muss ich zwingend anspielen"-Liste her und sei die noch so subjektiv und unvollständig. Nachjustieren empfiehlt sich sowieso im Laufe der Messe. Nur da waren die Gespräche mit Bekannten, Freunden und Kumpels mindestens genauso ernüchternd wie meine eigene Zwischenmeinung über die Messe: "Ja, gut ist vieles, mitspielen wäre ok, aber selbst kaufen muss dann doch nicht sein, dafür war es dann nur gut und eben nicht überragend." Klar, aus 1400+ Neuheiten die wirklichen Perlen zu finden, wenn man zu Hause schon Truhen voller Spiele-Edelsteine besitzt, die zudem noch zu wenig bespielt sind, ist nicht einfach. Warum also etwas von Anderen erhoffen, was ich selbst nicht so recht hinbekomme? Somit alleine die Begegnung und das Fachsimpeln über das gemeinsame Hobby genossen. Eine Messe der Begegnungen statt der Neuheitenhatz. Könnte mir gefallen.


    In diesem Zuge war 2018 für mich eine Messe, auf der ich auch erstmalig Spiele per BGG Mathtrade international verkauft habe und in Summe mehr subjektiv empfundene Spielealtlasten damit losgeworden bin, als ich mir neue dazugekauft habe. Ein unwirkliches Gefühl, wenn man am Sonntagabend mit mehr Geld nach Hause geht, als man am Mittwoch zur Messe gekommen ist. So effektiv ich mich von alten Schrankspielen, die sowieso nie mehr auf den Tisch gekommen wären, ganz ungeachtet ihrer wertgeschätzten Qualität, trennen konnte, so viel Messezeit haben diese Verkäufe im Rückblick dann doch verschlungen. Zu bestimmten Uhrzeiten mit bestimmten Spielekartons an Treffpunkten aufzuschlagen, während der restliche Messetag eher ein zeitliches Chaos ist, das sich kaum vorausplanen lässt, funktioniert nur mit enormen Pufferzeiten oder enormer Hektik. Und Hektik mag ich so gar nicht, besondern wenn zwischen mir und dem Zielpunkt die anderen Besucher alles mögliche wollen, nur eben nicht, mich schnellstmöglich durchzulassen. Warum auch, die sind mindestens so reizüberflutet wie ich. Keine gesunde Mischung, also doch lieber Pufferzeiten, die dann zu Wartezeiten werden und der Erkenntnis, dass ich in der Zeit auch gut und gerne die ein oder andere Neuheit hätte anspielen können - ganz entspannt.


    Am Ende habe ich nur einen kläglichen Stapel an Neuheiten mit nach Hause genommen. Überwiegend sogar nur Erweiterungen oder Spiele, die ich fernab der Messe-Neuheiten sowieso mal kaufen wollte. Dazu dann noch einen fetten fiebrigen A-bis-Z-Infekt, der mich die Folgewoche mal eben komplett ausgeschaltet hat. Toller Urlaub. Aber so negativ das eventuell hier in niedergeschriebener Summe klingen mag, die kommende SPIEL in Essen kann mir keiner nehmen. Die Faszination ist ungebrochen und das eigentlich Spannende kommt sowieso in den kommenden Wochen: All die ganzen Neuheiten entdecken, bejubeln oder verfluchen, die sich so in den eigenen und in den Taschen der Mitspieler angesammelt haben.


    Deshalb lautet mein persönliches Messefazit: Ob die SPIEL'18 wirklich so wenig Highlights hervorgebracht hat, wird sich noch zeigen. Wobei mir schon ganz wenige Perlen reichen und die meine ich mit Takla, Rollet und First Contact gefunden zu haben. Welches Fazit zieht Ihr für Euch?


    PS: Fast vergessen, hier mal Danke zu sagen. Ein Danke an alle Freunde, die mich an ihren Listen und ihrer Vorauswahlarbeit teilhaben liessen, begleitet und geleitet und die SPIEL in eine entspannte gemeinsame Messezeit verwandelt haben. Ebenso ein Danke an alle Verlagsmitarbeiter, Promotoren und Erklärer, die Zeit und Geduld aufgebracht haben, mir ihre Neuheiten näherzubringen. Und ein Danke an alle unbekannten Mitspieler, die ich an diversen Spieletischen antreffen durfte, bis auf eine Ausnahme, die es aber immer geben muss, super entspannt über alle Sprach- und Nationengrenzen hinweg.