Beiträge von MetalPirate im Thema „Warum kauft ihr englische Versionen?“

    Ich habe Kickstarter verpasst, das Spiel unmittelbar in USA bestellt

    Da bin ich jetzt etwas überrascht. Darf ich fragen, wo du bestellt hast? Laut KS-Seite galt ja "TMG will only make a Deluxified™ version through crowdfunding. We will make enough for Kickstarter Backers, some replacement copies, and some convention sales in Limited Quantity." Im Handel gibt es ja normalerweise nur die Retail-Version.


    Es kann natürlich trotzdem sein, dass Händler direkt oder indirekt über Kickstarter mitbestellen können. Aber dann wäre es zumindest interessant zu wissen, welche Händler da eine Anlaufstelle für verpasste Kickststarterprojekte sein könnten.

    Auch nicht, wenn man über lackadaisical kurz nachdenken muss, um es aus dem Kontext zu schließen? Ferocious? Rambunctious? Preposterous? Whimsical? In Flavortexten kommt es ja gerade auf solche literarischen Ausdrücke an.

    Hey, ich habe 3 von 5 Punkten! :)


    Aber in welchen Spielen kommt denn solche Sprache denn vor? Das hatte ich ja noch nicht mal bei Spielen mit Storytelling-Ansätzen wie Near and Far. Gut, #Feudum nutzt als Stilmittel solches aufgeblasene Vokabular sehr exzessiv, noch dazu mit Haufen von Alliterationen, aber wo gibt's sonst solche extremen Sachen im Spielebereich?


    BTW: Hut ab vor dem Feudum-Übersetzer! Sind zwar ein paar kleinere Fehlerchen in der Übersetzung drin, aber den Stil hat er bewunderswert rübergebracht, und das war ganz schwere Arbeit!

    es gibt eine Menge Haba spiele die auf deutsch exportiert werden so viel ich weiß.

    Die Anleitungen der Haba-Spiele sind multilingual, und da reden wir nicht von ~4 Sprachen, wie wir es etwa von Quined Games gewohnt sind, sondern von 10+ Sprachen. Klar: die Anleitung ist in jeder Sprache auch nur 2-4 und nicht 12-20 Seiten lang. :) Richtig ist allerdings, dass der deutsche Titel auf dem Cover oft auch international erhalten bleibt. Das ist dann eben Teil von HABA-Markenimage.


    Zusätzlich vermute ich auch das oft die Spiele des Jahres und Nominierten auch schon auf deutsch erfolgreich sind international.

    Bei sprachneutralen Spielen ja. Da kaufen sich die Freaks aus dem Ausland, die alles sofort haben müssen, die deutschen Versionen über Amazon und setzen darauf, irgendwann eine englischsprachige Anleitung zum Download zu finden, offiziell oder inoffiziell. Aktuelles Beispiel: Ganz Schön Clever. Ansonsten nein, die Ausländer warten auf ihre lokalisierte Version. Ein deutsch(sprachig)er Verlag, der mit seinem deutschen Spiel eine (K)SdJ-Nominierung geholt hat, hat vermutlich allerdings wenig Probleme, internationale Partner für baldige Lokalisierungen zu finden.

    Wobei, wenn man über Übersetzungsqualität redet, ist bei einem Spiel von einem polnischen Autor über einen polnischen Verlag davon auszugehen, dass sämtliches Spielmaterial inklusive Regeln zuerst in polnisch verfasst wurden und dann in die anderen Sprachen "nur" übersetzt wurde. In der Hinsicht ist wohl das polnische als Original anzusehen unabhängig von der Veröffentlichungshistorie.

    Da wäre ich mir nicht so sicher. Wer in einem internationalen Markt tätig ist und mit internationalen Partnern zusammenarbeitet, wird vieles direkt auf englisch machen, egal ob er oder sie aus Polen, Deutschland, Schweden oder sonstwo kommt. Dürfte der eine oder andere Leser auch aus seinem Berufsalltag kennen. In dem konkreten Falle reden wir über einen Autor/Verlagschef, der auch ein englischsprachiges Blog betreibt. Ohne weitere Details zu kennen, würde ich deshalb tendenziell englisch und nicht polnisch für die Originalversion von Imperial Settlers halten.

    Ja, die Heidelberger haben oft sehr gute Lokalisierungen hingekriegt. Sieht man z.B. auch bei den CGE-Sachen wie Alchemists oder Dungeon Petz oder Galaxy Trucker, wo sie den Humor sehr gut rübergebracht haben, was bei Übersetzungen nicht ganz einfach ist.


    Was das Einarbeiten von FAQs / Errata angeht, hat auch Pegasus oft sehr gute Arbeit gemacht; Robinson Crusoe kann man da, glaube ich, als Musterbeispiel nennen. Diese mit deutscher Gründlichkeit geordnete Neusortierung der manchmal etwas chaotischen Gedanken des Herrn Trzewiczek wurde dann ja meines Wissens auch zur Grundlage für die aktuelle englische Ausgabe.


