Beiträge von sneuhauss im Thema „Welche Spiele von heute sind morgen Klassiker?“

    Für mich ist die Verbreitung das entscheidende Kriterium. Die Verbreitung entsteht für mich als Kombination aus Klasse, Verfügbarkeit und Auswahlmöglichkeit.


    Meiner Meinung nach kann ein Vielspielerspiel niemals ein typischer Klassiker werden - und deshalb finden hier auch alle die richtigen Klassiker blöd. Auch früher gab es durch Avalon Hill ja schon lange und anspruchsvollere Spiele, aber diese waren der breiten Masse gänzlich unbekannt. Bei einem richtigen Klassiker kann aus meiner Sicht ein nennenswerter Anteil der Normalbevölkerung mit dem Namen etwas anfangen, idealerweise haben sogar viele das Spiel schon gespielt.


    Mädn, Monopoly, Risiko - DAS sind richtige Klassiker! Ich möchte (auch) keines der Spiele mehr spielen. Diese Spiele haben es aber geschafft, viele Menschen zu unterhalten. Ich bewege mich in einem spielerischen Segment, in das kaum jemand, der nicht Vielspieler ist, Einblicke hat. Ich habe etliche Freunde und Familienmitglieder, die gerne spielen - aber die haben in keinster Weise eine Ahnung davon, was im Vielspielerbereich passiert!


    Wenn ich "heute" mal gaaaaanz weit bis in die 90er Jahre dehne und nur Spiele mit mindestens mäßigem Anspruch betrachte, bleiben aus meiner Sicht höchsten Spiele wie Siedler, Carcassonne, Dominion (und mit Abstrichen El Grande) übrig, die eine Chance darauf haben, einmal Klassiker genannt werden zu dürfen. Das sind die Spiele, die in Spielgeschäften bedingungslos erhältlich sind, die es durch umfangreiches Marketing und unendliche Erweiterungswut geschafft haben, sich in den Köpfen der Leute zu verankern. Diese Spiele kennen vielleicht nicht die Großeltern, aber die Eltern, Onkel und Tanten kennen und schenken sie.


    Wenn ich mit Wenig-Spielern über das Spielen spreche, sind das die Titel, die man in deren Regalen findet. Das ist auch okay (und aus meiner Sicht eine klare Weiterentwicklung zu Mädn und Monopoly).


    Das zum Thema Bekanntheit. Die Verfügbarkeit hatte ich ja auch schon angerissen. "Unsere" Spiele sind zwar über das Internet gut (ausreichend) verfügbar, aber die Masse wird wahrscheinlich in den Spielwarenabteilungen von kaufhof, karstadt und Co. gemacht, und da sieht es dann ja schon dünn aus. Dort ist der Ladenplatz eben auch begrenzt und das schränkt die Auswahlmöglichkeit eben extrem ein.


    Die Auswahlmöglichkeit hat sich wahrscheinlich am stärksten verändert. Ich habe das Gefühl, dass im Vergleich zu früher unglaublich viel mehr Spiele veröffentlicht werden. Das liegt daran, dass es immer mehr Autoren gibt (und hier spreche ich nur vom Vielspielerbereich, denn nur da kenne ich mich etwas aus). Früher war der Kreis überschaubar, es gab die bekannten Größen (Kramer, Kiesling, Teuber, Knizia - später Feld, Rosenber & Co), die von ihrem Business leben konnten. Durch den vergleichsweise überschaubaren Schöpferkreis war auch die Anzahl an neuen Titeln noch verdaulich - und dadurch hatte jedes Spiel ausreichend zuspruch der Spieler und die Verlage konnten vernünftie Stückzahlen produzieren.


    Gerade in den letzten Jahren (und es geht immer weiter) wollen aber immer mehr Spieler sich ihren Traum erfüllen und selber ein Spiel herausbringen - weil sie es können! Diese "Autoren" können ganz anders an ihr Projekt herangehen, denn sie müssen keine Gewinne erzielen. Wahrscheinlich ist es für gestandene Verlage günstiger, diese Spiele aufzulegen (nur meine Vermutung, dass einfach auch die Zahlungen viel geringer sind), sodass auch kleinere Produktionsmengen produziert werden können - oder wenn sich kein Verlag findet, kann eben jeder selber z.B. über Kickstarter sein "Baby" verkaufen. Wahrscheilich wächst der markt an neuen Spielen stärker als die Anzahl neuer Spieler, sodass sich die Aufmerksamkeit der Spieler nur noch einem Bruchteil des Marktes widmen kann - was wiederum zu niedrigeren Produktionsgrößen der einzelnen Titel führt.


    Ich vereinfache jetzt sehr stark, aber früher gab es hat ein Spiel pro grobem Segment: Würfelbasiertes Rennen (Mädn), Krieg (Risiko), Wirtschaft (Monopoly) und Strategie (Schach). Diese Spiele konnten so Konkurrenzlos zum Klassiker werden. Heute werden alle Genres beliebig kombiniert und die Themenvielfalt (ob aufgesetzt oder nicht) nimmt schon erstaunliche Ausmaße an. Und wenn es eine Nische gibt, die noch nicht besetzt ist, kommt ein neuer Hobby-Autor und erfindet ein neues Spiel - bis sich dann die Spielergemeinde entscheiden kann, auf welcher Südseeinsel es das strategische card-driven Civ-Spiel spielen möchte...


    Dann hat jedes Spiel halt nur 500 Käufer, aber dafür kann sich jeder Spieler mechanisch und thematisch beliebig ausleben und in seine Welt abtauchen - aber dass so noch Spiele wie früher entstehen, die jeder kennt, wird aus meiner Sicht immer schwieriger. Nicht umsonst ist das neueste meiner "heutigen" Spiele mit Klassiker-Chance (Dominion) auch schon fast 10 Jahre alt...

    Das was man selber dafür definiert, da es eben keine allgemein gültige Definition gibt.Für mich sind das Spiele, bei denen ich mit glänzenden Augen und feuchten Händen freudig erregt der nächsten Runde entgegensabbere - denkwürdige Partien aus der Vergangenheit ziehen am inneren Auge vorbei und die abgedroschene Floskel:
    "Früher war alles besser" schwirrt einem im Hirn rum. Das sind für mich Klassiker ^^ , eben die guten alten Spiele, die sooo heutzutage vermutlich nicht nochmal entwickelt würden.

    Ich glaube, ich verstehe, was Du meinst:


    "Die Geschichte wurde an jenem Tag neu geschrieben, als meine zittrigen verschwitzten Hände erst im zweiten Versuch den Würfel erwischten und mein Herzschlag das dumpf-klopfende Geräusch im Würfelbecher aus zartestem Bison-Leder locker übertönten. Mein Puls lag bei 155, als der Elfenbeinwürfel in Zeitlupe herauskullerte, auf einer Ecke fast endlos tanzte. Als dann tatsächlich die 5 liegen blieb und ich den großen Favoriten auf dem letzten Feld vor seinem Zielbereich noch abfangen konnte, hätte ich die Welt umarmen können!"
    Warst Du nicht derjenige, der in Essen lange an diesem Stand mit den extra-großen MÄDN-Brettern stand? ;-P:mobb: