Beiträge von MetalPirate im Thema „[2016] Dynasties“

    [Achtung, als folgt ein ERSTEINDRUCK!]



    Diese Woche beim Spieletreff gespielt: #Dynasties als 3er. Nebenan: Dynasties als 3er. Ja, richtig gelesen, 6 Leute, zwei Spiele, zweimal Dynasties. Alles Erstspieler. Und wieder mal bin ich meinem Ruf gerecht geworden, Spiele in reiner Erstspielerrunde zu 90% zu gewinnen, dabei, wohlgemerkt, eher schnell und aus dem Bauch heraus spielend. :)


    In unserem Spiel war Spanien am wertvollsten. Ich konnte in der ersten Runde schon Madrid besetzen und neutral verheiraten, so dass den Mitspielern die spanische Kronenwertung verbaut war, mithin Spanien uninteressanter wurde. England (am zweitwichtigsten) habe ich kampflos aufgegeben und die beiden anderen sich darum streiten lassen. Am Ende hatte ich dann in drei der vier Region Platz 1 bei den Mehrheiten, davon zweimal mit Gewinn der Kronenwertung, einmal mit Aufwerter versehen. Das war die Basis für meinen Sieg. Dynasties hat Strategie-Elemente, auch wenn es ganz klar eher auf der Taktik-Seite zu verorten ist, man muss etwas aus seinen Karten machen, die man jede Runde erhält.


    Mein Fazit vorweg: Dynasties ist ganz nett, aber man braucht das Spiel nicht wirklich, bessere Spiele gibt's dutzendweise. Direkt nach dem Spiel vor ein paar Tagen hätte ich noch nicht gut beschreiben können, was mich genau gestört hat, aber mittlerweile glaube ich, das zu können. Diese Sachen sind's:

    • Das Spiel ist komplett themenlos. Null Immersion, reiner Mechanismus. Ich habe kein Problem mit aufgesetzten Themen, solange das, was ich tun soll, in sich stimmig ist. Beispiel Bora Bora: Inseln besiedeln, Leute anheuern, Muscheln sammeln, Priester in den Tempel schicken, Männer tätowieren, etc. Alles ein in sich stimmiges Bild, auch wenn ich nur Würfel, Spielsteine und Plättchen bewege. Bei Dynasties bleibt da im Vergleich das reine Meeple-Setzen übrig. Karte ausspielen, Meeple irgendwo hin setzen, fertig. Mehr ist's nicht. Null Immersion. Nach Hochadels-Dynastie fühlt sich da rein gar nichts an. Ich kann mich nichtmal mit der eigenen Familie verheiraten. :evil:
    • Punktesammlei nach Schema F. Hier ein bisschen Set Collection, da ein bisschen Mehrheiten, dort ein bisschen sofortige Siegpunktausschüttung, dazu Aufwertung einzelner Wertungen, von allem ein bisschen. Alles gibt irgendwie Punkte und die Überlegungen drehen sich darum, wo man vielleicht ein Pünktchen mehr herausquetschen kann. Spielziel ist nicht der Aufbau einer starken Dynastie durch passende Verheiratung, das kommt überhaupt nicht rüber, sondern ganz stumpfe Siegpunktmaximierung. Schwaches Thema und uninteressante Spielziele zugleich -- das ist schon mal gar nicht gut...
    • Der Hauptmechanismus ("Ich teile, du wählst" / "I split, you choose") ist zwar in dieser Form originell. Allein: er trägt das Spiel nicht über die gesamte Zeit; das verbraucht sich sehr schnell. Das ist nicht spannend, sondern wird maximal grübellastig mit Unterbrechung des Spiels für alle, die in dieser Zeit nichts sinnvolles tun können. Das unterscheidet das Spiel ganz fundamental zu dem thematisch ähnlich schwachen #Signorie. Dort ist die Würfelwahl so spannend, dass es auch ein schwaches Thema trägt (mit ganz ähnlichem Setzen der Meeples in Städte!) und selbst während jemand überlegt, welchen Würfel er nimmt, können die anderen noch besser weiterplanen. Tja, Problem schwaches Thema... Selbst das Aufbauen von Dynastien kommt bei #Signorie, so schwach es dort auch ist, durch die getrennten Männer- und Frauen-Meeple oder Heiratsaktionen oder das Sammeln von Familienwappen der neutralen Adelsgeschlechter noch um Klassen besser rüber.
    • Durch den Teilungsmechanismus sind erfolgversprechende Aktionen kaum planbar, von anderen Mitspielern abhängig und damit letztendlich glückslastig. Es gibt haufenweise solcher Spielentscheidungen. Das Gute daran: In der Summe mitteln sich damit das Glück und Unplanbarkeit halbwegs raus. Das Schlechte daran: Wenn man mit gewissem Aufwand einzelne Siegpünktchen herausoptimieren soll und gleichzeitig gibt's am laufenden Band Siegpunkt-Ausschüttungen im Wertebereich 5-10 Punkte oder auch nicht, je nachdem, ob die Mitspieler Figuren zu einem setzen oder ob die gerade gezogenen Wertungskarten gut passen oder -- und spätestens da wird's komisch -- ob das Ergebis gut ist beim regelmäßigen Würfeln mit einem Würfel, der direkt und sofort 1-6 Siegpunkte bringt. Der zu teilende Ertrag bei den Mitgift-Würfeln ist insgesamt auffällig stark (zu stark?) schwankend.
    • Erfolgreiches Spiel setzt voraus, dass alle Mitspieler rational handeln beim Teilen (mögliches Problem hier: Pärchen und Sympathien). Wenn sie aber rational handeln wollen, dann wird's an dieser Stelle sofort enorm denk- und grübellastig, weil man alle Teilungsoptionen der Mitspieler mitberechnen muss. Wie wahrscheinlich ist's, dass Spieler X sich zu meinem Meeple dazu setzt, um einen Deal zu unser beider Nutzen zu machen? Mit dem oben geschilderten Problem, dass man einen relativ hohen Denkaufwand treiben muss für relativ kleinen Siegpunkt-Ertrag bei der Optimierungsübung namens "Dynasties", während gleichzeitig relativ viele Punkte in Abhängigkeit von Mitspieleraktionen und Glück vergeben werden, ist das Spiel dann endgültig von meiner Interessant-Liste geflogen.

