Erweiterungsallergie

  • In meinem Spielerumfeld ist seit Jahren eine immer extremer werdende Tendenz zu beobachten, Erweiterungen für jede Art von Spielen abzulehnen. Dabei geht es nicht nur um Gelegenheits- und Wenigspieler, sondern vor allem um Spieler, die ich bis dato als Spielefreaks bezeichnet hätte. Spiele werden inzwischen schon kategorisch abgelehnt, bloß weil dafür Erweiterungen existieren. Es wirkt geradezu wie eine allergische Reaktion darauf. Ich traue mich das Wort "Erweiterung" teilweise schon gar nicht mehr in den Mund zu nehmen, um die Leute nicht verschrecken, wenn ich ein Spiel vorstellen will, von dem ich eigentlich überzeugt bin, dass es für die betreffenden Personen das Richtige ist. Was sich meist auch bewahrheitet, wenn allerdings bekannt wird (wodurch auch immer), dass Erweiterungen existieren oder geplant sind, fällt der Vorhang und das Interesse sinkt rapide bis hin zur vollkommenen Verweigerung, das Spiel überhaupt nochmal spielen zu wollen.


    Irgendwie ist das eine sehr merkwürdige Entwicklung, kennt ihr das auch aus eurem Umfeld? Finden da ähnliche Prozesse statt?

    DragonHunter - Hunt the dragon before the dragon hunts you

  • Spielt ihr denn die Spiele zuerst ohne Erweiterung, und nachdem ihr ein paar Partien normal gespielt habt, dann mit Erweiterung?


    Ich finde manche Spiele erst mit Erweiterung spielenswert (Säulen der Erde, Siedler von Catan), während andere Spiele mit Erweiterungen verlieren (7 Wonders) - für mich.


    Was sagen denn Deine Mitspieler, weshalb sie keine Erweiterungen mögen? "Einfach so"? Oder gibt es Gründe?

  • Derartige Reaktionen kann ich bei uns nicht entdecken. Entweder reicht mir ein Spiel als Grundversion, dann lasse ich Erweiterungen links liegen
    oder ich finde ein Spiel so gut, dass ich mir mehr Abwechslung wünsche, dann schaue ich mir verfügbare Erweiterungen genauer an.


    Das von dir beschriebene Verhalten ist aus meiner Sicht völlig unschlüssig.
    Ein Spiel nur deswegen abzulehnen, weil es Erweiterungen gibt - wo ist denn da das Problem?!
    Ich versteh's nicht. ;)

  • Die Spiele kommen im Normalfall zuerst "blank" auf den Tisch. Wenn ich direkt mit Erweiterung ankomme, ist die Gefahr groß, dass "niemals" auf den Tisch kommen, also auch nicht ohne.


    Die Gründe die dagegen genannt werden, sind eigentlich die üblichen, die man so kennt (von Wenigspielern):


    - zu aufwendig
    - Spiel wird zu lang / kompliziert
    - Das Grundspiel reicht völlig. Mit den Erweiterungen will uns der Verlag nur das Geld aus Tasche ziehen.
    - Ich habe keine Lust mich erst groß damit auseinander zu setzen, ich will schnell losspielen, Spaß haben und fertig.
    - Oftmals aber gar keine wirkliche Begründung sondern eher Genervtheit von dem Thema an sich.


    Ein weiterer Grund mag sein, dass es bei bestimmten Spielen, die sehr auf Erweiterungen ausgelegt sind (LCG und generell Deckbauspiele) in den letzten Jahren oft so war, das Spieler im Nachteil waren, wenn sie sich weniger mit der Fülle an unterschiedlichen Karten auseinandergesetzt hatten. Und da irgendwo der Ursprung der Entwicklung liegt.


    Um die oben genannten Gründe geht es tatsächlich aber auch eher wenig. Die kenne ich von Spielern, die immer schon eher für eine schnelle Runde Phase 10 oder auch Carcassonne zu haben waren. Was mich eher stutzig macht, ist diese Haltung bei Leuten, die sich sonst ausgiebig mit Spielen wie Civilization, Warhammer (20.000 Punkte, 4 gegen 4, 5x3 meter spielfäche, das ganze wochenende), Puerto Rico, Robo Rally, Game of Thrones, Mage Knight, Thunderstone, Magic, Claymore Saga (mit modifizierten D&D Regeln unter Einsatz von 12 Originalspielen + zusätzliche Sonderfiguren, auf dem Fußboden eines Vereinsheimes) und eigentlich allen anderen Spielen auch beschäftigen / beschäftigt haben.


