Beiträge von Machiavelli101 im Thema „[Spielejahrgang 2015] Churchill“

    @Syrophir
    Churchill ist kein Junta, wo stundenlang diskutiert wird. Das Spiel hat starke Euro-Anleihen, so dass von Natur aus nicht viel geredet wird. In der Erstpartie hat man sowieso Mühe den Überblick über das Klein-Klein an Regeln zu behalten und sich halbwegs eine Strategie zurechtlegen. Da hat man nicht viel Muse sich gepflegter Konverstaionen hinzugeben.


    Gesprächsbedarf ist im Politikteil, wenn die Agenda (Erhöhung Wirtschaft, Flottenbau, Eröffnung neuer Front etc.) vergeben wird. Man kann nicht alle Felder besetzen (Kartenlimit), so dass ein Austausch von Positionen, Wünschen und dem schmieden kurzzeitiger Bündnissen stattfindet.

    Gab es da nicht diesen Klaus Fuchs in Los Alamos?

    Richtig, nur ist Los Alamos, bzw. das Programm Trinity die letzte Forschungsstufe (von 5) auf der A-Bombenforschungsleiste in dem Spiel. Am Ende steht dann die Erforschung der Atombombe, die allerdings in diesem Spiel nicht eingesetzt werden kann. Die einzelnen Forschungsschritte sind nach markanten US-Atombombenforschungsprogrammen und Orten innerhalb des Manhatten Projects benannt.
    Der Ami hatte diese in unserer Partie noch gar nicht erforscht und der Sowjet erspionierte sich die letzte Programmstufe. Da war der Ami auch selber schuld, da er die Würfelwurfe hätte beeinflussen können, was er aber selten tat. Der Russe schreitet automatisch voran, wenn der A-Bombenmarker von einem der Drei als Agenda gewonnen wird.
    Übrigens bekommt der Engländer auch daür Siegpunkte, wenn der West-Marker voranschreitet.


    Die A-Bombenforschung ist etwas unthematisch und gehört meiner Meinung nach überarbeitet. Bsp. die A-Bombenforschung thematisch frei zu gestalten und jede der drei Mächte kann sich diese erforschen.

    Hi,
    hatten vor ca. 2 Wochen auch eine Partie Churchill gezockt. Waren zu dritt und haben das voll Programm, also 10 Konferenzen, absolviert. Haben dafür 10 Stunden ohne nennenswerte Pausen gebraucht. Denke 5 Stunden sind machbar und sollten Spieltechnisch allemal reichen.
    Es ist auf jeden Fall ein interessantes und außergewöhnliches Spiel.
    Wer Spiele aus der COIN-Serie oder For the People kennt, wird Übernahmen erkennen (z.B. Partisanen, strategischer Ansatzes/ Überblick). Kein Wunder, ist von demselben Autor (Mark Herman).


    Erkenntnisse aus einer Partie:
    Positiv für mich war:
    Das Spiel vermittelt einen sehr guten Strategischen Überblick, mit welchen Problemen und Eigenarten die großen Drei ihrer Zeit zu kämpfen hatten. Man hat immer das Gefühl, wirklich einer der Drei zu sein, die am Verhandlungstisch sitzen, ihre persönlichen Befindlichkeiten ausleben, Massenarmeen verschieben und Berater einsetzen.


    Das Spiel ist auch mit Non-Wargamer spielbar, da der Krieg auf einer, wirklich, abstrakten Ebene angesiedelt ist und das politische Geschachere im Vordergrund steht. Hier sieht man, dass Politik ein dreckiges Geschäft ist und Krieg dessen verlängerter Arm.


    Sehr gut ist die Einbettung der alliierten Kriegsstrategien (ab 1943) in das Spiel.
    Im weiteren Sinne wird bsp. spielerisch deutlich, warum die Sowjets vehement auf die Eröffnung einer 2. Front drängten und im Umkehrschluss die Westmächte einen Kriegseintritt der Sowjets im pazifischen Raum hinauszögerten.


    Endbedingungen, bzw. Siegbedingungen sind interessant, knifflig, aber technisch gefühlsmäßig nicht ganz rund.


    Verbesserungswürdig, bzw. was mir nicht gefallen hat:
    Die A-Bombenforschungsleiste ist an sich unlogisch. Das Spiel hält sich an einen historisch einigermaßen korrekten Rahmen und dann lässt es genau in diesem Sektor freien Lauf? In unserer Partie hat sich der Russe die A-Bombe erspioniert, während der Ami gerade die 3. Stufe von 5 oder 6 erreicht hat. Wie soll das historisch gehen?
    Die Abhandlung der Partisanen ist unlogisch, bzw. nicht zu beeinflussen. Sonst sind alle Würfelwürfe beeinflussbar, die der Partisanen aber nicht, auch dann nicht wenn der Russe, bzw. der Ami/Brite das jeweilige Hinterland erobert hat, schlagen Partisanen immer noch zu (Spielfehler?). Wenn die Partisanen zuschlagen sind dass immer empfindliche Treffer und waren bei uns letztendlich spielentscheidend. Es wird leider Spieltechnisch nicht zwischen verdeckter und offener Unterstützung unterschieden.


    Alle Kriegsfeldzüge sind "frei wählbar", aber sobald der Ami im Pazifik aktiv wird, muss er bei seinen 2 Feldzügen am Ende im Gleichschritt sein, sonst gibt es massiv Punkte für den Russen und den Briten. Warum denn das?


    Die historischen Berater wirken beliebig. Es hängt sehr von den Spieler ab, wie sie diese atmosphärisch in das Spiel reinbringen.


    Churchill wirkt augenscheinlich zu stark, am Konferenztisch kaum zu knacken. Auf den Kriegsschauplätzen kaum unter Druck und fährt bequem Siegpunkte ein.
    Stalin wohl am einfachsten zu spielen. Die Strategien sind klar erkennbar (Njet-Strategie). Sehr Cool
    :thumbsup: Wird in diesem Spiel am besten getroffen (Paranoia/NKWD wirken sich u.U. auf die Berater aus!).
    Der Ami ist am freiesten aber dafür am schwierigsten zu spielen, da er scheinbar die gesamte Kriegslast tragen muss. Historisch zwar leicht verzerrt, aber Ok, da der Designer Ami ist und man deren Einstellung zum 2WK kennt.


    Fazit:
    Ein atmosphärisch tolles Politspiel. Könnte Vorreiter eines neues Genre (Ko-kompetitiv) werden. Ich erkenne Mark Hermans Leistung an und bin auf der einen Seite begeistert. Würde ich immer sehr gerne mitspielen. Auf der anderen Seite würde ich es mir für den Preis (ca. 85€) aufgrund der Kritikpunkte nicht kaufen. Wenn es Anfänger- oder Spielfehler waren, mag sich meine Meinung nochmal ändern.