Empfehlungen zum Spielen „da draußen“

  • Aus dem Thread über die neuen Inhaber der SPIEL, wo dieses Thema off-topic wäre:

    Man sollte sich immer vor Augen führen, dass Spieleempfehlungen für normale Menschen so aussieht…

    Hier ein paar Gedanken von jemandem, der jahrelang (2007-2019) gelegentlich für die Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ) geschrieben hat:

    Zunächst würde mich ehrlich interessieren, welchem Medium der fotografierte Artikel entstammt. (Ein paar Minuten später: Hab‘s gefunden: Das Wochenblatt Hallo Allgäu Hallo-Allgäu vom Samstag, 15.Januar - Yumpu.com )

    Natürlich erscheint es wie eine vertane Gelegenheit, in einem solchen Artikel nur auf „olle Kamellen“ hinzuweisen. Jetzt wissen wir aber nicht, was der Auftrag war. Ging es womöglich tatsächlich darum, Klassiker vorzustellen? Der Untertitel „Die Spieleklassiker im Überblick“ weist darauf sogar hin…

    In der RNZ konnte ich einige Spiele nach eigener Auswahl vorstellen. Dazu habe ich natürlich aktuelle, erhältliche Neuheiten vorgestellt. Es gab aber auch Anfragen, ob ich zu bestimmten Spielen oder Themen was schreiben kann. Das eine oder andere Mal war der Hintergrund, dass der Redakteur jemanden kannte oder getroffen hatte und dabei auf bestimmte Spiele aufmerksam gemacht wurde. Ein anderes Mal ging es um Artikel rund um unser Bundesland (BaWü) - und in dem Kontext wurde ich gebeten, einen Abschnitt zu Baden Württemberg Catan beizusteuern - Baden-Württemberg Catan | Board Game | BoardGameGeek

    Wenn die Autorin oder der Autor des Klassiker Artikels (leider wird diese Person nicht mit Namen aufgeführt) also womöglich eine direkte Vorgabe hatte, hat sie oder er den Job halt entsprechend korrekt gemacht.

    Zum Thema Spieleklassiker habe ich drei konkrete Schlüsselerlebnisse, die mich echt ein wenig auf den Boden der Tatsachen geholt haben und von denen ich gerne berichten mag.

    1. Ich half 2007 als Spiele-Erklärerin bei Baden Württemberg Spielt. Das meist nachgefragte Spiel war Don't Point the Finger | Board Game | BoardGameGeek - Der magische Finger. Einfach das Gimmick des Plastikteils übte eine so enorme Anziehungskraft auf viele Kinder aus, dass der Versuch anderer Empfehlungen vergebene Liebesmüh war. Darüber hatte ich dann in der Fairplay geschrieben.

    An wem ist das Spiel DER MAGISCHE FINGER von Piatnik auf der Spiel '06 nicht komplett vorbeigegangen? […] Das Ding war der Renner! Denn wonach griffen die Kinder zielsicher? Nach allem, was nach Gimmick aussah: Außer dem grünen Firlefanz von Piatnik wurde CAPTAIN BILLY BONES angeschleppt, STAPELMÄNNCHEN von Ravensburger, PIPELINES wieder von Piatnik usw. […] Für eine komplette Partie reichte aber der kindliche Geduldsfaden dann doch nicht aus: Nachdem jedes Kind ein paar Mal den Finger bedienen durfte, war der Reiz dahin und das Spiel ging zurück an die Ausleihe, um die nächsten Wartenden zu beglücken. […]

    2. Initiiert durch die Spieliothek Mannheim gibt es in Mannheimer Stadtteilbibliotheken Spielenachmittage für Schülerinnen und Schüler. In meinem zweiten (und letzten) Jury-Jahr 2009/2010 nahm ich an einigen von ihnen teil, um wirklich mit Menschen zu spielen, die nicht aus der Szene kommen, aber eben Zielgruppe sind. Meistgefragtes Spiel: Schlag den Raab - Schlag den Raab: Das Spiel | Board Game | BoardGameGeek

    3. Im Gespräch 2011 mit Peter Janshoff erzählte er, wie er neue Menschen abholt, die ihren Weg ins Spielezentrum finden. Ich zitiere noch einmal aus dem Archiv meiner eigenen Texte:

    Im Hintergrund steht die Motivation „Ich will die Menschen erreichen,“ wie Peter Janshoff immer wieder betont. Dieses Anliegen liegt ihm merklich am Herzen. Selbst wenn dies bedeutet, erst einmal mit Neulingen eine Partie MENSCH ÄRGERE DICH NICHT im Spielezentrum zu spielen, bevor er behutsam andere Spiele vorschlägt.

    Fazit: Besser, Hallo Allgäu berichtet über Klassiker als gar nicht über Spiele und das Spielen.

  • Kathrin danke für die Ausführung. Aber ich hatte es nicht als schlecht dargestellt, sondern zur Relativierung der eigenen Sicht auch Empfehlungen.


    Ich habe auch schon für die Zeitung was geschrieben und Anregungen geliefert (bezog sich aber eher darauf, dass Brettspiele keine USK haben).


