Der Freitag auf dem SpieleWahnsinn 2017 in Herne war erstaunlich voll und irgendwie auch recht laut. Musste man vor zwei-drei Jahren am Freitag noch nach Mitspieler suchen, war es diesmal gut gefüllt. Allerdings konnte ich all das spielen, was ich auch spielen wollte - sofern es denn da war. Dazwischen eine Menge Bekannte und Freunde getroffen - Herne ist eben auch ein wenig wie grosse Familie, man kennt sich halt. Fünf Stunden am Freitag sind einfach zu wenig, aber eben auch nur der Auftakt in ein langes Spielewochenende.
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Asmodee hat sein "Die Legende des Wendigo" aus Platzgründen nur am Stehtisch kurz vorgestellt. Schade, hätte ich gerne angespielt, weil ich die Spielidee interessant anders finde. Mal sehen, ob sich nicht doch noch am Samstag die Gelegenheit dazu ergibt - notfalls an den Tischen der öffentlichen Spielausleihe. Wer die Heidelberger erwartet hatte, wird leider enttäuscht - keine reduzierten 2. Wahl Spiele mehr und auch sonst war eben alles unter dem Banner von Asmodee aufgebaut. Die Vielfalt und der Platz für Freakspiele ist damit geschrumpft. Prototypen hatten die keine dabei, wer also auf Hellapagos gehofft hatte, wird leider nochmals enttäuscht. Dafür gab es die Neuheit Yamatai und die Dauerbrenner Gobblet Mampfers und Colt Express in gross.
Labyrinth The Paths of Destiny : Bei Corax Games gespielt und von Sven erklärt. Für uns alle die Erstpartie. Ein sehr konfrontatives Spiel, das der Zielgruppe von Munchkin & Co gefallen könnte, wenn die etwas mehr Spieltiefe suchen. Wir wollen einen Schlüssel einsammeln und danach aus dem Laybrinth durch die Mitte entkommen. Blöd nur, dass noch keine Wege im Hexrahmen ausliegen und die Mitte durch ein Golem bewacht wird. Reihum hat jeder zwei Aktionspunkte, mit denen wir allerlei anstellen können von Hexfelder auslegen bis unsere Sonderfähigkeiten nutzen oder den Golem bewegen und vieles mehr. Eine Übersichtskarte der Aktionen wäre allerdings schön gewesen, dafür gibt es aber allerlei Fallen und Sondereffekte auf einer ausliegenden Doppelseite erklärt.
Insgesamt ein sehr interaktives Hauen und Stechen, wobei es schwierig war, gegen die Aktionen der Mitspieler anzukommen, wenn man selbst alleine in der Minderheit ist. So spielten wir abwechselnd alle gegen den wechselnden Führenden oder gegen denjenigen, den wir dafür hielten. Grafisch anfangs etwas unübersichtlich und spielerisch eher im Amitrash angesiedelt, deshalb sehr speziell. Wird sicher seine Freunde finden, nur meines war es nicht ganz. Dafür war ich eher zu sehr Spielball der Mitspieler.
Frogriders : Bei Pegasus gespielt, auch wenn es von Eggert Spiele stammt. Klassisches Familienspiel, das seine Wurzeln im Halma-Mechanismus hat. Es liegen offen Auftragskarten aus, die für alle gelten und ansagen, welche Froschreiter in welchen Farbkombinationen Punkte bringen. Zusätzlich hat jeder noch seinen eigenen Geheimauftrag. Überschneidungen sind da durchaus möglich und gewollt. Sind wir am Zug, so überspringen wir einen Frogrider auf dem Spielplan und nehmen den gerade eben Übersprungenen an uns. Danach können wir noch farbige Frogrider abgeben, um alternativ nochmals springen zu können, eine Sonderkarte mit neuen Punkten oder Aktionsmöglichkeiten zu ziehen oder mit dem Vorrat zu tauschen.
Spielt sich flott, sieht gut aus, überfordert nicht, aber lässt Raum für eigene Taktiken über die Sonderkarten. Am Ende gab es ein 30-30-29 Ergebnis und für mich damit den dritten Platz. Wer ein einfaches Familienspiel mit einem abstrakt-gewohnten Mechanismuskern sucht, wird hier fündig. Mir hat es Spass gemacht, ist aber nichts, was ich jetzt aufregend spannend fand. Ich bin da schlicht nicht die angepeilte Zielgruppe. Spielerisch und optisch aber grundsolide.
Century Die Gewürzstrasse : Bei Abacus gespielt und diesmal in Zweierrunde. Ich wollte schlicht meinem Ersteindruck der etwas windschiefen Dreierpartie etwas entgegensetzen. Vor einer Woche beim "Essen spielt" Treff von AllGames kamen bei uns keine Gewürz-Sammel-Karten ins Spiel, erst in der Schlussphase. Vorab gab es nur Umwandler-Aufwärter-Karten. Diesmal war der Aktionskartenstapel zufällig anders gemischt und so konnte ich eine Kombination aus den verschiedenen Kartentypen auf die Hand bekommen, um damit so etwas wie eine Sammel- und Umwandlungsstrategie fahren. Das fühlte sich schon mehr nach einem Spiel an und insgesamt besser.
