Kickstarter & Co.

  • Hallo Profis.


    Das Crowdfunding und ähnliche Projekte stark im Kommen sind (oder bereits da sind) ist bekannt. Nun wollte ich einfach mal ins Forum fragen, ob und was für Erfahrungen ihr mit solchen Projekten gemacht habt?
    Was gibt es alles für Plattformen? Was für Spieler werden dort finanziert?
    Was für eine Plattform hat St. Peter auf die Beine gestellt?


    Ich bin da einfach zu wenig im Bild. Aber ev. würde es auch den einen oder anderen interessieren, von einigen "Spezialisten" spannende Beiträge zu lesen...


    Besten Dank schonmal 8-)

    -- Man hört nicht auf zu spielen weil man alt wird. Man wird alt, weil man aufhört zu spielen !--

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe bisher vor Allem bei Kickstarter Spiele "unterstützt". (Eminent Domain, 1955, Edo, Glory to Rome, Urbanization)
    Ein Projekt auch bei Indiegogo (Among the Stars) und eines bei der Spieleschmiede (Express 01).


    Prinzipiell würde ich aus dem Bauch heraus sagen: Du weißt nie, wann Du Dein Spiel bekommen wirst. Es gibt Beispiele wie Eminent Domain, Glory to Rome oder 1955, da sind die Spiele Monate, teils ein Jahr (GtR) nach dem angekündigten Termin erschienen.
    Andere Spiele waren pünktlich fertig (Among the Stars, Flashpoint).
    Und noch andere waren fast schon früher fertig (Edo).


    Der Unterschied ist eben der, dass ein Verlag normalerweise sein Spiel nach hinten verschieben kann, was zwar die (potentiellen) Käufer traurig macht, aber dann wird halt ein anderes Spiel derweil gekauft. Bei den Crowdfunding-Plattformen hast Du aber bereits bezahlt. Das ändert Deine Erwartungshaltung natürlich deutlich.


    Dann gibt es den Aspekt des Ortes: Die meisten Projekte werden für die USA gestartet. Also bedeutet das für die Unterstützer aus Deutschland:
    - Extra Portokosten
    - Einfuhrumsatzsteuer
    Damit ist es meistens schon nicht mehr sinnvoll, ein Spiel über Kickstarter zu kaufen, weil es bei den hiesigen Händlern meist günstiger zu haben sein wird - in ein paar Fällen auch früher...


    Ich würde es mir halt immer genau durchrechnen, und die Firma genau anschauen. Erstlings-Projekte sind halt immer ein gewisses Risiko. Wie gut kennt sich der Projekt-Organisator mit den Kosten aus? Realistische Kalkulation oder Utopisch?
    Bei der Terminen: Währen Edo super-pünktlich von Queen Games kam, warten wir immer noch auf Urbanization. Der Spiel des Jahres Preis für Kingdom Builders kam dazwischen; damit musste der Markt erstmal bedient werden, ehe neue Spiele kommen.

  • Habe bisher bei Indiegogo "Vanuatu" (nur die Erweiterung), bei Kickstarter "1955", "Rithmomachia" und "World Conquerors" (erfolgreich) sowie "Samsara" und "Stackit!" (nicht erfolgreich) "gebackt", außerdem auf Startnext "Limes"-Spiel, das es leider auch nicht geschafft hat. Außerdem das ein oder andere Musik-Projekt.


    Problem bei Kickstarter sind tatsächlich oft die Versandkosten, bzw. teilweise die Zeiten. 1955 wurde von Ludofact hergestellt, aber erst in die USA verschickt und von dort aus an die Unterstützer ...


    Fast schon seltsam finde ich, dass die deutsche Startnext-Plattform nicht mehr der doch recht vielen Spieleautoren verlockt. Bei "großen" Spielen kann es natürlich zu starken Verzöägerungen kommen, weil z.B. chinesische Zulieferer eine Rolle spielen, oder dergleichen. Aber gerade kleine Spiele, z.B. Kartenspiele, könnten so stärker in den Fokus von Spielern gerückt werden, als wenn es bei einem normalen Verlag erscheint (als eines von vielen). Und Abwicklung / Versand können innerhalb Deutschlands doch recht easy abgewickelt werden.


    Was die Kalkulation etc. angeht: Ich erwarte bei einem Projekt, dass auch offengelegt wird, wie kalkuliert und getimet wird. Bei unserem eigenen Projekt (ab Februar) geht es zum Beispiel gerade darum, dass das Spiel gemeinsam mit dem vierten Band einer vierbändigen Comic-Steampunk-Novel erscheinen soll, daher wird alles zeitig und tough durchgeplant und -gerechnet sein. Außerdem denke ich, dass es gerade kleinere Spiele (um die 15 / 20 Euro) leichter haben sollten - große Projekte von Newcomern, bei denen es um 40 Euro geht, dürften es bei der herrschenden Spieleflut schwer haben.


