Beiträge von Fluxx im Thema „Gerechtigkeit im Spiel“

    Ob ein Koop-Spiel ungerecht sein kann? Selbstverständlich. Passiert ja oft genug, dass man in die Eier getreten wird, obwohl man sein Bestes gegeben hat. Spaß kann das trotzdem machen.

    OK - so global gesehen hast du natürlich recht, wenn ich gute Leistung bringe, dann ist es nur gerecht, wenn ich auch die Früchte ernten darf. Ich hate das eher kleiner gesehen - alle am Tisch erleben das Gleiche - wie kann es da einem einzelnen gegenüber ungerecht sein.



    Die einzige "Gerechtigkeit", die meiner Meinung nach etwas in einem Spiel zu suchen hat, ist die, dass zu Beginn alle die gleiche Chance auf den Sieg haben, wenn wir von kompetitiven Spielen sprechen. Das jedoch, bevor das Spiel beginnt. Balance, sozusagen...

    Das ist doch schon mal ein Punkt, den man anführen kann und auch diskutieren kann, ob das alle so sehen oder nicht.
    Wie ist das dann aber bei einem Spiel, wie Descent/Imperial Assault, wo ein Team gegen einen Einzelnen spielt. Ist es dann gerecht, wenn beide Seiten ca. 50% Gewinnchance haben oder ist es gerechter, wenn die Seite mit mehr Spielern auch öfter gewinnt?


    ...ist Gerechtigkeits-Empfinden nicht immer vollkommen subjektiv, solange man involviert ist?

    jein! Gerechtigkeit ist natürlich subjektiv - aber manchmal gibt es durchaus Situationen, wo die meisten einig sind, dass etwas ungerecht ist, evtl sogar jemand, der davon profitiert.
    Oder es gibt Situationen, in die zu verschiedenen Zeitpunkten viele verschiedene Leute kommen. Wenn davon nur 1% im Anschluss das Gefühl haben, die Situation sei ungerecht gewesen ist das was Anderes als wenn 99% der Leute so empfinden. Auch die 99% machen das nicht objektiv - aber man hat da eine ganz andere Diskussionsgrundlage.



    Ein kooperatives Spiel muss also hart zu den Spielern sein. Gewinnt man einfach, zuckt man die Schulter und das war's dann

    Aber heißt das, dass das Spiel 'ungerecht' ist?

    Da muss ich (als Funkenschlag Fanboy) noch anmerken, dass Friedemann dann auch gesagt hat, dass man das Spiel bewusst um solche Mechanismen designed, um die Spieldynamiken zu erzeugen. Das ist bei Funkenschlag wohl der Fall.

    Er sagt aber im gleichen Staz etwas wie 'wenn es thematisch begründet ist'. Ich bezwifle, dass der internationale Rohstoffmarkt so funktioniert, dass die kleinsten Abnehmer die günstigsten Konditionen bekommen. (Ich will nichts gegen Funkenschlag sagen - ich fand es nur amüsant, dass gerade Friedemann diesen Aspekt doch als recht negativ ansieht.)



    Ob hoher Glücksanteil ungerecht ist, kann ich nicht sagen, tendentiell würde ich es aber bejahen. Das hängt bei mir aber oft mit der Herangehensweise an das Spiel zusammen: Bei einem King of Tokyo oder aber auch bei längeren Spielen wie dem Ringkrieg bin ich von vornherein darauf eingestellt, dass das Glück eine entscheidende Rolle haben kann und fühle mich in der Folge nicht "ungerecht" behandelt. Bei einem neuen Spiel, das erst wie ein Optimierspiel daherkommt und man dann merkt, dass alle meine Aktionen im Vergleich zum Glücksmoment irrelevant werden, empfinde ich das dann als ungerecht. Da das Spiel sich dann nicht mit meiner Erwartungshaltung deckt, fühle ich mich getäuscht (das kommt bei modernen Spielen aber wirklich selten vor).


    Auch ein interessanter Aspekt! Ist Gerechtigkeit abhängig davon, wlche Erwartungshaltung ein Spiel erweckt?


    Das erste beschreibt einen Besitz. ("Haben" = materiell). Das zweite einen Zustand ("Sein" = immateriell). Das mag nun jedoch tatsächlich eine eher philosophische Betrachtung sein.