    Aber auch große Verlage, die da oft sehr viel professioneller als die ganzen kleine Klitschen im Brettspiele-Business arbeiten, sind nicht vor schlechten Übersetzungen gefeit. Ich hatte oben schon Panamax mit seinen je nach Sprachversion unterschiedlichen Regeln erwähnt. Das kam auf deutsch auch von den Heidelbergern (wobei da die Probleme meiner Meinung eher an der Quelle, bei MESAboardgames, zu suchen sind).

    Wenn eine Originalversion zum Beispiel Russisch, Spanisch oder Französisch ist, entfallen aus meiner Sicht einige Gründe, die hier zum Kauf einer englischen Version genannt werden:


    - Mögliche Übersetzungsfehler kann dann auch die englische Version haben.

    - Nachkommende Erweiterungen erscheinen auch auf englisch nicht zwingend.


    Deshalb ist die Vermischung von "ich kaufe englisch" und "ich kaufe Originale" zum Teil irreführend.

    Puh. Gerade bei einer Übersetzung von [russisch|spanisch|französisch|sonstwas] über englisch nach deutsch gibt es für mich manchmal sehr gute Gründe, die englische Version zu kaufen. Nämlich eigentlich immer dann, wenn da nicht durchgängig in der gesamten Kette große, professionell arbeitende Verlage beteiligt waren. Das gilt oft auch schon, wenn zwar die erste Version auf englisch erscheint, z.B. über Kickstarter, aber Autor/Verlag keine Englisch-Muttersprachler sind.


    Eine einmalige Übersetzung überlebt normalerweise jeder Text ohne größere Verluste. Bei einer zweimaligen Übersetzung, zu der obendrein der Originalverlag keinen direkten Bezug mehr hat, steigt das Risiko mieser Übersetzungen aber deutlich an. Ich werfe mal #Panamax als Beispiel in den Raum, wo die deutsche Version gravierende Regelunterschiede zur englischen Version oder dem portugiesischen Original hat.


    Ich habe schon mehrfach gehört, dass deutsche Übersetzer da die A-Karte gezogen haben, weil sie auf Basis einer englischen Version gearbeitet haben, die sich am Ende als nicht-finale Version herausgestellt hat. Am ersten Übersetzungsschritt wurde noch gearbeitet bzw. es sind Änderungen und Anpassungen erfolgt, von denen der Übersetzer in Schritt 2 nichts mitbekommen hat. Außerdem besteht in solchen zweischrittigen Übersetzungsketten eine erhöhte Gefahr, dass irgendwelche beteiligten Verlage "Verbesserungen" am Spiel vornehmen wollen, was dann so oder so ausgehen kann. Neee, gerade bei zweischrittigen Übersetzung ist oft höchste Vorsicht angebracht bzw. der erste, englische Lokalisierungsschritt die risikoärmere Version.

    wenn ich zur englischen Version greifen „muss“, weil in der Übersetzung Fehler sind.

    Eine Übersetzung, die die Spielbarkeit wirklich ruiniert, ist zum Glück selten. Dass Regeln durch die Übersetzung unklar(er) werden oder sogar manchmal einzelne wichtige Passagen bei der Übersetzung schlicht vergessen werden, das kommt schon mal vor, aber in diesen Fällen helfen (in)offizielle FAQs / Errata weiter. Deren Existenz muss man natürlich erstmal mitbekommen, aber bei halbwegs populären Titel klappt das schon, wenn man auf Spieletreffs oder in Internet (unknowns, BGG, andere) unterwegs ist.


    Für mich sind Verluste bei der Übersetzung in der Regel eher lästig, als dass sie ein Spiel wirklich kaputt machen. Was man dann aus diesem "lästig" macht, hängt dann von der eigenen Englisch-Kompetenz ab. Wer sich mit englisch schwerer tut, druckt sich die Errata-Liste aus, überträgt die Änderungen in seine Regel und ist damit glücklich und zufrieden. Wer sehr gut englisch kann, sagt dagegen: "Das tue ich mir doch nicht an, ich kaufe das Original!" Aber unabhängig davon, wie lautstark sich irgendjemand über Übersetzungen aufregt: wenn wir ehrlich sind, sind Übersetzungsfehler eben doch nur mehr oder weniger lästig und selten "game breaking"...

    Bandida : Okay, dann habe ich dich missverstanden. Das klang mir ein bisschen zu sehr nach Relativieren von Übersetzungsfehlern. Dass die meisten Englisch-Käufe schlicht und einfach am "Sofort-Haben-Wollen" und an der früheren Verfügbarkeit auf englisch liegen (und eben nicht an möglichen Übersetzungsfehlern oder sonstwas), das sehe ich auch so.

    Dementsprechend sind Übersetzungsfehler also vllt doch gar nicht so schwerwiegend.

    Meiner Meinung nach: Doch, Übersetzungsfehler und ggf. auch nicht lokalisierte Erweiterungen sind schon bedeutsam, zumindest für ein Freak- und Expertenpublikum wie hier bei Unknowns, weil sie sich eben nicht nur auf einen Spielekauf auswirken, sondern die Meinung zum ganzen Verlag beeinflussen, und weil außerdem darüber auch öffentlich geredet wird.


