SPIEL 2019: Pressekonferenz - alles anders als gewöhnlich

  • Die Internationalen Spieltage SPIEL - die weltweit größte Publikumsmesse für Gesellschaftsspiele - hat heute am 23. Oktober 2019 seine Pforten für die Fachpresse geöffnet. Einen Tag vor den vier kommenden Besuchertagen ging es wie üblich um 11:00 Uhr morgens mit der Pressekonferenz des Friedhelm Merz Verlags los. Wer das die letzten 20 Jahren mitgemacht hat, erwartet gewohnte Routine. Diesmal kam aber alles anders.



    Der Veranstalter in Federführung von Dominique Metzler überraschte alle Anwesenden - wie auch mich - mit echten Innovationen. Und damit meine ich nicht, dass es diesmal Mini-Wraps statt einen gemischten Schnitchenteller nach der optionalen Begrüßungssuppe gab. Brokkoli-Creme, lecker. Frau Metzler verzichtete auf das Vorlesen der ewig langen Liste ausgewählten Neuheiten, sondern beschränkte sich auf die Neuerungen der SPIEL '19. Davon gab es eine Menge, so dass ich die nett gemeinten, aber dennoch nichts sagenden Grußworte des Stadtoberen überspringe.



    Der Eingang Ost wird der neue Haupteingag zur Spielemesse. Alternativ könnt Ihr auch weiterhin den Eingang Süd benutzen und wer schon eine Eintrittskarte hat, dem steht auch Eingang West zur Verfügung. Aber zurück zum Eingang Ost. Das ist schon fast wieder wie damals als Bluff zum Spiel des Jahres gekrönt wurde. Erinnert sich noch wer an die altehrwürdigen Halle 12? Damals waren die Kassen draußen und wir Wartende den Witterungsereignissen ausgesetzt, nur um sich dann in einem überfüllten Vorraum zu quetschen, darauf wartend, dass es endlich 10:00 Uhr wird.


    Damals ist gestern und heute ist anders und besser. Denn Eingang Ost präsentiert sich völlig neu. Von Licht durchflutet und die Kassen sind innerhalb des Hallenbereiches untergebracht. Das ist die neue Halle 8 und von dort kommt Ihr direkt zur neuen Halle 7 und das schon vor dem eigentlichen Einlass um 10:00 Uhr. Diese Halle 8 bietet ein Messerestaurant mit empfehlenswerten Speisen, wie uns Frau Metzler nach Selbsttest versicherte. Vegane Speisen inklusive im Angebot. Dazu 500 Sitzplätze für alle Wartenden, so dass Ihr ganz entspannt und gestärkt in den Messetag starten könnt. Perfekt für alle Frühaufsteher.


    Dort gibt es auch eine erweiterte Garderobe und wer sich an den begrenzen Platz der letzten Jahre erinnert, wird diese Serviceerweiterung sicher dankend annehmen. Denn an uns Brettspieljäger und Sammler wurde ebenso gedacht. Wer 5 Euro zahlt, kann seinen Koffer oder Rucksack dort zusätzlich zur Jacke abgeben und hat für 2 Euro Aufpreis beliebig oft am Tag Zugriff auf seine Sachen, um weiter einzulagern. Der Veranstalter hat erkannt und es auch so ausgesprochen, dass Tütenschleppen zum Parkplatz nervig ist und hiermit eine Alternative geboten wird. Gefällt mir, den niemand kann und will einen ganzen Tag Cloudspire All-In mit sich herumschleppen müssen.



    Weiter im Text der Pressekonferenz. Die obligatorischen Wachstumszahlen wurden zwar immer noch präsentiert, das aber angenehm kurz und knapp gehalten. Besonders im Expertenspielbereich ist nicht nur ein Wachstum zu verzeichnen, sondern besonders die Vielfalt nimmt zu. Allerdings ziehen die Preise auch an. So zahlt man aktuell im Durchschnitt für ein Kartenspiel 10 bis 15 Euro, ein Familienspiel ist bei 35 Euro veranschlagt und bei den Expertenspielen wurde eine Preisspanne zwischen 100 bis 150 Euro genannt. Da erscheint mir ein Crystal Palace für einen 50er als angenehmes Schnäppchen, während für diverse Deluxe- und Komplettversionen durchaus diese Preise und noch weit mehr aufgerufen werden - aber was erzähle ich Euch da.