    Wenn ich einen bösen Autounfall mit absolutem Totalschaden quasi unverletzt überstehe, würde ich auch sagen "Ich habe Glück gehabt." Und körperliche Unveresehrtheit oder sogar das Leben an sich würde ich nicht als etwas 'materielles' ansehen. Du kannst das gerne anders handhaben. Ich behaupte mal einfach ganz plump, dass 90% der Deutschen den Begriff so seit Jahrzehnten benutzen. ('Glück haben' = 'zufällig etwas Positives erleben') Von daher finde ich es seltsam, wenn du so tust, als sei das eine falsche Bnutzung des Begriffs.



    Wenn jemand bei zufälligen Ereignissen das für ihn günstigste Ergebnis erhält, würde ich vielleicht als "Geschenk des Himmels" bezeichnen. Das wird auch @Lazax gefallen. Der Terminus nimmt auf jeden Fall den "Zufall" als Komponente aus dem Spiel. Wenn man so will ist ein "Geschenk des Himmels" auch stets "gerecht" - so wie ein schönes Weihnachtsgeschenk "gerecht" ist.

    Das setzt natürlich voraus, dass man an eine höhere Instanz glaubt, die bewusst in unser Leben eingreift. Wobei selbst da dann die Meinungen sehr auseinandergehen, in wieweit man bei jedem kleinen Würfelwurf unterstellen darf, dass Gott (oder wie man diese INstanz auch nenen mag) da involviert ist. Im Volksmund sagt man dazu einfach 'Glück'. (engl.: luck)


    Was ich nicht verstehe: Wieso reden wir hier über ungerechte (oder gerechte) Spiele??


    Ich denke beim Thema "Gerechtigkeit/Ungerechtigkeit" und "Brettspiel" vor Allem und zuerst an Spieler!!
    Siehe dazu doch auch den semi-aktuellen Thread: Siegstrategie - Tritt auf den am Boden liegenden ein
    Stichwörter: Kingmaker, Pärchenspiel, etc...

    Der Titel des Threads sagt ja nur 'Gerechtigkeit im Spiel - das schließt natürlich auch die Spieler mit ein. Deine Punkte sind sicher Aspekte, die dazu beitragen, ob ein Spielerlebnis als 'gerecht' empfunden wird.
    Wobei man bei 'Kingmaker' ja durchaus sagen kann, dass es Spiele gibt, die dazu neigen in jeder zweiten Partie solche Situationen zu haben, wo das kurz vor Ende ziemlich offensichtlich auftritt, während andere Spiele das eher selten haben, da de Weichen schon viel früher und etwas subtiler gestellt werden.



    Ist nun das Spiel ungerecht, wenn ein Spieler mich rausnimmt durch direkte Angriffe, weil er mich (ohne zu rechnen) für den stärkeren Spieler hält - oder ist der Spieler ungerecht??

    Wenn es irgendwelche Mechanismen in dem Spiel gibt, die den Spieler aktiv dazu verleiten, indem sie z.B. dich viel besser darstehen lassen, kann man das so sehen. Wenn ein Spiel z.B. sowohl offene Siegpunkte auf einer Kramerleiste hat, als auch verdeckte Siegpunkte, bei denen keiner genau abschätzen kann, wie hoch die sind, kann man überlegen, ob es 'ungerecht' ist, dass das Spiel die tatsächlichen Siegpunktsituation so einseitig darstellt. (man kann es natürlich auch als psychologisch geschickte Strategie ansehen massiv auf die verdeckten Siegpunkte zu spielen.)



    Ist "Gerechtigkeit" vielleicht gar kein Absolutum?
    Und wie können wir dann darüber diskutieren, oder es als Norm definieren bzw. eine allgemeingültige Definition suchen, wenn es so stark von persönlichem Empfinden und von den Vorgaben des direkten Umfeldes abhängt?

    Wer sagt denn, dass das Ergebnis dieses Threads eine Norm/Definition sein soll. Ich erhoffe mir einfach ein Meinungsbild und einen Gedankenaustausch. Und natürlich kann ich darüber diskutieren. Ich kann auch darüber Diskutieren, ob Der Herr der Ringe oder Das Lied von Eis und Feuer das bessere Fantasyepos ist. Ob wir uns da einig werden, ist fraglich - aber so lange beide Seiten akzeptieren, dass da kein einheitliches Ergebnis herauskommen muss, kann so eine Diskussion durchaus interessant sein.
    Man kann sicher genauso gut über Gerechtigkeit diskutieren. Vor ca. 70 Jahren haben auch ein paar Leute darüber diskutiert, wie denn das deutsche Grundgesetz aussehen soll - und die mussten am Ende ein Ergebnis haben, dass von genügend Leuten als gerecht angesehen wird. Auch wenn es ein paar Leute gibt, die das anders sehen, denke ich, dass die meisten Menschen denken, dass die einen guten Job gemacht haben.