    Klar ist, das bei vielen die Raum für Spielen weniger geworden ist, sei es aufgrund von Kinder kriegen, Hausbau oder zeitaufwendigeren Jobs und mehr Stress. Das ist bei mir auch so. Dadurch wird deutlich weniger gespielt und seltener als früher aufwendigere/komplexere Spiele. Alles erklär- und nachvollziehbar.


    Diese merkwürdige Abneigung gegen Erweiterungen kann ich allerdings nicht wirklich nachvollziehen (bei oben genannten Spielertypus).
    Als Beispiel: Es wurde Thunderstone gespielt. Nur das Grundspiel. Das wurde von einigen Spielern schnell als etwas zu lahm und zu wenig abwechslungsreich eingestuft. Jemand (übrigens nicht ich, nur um mal den Eindruck zu vermeiden, dass ich da vielleicht ein Extremist bin, der anderen mit dem Thema auf den Keks geht und sie so verprellt) und wirft ein, dass es eine Erweiterung gibt, die genau dieses Problem behebt. Reaktion darauf ist vollkommen ablehnend, bloß keine Erweiterung, dann spielt man es lieber garnicht mehr.


    Es wirkt wie eine allergische Reaktion oder eine Übermüdungserscheinung, ähnlich wie die hier im Forum auch schon thematisierte "Neuerscheinungsmüdigkeit", die es bei dem einen oder anderen geben mag.


    Was mich interessiert ist, ob das ein allgemeiner Trend ist. Mehren sich die Spieler, die bei einem neuen Spiel lieber das Rundumpaket in einer Schachtel wollen? Ein Grundspiel, dass alles enthält, was es braucht, um ein rundum gelungenes Spielevergnügen zu gewährleisten. Vielleicht eine entstehende Müdigkeit, immer auf dem Laufenden zu bleiben, immer noch die neueste Schachtel zum Grundspiel zu besorgen oder keine Lust mehr auf das Gefühl, von den Verlagen durch immer neue Erweiterungen "bei der Stange" gehalten zu werden? Kenn ihr eine solche Entwicklung in den letzten Jahren? Ist das in meinem Umfeld eher exklusiv so? Bitte um Berichte! ;)

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  • Hm, also ein Grundspiel verteufeln nur weil es Erweiterungen dafür gibt oder geben könnte kommt mir meistens auch nicht in den Sinn. Allerdings stimme ich durchaus zu, das 90% aller Erweiterungen (für mich) völlig überflüssig sind, da sie meistens das Spiel nicht besser machen, ich bin da also ebenfalls immer sehr skeptisch und dementsprechend wählerisch. Da bin ich schon recht dankbar, wenn man sich die Regeln der Erweiterung mal vorher ansehen kann, um abzuschätzen ob das was taugt - die meisten bleiben direkt im Laden. Von denen die ich habe wurden auch schon einige wieder aussortiert und das entsprechende Spiel wurde in den Originalzustand zurück versetzt.
    Erweiterungen ignorieren und Grundspiel spielen geht jedenfalls ziemlich gut, vor allem wenn das Spiel in sich funktioniert und nicht von Anfang an auf Erweiterungen ausgelegt ist.


    Bei Spielsystemen, die von vorneherein auf extrem viele Erweierungen ausgelegt sind (z.B. die ganzen LCG) mag ich dann aber auch gerne mal direkt drauf verzichten, womöglich macht das ui allem Überfluss auch noch Spaß und dann ist man wieder angefixt und will sich jeden Monat Erweiterungspacks kaufen - muß nicht sein ;)

  • In meinem Umfeld werden solche Spiele zwar nicht verweigert aber ich denke doch feststellen zu können, dass solche Spiele weniger gekauft werden. Viele Spieler haben sich in den letzten 10+ Jahren eine meist beachtliche Spielesammlung angelegt. Und wie Sammler nun einmal sind, sie wollen alles zu einem Spiel haben. Und da ist ein Spiel mit vielen Erweiterungen eine Herausforderung an den inneren Schweinehund, vielleicht nicht alle besitzen zu müssen. Und wie der Kampf in den meisten Fällen ausgeht, dürfte vielen hier bekannt sein :saint:


    Für meinen Geschmack reizen viele Verlage das Thema Erweiterungen zu sehr aus. Der Zeitdruck bei den Spieleverlagen scheint in den letzten Jahren enorm geworden zu sein, schmeißen sie doch jedes Jahr wieder zu Essen Spiele auf den Markt, die dann noch schneller mit Erweiterungen bedacht werden. Bei immer mehr Spielen bekomme ich das Gefühl, dass lieber mehr Zeit in die Entwicklung geflossen wäre, als dass das Spiel schnell schnell veröffentlicht wird und evtl. Designfehler nachträglich über Erweiterungen abgedeckt werden. Noch schlimmer finde ich persönlich sogar, wenn in einem Spiel "freie Felder" bleiben, die erst in einer Erweiterung Sinn bekommen. Das ist dann schon "Nötigung" zum Kauf der Erweiterung. Und richtig lächerlich wird es dann, wenn danach die Erweiterung nicht erscheint.


