#NewAngeles - Zu 4. in Familienrunde
Immer, wenn ich ein neues anspruchsvolles Spiel auf den Tisch werfe, hat es das grundsätzlich zuerst schwer akzeptiert zu werden. Alles, was nicht Time Stories ist, wird aktuell erstmal kritisch beäugt. Da ich mich bei der Auswahl der Spiele in dieser Runde immer enthalte und mich aufs Anteasern beschränke ( ) fiel die Wahl recht schnell auf New Angeles.
Die Erklärung dauerte bei dem Spiel recht lang. Dazu muss man einerseits sagen, dass meine letzte Runde ein paar Monate her ist und die Feinheiten nicht mehr so recht saßen. Das wurde aber mit Hilfe einer Spiel...-hilfe ausgebügelt. Auf der anderen Seite ist New Angeles ein Spiel, das man nur schwer erklären kann, wie ich finde. Denn das eigentliche Spiel passiert nicht auf dem Brett, sondern zwischen den Mitspielern. Das Material an sich gibt nur den Rahmen vor.
So musste ich mehrfach während der Erklärung Dinge sagen wie "Das hört sich jetzt komisch an, aber im Spiel werdet ihr sehen, dass das auf einmal Sinn ergibt". Sowas widerstrebt mir eigentlich, aber bei einem Spiel wie New Angeles kommt man eigentlich nicht drum herum. Denn eigentlich ist für alle immer klar, was das Beste für die Stadt wäre. Der Kern ist aber, eine Balance zu finden zwischen dem Wohl der Stadt und den eigenen Zielen. Und diese Ziele können manchmal diametral entgegengesetzt sein. Das gipfelt darin, dass neue Spieler manchmal die Tragweite von Entscheidungen und Abstimmungen nicht erkennen. Diese sind nie kompliziert (z.B. bewege 3 Androidenmarker auf neue Plätze). Dennoch muss man tatsächlich erst erfahren, was das für Auswirkungen haben kann, sodass nach 1-2 Runden nahezu jeder am Tisch sagte: "Ach jetzt erkenne ich's!"
Das Spiel als solches ist dabei herrlich durchdacht. Anfangs, in den ersten 2-3 Runden sieht das Spielfeld noch übersichtlich aus und es scheint immer klar zu sein, was das beste wäre. Man benötigt nur einzelne Polizei-Staffeln, um die Aufstände zu unterdrücken, die Leute halten sich bedeckt und streiken kaum, auch das organisierte Verbrechen und die Widerstandsbewegungen agieren eher im Untergrund. Später allerdings verschlechtert sich der Zustand der Stadt zusehens: Krankheiten und Aufstände breiten sich aus, feindliche Einheiten (Punks und Verbrecher) breiten sich aus und man hat einfach viel zu wenige Polizisten, um überall zu helfen. Darüber hinaus zieht der Einsatz von viel Polizei auch noch die Aufmerksamkeit der Regierung auf sich - und das ist genau das, was wir als "herrschende" Mega-Konzerne verhindern möchten.
Interessanter Weise kommt in dieser Runde immer eine gewisse "Anti-Maftiosi-Stimmung" auf. Nach dem Motto: Der kennt das Spiel am besten, also misstrauen wir seinen Vorschlägen grundsätzlich und stimmen erstmal für das Gegenteil. Dennoch konnte ich mit etwas Verhandlungsgeschick - entweder durch eine geschickt gesetzte Drohung oder schlicht und ergreifend Cash - viele Abstimmungen gewinnen und so mächtige Verbündete, Kriminelle und Lobbyisten auf meine Seite ziehen. Anders herum hat mich deren Einsatz auch nicht gerade beliebter gemacht.
Alles in allem zusammengefasst könnte New Angeles auch ein mehr oder weniger simples Kartenspiel sein. Das Material ist großzügig und hochwertig und hat natürlich auch seinen Reiz, denn man regiert über eine (auch optisch) große Stadt. Die Miniaturen, die quasi nur Platzhalter auf dem Spielfeld sind, haben für meinen Geschmack eine extrem gute Qualität und ordentliche Größe. Dafür ist der Preis also auf jeden Fall gerechtfertigt.
Ist das Spiel nun was für dich? Das kommt ganz auf die Gruppe an! Ähnlich wie in #BattlestarGalactica oder #WinterDerToten kann es einen Verräter geben, muss es aber nicht. Und darüber hinaus will natürlich immer noch jeder gewinnen, Verräter hin oder her. Durch die unterschiedlichen Ziele kann es vorkommen, dass alle verlieren oder dass sogar alle bis auf einen gewinnen. Denn das Ziel ist eigentlich immer kapitalabhängig und irgendwer muss eben das wenigste Kapital haben. Bei uns kommt es definitiv bald wieder auf den Tisch. Ein grandioses Spiel mit einfachen Regeln und ordentlicher Spieltiefe.
PS: Und überspitzt gesagt hat es sogar eine Art #Pandemie -Light als Minispiel eingebaut Grundsätzlich könnte man sogar sagen, dass das Spiel eine Art "Pandemie mit Anspruch" ist, das Semikooperativ abläuft (da die Spieler nur eine Zweckgemeinschaft bilden). Natürlich wesentlich tiefer, anspruchsvoller und schöner als Pandemie.