    Gerechtigkeit ist, genau wie Wahrheit, ein abstrakter Begriff, der in der Realität nur "unter den gegebenen Umständen" anzuwenden sein kann - oder gar nicht. Wie sollte es dann Sinn ergeben, darüber zu diskutieren?

    Vielleicht weil jeder Mensch durchaus Vorstellungen davon hat, was in seinen Augen Gerechtigeit ausmacht. Wenn ich meine Vorstellungen aber nie mit anderen Menschen abgleiche, kann das zu vielen Missverständnissen im sozialen Umgang führen.
    Es mag viele Menschen im Internet überraschen, aber das Ergebnis einer Diskussion muss nicht unbedingt eine Einigung sein!

    Hinter der Forderung nach "Gerechtigkeit" verbirgt sich meist der Drang die Kriterien der eigenen Definition nach Gerechtigkeit erfüllt zu sehen. Ich nenne das gerne "Selbsgerechtigkeit". "Glück" wird in diesem Kontext meist mit "Zufall" gleichgesetzt - eine Denken, das ja schon davon ausgeht, dass es "ungerecht" zugeht. Der eine hat eben "Glück", der andere eben nicht. Über das so definierte "Glück" auf der Basis von "Ungerechtigkeit" lässt sich immer lamentieren, vor allem vergeblich. Es gibt innerhalb dieser verquerten Begriffsbenutzung auch keine Lösung im Sinne von "Gerechtigkeit". Glück ist für mich eine Lebensempfindung. Ein solches Glück braucht auch keine Gerechtigkeit, sondern gestaltet aus sich heraus stattdessen Empathie. Empathie halte ich für deutlich dienlicher als "Gerechtigkeit". Ich finde das auch ziemlich unspektakulär und unphilosophisch.

    Ich habe das Gefühl du vermischt hier zwei Sachen: Glück haben und glücklich sein / Glück empfinden. Im deutschen wird nun mal beides mit dem gleichen Wort beschrieben. Das hat aber nichts mit einer 'verquerten Begriffsbenutzung' zu tun. (Im Englischen gibt es hierfür 'luck' und 'happiness' wodurch der Unterschied deutlicher wird.) Natürlich müssen die beiden Sachen nicht zwangsläufig zusammenhängen. Jemand kann insgesamt vom Schicksal benachteiligt sein, aber das Beste daraus machen und glücklich sein und ein anderer kann vom Schicksal eher begünstigt sein und trotzdem unglücklich. Aber natürlich verbirgt sich dahinter die Annahme, dass jemand der in allen Lebensbereichen überdurchschnittlich viel Glück hat, insgesamt auch glücklicher ist. (Ob das stimmt, ist dann wieder eine Persönlichkeitsfrage.)


    Wie würdest du es denn im Deutschen bezeichnen, wenn jemand bei zufälligen Ereignissen das für ihn günstigste Ergebnis erhält? Vom Duden her ist 'Glück haben' da genau passend.

    Hunter & Cron haben ihr Video von der SPIEL 2016 hochgeladen, indem sie mit Frieemann Friese und Richard Sivél über das Thema 'Gerechtigkeit im Spiel' diskutieren.



    Da würde mich mal interessieren, was ihr so zu diesem Thema denkt.


    Kennt ihr(erfolgreiche) Spiele, die ihr als ungerecht empfindet?
    Wie wichtig ist euch Gerechtigkeit im Spiel?
    Woran macht ihr es aus, ob ein Spiel ungerecht/gerecht ist?
    Kennt ihr (erfolgreiche) Spiele die zu gerecht sind?


    Interessante Punkte aus dem Video:
    Ist Monopoly auf dem Massenmarkt vielleicht so erfolgreich, WEIL es gnadenlos ungerecht ist?
    Zwischendurch rede sie davon, dass kooperative Spiele ungerecht zu den Spielern sein können. Ist ein Spiel ungerecht, nur weil es das Gewinnen schwierig macht? Kann ein kooperatives Spiel überhaupt ungerecht sein?
    Interessant fand ich den Teil, wo Friedemann dieses Spiel aus den 90ern erwähnt, bei dem der letzte Spieler auf der Siegpunktleiste immer doppelte Siegpunkte bekommt. "Das kommt zu ungewöhnlichen Spieldyamiken, bei denen man versucht letzter zu sein." - irgendwie spukte mir bei dem Satz das Wort "Funkenschlag" durch den Kopf.


    Gibt es zu dem Thema etwas, was ihr wichtig findet, aber in dem Video nicht angesprochen wurde?