Bei Spielen ist es doch so, dass man einfach Spaß damit haben möchte. Bei Legacy-Spielen soll eben dieser Aspekt auch den Spaß bringen. Die Endgültigkeit von Entscheidungen macht den Spaß und den Nervenkitzel aus. Etwas, das die Gegner von Legacy nicht sehen (weil sie es noch nicht erfahren haben) ist, dass ein Spiel durch einen Legacy-Mechanismus zu meinem Spiel wird.
Ich habe Pandemic Legacy mit Begeisterung gespielt und freue mich schon auf Season 2 und Charterstone. Aber dieses Argument der Endgültigkeit, dass viele Legacy-Fans immer wieder anbringen, kann ich, auch nachdem ich es selbst erfahren habe, nicht nachvollziehen. Ich sehe vom Investment her keinen Unterschied zwischen einer Kampagne P:L und Imperial Assault. Bei beiden habe ich 20+ Stunden damit verbracht das Spiel zu spielen und mir am Ende jeder Partie Gedanken gemacht, was ich als Belohnung/Level-up/... nehmen möchte. Bei beiden muss ich mit einmal getroffenen Entscheidungen für den Rest der Kampagne leben. (Auch wenn es bei IA theoretisch möglich wäre, etwas zu ändern, käme ich gar nicht auf den Gedanken das zu tun. Wenn es die letzte Partie des Tages war, behalte ich mir eventuell vor meine Entscheidung bis zum Beginn der nächsten Partie zu überdenken, aber sobald die nächste Partie begonnen hat, ist es gesetzt.)
Natürlich schmeiße ich nicht gerne Geld zum Fenster raus, aber wenn ich eine Gruppe hätte, die mir zusichert, dass sie bereit ist die Zeit zu investieren und regelmäßig zu spielen, würde ich auch die 50€ für das Spiel nochmal springen lassen. Ich bin kein Schüler/Student mehr - bei mir ist spielemäßig Zeit die einschränkendere Ressource als Geld und somit auch emotional viel bindender.
Allerdings ist das in einem analogen Medium auch eben nur 1x oder begrenzt möglich. Letztendlich ist es aber doch so: Entweder ich habe ein Spiel mit 1-5 Szenarien, die immer bei 0 anfangen. Oder ich habe eine Reihe von Szenarien, die sich verändern und auf einander aufbauen.
Wie gesagt, macht Imperial Assault mMn genau das gleiche - ohne Legacy! Und auch bei Pandemic Legacy wäre es möglich: Statt Aufklebrchen auf meinen Charakterbogen zu kleben, kann ich mir kleine Kärtchen nehmen. Wenn ich Kartenhüllen verwende geht das auch mit Aufklebern auf Karten gut. Statt Aufklebern auf dem Spielplan kann ich da auch kleine Papp-Marker platzieren und mir am Ende der Partie aufschreiben, wo welche dauerhafte Marker sind. Das verlängert zugegebenermaßen den Auf-/Abbau um ca. 10 Minuten, wäre aber machbar. Wenn es gewollt wäre, wäre es also drin. So wie es bei P:L gelöst ist, ist es an mancher Stelle bequemer/angenehmer/übersichtlicher aber nur um ein recht geringes Maß. Den großen Quantensprung kann ich da nicht erkennen.
Pen&Paper ist in der Theorie doch auch nichts anderes: Ich lege mich auf einen Wert fest und muss damit leben. Niemand würde doch am 3. Abend eine Entscheidung vom ersten Abend revidieren und seine Skills umverteilen. Gesetzt ist gesetzt, die Entscheidung ist gefallen. Bei Boardgames ist es dann eben das Material, das sich verändert.
Wenn du bei P&P die Umumkhrbarkeit einer Entscheidung akzptierst, warum nicht auch bei Brettspielen? Warum muss eine Kampagne in einem Brettspiel ein zerstörerisches Element beinhalten um seinen einmaligen Charakter zu entfalten?
Bei P&P kann ich nach 20 Abenden sagen: "Mein Ork-Krieger hat erstmal genug erlebt, ich möchte mal einen Elfen-Magier ausprobieren." Dann kann ich das eine zeitlang machen und dann entweder zum Ork-Krieger zurückkehre oder auch mal einen Tiefling-Paladin ins Rennen schicken oder ... . Alles was ich dabei an Wegwerfprodukt habe, sind ein paar Blatt Papier.
Ich persönlich mag Legacy wgen des Kampagnenmodus, der da automatisch mit drin ist. Aber auf Legacy selber kann ich verzichten. Gebt mir mehr Spiele, die eine Kampagne aus aufeinander aufbauenden Szenarien beinhalten, dann verzichte ich gerne auf Legacy.