Also, im Großen und Ganzen passt die Analyse von @unittype001 schon ganz gut. Im Grunde ist #TheDilluviaProject ein solides Spiel. Nicht viel Neues unter der Sonne. Aber handwerklich sehr gut gemacht und mit interessanten Mechaniken, die es dann doch etwas mehr als "solide" machen.
Als erstes wäre da der Markt. Wie die Plättchen aus diesem 4x4-Gitter gekauft werden ist eine sehr schöne Sache. Das ist quasi ein kleines Spiel vor der eigentlichen Aktionsphase und die Spielreihenfolge ist sehr wichtig und sorgt für sehr schöne Kniffe. Mich erinnert das ein wenig an Goa. Dort ist auch vor der Aktionsphase eine kleine Phase, in der die Spieler Plättchen mit allen möglichen Boni und Zusatzgeschichten bekommen. Auch hier. Allerdings wird hier gekauft statt versteigert und wer früher kommt kann mehr kaufen. Wer später kommt und eh blank ist, der kann vielleicht noch ein paar Aeros dazu bekommen...
Danach folgt dann die eigentliche Worker-Placement-Runde. Was hier dann auch wieder schön ist, ist die Variante dieser Mechanik. Einmal mit dem Sonderarbeiter, der halt je nach Einsatzort zusätzliche Dinge ermöglicht. Der will gut eingesetzt werden und die Sache sorgt für schöne Entscheidungszwänge. Auch hier wieder Spielreihenfolge wichtig, denn wenn ich schon meinen Sonderarbeiter auf einem Aktionsfeld eingesetzt habe, dann ist der Bonus für diese spezielle Aktion weg für diese Runde. Ich mag Spiele, in denen die Spielreihenfolge auch knackig ist. Zudem auch hier: Mehr Scheiben bedeuten einen höheren Aktionsumfang. Das ist nicht neu aber auch hier fein umgesetzt. So ist eben eigentlich für jeden jede Aktion vorhanden. Aktionsknappheit gibt es nicht. Nur der Einsatz der Sonderscheibe ist eben essentiell und besonders im Spiel zu viert werden die Aktionen dann doch etwas knapper, denn für die späteren Aktionsfelder einer Aktion muss man teilweise einen Aufpreis bezahlen. Und der tut schon weh, wenn man die Aktion auch kostenlos oder gar mit Bonus machen könnte...
Der eigentliche Teil des Stadtaufbaus ist auch sehr interessant. Aber im Großen und Ganzen nix wirklich Neues. Hier gilt es zu entscheiden WIE ich die Gebäude nutze. Sie haben zwei Funktionen: Entweder ich erhöhe meine Einkommen in Geld und Rohstoffen ODER ich erhöhe mein Prestige-Einkommen. Anfangs sind Rohstoffe und Geld von Nöten, Prestige totes Kapital. Später dreht sich das dann. Neue Gebäude baut man dann oft sofort mit Prestigeeinkommen. Alte Gebäude können per Aktion umgeswitcht werden. Ansonsten halt Claims abstecken (früh kommen auch hier wichtig - man kann sich gegenseitig schön Blocken und die Gärten sorgen für schöne Zusammenhänge in der Wolkenstadt, da sie in der Wertung viele Punkte ausschütten) und Rohstoffe ausgeben für Gebäude. Soweit, so normal.
Aber als dritten, sehr interessanten Punkt neben Marktmecha und schöner WP-Variante ist eben diese Einkommensgeschichte zu nennen. Man muss auf seinem Tableau die Einkommensmaschine anwerfen. Geld ist äußerst knapp. Rohstoffe per Aktion zu holen zu aufwendig auf lange Sicht. Darüber hinaus muss man zwei "Siegpunkt-Währungen" managen. Prestige bringt nicht den Sieg. Aber jedes Mal, wenn ich mit meinem Presigemarker einen 10er-Schritt überschreite werte ich meinen Bevölkerungswert. Und viel Bevölkerung ist das Spielziel. Ich muss also mit Prestige losrennen um regelmäßig Bevölkerung zu holen. Wann mach ich das am Besten? So früh wie möglich? Oder doch erstmal den Bevölkerungswert pushen, bevor ich wichtige 10er-Schritte mit kleinem Wert überlaufe? Diese beiden Marker zu steuern und im Griff zu haben ist sicherlich sehr interessant und die ganzen Mechaniken sind eben dazu da, um dies zu steuern.
Die Zusammenhänge sind sehr spannend und für mich ist das Spiel an der Stelle eben doch etwas mehr als nur solide. Mir ist bei einem Spiel nicht so wichtig, ob es innovative und originelle Mechaniken hat, sondern das Spielgefühl. Verlangt es von mir interessante Entscheidungen? Muss ich mit vielen Werten jonglieren? Was managen? Was aufbauen? Wie ist der Einfluss der anderen Spieler auf mein Spiel? Entstehen da interessante Wechselwirkungen? Und an der Stelle ist das Spiel meiner Ansicht nach auf einem hohen Niveau und muss sich hinter den anderen Spielen seiner Gewichtsklasse auf keinen Fall verstecken.
Ob einem das jetzt die üblichen Spielworxx-Preise wert ist? Das muss jeder selber wissen. Sicher: Andere Verlage veröffentlichen ähnliche Spiele für 40-50€. Hier sind es halt 60€. Bei Spielworxx kriegt man halt auch mal ein Spiel mit Ecken und Kanten. Man kann sicherlich bei Dilluvia auch mal richtig schlecht spielen und das merkt man dann am Ende auch. Es ist nicht so, dass man da aufgefangen wird. Spielst du Rotze, dann haste nix Punkte am Ende. Das muss man vertragen. Hier kriegt man die Punkte nicht an jeder Ecke hinterher getragen.
Ansonsten ist es eben ein durchaus komplexes Spiel. Meiner Ansicht nach vergleichbar mit Ruhrschifffahrt oder Kohle&Kolonie von der Komplexität her. Auch vom Aufwand, den man mit Regel und Spielzeit hat. Aus meiner Sicht auch eine ganz schöne, typisch Harald, sehr saubere Steam Punk-Welt in den Wolken. Am Rechner sehen die Bilder noch nicht so Hammer aus, aber wenn man nachher das Spiel vor sich auf dem Tisch hat, dann wird das ziemlich gut aussehen. Das Spiel ist schon recht groß. Großer Spielplan (daher auch das neue Schachtelformat). Man muss sich die vielen pastellfarbenen und weißen Illustrationselemente ja so vorstellen, dass da später spielerfarbene Marker drauf liegen. Ich glaube, dass das Spiel dank seiner Gestaltung sehr übersichtlich sein wird. Freue mich schon sehr darauf, es auf dem Tisch zu sehen!
So, lange Rede, wenig Sinn. Über #Haithabu kann ich leider nichts sagen...