Beispiel #TerraMystica, wo online Tausende Partien erfaßt sind. Ich würde nur die Topvölker als "stark" bezeichnen, wohingegen Ihr die Chuzpe habt Euch zuzutrauen, manche Völker auf späteren Rängen als "eigentlich stark" zu bezeichnen, weil die Tausenden an Spielern bislang Anfänger sind?
Moment: Entscheidend ist nicht nur, ob Tausende Partien erfasst wurden, sondern auch, von wie vielen Menschen diese Partien erfasst wurden! Denn wenn 10.000 Menschen das Spiel je einmal spielen wird wohl ein anderes Ergebnis entstehen, als wenn 1.000 Menschen je zehnmal spielen!
Auch sagen 10.000 Partien unter Umständen nichts darüber aus, ob die nächsten 10.000 Partien dasselbe Ergebnis brächten!
Wenn ein Charakter schwierig zu spielen ist, um damit zu gewinnen, dann sagt das erst mal nichts über seine Stärke aus. Mal allgemein formuliert, also nicht speziell auf Marco Polo bezogen und ohne Berücksichtigung der Spielerzahl, könnte es wie folgt aussehen:
- Du spielst den Charakter 3 Mal und verlierst damit 3 Mal. -> Du stellst die These auf, der Charakter ist zu schwach. (Es könnte natürlich auch sein, dass du selbst schwächer gespielt hast als deine Gegner.)
- Du spielst den Charakter weitere 3 Mal und gewinnst damit 3 Mal, weil du inzwischen gelernt hast, wie man diesen schwierig zu spielenden Charakter besser spielen kann als in deinen ersten 3 Partien. -> Welche These stellst du nun auf? Von 6 Partien hast du 3 Mal gewonnen und 3 Mal verloren. Ist der Charakter also ausgewogen?
Nach deiner Definition müsstest du jetzt die Statistik von 3:3 betrachten und somit sagen, der Charakter ist ausgewogen. Doch diese Statistik sagt alleine betrachtet nichts über die Lernkurve aus. Vielleicht ist er doch eher stark, weil du von den nächsten 5 Partien mit diesem Charakter mindestens 4 gewinnen wirst?
Die bisherigen 6 Partien reichen eigentlich nicht, um gut einzuschätzen, ob der Charakter stark ist. Nun stell dir vor, du spielst noch 4 Mal und gewinnst weitere 4 Mal damit. Jetzt hast du 7 von 10 Partien gewonnen. Nach deiner Definition ist der Charakter nun stark. Nach nur 3 Partien war er schwach. Hat also der Charakter an Stärke dazu gewonnen? Wohl kaum. Du hast nur Zeit gebraucht, um seine Stärke auch sinnvoll einsetzen zu können. Und das ist mit "schwierig zu spielen" gemeint.
Ansonsten verweise ich noch mal auf den Beitrag von @PeterRustemeyer oben, der das mit weniger Worten sehr treffend formuliert hat.
Ich bin übrigens schon auf die Diskussionen gespannt, falls ihr #Yomi spielen werdet, das demnächst endlich auf deutsch erscheinen wird. Da kommen zunächst die Decks, die leichter zu spielen sind. Später werden Decks folgen, die immer schwieriger zu spielen sind. Der Autor David Sirlin ist überzeugt, dass alle Decks gleich stark sind - immerhin hat er mehr als 10 Jahre damit verbracht, alle 20 Decks in eine entsprechende Balance zu bringen. Aber es gibt natürlich trotzdem viele Diskussionen darüber, welche Decks angeblich stärker als andere sind - ohne zu einem einheitlichen Ergebnis zu kommen nach meinem Wissensstand ...