Beiträge von Countrysidepop im Thema „02.11.-08.11.2015“

    GRAND AUSTRIA HOTEL (#grandaustriahotel)


    Ein ziemlicher Optimierungsbolzen. Künstlerische Innovation und Bohème sucht man in der Wiener Moderne vergeblich. Solitär spielt der Hotelier d' Autiste in einsamer Konvention vor sich hin. Und die Downtime ist abartig: Der Startspieler wartet satte sieben Züge bis er wieder dran kommt. Das reicht um für die Gäste am Spieltisch Spaghetti mit Tomatensoße zu kochen. Selbst beim unwahrscheinlichen Fall von 1 Minute Denkzeit pro Spieler, wird jeder gesunde Menschenverstand zusehen, dass er Grübler zu GAH erst gar nicht einlädt. Dies ist womöglich der größte Verdienst des Spiels: die Aussortierung von Denkapparaten aus dem potenziellen Mitspielerkreis. Was bleibt ist Geschmacksache. Richtig gute spielerische Gründe das Hin- und Herschieben von Ressourcenwürfeln zu mögen, gibt es nicht. Ich tue es trotzdem. Das mag auch am charmanten Thema liegen oder an der formidablen Gestaltung oder daran, dass GAH viel taktischer ist als die vermeintliche Komplexität vorgaukelt. Oder einfach daran, dass bei mir das unergründliche Herz über ein gutes Spiel entscheidet und nicht der Verstand. (BBG 7/10)




    CELESTIA (#celestia)


    Die Franzosen können Art Direction: lieblicher, hinreissender, zaubervoller wie CELESTIA lässt sich kein Spiel gestalten. Das Wolkenschiff ist von zartmeinender Schönheit. Wie bei ABYSS so liefert auch CELESTIA den Beleg, was Artwork ausmachen und wie es ein Spiel anheben kann. Es macht solch eine Freude verliebt auf das Material zu blicken. Schade, dass sich das nette Spielchen auf einer doch eindimensionalen Ebene durch die Wolken bewegt und kaum über den "Glaub ich/Glaub ich nicht-Mechanismus" hinauskommt und im Schönheitswettbewerb gegen ABYSS in der Summe als zweiter Sieger den Tisch verlässt. (BGG 6/10)

    Genau das meine ich: Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz. Das Wort hat doch null Alltagsrelevanz. Wenn man bei dem Spiel schon den Duden als Absicherung verwenden muss, wird ein schönes Spaßspiel zur Paragraphenreiterei. Da klingt ja noch das fiktive Wort "Pferdezeit" gebräuchlicher.


    Und dann, in der Pferdezeit, entstehen diese Schlauberger-Comments am Tisch: "Pferdezeit ist die Zeit, in der man sich um Pferde kümmert .... blablablubb." Durch solche komischen Halb-Begriffe lässt sich das Spiel doch ad absurdum führen, wofür das Spiel natürlich nichts kann. Aber so ist es nun einmal mit dieser Art von Spielen, sie leben und sterben mit der Verantwortung der Spieler für die eigene Kreativität. Ich erlaube mir diese Betrachtungsweise als alter, bebrillter "Um-die-Ecke-gedacht"-Kreuzworträtsel-Leser-Löser aus dem Zeit-Magazin der 90er. Hust-hust.

    DIE BLUTIGE HERBERGE (#thebloodyinn)


    Meine anfängliche Freude für das skurrile, schwarzhumorige Thema verflüchtige sich im Laufe der Partie: dazu bleibt in diesem Kartenspiel Kombi King Karl in der blutigen Herberge allzu sehr im Korsett der Zwänge und Enge hängen, so dass der Versuch einen geschmierten Motor zu bauen, kaum über den zweiten Gang hinauskommt. So ächzt und schiebt man sich durch das Spiel. Diese Zangengeburt ist die eigentliche Brutalität des Spiels, an dessen Ende dann punktemässig bei uns alle mehr oder weniger gleichauf lagen, weil halt auch alle mit den gleichen Daumenschrauben spielen. Schade um den im kratzigen Artwork versprochenen Expressionismus. (BGG 6/10)



    CODENAMES (#codenames)


    CGE hat sich in den letzten Jahren als mutiger Spielkamerad gezeigt: ungewöhnliche Themen (LETZTE WILLE, 20. JAHRHUNDERT) und innovative Spielideen (GALAXY TRUCKER, TZOLKIEN) bishin zur Integration von Cyberspace (ALCHEMISTS). Und nun also der Partytexter CODENAMES, das dich nahtlos in die Reihe fügt. CODENAMES ist eine simple, kreative Idee, in der es für einen Teamchef darum geht Überbegriffe zu finden, die möglichst viele Wörter subsumieren, die wiederum durch das Team in einer Auswahl von ausliegenden Hauptwörtern erraten werden sollen. Wie bei allen Partygames lebt auch CODENAMES von Interaktion und Interpretation. CODENAMES wäre in seiner Einfachheit wirklich genial, wenn da nicht die vermaledeite Dehnbarkeit von Begrifflichkeiten wäre. Da werden unkreative Substantivierungen und Neologismen in den Raum geworfen, die das Spiel für meinen Geschmack aushebeln. Beispiel: Wenn zwei Wörter wie "Schimmel" oder "Uhr" erraten werden sollen, wird vom Spielkapitän kurzerhand das Wort "Pferdezeit" in den Raum geworfen. Wenn sich die Spielrunde in der Zusammensetzung von Synonymen genügt, wird CODENAMES nicht besser als jedes Kreuzworträtsel. Dummerweise unterstützt die Regel solch einfallslose Wortbildungen, so dass es letztlich in der Hand der Spieler liegt, aus CODENAMES das zu machen, das es verdient zu sein. (BGG 6/10)