Beiträge von Fluxx im Thema „Siegstrategie - Tritt auf den am Boden liegenden ein“


    Das Beispiel von Fluxx ist logisch und absolut nachvollziehbar. Hat jeder am Tisch das erklärte, unbedingte Ziel zu gewinnen, ist das die beste Lösung für alle und der Umgang mit der Strategie "Alle auf den Schwachen" ist ganz klar "Alle auf den Schwachen, mehr für mich!"


    Steigt man jetzt aber ein mit dem Ziel, zu gewinnen und eine gute Zeit mit seinen Mitspielern zu haben, und Spieler A ist nach dem Angriff von C schon niedergeschlagen, dann stellt sich für Spieler D womöglich schon die Frage, ob er nicht doch von einem Angriff absieht oder ein anderes Ziel wählt

    Und was ist mit Spieler C? Hätte der nicht auch davon absehen sollen anzugreifen? Aber wenn das in der Gruppe so gesehen wird, warum spielt sie dann nicht von vorneherein mit der früher irgendwo erwähnten Hausregel gespielt, dass jeder Spieler nur einmal pro Runde angegriffen werden darf? Wenn man sich im vorhinein auf so eine Regel einigt, erspart das spätere Stress, weil sich irgendwer nicht an irgendeinen nie klar definierten ethischen Verhaltenskodex gehalten hat.


    Zitat


    (und damit die Balance nachhaltig stört, Stichwort "Königsmacher").

    Guter Punkt! Bei einigen Spielen kann es das Spielgleichgewicht erheblich stören, wenn nicht jeder Spieler ernsthaft versucht auf Sieg zu spielen.



    Nebenbei fällt mir ein, dass wir die Diskussion vor 1-2 Jahren schon mal ähnlich hatten. Damals ging es um die Frage, ob es OK ist, wenn ein Spieler in einem Mehrspielerspiel darum bittet dieses vorzeitig zu beenden, weil er keinen Spaß mehr hat. Damals gab es im Wesentlichen zwei Lager:


    A) Natürlich wird so ein Spiel abgebrochen, es macht mir keinen Spaß weiterzuspielen, wenn ich weiß, dass nicht jeder in der Runde Spaß daran hat. Wenn ich darauf bestehe weiterzuspielen bin ich egoistisch, weil ich mein Bedürfnis über das des Mitspielers stelle.


    B) Ich finde es extrem spaßstörend ein Spiel mittendrin abzubrechen. Von daher empfinde ich die Anfrage des Mtspielers um Spielabbruch als egoistisch, da er seine Bedürfnisse über meine stellt, schließlich hat er ja zugestimmt dieses Spiel zu spielen.


    Beide Ansichten sind natürlich nachvollziehbar. Das Problem dabei ist, dass wir kein objektives Maß für Spaß haben; wir können nicht beurteilen ob das Leid von Spieler A, dass er weiter spielen muss, größer ist als das Leid von Spieler B, dass er vorzeitig abbrechen muss. Noch schlimmer ist, dass das auch jeder Speler das verschieden wahrnimmt - nur weil ich sage, dass mein Leid als Spieler A größer/kleiner ist als das von Spieler B, heißt das nicht, dass das für alle Menschen so gelten muss. Man kann also hier keine perfekte Lösung finden.


    Das Gleiche haben wir jetzt auch: Ist das Leid von Spieler A, der eh keine Gewinnchancen mehr hat und nun noch mehr geschlagen wird, größer als das Leid von Spieler D, der auf seine Gewinnchancen verzichtet indem er Spieler A nicht angreift?

    Warum nimmt man Rücksicht auf Anfänger? Doch vor allem deswegen, damit sie die Regeln kennen und verstehen lernen und das sie auch beim ersten spielen Spaß dran haben.

    Das gilt für Anfänger! Wenn ich aber gegen Spieler spiele, die das Spiel schon kennen, gehe ich davon aus, dass sie halbwegs wissen was sie tun und sich über den Charakter des Spiels im klaren sind. Wenn sie einen Aspekt am Spiel nicht mögen, sollen sie nicht mitspielen oder vor dem Spiel eine Hausregel vorschlagen, die das dämpft. Aber wenn sie mitspielen haben sie sich mit den Regeln einverstanden erklärt, also darf ich erst einmal davon ausgehen, dass sie eine Situation, wo sie wiederholt getreten werden zwar doof finden, aber im Grunde damit leben können. Dann hat es halt diesmal ihn erwischt und beimnächsten mal ist er vielleicht derjenige der 'treten darf'.

    Wenn man merkt, dass man durch Regelausnutzung den anderen quasi (frühzeitig) aus dem Spiel nehmen kann, warum sollte man nicht stattdessen darauf Rücksicht nehmen?

