Beiträge von Thygra im Thema „[Spiele-Jahrgang 2017] Valletta von Hans im Glück“

    Mein Gedankengang vorhin war folgender: für den Redakteur ist der vorgelegte Prototyp vielleicht das 301. Spiel dieser Art, das ihn zum gähnen bringt.

    Ich kann sehr gut das 301. Spiel privat zum Gähnen finden, es aus beruflicher Sicht aber für interessant halten. Das sind zwei Dinge, die deutlich unterschiedlicher sind, als du das vielleicht glauben magst.

    Das bringt mich zu der Frage, ob jemand, der als Redakteur tätig ist, diesen Job überhaupt beliebig lange ausüben kann. Oder scheucht er nach einer gewissen Anzahl Jahren jeden Prototypen vom Hof, weil er alles schon gesehen hat?

    Meines Erachtens wird eher umgekehrt ein Schuh daraus. Insbesondere die jahrelange Erfahrung und die Kenntnis dessen, was es schon alles gab und gibt, sind beste Voraussetzungen dafür, dass ein Redakteur schneller erkennt, wenn ihm eine echte Perle vorliegt. Auch das Wissen, welche Titel der Vergangenheit sich wie gut verkauft haben, ist sehr hilfreich


    Das ist aber auch sehr zielgruppenabhängig. Ein Verlag, der primär Kenner- und Expertenspiele macht, muss deutlich mehr darauf achten, nicht den 301. Aufguss von etwas zu veröffentlichen, weil seine Zielgruppe das sonst nicht interessant genug findet. Dagegen muss ein Verlag, der den Massenmarkt bedient, stärker auf die Wahl des Themas und das Marketing achten.


    Man könnte evtl. auch sagen:
    - Ein Redakteur für Kenner- und Expertenspiele sollte wissen, was bei den Spielern angesagt ist. - Ein Redakteur für den Massenmarkt sollte wissen, was in der Gesellschaft angesagt ist.


    In beiden Fällen ist Erfahrung für einen Redakteur ein unschätzbares Gut.

    Ich halte "übersättigt" für gut möglich.


    Wenn man 10 tolle Eurogames kennt und mag, freut man sich auf das 11. und mag es vermutlich auch, weil es wieder etwas ganz Neues bietet.


    Wenn man 300 tolle Eurogames kennt und mag, freut man sich vielleicht schon weniger auf das 301. als auf das 11., weil man jetzt schon viel mehr Unterschiedliches kennt und es immer schwieriger wird, etwas Neues zu finden. Man hat von manchen Elementen auch schon 10 Variationen gesehen und ist dann vielleicht satt für diese Elemente.


    Ist natürlich nur Spekulation, und die Zahlen 10 und 300 könnten auch 20 und 500 oder 5 und 100 oder so lauten, die sind für jeden von euch sicher unterschiedlich.


    Mir geht es jedenfalls privat ähnlich. Ich habe viel mehr Spaß daran, Spiele mit einem neuartigen Spielgefühl wie z. B. Captain Sonar, Magic Maze, Time Stories, Pandemic Legacy, Witness oder Escape Room zu entdecken als ein weiteres Eurogame, das bekannte Elemente neu verknüpft. Dazu habe ich einfach in den letzten 30 Jahren zu viele Spiele kennengelernt.


    Das mag aber auch eine Schattenseite meines Berufes sein.


    Ich glaube, ich bin etwas mehr off-topic geworden als geplant ...