    Für mich eines der schwächsten Spiele von Hans im Glück in den letzten Jahren. Damit's nicht zu negativ klingt, will ich auch noch sagen, dass mir ein paar Sachen auch gut gefallen haben. So finde ich es z.B. sehr clever beim Design, dass sich das Teilen fast immer auf eine ungerade Zahl von Objekten bezieht, so dass zwangsweise zwei unterschiedliche Teile herauskommen müssen. Auch der Mechanismus beim Passen mit der Möglichkeit ein Karte mitzunehmen, dazu evtl. noch eine weitere als Passen-Bonus, das ist schon schön, denn damit kann man etwas steuern, wer wieviele Aktionen in der nächsten Runde hat und bei Mehrheitenspielen ist es ja bekanntermaßen oft wichtig, als letzter agieren zu können. Das Material ist natürlich auch HiG-typisch wieder mal top. Auf der anderen Seite hat Dynasties den Nachteil, dass es nur von 3 bis 5 Spieler unterstützt, und selbst die Dreier-Besetzung erscheint mir nicht optimal, denn da ist z.B. die blaue Aktion mit dem Steineklau völlig witzlos: 0-2 blaue Steine abgeben, um idR 2 schlechte Steine nach deren Wahl von den Mitspielern zu bekommen? Ähem, nö, fast nie sinnvoll. Auch wird der Plan nicht so wirklich voll; wenn zwei sich irgendwo streiten, hält man sich am besten raus und beschränkt sich auf die noch freien Gebiete, denn davon gibt's genug.


    Mein Fazit: Wer sich für eine spielerische Umsetzung des Themas Dynastien interessiert, der schaut sich besser Signorie von What's Your Game an. Das hat zwar auch seine Schwächen, ist aber trotzdem in sämtlichen Belangen Dynasties klar überlegen, sogar thematisch. Was definitiv kein Kompliment für Dynasties ist. Dynasties würde ich wieder mitspielen, aber kaufen ganz sicher nicht, und auch nicht aktiv vorschlagen, da gibt es viele bessere Spiele. Ersteindruck: 6/10 auf der BGG-Skala. Ich halte nichts davon, bei einer 10er-Skala nur den oberen Bereich zu nutzen, in sofern ist 6/10 immer noch besser als der Durchschnitt, aber mehr als "leicht überdurchschnittlich" ist's dann auch wieder nicht. Auch wenn nichts explizit schlecht ist an Dynasties -- mir fehlt's an Spielspaß, und das auf breiter Front. Dieses Spiel funktioniert, es fehlen aber an allen Ecken und Enden Gründe, warum man ausgerechnet dieses Spiel spielen sollte, wenn der Spieleschrank so viel Besseres her gibt.