    Weil ich in das Spiel eingestiegen bin mit dem Ziel zu gewinnen.
    Nehmen wir mal ein Beispiel:
    Bei Im Wandel der Zeiten hat Spieler A sein Militär sträflich vernachlässigt.
    Spieler B spielt eine Aggression gegen A und erhält dadurch einen kleinen Bonus.
    Spieler C spielt eine Aggression gegen A und erhält dadurch einen kleinen Bonus.
    Spieler D spielt eine Aggression gegen A und erhält dadurch einen kleinen Bonus.


    Ergebnis - die Balance zwischen B,C und D ist erhalten geblieben; Spieler A ist wahrscheinlich völlig raus.




    Hätte D jetzt auf die Aggression, die ihm den Ausgleich zu den andere beiden sichert verzichten sollen?
    Wer ist das brutale, sadistische Arschloch?
    B - der zuerst getreten hat? (Aber wenn er es nicht gemacht hätte, könte man auch direkt auf das ganze Militär in dem Spiel verzichten)
    C - der nachgetreten hat?
    D - der nur gemacht hat, was die anderen beiden auch gemacht haben? (Wenn wir ihn jetzt verurteilen, die anderen beiden aber nicht, fände ich das etwas heuchlerisch - vielleicht war seine Aggression sogar noch die, die am wengsten geschadet hat, aber die halt das Fass zum überlaufen gebracht hat. Hat Spieler D weniger das Recht zu gewinnen als die anderen beiden?)


    Natürlich ist das ein Problem in dem Spiel, dass es keine Regel gibt, die Spieler A davor schützt oder auch nur Spieler B, C und D dazu ermuntert lieber einen andere Spieler anzugreifen. Aber das ist ja gerade die Frage in diesem Thread - wie gehen wir mit solchen Spielen um?




    Es stimmt einerseits, was Du und @Fluxx schreiben. Andererseits werden sich Charakterzüge, die sich im "realen Leben" zeigen, auch am Spieltisch widerspiegeln und dort ihren Ausdruck finden, entweder direkt oder im Subtext. Ich bin in dieser Hinsicht ein in Analogien und vertikal denkender Mensch. Jemand, der gerne über "andere triumphiert" und sich durch dadurch künstlich zu erhöhen versucht, wird dies tendenziell auch im Brettspiel tun. Charakterzüge zeigen sich überall in allen Lebensbereichen, negative wie positive.

    Ich behaupte mal, dass die meisten Menschen den Hang haben über andere triumphieren zu wollen. Warum hat fast jede Sportart einen Maßstab sich zu vergleichen und einen organisierten Wettkampfbetrieb? Warum gibt es deutlich mehr kompetitive Spiele als kooperative? (Vor ca. 10 Jahren gab es kooperative Spiele ja fast nur im Kinderspielbereich) Der Mensch an sich hat einen Hang dazu sich zu Vergleichen und zu Messen. Da er aber gleichzeitig ein soziales Wesen ist, der anderen nicht grundlos schaden möchte, sucht er nach Wegen dieses 'Vergleichen und Messen' in einem klar abgegrenzten, geregelte Rahmen zu machen. Wenn jemand also in diesem Rahmen besagten Drang auslebt, dann ist das erst einmal nichts Negatives, sondern zeugt von sozialer Kompetenz, dass er durchaus einschätzen kann, wo so etwas hingehört und wo nicht. (Natürlich gibt es auch hier Grenzen - worum es sicher auch in diesem Thread geht - wenn jemand im Spiel das eigentliche Spielziel ignoriert und nur noch guckt, wo er anderen, innerhalb der Spielregeln, einen reinwürgen kann, dann kann das durchaus von mangelnder sozialen Kompetenz zeugen.)

    @SpaceTrucker Natürlich will man gewinnen. Es muss aber ja nicht auf Biegen und Brechen mit der maximalen Punktausbeute geschehen. Durch ein wenig Rücksichtnahme lässt man andere vielleicht im Spiel, indem man eben nicht den optimalsten Zug spielt, und die dann trotz Niederlage dann Spaß hatten in der Zeit. Ich glaube wir sind da gar nicht so weit auseinander.

    Aber in der Regel spiele ich ja nicht nur zu zweit. Wenn ich nicht die maximale Punkteausbeute aus meinem Zug heraushole, dann kann ich eventuell nicht mehr gewinnen. (s. Bsp. weiter oben in diesem Beitrag)

    @Flundi : Ich finde du hängst dich da sehr an dem Begriff auf. Die Frage stellt sich dann doch, ob ich es als 'jemanden treten, der am Boden liegt' wahrgenommen wird, wenn mein bester Zug darin besteht, jemanden der schlecht darsteht, anzugreifen. Ob man es dann so drastisch formuliert, wie im Threadtitel, ist dann eine andere Frage. Sadismus und Brutalität zu unterstellen, finde ich da auch hart - das ist vielleicht(!!!) gegeben, wenn ich keinerlei Vorteil aus dem Zug gewinne und ihn nur mache um den anderen zu schädigen (obwohl ich auch das bezweifeln möchte). Wenn ich einen Angriffszug mache, der mir wirklich hilft, könnte man eventuell noch von mangelnder Empathie reden - das hängt dann aber auch sehr davon ab, wie sehr ich und vor allem der Betroffene darunter leiden in einem Spiel mit festgelegtem zeitlichen Ende einen starken Nachteil zu erleiden.