    Insgesamt glaube ich schon, dass der Markt für Gesellschaftsspiele insgesamt mehr und mehr "aufgemischt" werden wird - im positiven Sinne. Denn Spiele entwickeln (inklusive vieler Testspieler, Regel-Beta-Testern, quasi redaktionell arbeitenden Mitspielern, etc. kann man auch ohne "institutionalisierten" Verlag, selbst die Herstellung geht noch (auch wenn die Preise bei Kleinauflagen erschreckend hoch sind - wir haben da gerade diverse Kostenvoranschläge auf dem Tisch ...), das Problem war bisher eindeutig der Vertrieb. Mit Spielen aber, die ein spezifisches Zielpublikum ansprechen, und der "virtuellen Mundpropaganda", die ein Crowdfunding-Projekt ermöglicht, kann man auf anschließende Vertriebswege und damit verbundene schrumpfende Gewinnspannen (Vertrieb / Großhandel / Handel wollen ja auch ihren Teil vom Kuchen) zum guten Teil umgehen. Und wenn ein Spiel "gefundet" wurde, sollten die reinen Herstellungskosten ja auch schon finanziert sein. Wo also bleiben die Projekte?


    Ich bin jedenfalls gespannt, wie sich das hierzulande weiterentwickelt.

    Es gibt keine guten oder schlechten Spiele. Nur Spiele, die mir liegen und welche, die nicht meine Tasse Tee sind.

  • Eigene Erfahrungen mit Kickstarter habe ich nicht, nur einiges mitbekommen.
    Ich bin aber skeptisch, was das allgemeine Geschäftsmodell angeht.
    Hoffentlich passt meine Antwort aber trotzdem noch ins Thema "Kickstarter".


    Zitat

    Original von duchamp
    Insgesamt glaube ich schon, dass der Markt für Gesellschaftsspiele insgesamt mehr und mehr "aufgemischt" werden wird - im positiven Sinne. Denn Spiele entwickeln (inklusive vieler Testspieler, Regel-Beta-Testern, quasi redaktionell arbeitenden Mitspielern, etc. kann man auch ohne "institutionalisierten" Verlag, selbst die Herstellung geht noch (auch wenn die Preise bei Kleinauflagen erschreckend hoch sind - wir haben da gerade diverse Kostenvoranschläge auf dem Tisch ...), das Problem war bisher eindeutig der Vertrieb.


    Ich stimme mit dir zwar überein, dass man ein gutes Spiel auch ohne institionalisierten Verlag produzieren kann, befürchte aber, dass es eben deutlich häufiger einfach nur eine sehr spezielle Fan-Fiktion sein wird. Ich glaube eine wichtige Phase für das Spiel sind viele, viele Testspiele. Ich glaube aber auch, dass genau diese Phase für den Autor einfach nur anstrengend ist und deswegen befürchte ich, dass diese einfach mehr oder minder übersprungen wird bzw. in einem engen Rahmen stattfindet.
    Als Beispiel ziehe ich einfach mal schamlos Star Trek heran: Ein Trekkie macht ein (schlechtes) Star Trek Spiel - was er natürlich selbst super findet. Schreibt auf Kickstarter was für ein tolles Star Trek Spiel es wird und bringt allerlei Stichworte, die bei Trekkies und ggfs. auch Brettspielern feuchte Augen produzieren - viele Leute bestellen es vor.
    Der Autor testet es in seiner Clique, die natürlich schon genau im Spiel involviert sind. Randfälle kommen dabei nicht hoch, zum einen weil der Autor seine Tester "in die richtige Richtung lenkt", zum anderen weil es ein sehr homogenes Publikum ist und natürlich kein Spieler daran ernsthaft denkt, bspw. eine andere Figur als Piqard zum Captain zu wählen (auch wenn die Spielmechanik möglichweise garantiert, dass man mit Deanna Troi als Captain gewinnen würde - für einen Trekkie absurd!


    Geliefert wird dann irgendwann ein zusammenhangsloses Sammelsurium an eingelösten Stichpunkten und gutem Willen, was möglicherweise als Spiel mehr schlecht als Recht funktioniert.
    Soweit meine Befürchtungen.


    Ein instituioneller Verlag hilft da in sofern, als dass er nochmal eine kritischere Jury darstellt, die ggfs. auch nochmal mit anderem Publikum auf das Spiel schauen.
    Das muss nicht immer gut sein, manchmal werden gute Spiele auch "weichgespült".