    Erzählt wurde es aber allen auf der Pressekonferenz, denn dort sind nicht nur nerdige YouTuber unterwegs, die halstief in der Szene stecken und aus dem Stehgreif alle Asmodee-Studios herunterbeten können und die neuesten Kickstarter-Kampagnen sowieso. Da sitzt auch ein Redakteur der ARD und von Pro 7, der fachfremd solche Infobrocken dankend aufsagt. Schließlich ist die SPIEL ein aktuelles Thema der Tagesschau & Co und Brettspiele längst mitten in der Gesellschaft angekommen. Zumindest so lange man jetzt nicht unbedingt Kingom Death Monster und Konsorten damit meint.



    Die SPIEL-PREVIEW-NIGHT schreibt sich komplett in Grossbuchstaben und hätte dabei gut und gerne dreimal so groß werden können, wie aktuell im Premierenjahr geplant. Innerhalb von 2 Minuten waren alle 550 Tickets dafür ausverkauft. Dabei gab es eine Nachfrage von rund 1500 Karten für dieses Spielevent im Kongress-Center Süd der Messe. Während ich hier meinen Bericht tippe, spielen dort seit 19:00h bis nachts um 01:00 die Glücklichen, die sich eines der begehrten Tickets sichern konnten. Die Spieleauswahl sollte durch die 36 unterstützenden Verlagen gegeben sein. Aber davon hoffentlich anderswo und von anderswem mehr. Bitte erzählt mal, wer da vor Ort ist.



    Ein ebensolcher Erfolg ist der EDUCATORS‘ DAY schon jetzt. Die Anzahl der Ganztagsschulen steigt und analoge Spiele sind längst ein Thema dort und die Nachfrage, an dieser Veranstaltung am Messefreitag teilzunehmen, war überragend. Geplant sind 8 Vorträge und mit 180 Interessenten hatte der Veranstalter geplant. Inzwischen sind es 600 Personen, weshalb die Diskussionsrunden per Video in einen zweiten Saal übertragen werden.



    Der Innovationspreis der Spielebranche innoSPIEL wurde mit einigem Aufwand vergeben. Nominiert waren Detective von Pegasus, Ab durch die Mauer von Zoch und Keyforge von Asmodee. Gewonnen hat das Kinderspiel mit Erwachsenenpotential von Zoch und die Überraschung, Begeisterung und Freude der Prämierten war spürbar im Saal. Das Leuchten in den Augen vom Autor Jürgen Adams war unübersehbar. Herzlichen Glückwunsch für sein Werk, das vorab von anderen Verlagen als zu komplex für Kinder und zu seicht für Erwachsene abgelehnt wurde und durch den Zoch Verlag die nötige und preiswürdige redaktionelle Reife erlangt hat. Anspieltipp - auch für mich!



    Der Deutsche Spielepreis 2019 war hingegen nur eine kurze Randnotiz. Auch weil die Preisträger schon bekannt und so keine Neuheit im Sinne einer News waren. Aber auch, weil die Preise dazu im Rahmen einer gesonderten Abendveranstaltung am Donnerstag überreicht werden. Hier einer Erwähnung wert ist noch, dass es Flügelschlag derweil in der vierten Auflage gibt - die Nachfrage ist also durchaus vorhanden - und dass der Concept Kids Co-Autor Alain Rivollet ist im Alter von nur 56 Jahren am 05. August verstorben ist. Das Letztere war zwar kein Thema der Pressekonferenz, sollte hier aber nicht ungenannt bleiben. Hinter jedem Spiel stecken eben auch Menschen. Wer sich verbunden fühlt und kondolieren möchte, findet entsprechendes Buch am Repos-Production Messestand ausliegen.



    Themenwechsel. Die SPIEL ist längst nicht nur Spielemesse, sondern immer auch schon Treffen der Branchengrößen gewesen. Mit den Panels und Diskussionsrunden öffnet sich diese Branche dem interessierten Besucher und so könnt Ihr am Samstag von 11:00 Uhr an fünf verschiedenen Nebenveranstaltungen der SPIEL teilnehmen. Im Eintrittspreis inbegriffen und eventuell auch die entspanntere Alternative, um dem Messerummel am erwartet übervollen Samstag ein wenig zu entgehen und trotzdem weiterhin dem Thema Brettspiel verbunden sein. Das vollständige Programm findet Ihr auf Panels – SPIEL Messe