    Natürlich wird keiner zum Kauf der Erweiterungen gezwungen aber viele hier sind nun einmal Sammler. Und irgendwann ist der Punkt erreicht, wo Platz, Finanzen oder die Ehefrau/der Ehemann nicht mehr mitspielen (im doppelten Sinn). Da kann ich eine solche Abwehrreaktion durchaus nachvollziehen.

  • Vermutlich ist meine Spielgruppe da sehr eigen, aber ich habe eher eine andere Erfahrung. Nun ist es ja so, dass keiner von denen ein Spiel kaufen muss, sondern sie alle zu mir kommen und bei mir spielen, daher sind sie deutlich aufgeschlossener. Dennoch stelle ich oft fest das es eine Erweiterung einfacher hat bei uns auf den Tisch zu kommen, als ein neues Spiel. Bei dem neuen Spiel müssen neue Regeln gelernt werden, während ein schon bekanntes Spiel mit vielleicht nur einer neuen Regel einfacher und entspannter zu spielen ist.

    Be seeing you,
    Matthias Nagy

    Das hier ist mein Privat-Account. Alle hier geäußerten Meinungen sind nur meine privaten Meinungen und geben nicht die Meinung von Deep Print Games oder Frosted Games wieder.


  • Das sind aber alles Gründe gegen eine Erweiterung. Die sind in der Tat nicht neu und durchaus nachvollziehbar.


    Deine These war doch, dass Spiele, zu denen es Erweiterungen gibt, deswegen grundsätzlich abgelehnt und auch in der Grundversion nicht ausprobiert werden.
    Das war der Umstand, den ich nachwievor nicht nachvollziehen kann.

  • Marcel, ich habe keine These aufgestellt, ich habe die Situation aus meinem Umfeld beschrieben und gefragt, wem ähnliches auch bekannt ist.


    Die aufgeführten Gründe sind welche die gegen Erweiterungen genannt werden (von anderen, nicht von mir), so war es meinerseits auch gemeint.


    Hm, ich lese gerade Deinen Post nochmal und weiß nicht so genau, ob Du was bestimmtes von mir wissen willst, oder worauf Du abzielst?

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  • Hm, ich lese gerade Deinen Post nochmal und weiß nicht so genau, ob Du was bestimmtes von mir wissen willst, oder worauf Du abzielst?


    Ich hatte deinen Ausgangspost dahingehend verstanden, dass bei euch Spiele nicht gespielt werden, wenn es Erweiterungen dazu gibt (unabhängig davon,
    ob die überhaupt im Besitz sind). Deine Antwort auf mein Posting erläuterte hingegen, warum Erweiterungen allgemein bei euch abgelehnt werden.
    Für mich waren das 2 verschiedene Sachverhalte, mehr wollte ich mit meinem 2. Posting eigentlich nicht aussagen.

  • Ein Basisspiel abzulehnen, nur weil es eine Erweiterung dazu gibt ist völliger Quatsch. Zumal nur die Spiele eine Erweiterung bekommen, die sich auch gut vermarktet haben. Wenn ich die alle ablehne, müsste ich eine Menge guter Spiele ablehnen.


    Aber ich glaube das ist nicht der Hauptpunkt, der die im Magen liegt, oder? Dein eigentliches Problem scheint doch zu sein, dass deine Kumpels weniger Zeit zum Spielen haben. Die Ablehnung der Erweiterungen ist also wohl eher ein Symptom als die tatsächliche Krankheit. Aus Zeitmangel wollen sich deine Mitspieler halt nicht auf eine Erweiterung (eines ohnehin schon guten) Spiel einlassen. Gründe dafür hast du schon selbst schon genug genannt.


    Die einfachste Lösung wäre in der Tat einfach auf Erweiterungen zu verzichten. Ich hatte auch eine Phase in der ich quasi alle Erweiterungen, die es so gibt, gekauft habe. Heute frage ich mich vor jedem Kauf "Hast du das Basisspiel überhaupt oft genug gespielt, um eine Erweiterung zu rechtfertigen?" In 95 % der Fälle ist die Antwort "NEIN" (und wieder gilt zuviel Spiele, zuwenig Zeit). Also kaufe ich de facto so gut wie keine Erweiterungen mehr und bin dann auch nicht gefrustet, wenn ich sie nicht spielen kann.