    Ich selbst habe ja auch eher einen spezielleren Geschmack, der eigentlich davon profitieren würde, dass der Weichspüler fehlen könnte, aber befürchte, weil eben das testen so nervend ist, dass sich dieser Aspekt eher durchsetzen wird.

  • Tyrfing, man ist nicht ganz hilflos beim Abschätzen der Qualität von Kickstarter Projekten, natürlich kann man trotzdem mal eine Gurke erwischen. Aber durch Kommunikation mit dem Ersteller der Projekte, und durch gewisse Projektdaten die man erhält, zum Beispiel schon vorliegende Anleitungen,Artworks usw... kann man durchaus die Professionalität einschätzen.


    Es gibt leider keine Statistik, warum Projekte gescheitert sind, und das wieviele lässt sich bei Kickstarter auch eher durch inoffizielle Seiten, als über Kickstarter selbst erfahren, aber ich könnte mir vorstellen, das einige Projekte die nicht genug Vorinformation lieferten sang und klanglos gescheitert sind.


    Wir hatten ja hier im Forum auch schon mal den Fall, das jemand sein Brettspielprojekt beworben hat, was aber wegen der schlechten Aufmachung und fehlender Informationen auch nicht gut ankam. Ich denke die Leute die Kickstarter nutzen, sind schon einigermaßen kritisch. Gerade bei Technikprojekten schlagen Leute mit hohen Ansprüchen als Supporter auf. Bei Brettspielen dürften auch in der Mehrzahl Leute die sich gut mit dem Thema auskennen ein Spiel suppporten, und nicht die uniformierte Masse.


    Zu Queen Games als renommierter Verlag bei Kickstarter muss ich auch noch etwas sagen. Ich fand es unangemessen den Termin für die Projekte zurückzusetzen, nur weil man plötzlich mit Kingdom Builder die Kapazitäten besser auslasten konnte.


    Man hätte dann eben Kapazitäten zukaufen müssen, oder wenn das nicht möglich ist in den saueren Apfel beißen, und seine Zusagen vorbehaltlos einhalten. Oder die letzte Option, man sollte die Supporter, wenigstens für die Verzögerung entschädigen,wie auch immer das geschehen mag. Weil professionell ist so ein Verhalten nicht. Bei jedem Geschäftskunden würde man damit gegen die Wand laufen.

  • Zitat

    Original von TyrfingIch stimme mit dir zwar überein, dass man ein gutes Spiel auch ohne institionalisierten Verlag produzieren kann, befürchte aber, dass es eben deutlich häufiger einfach nur eine sehr spezielle Fan-Fiktion sein wird. Ich glaube eine wichtige Phase für das Spiel sind viele, viele Testspiele. Ich glaube aber auch, dass genau diese Phase für den Autor einfach nur anstrengend ist und deswegen befürchte ich, dass diese einfach mehr oder minder übersprungen wird bzw. in einem engen Rahmen stattfindet.


    Absolut korrekt. Man braucht als Spieleautor sowieso eine Reihe Möglichkeiten und Spielegruppen, die unvoreingenommen auch Beta-Tests machen (also ohne Spielerklärung durch den Autor!), und diverse Feedback-Personen mit wirklich kritischen Stimmen. Auf Selbstveröffentlichungs-Pfaden desto mehr! Ich spiele meine Prototypen mit Spieleautoren-Kollegen bei den SAZ-Treffen und in Weilburg, mit komplett Unbekannten in Göttingen, bei der Stuttgarter Spielemesse, bei Spieletreffen, auf denen ich eher selten bin und auch nicht alle Leute kenne, im Jugendhaus mit jungen Leuten, etc. - Das Schlimmste ist eine Betriebsblindheit, da gebe ich dir völlig recht. Daher muss JEDE Kritik oder Idee, die bei solchen Gelegenheiten von außen kommt, ernstgenommen und durchgecheckt werden - das gehört zum Selbstverständlichsten beim Entwickeln eines Spiels! Auch hilft es, wenn man mit ein bis zwei anderen Personen sofort und direkt ausprobieren / prüfen kann - Autorengespanne sind nicht umsonst häufig anzutreffen, auch Ehepaare sollen ja schon erfolgreich gewesen sein ... :)


    Meines Wissens führen aber auch nur wenige Verlage wirklich lange Testreihen mit den verschiedensten Spielegruppen durch - außer den ganz großen der Branche kann sich das niemand leisten (personell wie zeitlich). Auch ein Verlag, der bei größeren Spielertreffen mit Prototypen dabei ist, wird auf "geneigte" Spieler treffen, und oft die Regeln erklären, anstatt anhand einer (unfertigen) Regel testen lassen. Und im weiteren Prozess, wenn es auf die Veröffentlichung zugeht, v.a. mit den altbekannten Leuten das Spiel feintunen, anstatt jede Änderung durch ein "objektives" Massen-Testverfahren abklären lassen ... dagegen ist auch nichts einzuwenden - letztlich zählt nur das Ergebnis. Ich möchte bloß darauf hinweisen, dass ich die Diskrepanz zwischen einer Selbstveröffentlichung und einem durch einen Verlag veröffentlichten Spiel diesbezüglich für nicht zwingend soo groß erachte, die Professionalität des selbstveröffentlichenden Spieleautors vorausgesetzt.


