So, meine erste Partie Dark Moon liegt wenige Stunden zurück. In entspannter Fünferrunde haben wir uns der feindlichen Infektion auf dem Saturnmond Titan gestellt und schliesslich zu dritt gegen die zwei Verräter gewonnen - allerdings auch in erst in allerletzter Sekunde. Eine durchaus spannende Partie, die Richtung Finalphase nochmals so richtig anzog und auch an Tempo gewann, während es anfangs doch etwas dahinplätscherte. Aber von Anfang an ...
Das englischsprachige Regelheft ist zwar sehr ausführlich, könnte aber in einigen Details gerne etwas genauer formuliert sein. So musste ich schon intensiv nachlesen und rückschliessen, wann man von welchen Würfelhaufen nehmen darf und wann eben nicht. Ebenso fehlte mir ein brauchbarer Index, um einzelne Details wiederfindend nachschlagen zu können. Zwar fasst die Innenseite des persönlichen Sichtschirms den Spielablauf zusammen, doch fehlen da viele Details, die man schlicht erinnern und sich merken muss. So dauerte meine erste Regelerklärung auch gefühlt zu lange und geriet in Gefahr, sich in Details zu verlieren anstatt einen schnellen Spieleinstieg zu ermöglichen.
Mit einer Partie im Rücken weiss ich jetzt aber, was wichtig ist und was man locker nach den ersten Spielzügen an Regeln nachschieben kann, wenn der allgemeine Ablauf verinnerlicht ist. So kann man sicher alles rund um die freiwillige Enttarnung der Infizierten erst einmal weglassen, weil es spielerisch keinerlei Sinn macht, sich in so einer frühen Spielphase zu offenbaren. Wichtiger ist darauf hinzuweisen, dass die Infizierten diverse Möglichkeiten haben, den anderen Spielern das Überleben schwerer zu machen, ohne dass man sich zwingend in Verdacht begeben muss. So ist es schon ein entscheidendes Element, dass man geheim zwischen zwei Aufgabenkarten wählen kann, von denen man eine als Gruppe zu erfüllen versucht. Das sorgsame Würfelmanagement sollte man dabei nicht unterschätzen, denn mehr Würfel, als Anfangs im Spiel sind, kommen nicht dazu. Es ändert sich nur der Zugriff darauf und die Verteilung untereinander.
Den spielerischen Kern von Dark Moon betrachtend, versuchen wir als Team zu überleben. Blöd nur, dass die Maschinerie um uns herum von Lebenserhaltung über Schilde bis hin zur Steuerkonsole äusserst fehleranfällig ist und wir ständig gemeinsam Aufgaben bestehen müssen, damit die nicht weiter kaputt gehen und uns schaden und uns um Möglichkeiten berauben, unsere Fähigkeiten einzusetzen und die offen ausliegende Ereigniskarte zu erfüllen. Haben wir davon drei Karten erfolgreich absolviert, liegt noch die finale Ereigniskarte (hat dabei nichts mit Monopoly & Co zu tun) zwischen uns und dem Spielsieg. In der finalen Phase wird das Überleben aber nochmals erschwert, da die einfacheren Aufgaben aus dem Nachziehstapel verbannt werden und je nach Finalereignis uns noch weitere Mankos auferlegt werden.
Um zu überleben, reparieren wir mittels Würfel die Maschinerien. Wir initiieren Abstimmungen, wen wir in Quarantäne stecken oder herausholen wollen. Wir wagen mutige bis verzweifelte Versuche, um im Alleingang ein Ereignis bestehen zu können. Wir geben unsere Aktionen zugunsten eines Mitspielers ab, der dann doppelt so häufig agieren oder auch benötigte Würfel nachtanken kann. Denn diese Würfel bestimmen fast alles. Wir würfeln hinter unserem Sichtschirm, wobei dabei Vertrauen gegen Vertrauen geht und man lieber nicht mit potentiellen Selbstbetrügern spielen sollte, und setzen die Würfel dann für Reparaturen und Aufgaben ein. Dabei wirken die einzelnen Mechanismen für sich betrachtet eher einfachst bis mechanisch, so dass es an der Spielrunde selbst liegt, ob sie den spielerischen Rahmen, durch paranoide Atmosphäre, vermag zu füllen.
An dieser Stelle steht und fällt dann auch das Spiel und es entscheidet sich, ob eine Partie spannend wird und dann auch bleibt. Ausreichend kommunikativ sollte man Dark Moon schon spielen, schliesslich geht es um eine kooperative Gruppeninteraktion, bei der man gemeinsam gegen die verdeckten Verräter in Form der Infizierten antritt und bestehen will. Gegenseitige Verdächtigungen auszusprechen und Vermutungen anzustellen, was man meint, beobachtet zu haben, hebt die paranoide Stimmung am Tisch. Im Vergleich mit Battlestar Galactica wird eine Partie erst richtig gut, wenn sie über die spielerisch-mechanische Ebene abheben kann und zum Metagame im Rahmen des gegebenen Szenarios wird. Durch die thematische Einkleidung macht es BSG den Spielern da etwas einfacher, während bei Dark Moon die thematische Decke eher dünn geraten ist, eben weil man auf keine bekannte Lizenz setzen konnte und deshalb eher oberflächlich an bekannte SciFi-Horror-Stories anknüpft.
Auch könnte man anfangs meinen, dass man doch arg wenig in seinem Spielzug macht. Mal gerade eben eine Aktion und dann folgt auch schon wieder eine neue Aufgabe, die man gemeinsam lösen will - sofern man kein Infizierter ist. Aber gerade in seiner Zugschnelligkeit liegt die grosse Stärke von Dark Moon, da man keine Wartezeiten hat und spätestens bei den Aufgaben aller Spieler, immer wieder selbst gefordert ist und Entscheidungen treffen muss. Mit etwas Spielerfahrung, die sich bei uns nach dem ersten Spieldrittel so langsam einstellte, erkannten wir dann auch, wie mächtig einzelne Aktionen sind, die auf dem Papier nach eher wenig aussahen. So ist der Verzicht der eigenen Aktion zugunsten eines Mitspielers arg wichtig. Aber wen kann man wirklich vertrauen, denn fast jeder könnte ein Infizierter sein. Wer geschickt spielt und die Würfelschwächen der anderen Mitspieler ausnutzt und erkennt, wann er wie ausreichend vorsichtig zuschlagen kann, um nicht aufzufallen, aber eben auch nicht zu passiv zu spielen, kann sich das falsche Vertrauen seiner Mitspieler erschleichen und den Verdacht auf Unschuldige lenken, die dann mit einem unterdrückten Grinsen in Quarantäne geschickt und kalt gestellt werden. Ein herrliches Erlebnis, wie ich als Leidtragender selbst erlebt habe.
Mein erstes Fazit: Dark Moon hat durchaus Potential. Je mehr, desto intensiver die Spielrunde ihre Partie erleben will. Rein mechanisch bietet es eher Magerkost im Vergleich zu BSG. Aber wer bei diesem Vergleich stehenbleibt, der verpast ein wirkliches Ausnahmespiel im Verräter-Genre. Die rund 54 Euro waren das Spiel für mich absolut wert, auch weil es mit 3 bis 7 Spielern äusserst flexibel eingesetzt werden kann und nach einer Verständisprobepartie auch gut und gerne in 75 Minuten gespielt ist. Das Verständnis braucht es sowieso, damit die Erklärung ausreichend zügig erledigt ist und die Paranoia beginnen kann. Als Einstieg empfehle ich die vertonte Einleitung, die auf BGG zum Download (auf Smartphone & Co) angeboten wird.
Cu / Ralf