Beiträge von Thygra im Thema „Schwerkraft: Wieso keine digitalen Regeln?“

    Inwiefern schaden denn Fanübersetzungen Verlagspartner für das Land zu finden? Machen Importspiele soviel aus?

    Ein Beispiel: Vor 2 oder 3 Jahren habe ich mit einem Verlag aus Italien über eine italienische Version eines Kartenspiels verhandelt. Der italienische Markt ist nicht sehr einfach. Es ging hier um Produktion und Verkauf von 1.000 Spielen.


    Wir standen kurz vor einem Vertragsschluss, da entdeckte der Verlag bei BGG sowie auf einer italienischen Fanseite eine italienische Fan-Übersetzung der Anleitung. Nun bekam er Angst, dass eventuell schon zu viele englische Exemplare des Spiels in Italien in Umlauf sein könnten. Aus meiner Sicht war die Angst unbegründet, aber der Verlag sagte plötzlich ab.


    Hier hat also eine Fanübersetzung dafür gesorgt, dass mir ein Verkauf von 1.000 Spielen durch die Lappen ging.


    Dabei muss man wissen, dass Spiele nicht nach Ländern, sondern nach Sprachen lizensiert werden. Bedeutet bsw. dass der amerikanische Verlag die Rechte an der englischen Auflage erwirbt, diese dann weltweit verkaufen darf.

    Das stimmt nicht ganz. Die Lizenz kann auch eine Kombination aus Sprache und Territorium sein. Zum Beispiel so:
    - Ein europäischer Verlag hat Rechte für deutsch und englisch in Europa inkl. Großbritannien.
    - Ein US-Verlag hat Rechte für englisch in den USA, Kanada und Australien.
    - Ein chinesischer Verlag hat Rechte für chinesisch und englisch in Südostasien. (Dort ist englisch zum Beispiel für Singapur, Malaysia, Hong Kong und ein paar weitere Länder wichtig.)


    Eine solche Aufteilung ist durchaus sinnvoll, weil jeder dieser 3 Verlage in seinem Territorium vermutlich bessere Möglichkeiten zum Verkauf des Spiels hat als die beiden anderen es hätten.


    Und wenn da jetzt ein japanischer Verlag am überlegen ist, ob er bei der Auflage mitmachen soll, dann überprüft dieser ja erstmal: "Wie viele Kunden werde ich denn überhaupt haben? Hat sich das Spiel in Japan schon dank englischer Importspiele verbreitet? Das wäre schlecht, denn dann habe ich weniger Kunden.

    Auch das ist etwas zu pauschal formuliert. Es KANN schlecht sein, und zwar wenn bereits VIELE Spiele dort verkauft wurden. Es MUSS aber nicht schlecht sein, wenn es nur WENIGE Spiele waren, weil solche Importe auch helfen können, den Bekanntheitsgrad eines Spiels zu steigern bzw. überhaupt erst Bedarf in einem Land zu wecken.


    Wenn von einem komplexen Spiel (zum Beispiel #Brass) 50 oder 100 englische Spiele nach Deutschland verkauft wurden, dann kann das einen Bedarf wecken und helfen, weitere 1000 oder 2000 Spiele in Deutschland zu verkaufen. Wenn aber von diesem Spiel 500 oder gar 1.000 Spiele nach Deutschland verkauft wurden, dann ist ein großer Teil des kleinen Marktes für dieses Spiel bereits gedeckt und dann lohnt sich eine deutsche Ausgabe vielleicht nicht mehr.


    Bei einem Familienspiel sehen die Zahlen natürlich ganz anders aus. Man muss also für jedes Spiel eine eigene Analyse bzw. Abschätzung des Marktes vornehmen.

    Würde mich interessieren, wie die hier anwesenden Verlagsmitarbeiter diese Sache bezüglich des "ich stell das einfach mal ins Netz" bewerrten.


    @Thygra ? @Ben2 ? Wer ist noch da?

    1) Pegasus stellt alle eigenen Anleitungen ins Netz.


    2) Ich persönlich bin kein Freund davon, wenn die Anleitungen dann auch auf anderen Seiten zum Download angeboten werden, und zwar aus folgendem Grund: Wenn sich ein Fehler in die Anleitung eingeschlichen hat und man dann ein Update ins Netz stellt, das die erste Version ersetzt, kann man nicht dafür sorgen, dass auch an allen anderen Stellen das Update Einzug findet.


    3) BGG kümmert sich NICHT WIRKLICH darum, ob jemand die Berechtigung hat, eine Datei hochzuladen. Die verlangen nur, dass man bestätigt, die Rechte zu haben, und damit sind sie fein raus. Prüfen tut das keiner - was aber auch nachvollziehbar ist, weil der Aufwand recht hoch wäre.


    4) Bei BGG werden viele Dateien hochgeladen, an denen die Nutzer NICHT die Rechte besitzen, dies aber gar nicht wissen. Das geschieht meist in guter Absicht, ist aber leider nicht immer wirklich gut. Allerdings ist es auch ein Problem, dass das Urheberrecht in den USA und in anderen Staaten ein anderes ist als in der EU. Somit glauben viele BGG-User, sie dürften Grafiken oder Übersetzungen oder Ähnliches einfach hochladen, wenn sie es selbst anfertigen.


    Ich schreibe ca. einmal pro Woche einem BGG-User eine Nachricht und erkläre freundlich, weshalb er bitte seine gut gemeinte Übersetzung eines Pegasus-Spiels wieder aus dem Netz nehmen soll, weil er damit meine Bemühungen torpediert, einen Verlagspartner für eine eigene Sprachversion zu finden. Leider reagieren die Hälfte der Leute mit absolutem Unverständnis und der "Drohung", ab sofort Pegasus Spiele zu boykottieren. Einer ist sogar so penetrant, deshalb seit Jahren jedes neue Pegasus-Spiel bei BGG mit einer 1 zu benoten. Zudem hat er in mehreren spanischen Foren zu einem Boykott gegen Pegasus aufgerufen.


    Manche Menschen halten das Internet halt für einen rechtsfreien Raum ...