    Ich denke da kann man trotzdem diskutieren:
    - kennt ihr Spiele, wo so Situationen häufig vorkommen?
    - Wie geht ihr mit solchen Spielen um?
    -- gar nicht spielen?
    -- nur mit Leuten Spielen, die sich selbst regulieren und das nicht jedesmal nutzen?
    -- trotzdem spielen, da das halt zu dem Spiel dazu gehört und von euch akzeptiert wird?


    Die Antworten auf diese Fragen sind mir aus deinem Beitrag nicht klar geworden.

    Wow ! Was ine rege Diskussion - und das um diese Uhrzeit. Ich habe einen Krankenschein und eh nichts Besseres zu tun als online zu sein - was ist eure Ausrede? :P
    Da zwar (fast) alles gesagt wurde aber noch nicht von allen (und ich eh gerade Langeweile habe), gebe ich auch mal meinen Senf dazu.



    Die Regeln menschlichen Miteinanders sind ja nicht außer Kraft gesetzt, nur weil wir ein Spiel spielen. Jeder Mensch mit einem Funken Anstand im Leib weiß ganz genau, dass das dem Betroffenen keinen Spaß macht. Das Argument, dass das Spiel es eben erlaube, zieht da IMHO nicht. Wer auf den Schwächsten geht, weil ihm das nützt, der muss sich den Schuh schon anziehen, damit Anstandsregeln zu verletzen.

    Wie andere schon gesagt haben, ist die Frage ob hier Anstandsregeln verletzt wurden. Wenn alle vorher vereinbart haben, nach bestimmten Regeln auf ein bestimmtes Ziel hinzuspielen, dann ist es mMn keine Verletzung der Anstandsregeln, wenn ich innerhalb dieser Regeln etwas tue, was mich dem Ziel näher bringt. (Im Gegensatz zu Mobbingsituationn im echten Leben, wo normalerweise nicht jeder vorher gefragt wurde, ob er mit den Regeln und dem Spielziel einverstanden ist.)

    Wenn alle das gleiche Level haben und sich das dann kompensieren läßt, ist es ja okay. Fraglich ist, ob ein Spiel dieser Art so was überhaupt braucht? Warum nimmt man so was mit rein? Man warnt die Spieler davor, dass es passieren kann. "Spielt nicht so, dass euch das passiert!" Ja, dann lass den Käse doch gleich draußen, du Vollpfosten...

    Weil es durchaus Spannung reinbringen kann. Wenn jeder weiß, dass er darauf achten muss, dann kann dass zu interessanten Abwägungen führen "Ich würde gerne Aktion X machen, aber damit vernachlässige ich meine Verteidigung, kann ich mir das erlauben oder sollte ich lieber Aktion Y machen um mich zu stärken, was mich aber dem Spielziel nicht näher bingt?"


    An dem Punkt scheiden sich die Geister. Denn man könnte hier genauso gut argumentieren, dass gutes Spieldesign so etwas auffängt. Oder anders gefragt: Wie hoch ist der Spielreiz durch dieses Element, dass andere niederknüppelt? Wäre der Spielreiz des Spiels nicht höher, wenn man es gar nicht erst könnte und alle mehr Freude am Spiel haben?

    Ganz hervorragendes Beispiel, wie ich finde. Danke, André. Vinci, oder das mir viel besser bekannte Small World sind hervorragende Beispiele für ein Spiel, wo man gegeneinander spielt, man schlecht spielen kann (und dann auch verliert), aber die gegeneinander getroffenen Entscheidungen rational verständlich sind und nicht dazu führen, dass man aus dem Spiel gekickt wird und trotzdem noch Spaß am Spiel hat. Sehr, sehr gutes Spieldesign, aus meiner Sicht!

    Ich sehe hier einen Widerspruch zu dem voherigen Zitat: Small Worlds erlaubt es durchaus, den Spieler anzugreifen, der am wenigsten Siegpunkte hat, statt den der am meisten hat. Es begünstigt es sogar im Gegensatz zu Vinci, indem die Siegpunkte geheim gehalten werden, so dass ich - selbst wenn ich gerne den Führenden angreifen möchte - auch aus versehen auf den Schwächsten einschlagen kann.
    Ebeno erlaubt mir das Spiel durchaus einen einzelnen Spieler herauszupicken und diesen verstärkt anzugreifen, auch wenn andere Züge für mich punkteträchtiger wären.


