Beiträge von Countrysidepop im Thema „Feudum“

    Wenn man so ein Regelmonster erklärt -- und ja, das ist ein Werk der Leidenschaft!! --, dann ist's einfach großer Mist, wenn man einen nicht unerheblichen zusätzlichen Aufwand treiben muss, bis die Mitspieler verstanden haben, dass die kleinen Inseln auch ohne klare Kennzeichnung eine andere Region sind als die großen Inseln oder welche Orte per Schiff wie erreichbar sind oder diverses andere mehr, das mit mit geringem Aufwand und ohne jede Verluste (!!) auch ein bis zwei Nummern besser hätte gelöst werden können.

    Das stimmt.


    Klar, hätte man das im Detail etwas unterscheidbarer und ersichtlicher machen können, aber der visuelle Gesamteindruck bleibt unabhängig von der vernachlässigten Darstellung mancher Funktionen ein Augenschmaus.


    Und hat man erst einmal Gebiete und Linien verstandenen und bespielt, dann ist es auch nicht mehr schwer. Viel schwerer finde ich tatsächlich zu verinnerlichen wie die Gilden in beide Richtungen miteinander agieren. Und ein guter Erklärer ist bei FEUDUM tatsächlich die halbe Miete. Ich empfehle zunächst dringend OHNE die Zusatzfunktionen auf den Karten zu spielen. Das reicht völlig.

    #feudum


    FEUDUM wird nicht jeden glücklich machen und ins fremde Königreich mitnehmen, um der Ehrwürdigste im ganzen Land zu werden. Dafür ist das Spiel in mehrfacher Hinsicht zu heavy, zu kiddy Monstrum und spezial.


    FEUDUM ist ein regelrechtes und feinregelgliedriges Fuddeleurogame, das die Gruppe der schlanken Eurogamer in den verdienten Urlaub verabschiedet. FEUDUM ist mehr ein Lebenswerk für Brettspielliebhaber, die Vielverzahnkreationen mögen wie z.B. der Herr Lacerda sie fabriziert. Doch selbst innerhalb dieser Referenz hat es aufgrund eines simplen Kampf- und Aggro-Elements zu viel lachhafte Anarchie, die sich auf die eigenen Pläne im Kopf der Optimier- und Kontrollfreaks verheerend auswirken kann. Man kann es aber auch ganz friedlich angehen, wenn man auf den Bau von Lehen verzichtet, die zwangsläufig eine offensive Spielweise mit sich bringt, um Minuspunkte abzuwenden.


    FEUDUM sollte man übrigens partout nicht mit Grüblern und Zerdenkern spielen. Die eigenen Gedanken bestehen darin, sich aus einer Auswahl aus elf Handkarten in jeder Runde vier auszuwählen, um mit diesen dann nacheinander vier Aktionen im Königreich auszuführen. Und da kann es halt passieren, dass man sich a) selbst böse verzettelt oder b) eben andere dafür sorgen, dass man plötzlich im Regen steht und seine Züge aufgrund einer verlorenen Angriffsaktion gegen sich nicht durchführen kann. Dieses Trash-Momentum sorgt für eine herrliche Unwägbarkeit, die das Werk wohltuend ironisiert.


    Darüber hinaus ist FEUDUM kein Spiel, das sich von der ersten Partie an erschliesst. Im Gegenteil: es ist ein Lehr- und Lernspiel, eine Investition und ein großer Witz als Entdeckungsreise in eine Phantasie, die visuell und humorvoll nicht zu toppen ist. Die Materiallandschaft ist eine Sensation. Was dem Auge hier geboten wird, ist üppiger, vollbusiger Pop. Und der Pop findet sich auch in vielen, kleinen Ideen inside the Brain of Mark Swanson wieder wie z.B. die Epische Reise zur Erleuchtung, die zwei Figurenmonster aus der Kindheit oder die Art wie die Gilden mit sich selbst und miteinander interagieren.


    Hier ist es tatsächlich die interessante Verbundenheit ohne die ab einem gewissen Zeitpunkt im Spiel wenig geht. Natürlich hätte der Ratio-Redakteur gerade bei den Gilden die Stellschrauben redaktionell abschleifen können, aber andererseits ist es auch gerade dieser mikroskopische Euro-Wahnsinn, der FEUDUM so wunderbar und zu einem langfristigen Vergnügen macht. Die Kritik an FEUDUM, es schlanker und geschliffener haben zu wollen, empfinde ich wie die Kritik an einem Plus-Size-Model. Warum darf ein Eurogame keine XXL-Mechanismen haben und vollgestopft sein mit Pralinen und Schokolade? FEUDUM hat die Figur, die es hat. Es ist voll mit Euro-Pralinés und Schokolade. Wenn man keinen Spaß daran hat, zu naschen und mit Detailliebe zu optimieren und gleichzeitig aus Überborderung, Überforderung und Irrwitzigkeit dabei an immer wieder an Grenzen stösst, der braucht sein Reisebündel erst gar nicht zu packen. "Ein leidenschaftliches, aber launiges Spiel" schreibt der Klappentext auf der Spielregel. Das trifft es.


    Lang lebe der König!