    Es werden auch ab und an andere Spiele empfohlen und sie werden von mir nicht gesteinigt. 🙂

  • Ich habe auch festgestellt, dass die größte Hürde das Regelstudium ist.


    Wenn neuen Spielern ein Regelheft mit 30+ Seiten entgegen springt und dann vielleicht noch ein Glossar dazu kann man beobachten wie das Interesse den Gefrierpunkt erreicht.


    Manche Firmen verfolgen ja daher bereits den Ansatz der Videotutorials oder den die Regeln nur nach und nach einzubringen (Kampf um Hogwarts, Pranken des Löwen und Robin Hood etc.)


    Wenn das Belohnungszentrum nicht direkt getriggert wird kann man aufgrund der niedrigen Konzentrationswilligkeit viele Spiele sofort abschreiben.


    Vielleicht sollte als zusätzliches Kriterium auf Boxen auch der Umfang des Regelwerks bzw. der Aufwand zu dessen Erarbeitung vermerkt werden?

  • IMHO ist die Frage, was ist das Ziel eines Artikels.

    Wenn es helfen soll Spiele zu verkaufen, dann sollte man Spiele besprechen oder empfehlen, welche einfach sind und möglichst viele Menschen sinnvoll erreichen. Dann kann man auch so einen Artikel über Klassiker machen, auch wenn das immer noch besser ginge.

    Wenn es eine kritische Darstellung sein soll, so wie neue Bücher und neue Filme besprochen werden, die nicht um den Platz im Feuilleton kämpfen müssen wie es unsere Blase muss, dann ist das eher im Bereich "6, setzen, Thema verfehlt".

    Mit dem Fazit stimme ich überein. Besser sowas als gar nichts.

    Be seeing you,
    Matthias Nagy

    Das hier ist mein Privat-Account. Alle hier geäußerten Meinungen sind nur meine privaten Meinungen und geben nicht die Meinung von Deep Print Games oder Frosted Games wieder.

  • darkpact

    Hast du schonmal einen Artikel über Brettspiele in einer Zeitung gesehen, der nicht quasi eine Einkaufsliste für Weihnachten war?

    (lokale Helden wie den ansässigen Spieleautor im Dorfblatt zu interviewen, das zählt auch nur so halb)


    Diese kritische Darstellung, dieser "Platz im Feuilleton", das findet doch gefühlt gar nicht statt.

    Mein Blog (Illustrationen, Brettspieldesign, Angespielte Spiele)

  • Leider immer weniger. Der Knopf hatte seine Rubrik damals in der SZ, aber das ist ja schon ewig her.

    Aber es gibt noch vereinzelte Schreiber, die sehr wohl das Feld bedienen. Karsten Grosser und Stefan Gohlisch haben da schon sehr tolle Kolumnen.

    Be seeing you,
    Matthias Nagy

    Das hier ist mein Privat-Account. Alle hier geäußerten Meinungen sind nur meine privaten Meinungen und geben nicht die Meinung von Deep Print Games oder Frosted Games wieder.

  • Hast du schonmal einen Artikel über Brettspiele in einer Zeitung gesehen, der nicht quasi eine Einkaufsliste für Weihnachten war?

    (lokale Helden wie den ansässigen Spieleautor im Dorfblatt zu interviewen, das zählt auch nur so halb)

    Aber das ist doch ein verlags- / händlerseitig erzeugtes Problem. Die investieren ihre Werbeausgaben in die Beilagenblätter und die Zeitung hat gar nichts davon; vielleicht etwas vom Verteilen.

    Wenn ich der Zeitung mit Spieleempfehlungen komme, schwillt der Zeitungsverwaltung regelmäßig der Hals an, weil die das als Gratiswerbung verstehen. Wenn ich Berichte von Spieleveranstaltungen veröffentlichte, war es nie ein Problem. Die sind begeistert. Veranstaltungen gehen.
    Die ganzen Kulturveranstalter schalten für ihre Events auch Anzeigen in den Zeitungen. Die Spielebranche ist davon weit entfernt. Die versteht ihr eigenes Produkt doch auch vorrangig als Wirtschaftsgut und weniger als Kulturgut. Wie weit verbreitet ist denn das Eventlertum unter den Verlagen? Wann feiern die denn ihre Produkte?
    Erwerbliche Produkte haben es in der Zeitung nicht so leicht. Ich schiele da immer - leicht neidisch - auf die Musik, Buch, Games Kurzempfehlungen. Diese Artikel sind in der Regel aber einfach preiswert eingekauft.

    Wovon soll denn der Printaufwand, Journalist und sonstige Verwaltung gezahlt werden, wenn weder der Händler noch der Verlag Anzeigen schalten? Ein weiteres hausgemachtes Problem ist, die Branche hat zu viele "Gratis-Journalisten" 8-)) , die den Job ausfüllen, und die Verlage haben geringe Not ihre Produkte abzusetzen. :/


    Liebe Grüße

    Nils

  • Mangelnde Werbeanzeigen sind definitiv ein Problem, das stimmt.


    Und natürlich wird man wertvollen Platz in einer Zeitung nicht mit Gratis-Empfehlungen verschwenden.

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