    Natürlich sind wir hier nicht repräsentativ für alle Spielekäufer, aber diejenigen, die die Wahl haben und im Prinzip gleich gut mit englisch und deutsch zurecht kommen, die werden dann halt Produkte der Verlage mit regelmäßig wiederkehrenden Übersetzungsfehlern (bzw. nicht vorhandenen bzw. separat zu kaufenden Korrekturkarten, mit offiziellen "es ist doch trotzdem spielbar"-Ausreden, etc.) in der Zukunft dann halt eher meiden und zum englischen Original greifen.

    Das wirft allerdings die Frage auf, ob jemand von euch auch dann eine englische Version eines Spiels kauft, wenn das Original rein deutsch ist!?

    Ich kenne einen Deutschen, der in den USA lebt und demzufolge auch im Original deutsche Speiele auf englisch kauft; etwas anderes kriegt er nicht auf den Tisch. :) Als Geschenk für ihn habe ich selbst deshalb auch schon mal ein Azul auf Englisch gekauft. Insofern müsste ich deine Frage eigentlich mit ja beantworten.

    (EDIT: Bevor's jemand anderes sagt: Ich weiß auch, dass Azul auf deutsch und englisch gleichzeitig herausgekommen ist. Aber deutscher Autor und Entwicklung in der Eggertspiele-Redaktion in Deutschland, deshalb für mich "deutsches" Spiel.)



    Genauso gibt es sicher auch im deutschsprachigen Raum Spieler, deren Kreis von potenziellen Mitspielern international ausgerichtet ist. (Hat nicht Pikmin mal sowas erzählt?) Dieser kleine Personenkreis hätte einen Grund dafür, konsequent englisch zu kaufen, auch Spiele, die im Original deutsch sind. Aber normalerweise gilt natürlich: Warum sollte man das als Deutsch-Muttersprachler tun? Die ganzen hier aufgezählten Sachen wie mögliche Übersetzungsfehler oder Verfügbarkeit von Erweiterungen gelten dann ja gerade andersrum.

    Ergo frag ich hier mal die, die auch mal zur O-Version greifen:


    Warum tut ihr das?

    In meinem Falle: Weil aus Amerika viel gutes Zeug kommt, das es erstmal nur auf englisch gibt.


    Alles andere ist sekundär. Dass ich ab und zu in den USA bin und mir Sachen von dort mitbringen kann: kleiner Pluspunkt. Dass ich halbwegs gut englisch kann: zumindest kein Minuspunkt (der es für viele ist, ob sie das zugeben wollen oder nicht). Dass keine Übersetzungsfehler drin sind: kleiner Pluspunkt, wobei man da sehr unterscheiden muss zwischen den einzelnen Verlagen, die Spiele lokalisieren. Die geben sich deutlich unterschiedlich viel Mühe. Ich habe auch schon deutsche Versionen wieder verkauft, um sie durch das englische Original zu ersetzen, weil ich mit der Lokalisierung nicht zufrieden war; da bin ich dann konsequent. Dass Englisch-Kauf nur ab Vielspielerniveau aufwärts funktioniert: kleiner Minuspunkt; bei Familienspielen muss man halt warten, ob sie auf deutsch kommen. Obwohl: eigentlich gar kein großer Minuspunkt, denn im Endeffekt ist es manchmal sogar ganz praktisch zu warten, denn nur die wirklich guten Spiele kommen dann auch auf deutsch raus. Das filtert schon mal die Hypes weg. Das alles ist aber nicht wirklich wichtig. Entscheidend ist wirklich einzig und allein das Angebot.


    Das Angebot ist auf englisch um eine Größenordnung besser. Der Brettspielmarkt ist international, d.h. englischsprachig, geworden. Genau deshalb zieht es viele Freaks, wie sie hier bei unknowns überproportional vertreten sind, in Richtung von den englischen Originalen. Wir wollen den neuesten, heißesten Schei* und den gibt's halt nur auf englisch. So kommt es dann auch oft, dass ich Spiele schon auf Englisch habe, bevor eine deutsche Lokalisierung angekündigt wird. Belfort, Eminent Domain, Viticulture, Scythe, Clank, Yokohama, Trickerion, Chimera Station, Ex Libris, soll ich weitermachen? Verlage, die erstmal abwarten wollen, wie sich die englische Version verkauft, haben es deshalb bei mir (und vermutlich vielen anderen Unknowns-Lesern) schwer. Ich bin einer der Kunden, die dann schon verloren sind. Sollte allerdings zeitgleich (!) eine deutsche Ausgabe erscheinen, dann unterstütze ich gerne den deutschen Verlag, der das lokalisiert. Aber ich weiß natürlich, dass Verlage dafür ins Risiko gehen müssen und da tendenziell vorsichtig sind. Umso schöner, wenn sie's trotzdem machen, wie z.B. vermutlich jetzt Frosted Games mit Empyreal: Spells & Steam.