Beiträge von Ich hasse Erweiterungen im Thema „Grundsatzfrage: Kritische Stimmen im Brettspielbereich?“

    Ich versuche nicht mehr auf jede Provokation oder Wortklauberei zu reagieren. In 0,2 Sekunden spielt sich ab, ob man einen Menschen sympathisch oder unsympathisch findet. Und obwohl man sich hier nicht sieht, verlässt auch hier vieles die Sachebene.


    Ich wohne über 40 km vom nächsten größeren und kompetenten Ladengeschäft entfernt. Der Seniorenstift spielt Doppelkopf und Skat. Früher bin ich bis zu 2000 km die Woche gefahren, leide aber seit vielen Jahren an Schwindel und kann nicht mehr als Fahrer auf die Autobahn. Um 1260+ Spiele zu kaufen, bin ich schlicht zu arm.


    Was denkt ihr wohl, warum ich Rezensionen lese? Ja, weil ich Kaufberatung suche und das kritisch und fundiert. Bei der Beurteilung, ob zu uns ein Spiel passt, hilft mir persönlich sehr, wenn ich etwas vom Spiel sehe, wenn ich sehe wie das Spielmaterial eingesetzt wird und dazu kurz die strategischen oder taktischen Überlegungen geäußert werden. Wichtig finde ich aber auch Angaben zur Skalierung und wie häufig ein Spiel in unterschiedlichen Besetzungen gespielt worden ist, denn es ist meines Erachtens nicht immer eine klare Trennlinie zwischen Rezension und Ersteindruck ersichtlich.


    Spielanleitungen kann ich zwar verstehen, mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, ob uns das Spiel Spaß macht, z.B. Weltausstellung. Beim Regelstudium muss ich schon auf einen trickreich wirkenden Mechanismus stoßen, um begeistert zu sein, ansonsten lässt mich das alles eher nüchtern zurück, eine Spielregel hat für mich fast nie Aufforderungscharakter.


    Für uns ist Spielen enorm wichtig und scheinbar auch für andere, denn oft ist zu lesen, das Spiel ist zu viel Arbeit. Arbeit, wo man Aufträge auf Weisung Dritter erledigen muss, wird also nicht positiv empfunden. Alles muss objektiv messbar, Ergebnisse unter Laborbedingungen reproduzierbar sein, da bleibt nichts mehr für die Sinne wie Schmecken, Sehen, Hören, Fühlen, Riechen übrig. Das, was den Menschen ausmacht, dem wird nicht mehr getraut. Spielen bietet dagegen das Unvorhersehbare, das selber Entdecken, Kommunikation usw., es findet also das Leben und nicht das Funktionieren statt.


    Was passiert in Unternehmen, die den internen e-mail-Verkehr abstellen: Die Menschen sprechen wieder miteinander. Zumindest kann ich mich, wenn ich spiele, ein bisschen wie ein Anarchist fühlen - was alte Säcke doch für Illusionen haben.

    Ich kenne noch die Zeit, als die Spiele der letzten Messe kurz vor der anstehenden Messe rezensiert wurden. Als Spieler mit begrenzter ökonomischer Kraft empfand ich dass als viel zu spät. Das hat sich inzwischen grundlegend geändert, jetzt erscheinen die ersten Rezis bevor das Spiel als lieferbar gelistet ist.


    Zunächst habe ich mich über die viel aktuelleren Besprechungen gefreut, aber inzwischen fühle ich mich von der Masse der Veröffentlichungen erschlagen. Mein Problem ist, dass ich mit Käufen nicht lange genug warte, weil ich auf die ersten Lobeshymnen hereinfalle, Beispiel Tatsu. Eben habe ich den Artikel von Pöppelkiste dazu gelesen und kann das Gesagte in vollem Umfang bestätigen.


    Die fast ausschließlich positiven Beiträge der Blogger sind ja schon öfter kritisiert worden. Die haben der Kritik entgegnet, dass sie Ihre Freizeit nicht mit Spielen verbringen wollen, die ihnen nicht gefallen, mit denen sie ihre Mitspieler vergraulen. Das ist nachvollziehbar und das ist auch nicht mein Problem, sondern das schnelle Hochjubeln neuer Spiele und die recht zögerliche Veröffentlichung kritischer Beiträge.


    Das sehe ich persönlich als Folge einer Art Rezensionsetikette, die die Verlage praktisch einfordern, nämlich kein Verriss nach dem ersten Spiel. Welchen Grund gibt es aber bei Nichtgefallen ein Spiel mehrmals zu spielen. Und da entsteht indirekt folgender Vorwurf: Spielst Du eigentlich ein Spiel, das Dir nicht gefällt, deshalb mehrmals, damit Du es verreißen kannst?


    Vor langer Zeit glaube ich einmal bei Spielama gelesen zu haben, dass die Rezis zu Pegasus-Spielen dem Verlag vor Veröffentlichung vorgelegt werden mussten. Machen wir uns doch nichts vor: Auch wenn der Verlag behauptet, nicht Einfluss zu nehmen, entsteht doch aus der Verpflichtung zur Vorlage ein starker Druck auf den Rezensenten. Hier wäre doch interessant zu erfahren, welche Formen das inzwischen angenommen hat.


    Ich persönlich halte dieses Forum inzwischen für viel zu verlagsfreundlich. Deshalb würde ich mir eine Trennung wünschen, also ein V.I.P.-Bereich und einer für so Knalltüten wie mich, die kein finanzielles oder berufliches Interesse in direkter oder indirekter Art mit deiner Veröffentlichung haben. Dazu könnte man eine Trennlinie entsprechend § 319 HGB über die Besorgnis der Befangenheit ziehen.


    Zum Schluss möchte ich noch diejenigen Grüßen, die sich im integrierten Handlungskonzept zur Stadtentwicklung NRW auf der Abwärtsspirale ihrer Stadt wiederfinden, also neben Arbeitslosen auch die Alleinerziehenden. Und darin sieht man, dass wir Deutschen überhaupt keine Fremden brauchen, um gute Rassisten zu sein, es reicht zwischen reich und arm zu trennen.