    Wenn man nur mal so Revue passieren lässt, wie viele Regeln in der zweiten Auflage nachgebessert, wie viele Unklarheiten nachträglich aufgedeckt werden - da hilft die Verlagsgröße nicht wirklich. Tatsache ist, erst mit der Veröffentlichung kommt der Testfall für den Ernstfall - als Ernstfall. Das ist wie bei Kinofilmen: Oh ja, die werden in Durchschnittskinos getestet, danach umgeschnitten, oder was weiß ich - ob sie ein Erfolg werden, weiß niemand. Selbst die größten Filmkonzerne nicht. Und wenn dann aberhunderte von Partien innerhalb weniger Wochen gespielt werden, und jede auftauchende Unsicherheit sofort online gepostet wird, trifft das vor allem Spiele mit vielen Details, unabhängig vom Veröffentlichungsprozess.


    Bei einem Spiel als Crowdfunding-Projekt erwarte ich kein "Fan-Projekt", sondern ein sorgfältig ausgetestetes, fertiges Produkt, dessen Regeln online erhältlich sind und von dem ich womöglich sogar einen Prototypen basteln kann - wie bei 1955, das ich spielen konnte, bevor ich es unterstützt habe.


    Ich bin absolut skeptisch bei Projekten, die mehr an Hype verbreiten, als sie in der Projektphase wirklich an Informationen bereitstellen. Sich selbst bejubeln macht noch kein gutes Spiel.


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    Zurück zum Topic: Brettspiele sind m.E. auch deswegen so wenig vertreten (im Gegensatz zu Computerspielen oder Musikprojekten), da sie sich oft schlecht einschätzen lassen. Wenn ich schon mal eine Probeaufnahme eines Songs hören kann oder eine erste Szene aus einem Computerspiel ansehen, bin ich schon viel dichter am Endprodukt. Ein Brett- oder Kartenspiel - und das Erlebnis, das ich damit habe - kann ich erst mit dem realen Produkt erfahren. Ein Spiel-Video hilft da nur bedingt weiter. Dort schauspielert jeder, wie toll das Spiel ist, anstatt wirklich zu spielen. Wir alle wissen, wie seltsam bis albern Spieler, die sich unbeobachtet fühlen, in Essen aussehen. Oft hat man den Eindruck, die sitzen bloß bräsig um den Tisch. Fragt man sie nachher, wie es war, fanden sie es total klasse - man versank richtig im Spiel!


    Man will ein Spiel am liebsten (an)spielen, bevor man es kauft - oder unterstützt. Hm ...

    Es gibt keine guten oder schlechten Spiele. Nur Spiele, die mir liegen und welche, die nicht meine Tasse Tee sind.

  • Die Plattfom sieht interessant aus, leider bisher nur auf französisch, soll aber auch noch auf deutsch kommen:


    http://www.mywittygames.com/


    Hier eines der aktuellen Spiele erklärt:


    http://www.cliquenabend.de/new…euheit-Witty-Chronos.html



    Da mein Französisch alles andere als perfekt ist, kann mir jemand sagen, ob und wie man die Spiele kaufen kann? Also die älteren, wo das Crowdfounding schon abgeschlossen ist. Ich hab in der FAQ dazu nichts gefunden.

  • Ich habe bisher nur Express01 über die Spielschmiede "vorbestellt" (und das ist ja bekanntlich noch nicht ausgelierfert).


    Als alter Roborally-Fan hat mich dann aber auch das Kickstarterprojekt "Twin Tin Bots" interessiert. Obwohl der Autor Philippe Keyaerts ja für gute Spiele bekannt ist, scheint dieses Projekt offensichtlich nicht erfolgreich gestartet zu werden (noch 68h und "erst" 15T$ von 40T$ erreicht). Allerdings ist mir in diesem Zusammenhang auch eine weitere Plattform Ulule aufgefallen, über die die französische Version veröffentlicht werden soll. Bisher wohl überwiegend auf Französisch, scheinen hier aber auch einge Projekte auf Englisch für den europäischen Kontinent gestartet zu werden.


    Klaus