Beiträge von Ernst Juergen Ridder im Thema „Begriffe: KI/Automa/Dummyspieler“

    In meiner Wahrnehmung war ‚Automa‘ bislang lediglich ein Markenbegriff für ‚Bot‘, so wie ‚Tempo‘ für ‚Papiertaschentuch‘ (im Englischen eben ‚Kleenex‘). Also die Bots eines bestimmten Autors.

    Der Anfang von Automa war kein Markenbegriff. Er ist entstanden, als Jamey Stegmaier bei der Entwicklung von Viticulture einen Solomodus einführen wollte, aber jemanden brauchte, der diesen für das Spiel entwickelte. Das war dann Pedersen, der den Begriff Automa dem Italienischen entlehnt hat. Nachdem sich Automa in Viticulture etabliert hat, ist erst das Label "Automa Factory" entstanden, wenn ich das richtig verfolgt habe. Mittlerweile ist Pedersen fest für Stonemaier Games tätig und sein Label findet sich auf nach Viticulture entstandenen Spielen, für die er die Solovariante entwickelt hat, die er stets Automa nennt; egal was der Automa im Spiel konkret bewirkt, jedenfalls ist er immer kartengesteuert.


    "Bot" ist mir im Brettspielbereich auch schon begegnet. In Anachrony heißt der virtuelle Gegenspieler "Chrono-Bot".

    Auch in der sogenanntem Fachwelt wird immer wieder über Begriffe diskutiert und neu definiert, und es gibt auch oft konkurrierende Diskussionen. Fachbegriffe aus Gründen der Einfachheit nicht zu verwenden, ist im Grunde auch wenig zielführend. Vor allem wenn sie konkret nachgefragt werden.

    Es gibt in dem Bereich aber auch niemand, der eine allgemeingültige Definition abgeliefert hätte. Forschung gibt es dazu ja auch eher wenig.

    Natürlich können wir über Begriffe diskutieren, macht ja auch irgendwie Spaß.


    Wenn es darum geht, mit einem (einheitlichen?) Begriff einen nichtmenschlichen (sagen wir mal "virtuellen") Gegenspieler zu bezeichnen, müsste man vielleicht erst einmal die Methoden beschreiben, die es bislang für die "Spielweise" virtueller Gegenspieler gibt. Hat man das herausgearbeitet, könnte man sich fragen, ob es einen Sinn macht, diese verschiedenen Ansätze mit dem selben Begriff zu bezeichnen.


    Pedersen, sozusagen Erfinder des Begriffs Automa, macht das, wie man an seiner Verwendung des Begriffs Automa für den virtuellen Gegenspieler in so unterschiedlichen Spielen wie Viticulture, Scythe und Between two Cities sehen kann. Vielleicht führt das ja eines Tages mit der Macht des Faktischen dazu, dass virtuelle Gegenspieler in Brettspielen, egal was sie machen/bewirken, einheitlich Automa genannt werden. Dann hätten wir wenigstens einen in der Fachwelt der Brettspiele entstandenen Begriff mit zumindest in dieser Fachwelt einheitlicher Bedeutung, nämlich "Automa" = "virtueller Gegenspieler".


    Käme das so, hätte ich ja einen Beitrag zur Entwicklung unserer Fachsprache geleistet, indem ich mit "virtueller Gegenspieler" erklärt habe, was "Automa" bedeutet. :D

    Aber richten wir uns hier nicht an die Fachwelt?

    Das sehe ich eher nicht so. Wäre es so, dass wir als Forumsteilnehmer eine "Fachwelt" sind, müsste doch eigentlich jeder jeden verstehen, wenn ein Begriff verwendet wird. Was aber tun wir? Wir diskutieren darüber, was der jeweils andere/die jeweils andere Teilnehmer(in) denn meint, wenn er/sie einen bestimmten Begriff verwendet.


    Bestenfalls sind wir eine "suchende" Fachwelt, die ihre Fachsprache erst noch entwickeln müsste.

    Und welchen soll ich stattdessen nutzen?


    AI ?

    Vielleicht nutzt Du einfach den Begriff, der Dir zutreffend erscheint.


    Solche Begriffsbestimmungsdiskussionen mögen interessant sein, bewirken aber wenig, selbst wenn der diskutierende kleine Kreis sich einig werden sollte, weil aus dieser Einigkeit keine Allgemeingültigkeit folgt.


    Automa ist ein Begriff, der mit Viticulture eingeführt wurde, mittlerweile auch in anderen Spielen Verwendung findet und seinen Weg machen wird. Seine ausdrückliche Herleitung (s. Viticulture-Regel) vom italienischen "automa" (Automat/Roboter) ist für mein Verständnis für Brettspiele griffiger, als etwa KI/AI/Dummy, die alle aus ganz anderen Bereichen kommen. Italienisch wohl, weil Viticulture Weingüter der Toscana als Vorbild hat.


    Das hat für mich eine gewisse Nähe zu der Begriffsdiskussion hier um komplex/kompliziert. Der Duden etwa kennt beide Begriffe und definiert sie mE mit Recht trotz ihres gemeinsamen lateinischen Ursprungs verschieden. Kompliziert=schwierig sehe ich als Gegensatz zu simpel=einfach. Komplex geht in der Bedeutung eher in die Richtung von vielschichtig. Mit der schieren Menge der Regeln hat das nichts zu tun.


    Manchmal hilft nichts, man muss, wenn man über bestimmte Sachverhalte redet, erst einmal klären, woher man kommt, will sagen, wie man verwendete Begriffe versteht. Je elitärer ich mich auszudrücken versuche, um so sicherer kann ich sein, dass man mich nicht versteht. In meinem Beruf habe ich mal gelernt, die Verwendung von Fachsprache zu vermeiden, weil sie außerhalb der Fachwelt von denen, an die wir uns richten, nicht verstanden wird.