  • @M'Marcel P.' - Ah, ich komme dahinter, meine Antwort bezog sich nicht auf Dein Post, sondern auf das davor. Dein erster Post stand da noch garnicht, als ich anfing zu schreiben. Ich hätte wohl besser zitiert oder Tom namentlich angesprochen... :D



    Zitat

    Aber ich glaube das ist nicht der Hauptpunkt, der die im Magen liegt, oder? Dein eigentliches Problem scheint doch zu sein, dass deine Kumpels weniger Zeit zum Spielen haben. Die Ablehnung der Erweiterungen ist also wohl eher ein Symptom als die tatsächliche Krankheit. Aus Zeitmangel wollen sich deine Mitspieler halt nicht auf eine Erweiterung (eines ohnehin schon guten) Spiel einlassen. Gründe dafür hast du schon selbst schon genug genannt.


    @Mixo - Nein, das sind schon zwei verschiedene Punkte. Das allgemein das letzte Jahr zu wenig Zeit zum Spielen war, dafür liegen die Ursachen eher bei mir, als bei anderen (auch wenn es in meinem Umfeld eine allgemeine Tendenz ist.) Das wird sich in 2014 aber auch wieder ändern. (Daumen drück). Ich habe auch kein Problem damit, erweiterungsfreie Spiele in die Runde zu werfen, an Auswahl mangelt es ja nu wirklich nicht. Mich interessiert eher, ob das ein Phänomen ist, dass auch anderswo auftaucht. Vielleicht eine allgemeine Entwicklung in den Spielgewohnheiten. Zum anderen geht es mir darum, mal Rückmeldungen dazu zu bekommen, wie andere hier das Thema sehen. Darin, das es sich wohl eher um ein Symptom, als um die Krankheit handelt, stimme ich mit Dir überein ... allein schon aufgrund der Irrationalität der Sache, im Grunde geht es eher darum allgemein weniger Zeit diesem Hobby/Interesse widmen, bzw. die dafür zur Verfügung stehende Zeit anders (entspannter?) einsetzen zu wollen.

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  • Also eine Erweiterungsallergie und deren Ausprägung wie von dir geschildert ist ja schon krass.
    Ich könnte es verstehen - hmm nein kann ich eigentlich nicht aber ich führe meinen Gedanken dennoch zu ende - wenn ich mir kein Spiel zulege für die es Erweiterungen gibt. Ich würde es damit begründen, dass ich zuviel Geld nur für Erweiterungen ausgeben würde.


    Ich beobachte bei mir/uns, dass wir für die wenigsten Spiele schon mal eine Erweiterung genutzt haben da wir das Spiel selbst zu selten Spiele. Hier kommt die "Masse" an Spielen zu geringer Spielzeit.


    Ich nehme diesen Thread als Anlass mir Gedanken darüber zu machen ob ich Sätze mit Nebensätze ablehnen sollte. :)


    Jedem Tierchen sein Pläsierchen - ah das muss in die Signatur


    MfG
    fleXfuX

    Wer die Weisheit mit Löffeln gegessen hat, neigt zu geistigem Durchfall.

  • Generell finde ich, dass viele Erweiterung wie schon genannt die SPiele komplizierter machen. die Regeln dann auf mehrere Heftchen verteilt sind, und wir die Spiele daher manchmal dann weniger spielen...


    Sohergesehen sehe ich das dann auch eher skeptisch. Es gibt aber auch viele Ausnahmen: Und zwar meist dann, wenn die Erweiterung einfach integrierbar ist, ohne dass man das Spiel neu lernen muss. Beispiele:
    - Arkham
    - Kingdom Builder

  • Ich nehme diesen Thread als Anlass mir Gedanken darüber zu machen ob ich Sätze mit Nebensätze ablehnen sollte.


    He he. Hättest du das fehlende Komma gesetzt, hätte jeder gesehen, dass du hier einen Nebensatz verwendet hast. Sehr raffiniert von dir. ;)

  • Ich habe beim Lesen zuerst gedacht: "Wie absurd ist das denn? Das kann doch gar nicht sein." Denn an sich verändert ja das Vorhandensein einer Erweiterung erstmal nichts am Grundspiel. Und es gibt ja auch durchaus Spiele, bei denen sich der Spielreiz durch die Erweiterungen steigert oder verlängert.
    Aber mich erinnert das so ein bißchen daran, wie es mir anfangs mit Risiko: Evolution ging. Ich empfand den Gedanken, mir ein Spiel zu kaufen und es dann beim Spielen so zu verändern, dass ich den Originalzustand nicht mehr wiederherstellen kann zuerst sehr befremdlich.


    Dahinter steckt so ein bißchen der Gedanke, dass ein Spiel etwas eindeutiges sein soll.