    Ich habe da noch eine lebhafte Erinnerung an eine Partie Small Worlds. Ich bin am Anfang echt schlecht aus dem Quark gekommen - keine Ahnung, ob ich das Volk falsch eingeschätzt hatte oder einfach kein Besseres zur Auswahl stand. Also habe ich recht früh den Untergang erklärt, mir ein neues Volk gewählt und damit auch einen recht guten Einstieg hingelegt. Aufgrund des schwachen Startes schätze ich mal, dass ich trotzdem höchstens an Poition 4 von 5 Spielern war. Ein anderer Spieler hat es geschafft, alle davon zu überzeugen, dass ich führend bin (Ich weiß nicht, ob er das wirklich glaubte, weil mein letzter Zug viele Punkte brachte oder er nur bewusst von sich als Ziel ablenken wollte.) Das Ergebnis war, dass 3 meiner 4 Gegner gezielt auf mein neues Volk losgegangen sind und ich quasi sofort erneut den Niedergang erklären musste. Klar konnte ich mit dem neuen Volk wieder wieter spielen, aber es war klar, dass ich keinerlei Siegchancen mehr hatte, da ich sehr früh einen zweiten Zug vergeuden musste für einen Untergang. Wäre ich mir sicher gewesen, dass der Spieler, der gegen mich gehetzt hat, sich bewusst gewesen ist, dass ich keineswegs derjenige mit den meiten Siegpunkten war, dann hätte es auch passieren können, dass ich da einfach mal kindisch reagiert hätte und mich den Rest des Spiels auf ihn eingeschossen hätte.


    Das Spiel erlaubt also genau solche Sahen alle - es gibt keinen Schutz für denjenigen mit den wnigsten Siegpunkten. Klar bekomme ich ein neues Volk und das ist natürlich besser als mich den Rest des Spiels mit 3 Männchen rumhampeln zu lassen, aber trotzdem kann ich gezielt aufs Korn genommen werden und sehr früh vom Spielsieg ausgeschlosen werden obwohl die agressiven Handlungen gegen mich wahrscheinlich nicht die optimalsten Züge meiner Gegner gewesen sind.


    Du spielst schlecht und machst irrationale Züge. Die mich betreffen, weil du mich immer und immer wieder angreifst. Du spielst schlecht, das Spiel läßt diese Spielweise zu. Du verlierst, weil du schlecht gespielt hast, ich verliere, weil du mich immer wieder am Boden hältst.


    Auch das kann die Schuld des Spiels sein. Weil es diese Spielweise erst erlaubt.

    Man könnte auch argumentieren, dass ein Autor davon ausgehen darf, dass jeder der ein Spiel spielt, auch bemüht ist dieses zu gewinnen und deswegen nicht wiederholt Züge machen wird, die ihn offensichtlich nicht dem Ziel näherbringen. (OK, es gibt auch Spiele, die wohl designed werden mit dem Hintergedanken, dass sie spätabends mit einigen Bier dabei gespielt werden, wo es der Hälfte der Spieler egal ist, ob sie gewinnen, hauptsache sie können anderen eine reinwürgen.) Da kann es mal passieren, dass jemand nicht merkt, wie dumm sein Zug ist, aber ich darf doch davon ausgehen, dass das nicht wiederholt passiert. Warum sollt ich da eine Regel einfügen, die das ganze komplexer macht.



    Nebenbei finde ich es auch sinnvoll, wenn es Regeln gibt, die es verhindern, dass ein schwacher Spieler zu sehr geschädigt wrd. So hätte man bei Im Wandel der Zeiten die Aggressionen und Kriege auch so gestalten können, dass die Effekte nicht fixe Zahlen sind oder ausschließlich vom Unterschied in der Miltärstärke abhängen, sondern auch von der Poition auf der Kulturleiste. Ein Spieler der führend in der Kultur ist aber sein Militär vernachlässigt hat, ist dann gerne Freiwild. Einen Spieler, der irgendwo den Anschluss verloren hat und in beiden Kategorien ganz unten ist, kann ich zwar angreifen, habe aber einen geringeren Nutzen davon und sollte mir so überlegen, ob nicht ein anderere Spieler ein lohnenderes, wenn auch schwierigeres Ziel ist.


    Bei Mage Knight ist es, glaube ich - ich habe nie mit PvP gespielt - so, dass ich zwar jeden angreifen kann um ihn von einer guten Position zu verdrängen oder ihm ein Artefakt zu klauen, aber wenn ich einen Spieler angreife, der mehr Ruhm hat als ich, bekomme ich auch noch Ruhm für den Kampf. Ich habe also im Zweifel gute Gründe mich eher auf den stärkeren Gegner zu stürzen.