    Als ein Diskussionsthema war "Board games in Iran – a largely unknown yet expanding market" angesetzt, das zwar weiterhin stattfindet, allerdings umgeplant werden musste. Etliche Diskussionsteilnehmer wurde die Ausreise aus dem Iran verweigert oder haben für Deutschland kein Visum bekommen können. Dazu kam noch, dass angefragte Speditionen keine Spiele aus dem Iran exportieren wollten. Hier zeigt die aktuelle Weltpolitik ihre Auswirkungen auf die ansonsten eher politikfreie Brettspielbranche. Schwieriges, weil komplexes Thema, das ich hier nur verkürzt anreißen könnte. Deshalb nehmt das hier als Information mit und macht Euch selbst ein Bild - am besten im Gespräch mit denen, die es betrifft. Am Samstag ab 13:00h habt Ihr Gelegenheit dazu.



    Woanders ist der Kuchen nur eine Lüge, hier nicht. Denn lecker geht es weiter und zwar mit dem BrettSPIELcake - einer großen Charity-Aktion von Bloggern, YouTubern und Podcastern. In einer Blödelei verwurzelt, hat sich die Idee verselbständigt, allerdings nicht von alleine, sondern dank der Backkunst von 50 Kuchenspenden. Am Stand H100 des Friedhelm Merz Verlags in Halle 3 könnt Ihr gegen eine Spende von 2,50 Euro lecker Kuchen essen und einen Kaffee gibt es noch dazu und Sitzplätze inklusive. Der Erlös geht an das bundesweite Mentorenprogramm Balu und Du. Für so viel Initiative gab es eine Menge Applaus während der Pressekonferenz. Und ich habe nur eine kleine Bitte: Lasst mir ein Stück Schokokuchen übrig. Oder die Schwarzwälder-Kirsch vom Kuchen-Bernd!


    Kuchenstücke von 50 Kuchen reichen nicht ewig und der Spendenerlös davon ist eben wie die Kuchenspenden begrenzt, deshalb gibt es von Donnerstag bis Samstag, zwei Stunden von 15:00 bis 17:00 Uhr, die Spiel4Good Kampagne. In Halle 5 am Stand A113 könnt Ihr für 25 Euro eine Wundertüte kaufen - gefüllt mit drei Spieleneuheiten. Etliche Verlage haben dafür Spiele gespendet und die Ausleihe der SPIEL-PREVIEW-NIGHT findet sich ebenso in den Wundertüten wieder. Schnäppchenpreis und das für den guten Zweck, denn der Erlös geht ebenfalls an das Mentorenprogramm Balu und Du.



    Damit nicht genug der Neuigkeiten. Die SPIEL hat den Livestream für sich entdeckt. An allen vier Messetagen kann jeder, der nicht selbst live vor Ort ist, ein wenig Messeatmosphäre schnuppern. Mit dabei sind u.a. Tom Vasal und Rocket Beans TV. Ausgestattet ist das Twitch-Studio von RATHSKELLER, die sich nicht nur ebenfalls groß schreiben, sondern auch tolle, wenn auch arg teure Spielemöbel herstellen. Wer sich einen solchen Tisch nicht selbst leisten mag, der kann ein 5000 Euro Exemplar gewinnen. Mehr dazu auf https://www.facebook.com/rathskellers



    Abschließend stellte der Spieleverlage e.V. noch die aktuellen Marktzahlen vor: Wachstum. Ungebrochener Trend der Exit- und Escape-Spiele. Wachstum bei hochwertigen Spielen mit guter Ausstattung. Zielpublikum der 15+ Jährigen ist erschlossen. Deutsche Verlage werden immer internationaler. Elektronik nur eine Nische, weil Haptik weiterhin im Vordergrund steht. Stationärer Handel wächst - vor allem in Universitätsnähe. Die Nachfragen nach Neuheiten ist ungebrochen, denn jeder Spieler ist ein Multiplikator mit viralem Effekt. Vor allem steht die Leidenschaft fürs gemeinsame Hobby im Mittelpunkt und da bildet die "SPIEL 2019 als positives Irrenhaus" (O-Ton Spieleverlage e.V. in Person von Hermann Hutter) einen Höhepunkt.


    In diesem Sinne, lasset die Spieleneuheiten durch Euch erspielt werden ... oder so. Das war es von der Pressekonferenz der SPIEL 2019 als Auftakt der vier tollen Tage.