Trotzdem bleibe ich dabei, dass dem Spiel eine vorgegebene Mischung an Aktionskarten fehlt. Denn so ist es schlicht Zufall, ob eine Partie die Chance hat, spannend zu verlaufen oder man fast nur irgendwie aufwertet und dazwischen genötigt ist, gehäuft seine einzige Sammel-Karte wieder aufzunehmen, weil man ansonsten kaum an Gewürznachschub kommt. So bleibt für mich ein gutes Potential leider im redaktionell unausgereiften Mittelmass stecken. Klar könnte man hier mit Hausregeln nachhelfen, für die verlangten 35 Euro in Herne verlange ich allerdings ein Spiel, das immer eine gute Partie ermöglicht. Schade.
(Falsch gespielt, wichtige Regel übersehen, deshalb ist der Erst- wie auch Zweiteindruck falsch und nix wert. Muss ich nochmal neu und dann richtig spelen.)
Prototyp von Reworld : Bei Eggert Spiele gespielt. Aus der Feder von Kramer und Kiesling. Diesmal ist die Kolonisierung einer fernen Welt das Thema. In der ersten Spielphase sammeln wir über Handkarten gesteuert einzelne Terraforming-Module ein, die wir an unser Raumschiff koppeln. In der zweiten Spielphase nutzen wir nach und nach und immer schön von aussen nehmend diese Module, um fünf Städte aufzubauen und Punkte zu sammeln. Hand aufs Herz, das Thema ist aufgesetzt, weil irgendwie hatte ich stets das Gefühl eine Art aufgebohrte Patience zu legen und nicht der Menschheit eine neue Heimat aufzubauen. Die Abstraktheit des Spiels schimmert durch und alles funktioniert nach dem Last-In-First-Out-Prinzip in fünf Reihen.
Mechanisch funktioniert das alles prima und scheint auch gut durchdacht und konstruiert zu sein, dafür bürgen die Autorenveteranen mit ihren Namen, aber mir fehlte die Faszination. Die Spannung entstand alleinig dadurch, dass ich mir in der Aufbauphase des Spiels noch nicht so recht vorstellen konnte, wie das alles in der Abbauphase wird passen können. Erstaunlicherweise hatte ich mich nicht in eine Sackgasse gespielt, allerdings auch ohne Chance auf den Sieg. Weil um das Spiel gut spielen zu können, muss man umgekehrt denken, denn was man zunächst aufbaut, wird als letztes gebaut und findet hoffentlich die passenden Vorgängermodule vor, die man allerdings erst danach aufbaut. Knoten im Kopf, den man umgehen könnte, wenn man sortenrein sammelt und so immer Zugriff auf die passenden Module hat. Das wird man aber kaum schaffen, da die Handkarten bestimmen, wohin man seine Module sortieren darf im Aufbau.
So haben wir hier ein eher mathematisch-abstraktes Denkspiel vor uns, bei dem wir im Wettstreit die besseren Stadtreihen entstehen lassen. Das Potential dazu sammeln wir in der vorgeschalteten Aufbauphase über fünf Runden. Dabei ist Zufall, welche Kartenwerte wir auf die Hand bekommen und welche Modulteile zum Aufbau zur Verfügung stehen und ob die lieben Mitspieler nicht genau da zugreifen, was wir eigentlich haben wollten. Am Ende werden zudem Mehrheiten und Ziele belohnt, die man als Erster erfüllen sollte. Spätestens dann sollte man wissen, was die Mitspieler so gesammelt haben und wo man Mehrheiten brechen kann oder eigene Mehrheiten absichern sollte. Wer nur mit sich selbst und seinem Knoten im Kopf beschäftigt ist, der wird hier keinen Blumentopf gewinnen können.
Kein Mombasa, kein Great Western Trail, eher auf einer Ebene mit Porta Nigra und Glück Auf Kartenspiel. Wer die Art der Spiele von Kramer und Kiesling mag, wird auch hier einen guten Vertreter des Eurogames-Genres vorfinden, das auf Kennerspiel-Niveau liegt. Mir persönlich war es dann aber doch zu konstruiert. Eventuell gewinnt es aber auch noch, wenn man es in grösserer Runde spielt und damit mehr Konkurrenz hat und der Faktor und die Spannung mehr greift, wie lange begehrte Aufbaumodule dort noch ausliegen werden und man weniger vorausschauend optimieren kann. Verdient eine Zweitpartie.
Gleich am Samstag geht es dann weiter ...
Cu / Ralf